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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 21.02.2007
Aktenzeichen: 15 U 74/05
Rechtsgebiete: BGB, HGB


Vorschriften:

BGB § 157
BGB § 195
BGB § 199 Abs. 1
BGB § 280 Abs. 1 Satz 1
BGB § 280 Abs. 2
BGB § 286
BGB § 286 Abs. 1
BGB § 286 Abs. 2 Ziff. 3
BGB § 288 Abs. 2
BGB § 313
BGB § 313 Abs. 1
HGB § 439
HGB § 439 Abs. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

I. Auf die Berufungen beider Parteien wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 15.06.2005 - 24 O 104/04 - im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 24.601,30 EUR zu zahlen zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.01.2004.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung der Klägerin und die weitergehende Berufung der Beklagten werden zurückgewiesen.

III. Die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen tragen die Klägerin zu 2/5, die Beklagte zu 3/5.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung der Klägerin abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Klägerin kann eine Vollstreckung der Beklagten im Kostenpunkt abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der für die Beklagte vollstreckbaren Kosten, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I. Die Klägerin unterhält in ... ein Tanklager, in welchem sie Schmierstoffe und Öle ihrer Kunden einlagert. Die Klägerin übernimmt für ihre Kunden außerdem den Umschlag, das heißt, das Einlagern der Öle und das Auslagern einschließlich der Transporte mit Tanklastwagen zu den jeweiligen Kunden. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Ansprüche aus einem "Lager- und Umschlagsvertrag" vom 24.04.2002 geltend.

Im Übrigen wird wegen der tatsächlichen Feststellungen auf das Urteil des Landgerichts Mannheim verwiesen.

Das Landgericht hat die Beklagte verurteilt zur Zahlung von 23.779,21 EUR nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.01.2004. Die Beklagte sei nach dem "Lager- und Umschlagsvertrag" verpflichtet gewesen, der Klägerin Aufträge zum Umschlag von Ölen in einem Vertragsjahr für eine Menge von 5000 t zu erteilen. Diese Verpflichtung habe die Beklagte verletzt, da sie in dem am 31.05.2003 abgelaufenen Vertragsjahr nur 2.804,56 t Öl umgeschlagen habe. Die Klägerin könne von der Beklagten daher Ersatz des entgangenen Gewinns (bezogen auf die Mindermenge) verlangen. Auszugehen sei von einem Umschlagsentgelt von 21,50 EUR pro Tonne - entsprechend dem "Lager- und Umschlagsvertrag" - netto. Mehrwertsteuer könne die Klägerin im Rahmen des entgangenen Gewinns nicht ersetzt verlangen, da sie aus der Klageforderung keine Mehrwertsteuer zu zahlen habe. Von dem entgangenen Umschlagsentgelt in Höhe von 47.201,96 EUR seien ersparte Aufwendungen in Höhe von 4.400,- EUR abzuziehen, die die Klägerin gehabt hätte, wenn der beabsichtigte Umschlag tatsächlich in vollem Umfang durchgeführt worden wäre. Schließlich sei noch ein weiterer Betrag in Höhe von 6.496,71 EUR abzuziehen, da das Geschäftsjahr faktisch wegen technischer Probleme im Bereich der Klägerin für einen gewissen Zeitraum verkürzt gewesen sei, so dass die Beklagte in der Zeit vom 01.06.2002 bis zum 23.06.2002 keine Möglichkeit gehabt habe, für den beabsichtigten Umschlag von Ölen entsprechend dem "Lager- und Umschlagsvertrag" vom 24.04.2002 zu sorgen.

Der Anspruch der Klägerin sei allerdings teilweise durch die Hilfsaufrechnung der Beklagten in Höhe von 12.526,04 EUR erloschen, so dass der Klägerin lediglich noch ein Anspruch in Höhe von 23.779,21 EUR nebst Zinsen zustehe. Der Beklagten stehe ein entsprechender Schadensersatzanspruch zu. Da die Klägerin der Beklagten in der Zeit bis zum 23.06.2002 - vertragswidrig - nicht die Möglichkeit eingeräumt habe, im Lager der Klägerin vorhandene Öle auszulagern, sei der Beklagten ein Schaden entstanden. Denn die Beklagte sei gezwungen gewesen, sich anderweitig entsprechende Öle zu beschaffen, wobei der Preis für diese Ersatzbeschaffung deutlich über dem Einkaufspreis für die bei der Klägerin eingelagerten Öle gelegen habe.

