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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 26.06.2008
Aktenzeichen: 14 Wx 60/07
Rechtsgebiete: KostO


Vorschriften:

KostO § 30 Abs. 1
KostO § 39 Abs. 3
1. Bei der notariellen Beurkundung von Eheverträgen über die Abwandlung des gesetzlichen Güterstandes ist der Geschäftswert dann, wenn sich die Änderung auf bestimmte Gegenstände beschränkt, nach § 39 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. Abs. 1 KostO ohne Schuldenabzug zu ermitteln.

2. Ist auf die Beurkundung eines Ehevertrags § 39 Abs. 3 Satz 3 KostO anwendbar, so hat die Bewertung in Anwendung von § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen zu erfolgen. Allfälligen Unsicherheiten bei der Bewertung einzelner Gegenstände - z.B. Möglichkeit einer Wertveränderung von zum Vermögen eines der Ehegatten gehörenden Geschäftsanteilen; Möglichkeit der Enterbung oder des Nichterlebens des Erbfalls - ist durch einen Abschlag Rechnung zu tragen.

3. Ist auf die Beurkundung eines Ehevertrags § 39 Abs. 3 Satz 3 KostO anwendbar, so ist bei der Bewertung von Gesellschaftsanteilen einer KG deren Aktivvermögen ohne Abzug der Verbindlichkeiten anzusetzen.


Oberlandesgericht Karlsruhe

14. Zivilsenat in Freiburg

Beschluss

Geschäftsnummer: 14 Wx 60/07

26. Juni 2008

Kostenberechnung Notariat 4 Freiburg - 4 UR 377/04 -

Kostenrechnungen der Landesoberkasse Baden-Württemberg vom 11.08.2005 - 8569957219139 und 8569957219325 -

hier: Weitere Beschwerde der Beteiligten Nr. 3 gegen den Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 09.10.2007 - 4 T 292/06 -

Tenor:

1. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten Nr. 3 wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Freiburg vom 09.10.2007 - 4 T 292/06 - abgeändert wie folgt:

Auf die Beschwerde der Beteiligten Nr. 3 wird der Beschluss des Amtsgerichts Freiburg vom 29.08.2006 - 13 UR II 40/05 - dahin abgeändert, daß die Erinnerung der Kostenschuldner gegen den Kostenansatz des Notariats 4 Freiburg vom 22.07.2005 - 4 UR 377/04 - zurückgewiesen wird.

2. Das Beschwerdeverfahren ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

1. In der Urkunde 4 UR 377/2004 hat der Notar beim Notariat 4 Freiburg am 16.04.2004 den zwischen den Beteiligten Nr. 1 und Nr. 2 (künftig auch: Ehemann bzw. Ehefrau; Kostenschuldner) geschlossenen "Ehevertrag mit gegenständlich beschränktem Pflichtteilsverzicht" beurkundet.

In Nr. 2 der Vorbemerkungen heißt es, daß der Ehemann mit einem Kommanditanteil von 123.600,00 € (24 %), die er von seinem Vater im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erhalten habe, am Festkapital von 515.000,00 € G. GmbH & Co. KG (künftig: KG) beteiligt sei und daß die übrigen Geschäftsanteile, die von seinem Vater gehalten werden, spätestens mit dessen Tod ebenfalls auf den Beteiligten Nr. 1 übergehen sollen. - In Nr. 3 der Vorbemerkungen heißt es, der Beteiligte Nr. 1 sei Eigentümer zweier - in näher bezeichneter Weise belasteter - Hausgrundstücke in F. und F.-T., die er vom Vater im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erhalten habe.

