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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 05.12.2003
Aktenzeichen: 15 AR 48/03
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 36 Abs. 1 Ziff. 3 |
2. Eine Gerichtsstandsbestimmung bindet in derartigen Fällen das Prozessgericht nur im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit; bei der Frage der internationalen Zuständigkeit ist das Prozessgericht nicht an die Rechtsauffassung des bestimmenden Gerichts gebunden.
Oberlandesgericht Karlsruhe 15. Zivilsenat Beschluss
Geschäftsnummer: 15 AR 48/03
05. Dezember 2003
In dem Rechtsstreit
wegen Gerichtsstandsbestimmung
Tenor:
Als örtlich zuständiges Gericht für die beabsichtigte Klage wird das Landgericht Karlsruhe bestimmt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin verlangt von den Antragsgegnern Zahlung in Höhe von 1.485.005 € aus einer Darlehens- bzw. Bürgschaftsverpflichtung. Die Antragstellerin bittet um Gerichtsstandsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Ziffer 3 ZPO, da ein gemeinschaftlicher Gerichtsstand für die beabsichtigte Klage gegen die Antragsgegner nicht gegeben sei.
Der Antragsgegner Ziffer 1 wendet ein, für die gegen ihn gerichtete Klage sei die internationale Zuständigkeit in Deutschland nicht gegeben, da er nach Frankreich umgezogen sei. Die Antragsgegner Ziffer 2 bis Ziffer 6 haben keine Einwendungen gegen eine Gerichtsstandsbestimmung erhoben.
II.
Als örtlich zuständiges Gericht war das Landgericht Karlsruhe zu bestimmen.
1. Das Oberlandesgericht Karlsruhe ist im Verfahren der Gerichtsstandsbestimmung zuständig gemäß § 36 Abs. 2 ZPO.
2. Die Voraussetzungen für die beantragte Gerichtsstandsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Ziffer 3 ZPO liegen vor.
a) Die Antragsgegner sind im Rahmen der beabsichtigten Klage Streitgenossen gemäß § 60 ZPO.
b) Die Antragsgegner haben ihren allgemeinen Gerichtsstand im Bezirk unterschiedlicher Landgerichte (Karlsruhe oder Tübingen). Der Antragsgegner Ziffer 1 hat nach dem von ihm vorgetragenen Umzug nach Frankreich möglicherweise in Deutschland keinen allgemeinen Gerichtsstand mehr.
c) Auch ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand ist nicht begründet. Insbesondere sind für die Verpflichtungen der Antragsgegner unterschiedliche Erfüllungsorte (vgl. § 29 Abs. 1 ZPO) maßgeblich; denn die Antragsgegner hatten auch zum Zeitpunkt der Begründung der geltend gemachten vertraglichen Verpflichtungen ihren Sitz bzw. ihren Wohnsitz nicht im Bezirk desselben Landgerichts (vgl. § 269 Abs. 1, Abs. 2 BGB). Für den Antragsgegner Ziffer 1 lässt sich zwar - bei einem Umzug ins Ausland - ein weiterer besonderer Gerichtsstand herleiten aus Art 6 Ziffer 1 EuGVVO (vgl. zur örtlichen Zuständigkeit aufgrund der Regelungen in der EuGVVO Zöller/Geimer, ZPO, 24. Aufl. 2004, Art. 2 EuGVVO Rn. 30). Daraus würde sich die Möglichkeit einer Klage zum Landgericht Tübingen (Sitz bzw. Wohnsitz der Antragsgegner Ziffer 4, 5 und Ziffer 6) jedoch nur hinsichtlich des Antragsgegners Ziffer 1 ergeben und nicht hinsichtlich der Antragsgegner Ziffer 2 und Ziffer 3. Auch eine Anwendung von Art. 6 Ziffer 1 EuGVVO lässt dementsprechend das Bedürfnis für eine Gerichtsstandsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Ziffer 3 ZPO nicht entfallen.
d) Eine Gerichtsstandsbestimmung gemäß § 36 Abs. 1 Ziffer 3 ZPO ist grundsätzlich auch dann möglich, wenn auf einen der Antragsgegner, der seinen Wohnsitz im Ausland hat, die Vorschriften der EuGVVO anwendbar sind (vgl. BGH, NJW 1988, 646; anders Zöller/Geimer a.a.O.).
3. Voraussetzung für eine Gerichtsstandsbestimmung ist im Übrigen die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte auch für den Antragsgegner Ziffer 1 (vgl. Zöller/Vollkommer, a.a.O., § 36 ZPO Rn. 15 m.N.).
Für die Klage gegen den Antragsgegner Ziffer 1 sind die deutschen Gerichte auch dann zuständig, wenn der Antragsgegner, wie er vorgetragen hat, nach Frankreich umgezogen ist. Die deutsche internationale Zuständigkeit ergibt sich sowohl aus Art. 6 Ziffer 1 EuGVVO (Gerichtsstand der Streitgenossenschaft) als auch aus Art. 5 Ziffer 1 a) EuGVVO (Gerichtsstand des Erfüllungsorts). Für den Erfüllungsort der Verpflichtung des Antragsgegners Ziffer 1 kommt es auf dessen Wohnsitz zum Zeitpunkt der Begründung der vertraglichen Verpflichtungen an (§ 269 Abs. 1 BGB). Nach den von der Antragstellerin vorgelegten Vertragsunterlagen wohnte der Antragsgegner Ziffer 1 zu den maßgeblichen Zeitpunkten in Karlsruhe.
4. Der Senat hielt es für zweckmäßig, das Landgericht Karlsruhe als zuständiges Gericht auszuwählen. Dies entspricht dem Antrag der Antragstellerin. Die Antragsgegner haben gegen das Landgericht Karlsruhe keine Einwendungen erhoben.
5. Der Senat hatte im Verfahren der Gerichtsstandsbestimmung nur eine Entscheidung zu treffen über die örtliche Zuständigkeit, nicht jedoch über die internationale Zuständigkeit. Die internationale Zuständigkeit stellt lediglich eine Vorfrage im Rahmen der Entscheidung des Senats gemäß § 36 Abs. 1 Ziffer 3 ZPO dar. Dementsprechend ist das Landgericht Karlsruhe nur im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit an die Entscheidung des Senats gebunden, nicht jedoch bei der Frage der internationalen Zuständigkeit. Sollte das Landgericht Karlsruhe bei der Prüfung der internationalen Zuständigkeit für die Klage gegen den Antragsgegner Ziffer 1 zu einem anderen Ergebnis kommen, wäre die Klage gegen den Antragsgegner Ziffer 1 gegebenenfalls als unzulässig abzuweisen.
Ende der Entscheidung
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