Gegen das Urteil des Landgerichts haben beide Parteien Berufung eingelegt. Beide Parteien halten an ihren erstinstanzlichen Rechtsstandpunkten fest.

.... II. Die Berufungen beider Parteien sind überwiegend nicht begründet.

1. Das Landgericht hat zutreffend festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin Ersatz für den entgangenen Gewinn zu leisten hat, weil der vertraglich vereinbarte Mindestumschlag von 5000 t Ölen im Vertragsjahr bis zum 31.05.2003 nicht erreicht wurde. Mehrwertsteuer steht der Klägerin aus den entgangenen Umsätzen - in Übereinstimmung mit der Entscheidung des Landgerichts - nicht zu. Die Klägerin muss sich ersparte Aufwendungen anrechnen lassen, so dass ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 37.438,23 EUR verbleibt. Die Hilfsaufrechnung der Beklagten mit eigenen Schadensersatzansprüchen hat in Höhe von 12.836,93 EUR Erfolg, so dass der Klägerin letztlich ein Betrag von 24.601,30 EUR zusteht. Bei dieser Abrechnung sind verschiedene Einzelpositionen aus der Abrechnung des Landgerichts - auf die Berufung beider Parteien - jeweils in geringem Umfang zu korrigieren.

2. Der Klägerin steht aus dem "Lager- und Umschlagsvertrag" ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 37.438,23 EUR zu.

a) Der Schadensersatzanspruch der Klägerin beruht auf § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die Beklagte hat ihre Pflichten aus § 1 Abs. 2 des Lager- und Umschlagsvertrags verletzt, indem sie der Klägerin in dem Vertragsjahr bis zum 31.05.2003 Aufträge zum Umschlag von Ölen nicht in der versprochenen Menge von 5000 t erteilt hat. Der Sache nach handelt es sich um eine Pflichtverletzung, die nach dem - hier nicht mehr anwendbaren - altem Schuldrecht (bis zum 31.12.2001) begrifflich als "positive Vertragsverletzung" bezeichnet wurde.

Bei dem "Lager- und Umschlagsvertrag" handelt es sich weder um einen Lagervertrag, noch um einen Mietvertrag oder einen sonstigen Austauschvertrag. Vielmehr handelt es sich um einen Rahmenvertrag, mit welchem die Parteien für einen bestimmten Zeitraum (01.06.2002 bis 31.05.2003) die Voraussetzungen und die Bedingungen einzelner Lager- bzw. Umschlagsverträge geregelt haben. Solche Rahmenverträge sind in der Logistik- und Transportbranche vielfach gebräuchlich. Es kommt auch häufig vor, dass in solchen Rahmenverträgen - wie vorliegend - eine Mindestanzahl von Aufträgen (bzw. eine Mindestmenge zu transportierender oder einzulagernder Güter) für einen bestimmten Zeitraum festgelegt wird. Solche Mindestmengen sind für den Auftragnehmer von Bedeutung, damit er die Auslastung seiner Kapazitäten und die Wirtschaftlichkeit eventueller Investitionen kalkulieren kann. Die Zusage einer bestimmten Mindestmenge, welche die Parteien in § 1 Abs. 2 ihres Rahmenvertrages geregelt haben, enthält eine vertragliche Verpflichtung der Beklagten. Erteilt der Auftraggeber während des in Aussicht genommenen Zeitraums Aufträge nicht in dem versprochenen Umfang, stellt dies eine Verletzung der Verpflichtungen aus dem Rahmenvertrag dar, die eine Schadensersatzverpflichtung aus positiver Vertragsverletzung (nach altem Schuldrecht), beziehungsweise gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB (nach neuem Schuldrecht) auslöst (vgl. BGH, NJW-RR 2000, 1560; Senat, Transportrecht 2004, 316).