In § 1 der Urkunde ist bestimmt, daß die Vertragsschließenden den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft der §§ 1363 ff. BGB beibehalten. § 2 enthält Modifizierungen des Zugewinnausgleichs: Gemäß § 2 Abs. 2 lit. a bis e des Vertrags sollen beim Zugewinnausgleich die dort aufgeführten Vermögensgegenstände nicht berücksichtigt werden, nämlich: die Beteiligung des Ehemanns an der in Nr. 2 der Vorbemerkungen genannten KG (lit. a), der in Nr. 3 der Vorbemerkungen genannte Grundbesitz (lit. b), "sonstiges (Sonder-) Betriebsvermögen, welches einem Ehegatten im Sinne des deutschen Ertragssteuerrechts zusteht" (lit. c), Ersatzgegenstände für die vorgenannten Gegenstände (lit. d) sowie weitere Beteiligungen an der genannten KG oder anderen Gesellschaften, die ein Ehegatte von seinen Eltern unter Lebenden oder von Todeswegen erwirb (lit. e). Weitere Modifizierungen sind in den Absätzen 3 bis 11 des § 2 enthalten. - In § 5 ist bestimmt, daß die Ehegatten wechselseitig insoweit auf ihr Pflichtteilsrecht bei Ableben des anderen Teils verzichten, daß bei der Berechnung des Pflichtteils der Wert der gemäß § 2 vom Zugewinnausgleich ausgeschlossenen Vermögensgegenstände außer Betracht bleibt und es im übrigen bei den gesetzlichen Regelungen verbleibt.

2. Die Kosten der Beurkundung wurden von der Kostenbeamtin des Notariats wie folgt berechnet:

 Beurkundung Ehevertrag (§ 36 Abs. 2 KostO)Wert: 5.140.352,70 €15.306,00 €
16 % Umsatzsteuer (§ 151 a KostO) aus 15.306,00 €  2.448,96 €
Gesamtbetrag 17.754,96 €

Der Kostenberechnung lag folgende Wertberechnung des Notariats zugrunde:

1. Geschäftswert für Modifizierung der Zugewinngemeinschaft

 Vermögen Ehefrau 3.318,62 € 
Vermögen Ehemann   
Grundbesitz in F.-T.418.089,13 €  
Grundbesitz in F.293.639,76 €  
Bewegliches Vermögen14.000,76 €  
Firmenbeteiligung 24 % an der KG5.224.115,00 €  
abzüglich Nießbrauch auf Grundbesitz in F.-T.- 83.617,83 €  
Zukünftiger Erwerb der restlichen KG-Anteile des Vaters (76 %), hiervon 10 % 1.654.303,00 €  
  7.520.529,06 € 
Summe Vermögen Ehefrau und Ehemann 7.523.847,68 € 
daraus 30 %  2.257.154,30 €
   

2. Geschäftswert gegenständlich beschränkter Pflichtteilsverzicht

 der Ehefrau   
3/8 Pflichtteilsquote aus 7.520.529,06 €  2.820.198,40 €
    
des Ehemannes   
3/8 Pflichtteilsquote aus 3.318.000,62 € = 1.244,48 € (nur der höhere Verzicht wird bewertet)   
   

3. Verzicht auf Versorgungsausgleich 3.000,00 €

4. Vereinbarungen zum nachehelichen Unterhalt 1.000,00 € x 12 x 5 = 60.000,00 €

Gesamtwert der Ziffern 1 - 4 = 5.140.352,70 €.

3. Gegen die Kostenrechnungen vom 11.08.2005 haben die Kostenschuldner mit Anwaltschriftsatz vom 22.09.2005 Erinnerung nach § 14 Abs. 2 KostO (als solche war das als Kostenbeschwerde gemäß § 156 KostO bezeichnete Rechtsmittel anzusehen) eingelegt. Sie haben geltend gemacht, daß gemäß § 39 Abs. 3 KostO der Geschäftswert auf das Reinvermögen der Ehegatten im Zeitpunkt der Beurkundung begrenzt sei. Insbesondere gelte: Das Grundstück in F.-T. habe unbelastet einen Wert von 370.000,00 €, der Nießbrauch sei mit 199.650 € anzusetzen, für das Grundstück in F. sei ein Wert 195.000,00 € anzusetzen; da die KG bilanziell überschuldet sei, sei die Beteiligung an ihr höchstens mit "Null" anzusetzen; künftiger Erwerb sei nicht zu berücksichtigen. Später haben sich die Erinnerungsführer der in der Stellungnahme der Vertreterin der Staatskasse vom 17.10.2005 (AS II 1/7) zur Erinnerung vertretenen Auffassung angeschlossen, wonach der Wert des Nießbrauchs mit 133.100,00 € anzusetzen sei (vgl. S. 3 des Anwaltschriftsatzes vom 25.01.2006.

