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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 13.06.2008
Aktenzeichen: 15 Verg 3/08
Rechtsgebiete: GWB, BBauG, BGB


Vorschriften:

GWB §§ 97 ff.
BBauG § 11
BGB § 242
1. Zur Frage des Vorliegens eines öffentlichen Auftrags im Sinne der §§ 97 ff. GWB und der Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG vom 31.3.2004 bei Grundstücksverkäufen einer Kommune, die u.a. mit einer Bauverpflichtung und der Übernahme der Kosten für die sonstige Erschließung verbunden sind, bei gleichzeitig abgeschlossenem städtebaulichen Vertrag nach § 11 BBauG.

2. Der allgemeine, aus § 242 BGB abgeleitete Grundsatz gilt auch im Vergaberecht. Die späte Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens verstößt dann gegen Treu und Glauben, wenn der Gegner und die sonstigen Beteiligten nicht mehr mit einem Nachprüfungsverfahren rechnen mussten und sich darauf eingerichtet haben und darauf einrichten durften. Die Anwendung des Grundsatzes der Verwirkung wird grundsätzlich auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Berechtigte Kenntnis von seinem Nachprüfungsrecht hat.


Oberlandesgericht Karlsruhe Vergabesenat Beschluss

Geschäftsnummer: 15 Verg 3/08

13. Juni 2008

In dem Verfahren

wegen sofortiger Beschwerde gem. §§ 116 ff. GWB

hat der Vergabesenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2008 unter Mitwirkung von

Vors. Richterin am Oberlandesgericht Runge Richterin am Oberlandesgericht von Pentz Richter am Oberlandesgericht Dr. Delius

beschlossen:

Tenor:

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Baden-Württemberg beim Regierungspräsidium Karlsruhe vom 07. März 2008 - 1 VK 1/08 - wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

3. Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 580.640 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Antragsgegnerin hatte von der ... im Bereich des Bahnhofgeländes in W... größere Grundstücksflächen erworben. Im Rahmen der Entwicklung eines allgemeinen Innenstadtkonzepts beschäftigte sie sich auch mit der Entwicklung dieses Areals. In einem Gutachten der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung L..., das dem Gemeinderat der Antragsgegnerin in seiner öffentlichen Sitzung vom 31. Januar 2005 vorgestellt und intensiv diskutiert wurde, wurde empfohlen, im Bereich des Bahnhofgeländes einen großflächigen Lebensmittelverbrauchermarkt mit Magnetfunktion für das Umland anzusiedeln. Mit Schreiben vom 17. März 2005 wies die Antragstellerin die Antragsgegnerin auf die negativen Auswirkungen des geplanten Einzelhandelobjekts auf die bestehende Lebensmitteleinzelhandelslandschaft, insbesondere die Filialen der Antragstellerin im Kernort - X... und C...- hin und appellierte an Gemeinderat und Verwaltung, das Vorhaben noch einmal zu überdenken. Mit Schreiben vom 22. April 2005 teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit, dass sie den X... in der Innenstadt mindestens fünf Jahre weiter betreiben werde, wenn sich die Antragsgegnerin entschließe, keinen großflächigen Lebensmittelmarkt am Bahnhofsareal anzusiedeln. Gleiches gelte dann, wenn die Stadt an ihren bisherigen Vorstellungen festhalte und der großflächige Einzelhandelsmarkt im Bahnhofsareal durch die Antragstellerin betrieben werde. Am 30. Mai 2005 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin, das von der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung vorgeschlagene Innenstadtkonzept zur Stärkung des Einzelhandelsstandorts W... und zur Aufwertung der Innenstadt als traditioneller Einzelhandelsmittelpunkt umzusetzen. Die Grundstücksflächen des ehemaligen Bahnhofareals sollten unter vorrangiger Berücksichtigung eines großflächigen Lebensmittelverbrauchermarktes überplant und mit der Antragstellerin und den Beigeladenen konkrete Ansiedlungsverhandlungen zur Umsetzung eines solchen Marktes aufgenommen werden. Vorgabe des Gemeinderates war, dass auf die Antragsgegnerin keine Kosten zukommen.

In der Folgezeit wurden mit mehreren Interessenten Ansiedlungsverhandlungen aufgenommen, die im Verlauf der Verhandlungen auf die Antragstellerin und die Beigeladenen beschränkt wurden. Die Interessenten wurden aufgefordert, eine Entwurfsplanung (Bebauungsvorstellung, aus der insbesondere die Erschließungs- und Parkierungssituation hervorgeht) vorzulegen und einen Kriterienkatalog zu beantworten. Nach umfangreichen Verhandlungen sowohl mit der Antragstellerin als auch den Beigeladenen, im Rahmen derer jeweils Entwürfe eines Kaufoptions- und eines städtebaulichen Vertrags ausgehandelt wurden, befasste sich der Gemeinderat in seiner nicht öffentlichen Sitzung vom 20. Februar 2006 erneut mit dem Thema. Die ausgehandelten Verträge wurden im Detail vorgestellt und miteinander verglichen. Der Gemeinderat entschied sich für das Angebot der Beigeladenen. Dieses versprach aus Sicht des Gemeinderats zum einen einen höheren finanziellen Vorteil, da die Beigeladenen insbesondere ein selbständiges Garantieversprechen zur Absicherung prognostizierter Gewerbesteuerzahlungen abgegeben hatten. Für die Beigeladenen sprach aus Sicht des Gemeinderats ferner die bestehende Marktsituation, die erwartete Zentralitätssteigerung, das aktive Ansiedlungsinteresse, eine erwartete Verbesserung der Angebotsvielfalt für den Kunden, die Kombination des Angebotes eines Vollsortimenters mit einem Discounter, die vorgesehene städtebauliche Konzeption in Verbindung mit den vorgesehenen Baukörpern sowie der von der Beigeladenen zu 1 zugesagte Fassadenwettbewerb. Am 21. Februar 2006 wurde die Antragstellerin telefonisch von der Entscheidung des Gemeinderats informiert.