Es reicht für einen Anspruch der Klägerin gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB aus, dass die Beklagte sich verpflichtet hat, für Umschlagsaufträge im Vertragsjahr von mindestens 5000 t zu sorgen. Der Formulierung "... (die Beklagte) garantiert ..." kommt hierbei keine selbständige Bedeutung zu. Der Senat kann dieser Formulierung nicht entnehmen, dass die Beklagte bei einer geringeren Umschlagsmenge Verpflichtungen übernehmen wollte, die über einen Schadensersatz (das heißt, einen Ersatz des entgangenen Gewinns) hinausgehen sollten. Insbesondere hat die Beklagte in § 1 Abs. 2 des Rahmenvertrages nicht versprochen, bei einem Minderumschlag der Klägerin den entgangenen Umsatz in voller Höhe - ohne Abzug ersparter Aufwendungen - zu ersetzen. Eine solche Verpflichtung der Beklagten würde nicht Sinn und Zweck des Rahmenvertrages entsprechen. Denn eine Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz des entgangenen Umsatzes in voller Höhe würde die Klägerin bei einem Minderumsatz - wegen ersparter Aufwendungen - besser stellen, als wenn die Beklagte tatsächlich Aufträge in Höhe der vertraglich vereinbarten Menge von 5000 t erteilt hätte. Es ist - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht ersichtlich, dass die Parteien eine solche Konsequenz eines Minderumschlags bei der Vereinbarung des Rahmenvertrags im Auge gehabt hätten.

Eine andere Auslegung des Rahmenvertrages käme dann in Betracht, wenn die Parteien im Rahmenvertrag vereinbart hätten, dass die Beklagte bei einem Minderumschlag eine Vertragsstrafe zu zahlen hätte, beispielsweise in Höhe von 21,50 EUR pro Tonne Minderumschlag, bei der ersparte Aufwendungen der Klägerin nicht zu berücksichtigen wären. Die Vereinbarung einer - konkret bestimmten - Vertragsstrafe lässt sich § 1 Abs. 2 des Rahmenvertrages jedoch nicht entnehmen. (Vergleiche zu den Konsequenzen einer bei einem Minderumsatz zu zahlenden Vertragsstrafe beispielsweise Senat, Urteil vom 05.03.2004 - 15 U 65/02 -.)

b) Es gibt keine vertragliche Vereinbarung, welche dem Schadensersatzanspruch der Klägerin entgegenstehen könnte. Die Regelungen in § 11 des Rahmenvertrages ("Haftung") beziehen sich nur auf Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin und haben daher keine Auswirkungen auf den Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte.

c) Zutreffend hat das Landgericht festgestellt, dass der in § 1 Abs. 2 des Rahmenvertrages vereinbarte Mindestumschlag von 5000 t im Wege ergänzender Vertragsauslegung (§ 157 BGB) um 315 t zu kürzen ist, so dass die Beklagte lediglich für einen Umschlag von 4685 t einzustehen hatte.

aa) Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme festgestellt, dass die Klägerin - entgegen ihren Verpflichtungen aus dem Rahmenvertrag - von der Beklagten eingelagerte Öle zu Beginn des Vertragszeitraums am 01.06.2002 noch nicht auslagern konnte; wegen des Fehlens bestimmter technischer Vorrichtungen war ein Auslagern erst ab dem 24.06.2002 möglich, so dass die Beklagte erst ab diesem Zeitpunkt - nach einem entsprechenden Abruf - aus dem Lager bei der Klägerin Öle erhalten konnte, welche sie für ihre eigene Produktion benötigte.

bb) Für die Einhaltung des Mindestumschlags von 5000 t war die zur Verfügung stehende Zeit von entscheidender Bedeutung. In der Zeit bis zum 23.06.2002 konnte der vorgesehene Umschlag im Lager der Klägerin nicht durchgeführt werden, da bis zu diesem Zeitpunkt nur ein Einlagern aber kein Auslagern möglich war (siehe oben aa). Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, wonach die Parteien den vertraglich vereinbarten Mindestumschlag von 5000 t anteilig gekürzt hätten, wenn sie vorausgesehen hätten, dass in einem bestimmten Zeitraum die technischen Möglichkeiten zum Umschlag im Lager der Klägerin fehlten. Eine anteilige Kürzung des Vertragsjahres um 23 Tage (für die Zeit vom 01.06. bis 23.06.2002) führt dazu, dass der Mindestumschlag um 315 t auf 4685 t zu kürzen ist.