Mit Beschluss vom 29.08.2006 hat das Amtsgericht den Kostenansatz des Notariats "insoweit aufgehoben, als er bei der Modifizierung der Zugewinngemeinschaft und des Pflichtteilsverzichts keinen Schuldenabzug berücksichtigt und zukünftiger Erwerb einfließt"; den Geschäftswert hat es auf 2.205.335,40 € festgesetzt. Es hat ausgeführt, bei Eheverträgen sei lediglich das gegenwärtige Reinvermögen und nicht das künftige Vermögen maßgeblich; nach der speziellen Kostenregelung des § 39 Abs. 3 S. 2 KostO seien Verbindlichkeiten sowohl hinsichtlich des Grundstücks in F.-T. (Nießbrauch) als auch hinsichtlich der Beteiligung an der KG zu berücksichtigen.

4. Ihre gegen die Entscheidung des Amtsgerichts gerichtete Beschwerde hat die Vertreterin der Staatskasse unter dem 11.10.2006 im wesentlichen wie folgt begründet: Das Reinvermögen der Ehegatten bilde nur die Obergrenze des anzusetzenden Wertes. Wenn der Ehevertrag lediglich bestimmte Gegen-stände betreffe, bestimme sich der Wert gemäß § 39 Abs. 3 S. 3 KostO nach dem zusammengerechneten Wert dieser Gegenstände ohne Schuldenabzug. Der vom Notariat insoweit zutreffend angesetzte Geschäftswert von 2.282.239,66 € (30 % von 7.607.465,50 €) sei - unabhängig davon, ob die zum Zeitpunkt der Beurkundung zum Vermögen des Ehemanns gehörenden Geschäftsanteile der KG mit oder ohne Schuldenabzug anzusetzen sind - niedriger als das der Obergrenze für die ehevertragliche Vereinbarung bildende zusammengerechnete Reinvermögen der Eheleute gemäß § 39 Abs. 3 S. 3 i.V.m. §§ 30 Abs. 1, 18 Abs. 3 KostO. Den Wert des Kommanditanteils habe das Notariat zutreffend ohne Schuldenabzug ermittelt, da für die Bewertung nach § 39 Abs. 3 S. 3 KostO das Schuldenabzugsverbot des § 18 Abs. 3 KostO gelte. Der künftige Erwerb könne bei der Bewertung des Pflichtteilsverzichts nicht unberücksichtigt bleiben, wenn dieser sich erkennbar auf einen bereits in Aussicht stehenden Vermögenszuwachs beziehe. - Die Kostenschuldner haben sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert.

Mit Beschluss vom 09.10.2007 hat das Landgericht die Entscheidung des Amtsgerichts unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde teilweise abgeändert und neu gefasst: Es hat den Gegenstandswert der Beurkundung auf 3.374.769,61 € festgesetzt; den Kostenansatz des Notariats vom 22.07.2005 hat es auf die Erinnerung der Beteiligten Nr. 1 und Nr. 2 aufgehoben, soweit eine höhere Gebühr als 11.894,64 € festgesetzt wurde. Dabei hat es als außer Streit stehend angesehen: die Bewertung des Verzichts auf den Versorgungsausgleich (3.000,00 €), der Unterhaltsvereinbarungen (60.000,00 €), des auf dem Grundstück in F.-T. lastenden Nießbrauchs (133.100,00 €), der Grundstücke (418.089,13 € bzw. 293.639,36 €), des beweglichen Vermögens des Ehemannes (14.000,00 €) und des Vermögens der Ehefrau (3.318,62 €). Weiter hat es ausgeführt:

- Bei der Bewertung der ehevertraglichen Regelungen sei der Kommanditanteil des Ehemanns in Anwendung von § 39 Abs. 3 S. 1 und 2 KostO - und damit unter Abzug von Schulden - mit 3.172.355,28 € anzusetzen. Ein Fall des § 39 Abs. 3 S. 3 KostO liege deshalb nicht vor, weil die Regelungen zur Modifizierung des Ehevertrags nicht "nur bestimmte Gegenstände", sondern über die Kommanditbeteiligung und den Grundbesitz des Ehemannes hinaus in § 2 Abs. 2 lit. c und e des notariellen Vertrags auch sonstige, nicht näher bestimmte und - da auch in der Zukunft liegender Vermögenserwerb erfasst wird - auch nicht bestimmbare Vermögensgegenstände in der Form von sonstigem Betriebsvermögen und anderen Geschäftsbeteiligungen erfassten. Die für die Bewertung eines Kommanditanteils geltenden allgemeinen Maßstäbe des § 30 Abs. 1 KostO würden durch die spezielle Regelung des § 39 Abs. 3 S. 2 KostO verdrängt. Ein Verbot des Schuldenabzugs sei für die ehevertraglichen Vereinbarungen in § 18 Abs. 3 Halbs. 2 KostO nicht vorgesehen. Die Modifizierungen des Zugewinnausgleichs seien gemäß § 30 Abs. 1 KostO mit 30 % des sich auf 3.768.302,79 € belaufenden Reinvermögens der Eheleute, also mit 1.130.490,80 € zu bewerten.

- Bei der Geschäftswertfestsetzung seien künftige Vermögenswerte nicht zu berücksichtigen, weil § 39 Abs. 3 S. 1 KostO hierfür keine Grundlage biete. Wegen des Vorrangs der genannten Vorschrift könne dahinstehen, ob und unter welchen Voraussetzungen § 30 Abs. 1 KostO einen Ansatz für eine Wertbestimmung zukünftigen Erwerbs nach freiem Ermessen entsprechend der Wahrscheinlichkeit des Eintritts künftigen Vermögenserwerbs ermögliche.

- Der gegenständlich beschränkte Pflichtteilsverzicht sei gemäß § 39 Abs. 2 KostO mit dem Wert der höherwertigen Leistung - hier: dem der Ehefrau - zu berücksichtigen. Bei der Bestimmung des Wertes des Anteils des Ehemanns an der KG, die hinsichtlich der erbrechtlichen Vereinbarungen gemäß § 30 Abs. 1 KostO nach freiem Ermessen zu erfolgen habe, sei wegen des Schuldenabzugsverbots des § 18 Abs. 3 Halbs. 1 KostO nur das Aktivvermögen der KG - ohne Berücksichtigung der Verbindlichkeiten - zu berücksichtigen, so daß er mit 5.224.115,00 € anzusetzen ist.

5. Gegen diese Entscheidung richtet sich die - vom Landgericht ohne Einschränkungen zugelassene - weitere Beschwerde der Vertreterin der Staatskasse. Sie rügt insbesondere, daß das Landgericht bei der Geschäftswertberechnung den zukünftigen Erwerb von Kommanditanteilen durch den Ehemann nicht berücksichtigt habe und daß es bei der Wertbestimmung der von ihm bereits erworbenen Anteile die Schulden der KG abgerechnet habe. Sie meint, mit dem Wertabschlag von 90 % bei der nach § 30 Abs. 1 KostO vorgenommenen Bewertung des künftigen Erwerbs habe das Notariat den Umstand, daß der Erwerb "spätestens beim Ableben des Vaters erfolgen wird", ausreichend berücksichtigt. - Die Beteiligten Nr. 1 und 2 sind der weiteren Beschwerde entgegengetreten (Anwaltsschriftsatz vom 14.02.2008.

II.

Die infolge Zulassung (§ 14 Abs. 3 S. 2 KostO a. F.) statthafte und auch sonst zulässige weitere Beschwerde der Staatskasse hat in der Sache Erfolg. Sie führt zur Wiederherstellung des Kostenansatzes des Notariats.

1. Der Auffassung des Landgerichts, wonach bei der Bewertung der ehevertraglichen Regelungen lediglich der um die anteiligen Gesellschaftsverbindlichkeiten geminderte Wert des Kommanditanteils des Ehemanns einzusetzen ist, kann nicht gefolgt werden.