Mit notariellem Vertrag vom 08. März 2006 räumte die Antragsgegnerin der Beigeladenen zu 2 die Option ein, das Bahngelände zu Alleineigentum zu erwerben, von der die Beigeladene zu 2 innerhalb von zwei Jahren Gebrauch machen konnte, mit der Verpflichtung, die Option auszuüben, sobald das Projekt bauplanungsrechtlich zulässig sein würde. Die Beigeladene zu 2 verpflichtete sich, auf dem Optionsgrundstück ein SB-Warenhaus mit einer Verkaufsfläche von mindestens 3000 qm zu errichten und eine Anbindung des Warenhauses an die B... herzustellen. Die Beigeladene zu 2 verpflichtete sich darüber hinaus, vor der Einreichung des Bauantrags einen Fassadenwettbewerb durchzuführen. Der Antragsgegnerin wurde ein Rücktrittsrecht für den Fall eingeräumt, dass die Beigeladene zu 2 ihre Bauverpflichtung nicht erfüllt.

Mit notariellem Vertrag vom selben Tag schlossen die Beigeladene zu 1 und die Antragsgegnerin einen städtebaulichen Vertrag im Sinne des § 11 BauGB zur Förderung und Sicherung der mit der Bauleitplanung verfolgten Ziele. In diesem Vertrag verpflichtete sich die Beigeladene zu 1, auf dem Optionsgrundstück für die Dauer von 15 Jahren einen großflächigen Einzelhandelsmarkt zu betreiben, und den X...-Markt im Falle einer Schließung durch die Antragstellerin anzumieten und als Nahversorger für einen Zeitraum von fünf Jahren zu betreiben. Mit notariellem Vertrag vom 19. April 2006 änderten die Beigeladene zu 1 und die Antragsgegnerin den städtebaulichen Vertrag vom 08. März 2006 dahingehend ab, dass sich die Beigeladene zu 1 verpflichtete, den X...-Markt im Falle einer Schließung als Nachversorger für einen Zeitraum von 10 Jahren zu betreiben.

Nachdem der dem Gemeinderat in der Sitzung vom 20. Februar 2006 unterbreitete Vergleich der Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen in der ...-Zeitung vom 05. April 2006 veröffentlicht worden war, wandte sich die Antragstellerin mit Schreiben vom 07. April und 04. Juli 2006 an die Antragsgegnerin und beanstandete die Entscheidung zugunsten der Beigeladenen. Die Antragstellerin rügte unter anderem, dass bei der Bewertung ihres Angebotes fälschlicherweise davon ausgegangen worden sei, sie würde in der Zukunft überhaupt keine Gewerbesteuer zahlen. Darüber hinaus meldete sie Zweifel an der Zulässigkeit einer entsprechenden Garantie an. Die Antragsgegnerin wies die Beanstandungen der Antragstellerin mit Schreiben vom 13. April und 07. Juli 2006 zurück.

In der Zwischenzeit hatten drei ... Bürger eine bürgerschaftliche Vereinigung mit der Bezeichnung "Initiatorenkreis Bürgerbegehren zur Erhaltung des X...-Marktes" gegründet und der Antragsgegnerin am 03. April 2006 3.994 Unterschriften mit dem Ziel übergeben, zum Zwecke der Erhaltung des X...-Marktes den Gemeinderatsbeschluss vom 20. Februar 2006 über den Verkauf des Grundstücks "Bahngelände" an die Beigeladene zu 2 aufzuheben. Das Bürgerbegehren wurde in der Folgezeit rechtskräftig für unzulässig erklärt.

Im Sommer 2006 wandten sich zwei Stadträte an das Regierungspräsidium S... und beanstandeten den Gemeinderatsbeschluss vom 20. Februar 2006. Daraufhin teilten der Regierungsvizepräsident des Regierungspräsidiums S... mit Schreiben vom 18. August 2006 an Herrn Stadtrat Dr. H... und das für die Kommunalaufsicht zuständige Referat des Regierungspräsidiums S... mit Schreiben vom 21. August 2006 an Herrn Stadtrat Dr. U... mit, dass sie die Entscheidung des Gemeinderats der Antragsgegnerin für rechtlich und wirtschaftlich unbedenklich ansähen. Mit Schreiben vom 03. April 2007 an Herrn Stadtrat Dr. H... bestätigte das Innenministerium B... als oberste Rechtsaufsichtsbehörde der Antragsgegnerin die Rechtmäßigkeit des Gemeinderatsbeschlusses vom 20. Februar 2006.