cc) Die Auffassung der Beklagten, die Pflichtverletzung der Klägerin (fehlende technische Möglichkeiten zum Auslagern bis 23.06.2002) müsse dazu führen, dass die Verpflichtung der Beklagten zum Mindestumschlag gänzlich entfalle, ist unzutreffend. Einen Rechtsgrundsatz, dass eine Partei (die Beklagte) sich an ihre vertraglichen Pflichten nicht mehr halten müsse, wenn die andere Partei (die Klägerin) ihre Pflichten verletzt, gibt es im Bürgerlichen Gesetzbuch - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht. Vielmehr richten sich die Folgen von Pflichtverletzungen nach den jeweiligen Vorschriften des Zivilrechts.

Die Beklagte wäre allerdings dann nicht mehr an den vertraglich vereinbarten Mindestumschlag gebunden, wenn sie sich (berechtigt) durch Kündigung oder Rücktritt von dem Rahmenvertrag gelöst hätte. Dies hat die Beklagte jedoch nicht getan. Sie hat - trotz der technischen Schwierigkeiten bis zum 23.06.2002 - der Klägerin fortlaufende Aufträge zum Einlagern und Auslagern von Ölen erteilt und damit deutlich gemacht, dass sie an dem "Lager- und Umschlagsvertrag" festhalten wollte. Daher war sie auch an den vertraglich vereinbarten Mindestumschlag (mit der Herabsetzung auf 4685 t, siehe oben) gebunden. Da die Beklagte zu keinem Zeitpunkt einen Rücktritt oder eine Kündigung erklärt hat, kommt es auch nicht darauf an, ob sie sich - im Hinblick auf die technischen Probleme im Lager der Klägerin bis zum 23.06.2002 - vom Rahmenvertrag hätte lösen können.

Die Pflichtverletzung der Klägerin (fehlende technische Einrichtungen zum Auslagern von Ölen bis zum 23.06.2002) zieht (nur) einen Schadensersatzanspruch der Beklagten gemäß §§ 280 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2, 286 BGB nach sich. Diesen Schadensersatzanspruch macht die Beklagte - dem Grunde nach zu Recht - im Wege der Hilfsaufrechnung geltend (siehe unten). Ein Schadensersatzanspruch gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB führt jedoch nicht dazu, dass die Beklagte sich von ihrer eigenen Verpflichtung (Mindestumschlag von 4685 t) lösen kann.

Die vom Senat vorgenommene Anpassung des Vertrages im Wege ergänzender Vertragsauslegung (siehe oben) entspricht einer Anpassung gemäß § 313 Abs. 1 BGB (Störung der Geschäftsgrundlage). § 313 BGB ist im vorliegenden Fall allerdings nicht anwendbar, da das Vorhandensein der erforderlichen technischen Einrichtungen zum Auslagern von Ölen im Lager in ... nach den Vereinbarungen im Rahmenvertrag dem Risikobereich der Klägerin zuzuordnen ist; denn die Klägerin war dafür verantwortlich, dass diese technischen Einrichtungen schon ab dem 01.06.2002 vorhanden waren (vgl. zum Anwendungsbereich von § 313 BGB Palandt/Grüneberg, BGB, 66. Auflage 2007, § 313 BGB Rn. 19). Wenn hingegen keine der Parteien für das Vorhandensein der technischen Einrichtungen zum Auslagern der Öle verantwortlich wäre, würde sich eine Anpassung des Rahmenvertrages (Herabsetzung der Mindestmenge von 5000 t auf 4685 t) unmittelbar aus § 313 Abs. 1 BGB ergeben. Die Klägerin kann im vorliegenden Fall nicht besser gestellt werden, wenn sie selbst das Risiko für das Vorhandensein der entsprechenden technischen Einrichtungen übernommen hatte. Dementsprechend muss sich nach Auffassung des Senats eine entsprechende Herabsetzung des Mindestumschlags vorliegend aus § 157 BGB ergeben.