a) Wie Eheverträge zu bewerten sind, ist in § 39 Abs. 3 KostO geregelt. Danach bestimmt sich der Geschäftswert nach dem zusammengerechneten Wert der gegenwärtigen Vermögen beider Ehegatten und, wenn der Vertrag nur das Vermögen eines Ehegatten betrifft, nach diesem Vermögen (Satz 1), wobei jeweils die Schulden abgezogen werden (Satz 2). Betrifft der Ehevertrag dagegen nur bestimmte Gegenstände, so ist deren zusammengerechneter Wert maßgeblich (Satz 3). Da für den zuletzt genannten Fall eine Regelung wie in Satz 2 fehlt, gilt hier das grundsätzliche Schuldenabzugsverbot des § 18 Abs. 3 KostO (BayObLGZ 1982, S. 191 ff., 194 f.; Assenmacher/Mathias, KostO, 15. Aufl. 2003, Stichwort "Ehevertrag", Nr. 1.2 lit. d; Rohs/Wedewer, KostO (Losebl.), Stand Dez. 2006, Rdn. 39 und 41 zu § 39; Bengel/Tiedtke, in: Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann, KostO, 16. Aufl. 2005, Rdn. 115 zu § 39; Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, Rdn. 20 zu § 39 KostO). Dabei ist der Geschäftswert freilich grundsätzlich nicht höher als der Wert des gesamten gegenwärtigen Vermögens der Ehegatten (BayObLG, a.a.O., S. 196 f.; OLG Stuttgart, JurBüro 1990, Sp. 372 f.; Rohs/Wedewer, a.a.O., Rdn. 39 zu § 39; Assenmacher/Mathias, a.a.O., Bengel/Tiedtke, a.a.O., Rdn. 111).

b) Im hier zu entscheidenden Fall hat die Bewertung der ehevertraglichen Regelungen nach Satz 3 - und nicht nach den Sätzen 1 und 2 - von § 39 Abs. 3 KostO zu erfolgen. Um einen Fall der Sätze 1 und 2 der genannten Vorschrift handelt es sich zwar nicht nur dann, wenn die Eheleute einen der im BGB geregelten Güterstände ohne Einschränkungen vereinbaren oder aufheben. Die genannten Vorschriften kommen vielmehr auch dann zur Anwendung, wenn der Güterstand im Rahmen des rechtlich Möglichen abgewandelt wird. Dies gilt indessen nur mit der Einschränkung, daß die Änderungen nicht auf bestimmte Gegenstände beschränkt sind: In diesem Fall gilt stets § 39 Abs. 3 S. 3 KostO (vgl. BayObLG, a.a.O., S. 195; Bengel/Tiedtke, a.a.O., Rdn. 111).

In dem am 16.04.2004 beurkundeten Ehevertrag haben die Eheleute den gesetzlichen Güterstand ausdrücklich beibehalten (§ 1), in § 2 für bestimmte Fälle aber bestimmt, daß beim Zugewinnausgleich "die nachfolgend aufgeführten Vermögensgegenstände" - also die Vermögensgegenstände gemäß § 2 Abs. 2 lit. a bis e - beim Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt werden. Damit liegt eine lediglich auf bestimmte Vermögensgegenstände beschränkte Abwandlung des gesetzlichen Güterstandes vor, so daß § 39 Abs. 3 S. 3 KostO zur Anwendung kommt. Daß die in § 2 Abs. 2 lit. c und e des Vertrags genannten Vermögensgegenstände ("sonstiges Betriebsvermögen" und "weitere Beteiligungen") - anders als die in lit. a, b und d genannte Kommanditbeteiligung und der dort genannte Grundbesitz bzw. deren Ersatzgegenstände - nicht konkret bestimmt und wegen der Erfassung auch zukünftigen Vermögenserwerbs auch nicht konkret bestimmbar sind, ändert daran entgegen der Auffassung des Landgerichts nichts: Zur Bestimmung einzelner Gegenstände ist nicht ihre ins einzelne gehende Aufzählung erforderlich, vielmehr wird von § 39 Abs. 3 S. 3 KostO auch ein Inbegriff von Sachen und Rechten erfasst. Für - wie hier - nur abstrakt bezeichnete Vermögensgegenstände kann nichts anderes gelten.