dd) Die gegenläufigen Einwendungen der Parteien gegen diese pauschale Herabsetzung des Mindestumschlags sind nicht berechtigt. Entscheidend für die pauschale Reduzierung des Mindestumschlags ist der Umstand, dass sich nicht absehen lässt, in welchem Umfang die Beklagte den Umschlag hätte erhöhen können, wenn sie bereits ab Anfang Juni 2002 die Möglichkeit gehabt hätte, Öle auszulagern.

aaa) Die Klägerin meint (II/113), die Beklagte hätte in jedem Fall im Juni 2002 nur in geringem Umfang von den Möglichkeiten des Ölumschlags Gebrauch gemacht. Dies ergebe sich daraus, dass die Beklagte bis zum 23.06.2002 nur 68,08 t Ersatzlieferungen bezogen habe.

Diese Überlegungen können nach Auffassung des Senats für die anteilige Verringerung des Mindestumschlags gemäß § 157 BGB keine Bedeutung haben. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte auch dann nur in diesem geringen Umfang Öle aus dem Lager der Klägerin ausgelagert hätte, wenn sie die Möglichkeit dazu ab Anfang Juni 2002 gehabt hätte. Da der Einkauf der Ersatzlieferungen für die Beklagte wesentlich teurer war als der Einkauf der im Lager der Klägerin lagernden Öle, erscheint es nachvollziehbar, dass die Beklagte die erforderlichen Ersatzlieferungen begrenzt hat, soweit ihr das nach dem Ablauf ihrer eigenen Produktion möglich war. Unter diesen Umständen ist es zumindest plausibel, dass die Beklagte aus dem Lager der Klägerin bis zum 23.06.2002 größere Mengen an Ölen abgerufen hätte, wenn die technischen Möglichkeiten dazu bestanden hätten.

bbb) Die Beklagte meint demgegenüber, der vertraglich vereinbarte Mindestumschlag müsse deutlich stärker gekürzt werden, da sie bis zum 23.06.2002 überproportional viel umgeschlagen hätte, wenn dies möglich gewesen wäre (II/77). Auch dieser Einwand bleibt ohne Erfolg. Denn es fehlt jegliche Konkretisierung und Substantiierung, welche Mengen die Beklagte bis zum 23.06.2002 ausgelagert hätte und aus welchen konkreten betrieblichen Bedingungen sich ein solcher höherer Umschlag ergeben hätte. Es muss daher - auch gegenüber dem Einwand der Beklagten - im Rahmen von § 157 BGB bei einer pauschalen Kürzung des Mindestumschlags verbleiben.

d) Die Beklagte hat im Vertragsjahr bis zum 31.05.2003 unstreitig Aufträge lediglich für einen Umschlag von 2.804,56 t Öl erteilt. Bei einem Mindestumschlag von 4.685 t (siehe oben) ergibt sich eine Mindermenge von 1.880,44 t. Der Klägerin ist dementsprechend ein Umsatz von 40.429,46 EUR netto (1.880,44 t x 21,50 EUR) entgangen.

e) Im Rahmen des Schadensersatzes kann die Klägerin von der Beklagten keine Mehrwertsteuer ersetzt verlangen. Denn der von der Beklagten zu leistende Schadensersatz ist nicht umsatzsteuerpflichtig.

Eine Schadensersatzleistung unterliegt nur dann der Umsatzsteuer, wenn die Zahlung der Summe mit einer Leistung des Steuerpflichtigen in Wechselbeziehung steht, wenn also ein Leistungsaustausch stattgefunden hat. Grundlage des Leistungsaustauschs ist dabei eine innere Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung (vgl. BGH, NJW 2001, 3535, 3536). Die Schadensersatzforderung der Klägerin ist mit einer Gegenleistung jedoch nicht verknüpft; denn die Klägerin hat hinsichtlich der fehlenden Aufträge (1.880,44 t Mindermenge) gerade keine Leistungen gegenüber der Beklagten erbracht.

f) Im Rahmen des Schadensersatzes muss sich die Klägerin ersparte Aufwendungen anrechnen lassen. Wenn hinsichtlich der Mindermenge von 1.880,44 t ein Umschlag durchgeführt worden wäre, hätte die Klägerin folgende zusätzliche Aufwendungen gehabt:

 Hafengelder: 601,74 EUR
Energiekosten beim Auslagern: 170,87 EUR
Dieselkosten (Transport zur Beklagten): 1.529,77 EUR
Weitere Kosten bei Transporten zur Beklagten (Reparatur, Wartung und Reifenverschleiß): 688,85 EUR
Summe: 2.991,23 EUR.

Die ersparten Aufwendungen in Höhe von 2.991,23 EUR sind von dem entgangenen Umsatz in Höhe von 40.429,46 EUR (siehe oben) abzuziehen, so dass ein Schadensersatz der Klägerin (entgangener Gewinn) in Höhe von 37.438,23 EUR verbleibt.

.....

gg) Die Beklagte hat die ersparten Aufwendungen der Klägerin mit Nichtwissen bestritten. Dieses Bestreiten ist unerheblich. Wenn die Beklagte meint, die ersparten Aufwendungen der Klägerin seien höher, wäre dies von der Beklagten darzulegen. Denn Darlegungs- und Beweislast für höhere ersparte Aufwendungen liegen in einem Fall der vorliegenden Art beim Schuldner (vgl. BGH, NJW 2001, 3535). Die Klägerin ist ihrer sekundären Darlegungslast in diesem Bereich in vollem Umfang nachgekommen. Es wäre Sache der Beklagten, konkrete Zahlen für höhere ersparte Aufwendungen zu nennen. Solche Zahlen hat die Beklagte jedoch nicht genannt. Da es bereits an einer Darlegung der Beklagten zu höheren ersparten Aufwendungen fehlt, kam auch eine Beweisaufnahme zu den ersparten Aufwendungen (durch Einholung eines SachverständigenGutachtens) nicht in Betracht.

3. Die Hilfsaufrechnung der Beklagten hat in Höhe von 12.836,93 EUR Erfolg. (wird ausgeführt)

5. Die Forderung der Klägerin ist - wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat - auch nicht verjährt. Für die Klageforderung gilt gemäß § 195 BGB eine drei-jährige Verjährungsfrist. Der Lauf dieser Verjährungsfrist begann gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des 31.12.2003, da die Klägerin erst nach Ablauf des Vertragsjahres (31.05.2003) feststellen konnte, inwieweit die Beklagte ihrer Verpflichtung gemäß § 1 Abs. 2 des Rahmenvertrages nachgekommen war. Die Verjährung wurde sodann - spätestens - gehemmt am 27.05.2004 durch die Einreichung eines (berichtigten) Mahnbescheidsantrags (§ 204 Abs. 1 Ziffer 3 BGB in Verbindung mit § 167 ZPO).

Die kürzere Verjährungsfrist von einem Jahr gemäß § 439 Abs. 1 HGB (eventuell in Verbindung mit § 475 a HGB) spielt keine Rolle. Denn § 439 HGB ist auf einen Schadensersatzanspruch aus einem Rahmenvertrag wegen einer zu geringen Zahl von Transport- oder Lageraufträgen nicht anwendbar (vgl. Koller, Transportrecht, 5. Auflage 2004, § 439 HGB Rn. 22; BGH, Transportrecht 2006, 451).

6. Die Beklagte ist zur Zahlung von Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.01.2004 verpflichtet gemäß §§ 286 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 3, 288 Abs. 2 BGB.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO. Bei der Kostenentscheidung war zu berücksichtigen, dass der Streitwert (in erster Instanz und im Berufungsverfahren) jeweils 76.744,29 EUR beträgt (54.754,27 EUR zuzüglich 21.990,02 EUR Hilfsaufrechnung). Bei der Kostenquote ist das Obsiegen der Parteien bei der Klageforderung einerseits und bei der Hilfsaufrechnung der Beklagten andererseits berücksichtigt.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Ziffer 10, 711 ZPO.

8. Für eine Zulassung der Revision bestand kein Anlass (§ 543 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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