c) Demgemäß ist der Bewertung des Ehevertrags hinsichtlich der Kommanditbeteiligung des Ehemanns das nicht um Verbindlichkeiten geminderte Aktivvermögen der KG zugrundezulegen. Dieses hat das Landgericht mit 5.224.115,00 € festgestellt. Die Feststellung dieses Betrages beruht auf der Berechnung durch das Notariat (I 147), die im Erstbeschwerdeverfahren von keinem der Beteiligten beanstandet worden war, so daß die nunmehr im Verfahren der weiteren Beschwerde erfolgten Angriffe der Kostenschuldner gegen die der Berechnung zugrundeliegende Bewertung der Betriebsgrundstücke der KG fehlgehen. - Aus dem Schuldenabzugsverbot nach § 18 Abs. 3 KostO folgt weiter, daß hinsichtlich des Grundstücks in Freiburg-Tiengen der Wert des Nießbrauchs vom Grundstückswert nicht abzusetzen ist (vgl. Rohs/Wedewer, a.a.O., Rdn. 7 zu § 18).

2. Zu Unrecht hat das Landgericht bei der Bewertung des Ehevertrags die in § 2 Abs. 2 lit. e geregelte Nichtberücksichtigung der gemäß Nr. 2 der Vorbemerkungen nach Ableben seines Vaters auf den Ehemann übergehenden Kommanditanteile beim Zugewinnausgleich nicht in Ansatz gebracht.

Daß sich bei der Beurkundung von Eheverträgen der Geschäftswert nach dem gegenwärtigen Vermögen bestimmt, ist in § 39 Abs. 3 S. 1 KostO für die von dieser Vorschrift erfassten Fälle geregelt. Die hier zu beurteilende Beurkundung unterfällt aber - wie ausgeführt - § 39 Abs. 3 S. 3 KostO. Damit hat die Bewertung nach § 30 Abs. 1 KostO (Assenmacher/Mathias, a.a.O., Stichwort "Ehevertrag", Nr. 1.2 lit. d), also nach freiem Ermessen zu erfolgen. Die in Nr. 2 der Vorbemerkung zum Vertrag niedergelegte Erwerbsaussicht in die Bewertung einfließen zu lassen, erscheint schon deshalb angemessen, weil - worauf die Vertreterin der Staatskasse mit Recht hingewiesen hat - eine auf die Behandlung einer künftigen Erwerbsaussicht beschränkte Beurkundung ansonsten ohne Geschäftswert wäre, was nicht richtig sein kann. Unsicherheiten bei der Bewertung - hier: Möglichkeit einer Wertveränderung der Geschäftsanteile, Möglichkeit der Enterbung oder des Nichterlebens des Erbfalls - sind durch einen erheblichen Abschlag Rechnung zu tragen. Der der Berechnung des Notariats zugrundeliegende Abschlag von 90 % erscheint dem Senat als jedenfalls nicht zu niedrig, so daß der diesbezügliche Vermögenswert (76 % der Geschäftsanteile an der KG, hiervon 10 %) mit 1.654.303,00 € anzusetzen ist.

III.

Für die Berechnung des Geschäftswertes des hier beurkundeten Ehevertrags ergibt sich daraus folgendes:

1. Geschäftswert für die Modifizierung der Zugewinngemeinschaft

Da sich der Geschäftswert insoweit - wie ausgeführt - nach § 39 Abs. 3 S. 3 KostO bestimmt, hat die Berechnung von einem Beziehungswert auszugehen, der sich als Summe der - wie ebenfalls ausgeführt - ohne Schuldenabzug ermittelten Summe der einzelnen Vermögensgegenstände darstellt. Der für die Geschäftswertberechnung maßgebliche Wert der Modifizierung ist gemäß § 30 Abs. 1 KostO zu schätzen. Hierzu ist von einem Prozentsatz des Beziehungswertes auszugehen (vgl. etwa Mümmler, Aus der Kostenpraxis des Notars, JurBüro 1990, Sp. 1573 ff., 1575; Assenmacher/Mathias, a.a.O., Stichwort "Ehevertrag", Nr. 1.2 lit. d). Diesen Prozentsatz hat das Notariat mit 30 % angenommen. Hiergegen bestehen keine Bedenken.

Der diesbezügliche Geschäftswert errechnet sich somit wie folgt:

 Vermögen Ehefrau 3.318,62 €
   
Vermögen Ehemann:  
Grundstück F.293.639,76 € 
Grundstück F.-T.418.089,13 € 
bewegliches Vermögen14.000,00 € 
Vermögensbeteiligung 24 % an KG5.224.115,00 € 
zukünftiger Erwerb Ehemann (Firmenbeteiligung 76 % an KG, davon 10 %)1.654.303,00 € 
  7.604.146,89 €
Summe Vermögen Ehefrau und Ehemann 7.607.465,51 €
   
30 % aus 7.607.465,51 € 2.282.239,65 €

Das in Anwendung von § 39 Abs. 3 S. 1 und 2 KostO unter Berücksichtigung der Verbindlichkeiten berechnete Reinvermögen der Eheleute läge nach der Berechnung des Notariats bei 5.869.544,68 € (eine Reduzierung im Wege der Schätzung auf einen Prozentsatz von 30 % käme - entgegen der der Wertberechnung des Landgerichts [Abschnitt II 5. der Gründe des angefochtenen Beschlusses] zugrundeliegenden Auffassung - wegen dann gegebener Unanwendbarkeit des § 30 Abs. 1 KostO nicht in Betracht) und damit höher als die Berechnung nach § 39 Abs. 3 S. 3 KostO, so daß letztere maßgeblich ist.

2. Geschäftswert des gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzichts der Ehefrau

Wie das Landgericht richtig ausgeführt hat, berechnet sich der Gegenstandswert des gegenständlich beschränkten Pflichtteilsverzichts der Eheleute - bei dem es sich um keinen Ehevertrag im Sinne von § 39 Abs. 3 KostO, sondern um einen Austauschvertrag nach § 39 Abs. 2 KostO handelt - nach den allgemeinen Regeln gemäß § 30 Abs. 1 KostO (vgl. Assenmacher/Mathias, a.a.O., Stichwort "Erbverzicht", Nr. 1.2). Maßgeblich ist danach der Wert des gegenwärtigen reinen Vermögens des Erblassers und des dem Verzichtenden daran zustehenden Anteils sowie die mehr oder minder große Wahrscheinlichkeit des Überlebens des Verzichtenden und der Erhöhung oder Verminderung des Wertes des Vermögens des Erblassers bis zu seinem Tode (Assenmacher/Mathias, a.a.O.). Dies bedeutet, daß die besondere Berücksichtigung einer "Überlebenswahrscheinlichkeit" der Ehefrau im vorliegenden Fall mangels eines signifikanten Altersunterschiedes oder sonstiger insoweit relevanter Umstände nicht in Betracht kommt, daß der auf dem Grundstück F.-T. lastende Nießbrauch wertmindernd zu berücksichtigen ist und daß die Erwerbsaussicht des Ehemanns (76 % der Kommanditanteile) mit einer die oben genannten Unsicherheiten abdeckenden Quote von 10 % zu berücksichtigen ist. Bei der Bewertung der Kommanditanteile sind allerdings die für die Bewertung von Gesellschaftsanteilen geltenden Regeln anzuwenden, so daß das Aktivvermögen der KG ohne Abzug der Verbindlichkeiten anzusetzen ist (vgl. BayObLG, FamRZ 2005, S. 817 ff., 819). Damit errechnet sich der Wert des Pflichtteilsverzichts wie folgt:

 Vermögen Ehemann7.604.146,89 €
abzüglich Nießbrauch- 133.100,00 €
 7.471.046,89 €
hiervon 3/82.801.642,59 €

Der Geschäftswert der Beurkundung beläuft sich also insgesamt auf

 Geschäftswert des modifizierten Zugewinnausgleichs2.282.239,65 €
Pflichtteilsverzicht2.801.642,59 €
Verzicht Versorgungsausgleich (§ 30 Abs. 2 KostO)3.000,00 €
Unterhaltsvereinbarung60.000,00 €
Geschäftswert insgesamt5.146.882,25 €

IV.

Da der tatsächliche Geschäftswert somit den den angefochtenen Kostenrechnungen zugrundeliegenden Geschäftswert (5.140.352,70 €) übersteigt, war die Entscheidung des Landgerichts dahin abzuändern, daß - unter entsprechender Änderung des Beschlusses des Amtsgerichts - die Erinnerung der Kostenschuldner gegen den Kostenansatz des Notariats zurückgewiesen wird.

Die Nebenentscheidung ergibt sich aus § 14 Abs. 7 KostO a.F.



Ende der Entscheidung

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