Mit Schreiben vom 21. Februar 2007 teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit, dass sie zu der Überzeugung gekommen sei, dass die Fortführung des X...-Marktes auf Dauer nicht mehr zumutbar sei und sie deshalb die zeitnahe Schließung des Standorts erwäge. Um den Verlust von Arbeitsplätzen zu verhindern bot sie der Antragsgegnerin an, den X...-Markt zum Ablauf des 28. April 2007 zu übernehmen und bat um einen Besprechungstermin zur Verhandlung der Übernahmekonditionen. In einer Besprechung vom 28. März 2007 erörterten Vertreter der Antragstellerin und der Antragsgegnerin daraufhin die anstehende Schließung des X...-Marktes sowie die "Vergabeproblematik" des Bahnhofsgeländes, insbesondere die Zulässigkeit einer Gewerbesteuergarantie. Der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin sagte der Antragstellerin zu, ihr den Schriftverkehr mit der Aufsichtsbehörde zu dieser Frage zur Verfügung zu stellen, damit die Antragstellerin den Sachverhalt überprüfen könne. Die Antragstellerin brachte zum Ausdruck, dass das Thema bzw. die Meinungsverschiedenheiten aus dem Weg geräumt seien, wenn sie die Angelegenheit überzeuge. Wenn dies nicht der Fall sei, würde sie in der Sache vorgehen (vgl. Vermerk der Antragstellerin vom 05.04.2007 über die Besprechung vom 28.03.2007). Mit Schreiben vom 23. April 2007 teilte die Antragstellerin der Antragsgegnerin mit, dass sie zeitnah mit der Firma ... bezüglich einer möglichen Übernahme des X...-Marktes in Kontakt treten werde und erinnerte an die Überlassung der in der Besprechung vom 28. März 2007 zugesagten Schreiben. Am 27. April 2007 unterbreitete die Antragstellerin der Firma ... ein Angebot zur Übernahme der X...-Filiale als Untermieterin. Eine Kopie des Angebots überließ sie der Antragsgegnerin. Nachdem die Firma ... mitgeteilt hatte, dass für sie der Abschluss eines Untermietvertrages nicht in Betracht komme, teilte die Antragstellerin mit Schreiben vom 25. Mai 2007 mit, dass ihr an einem nahtlosen Übergang von X auf ... gelegen sei und dass sie davon ausginge, dass ... kurzfristig mit dem Eigentümer des Objekts eine Einigung über den Abschluss eines Mietvertrages erzielen werde. Mit Schreiben vom selben Tag übersandte der Oberbürgermeister der Antragsgegnerin der Antragstellerin die Schreiben des Regierungspräsidiums S... vom 18. August 2006 an Stadtrat Dr. H... und vom 21. August 2006 an Stadtrat Dr. U... und erläuterte nochmals, dass die Entscheidung für die Beigeladenen rechtmäßig gewesen sei. Der Oberbürgermeister führte in dem Schreiben unter anderem aus:

"Sehr geehrter Herr G ,

ich gehe davon aus, dass ich mit den beiden überlassenen Schreiben und mit meinen heutigen Ausführungen ihre Zweifel/Kritik an der Einbeziehung des Themas "Gewerbesteuer" in den Angebotsvergleich abschließend ausräumen konnte."

Eine Reaktion der Antragstellerin auf dieses Schreiben der Antragsgegnerin erfolgte nicht.

Im Juli 2007 schloss die Beigeladene zu 1 mit dem Eigentümer des Gebäudes einen Mietvertrag über den X...-Markt ab. Der Mietvertrag hat eine feste Laufzeit von 5 Jahren, beginnend am 01. November 2007, und sieht einen monatlichen Mietzins in Höhe von 5.450,- € vor. Er enthält kein Kündigungsrecht für den Fall, dass die Beigeladenen den Lebensmittelmarkt auf dem Bahnhofsgelände nicht realisieren können. Nachdem die Antragstellerin den Betrieb des X...-Marktes am 29. September 2007 eingestellt hatte, baute die Beigeladene zu 1 den Markt im Oktober und November umfassend um und eröffnete den Markt als "H " am 29. November 2007.

In der Zwischenzeit hatte der Gemeinderat der Antragsgegnerin das Bauleitplanverfahren für das Bahngelände abgeschlossen und die Beigeladene zu 2 aufgefordert, ihr Optionsrecht auszuüben. Dieser Aufforderung kam die Beigeladene zu 2 am 10. Oktober 2007 nach. Ebenfalls im Oktober wurde der Beigeladenen zu 2 die Abbruch- und die sanierungsrechtliche Genehmigung für das Bauvorhaben auf dem Bahngelände erteilt. Nachdem das Regierungspräsidium S... mit Erlass vom 20. Dezember 2007 die Änderung des Flächennutzungsplanes für den Bereich des Bahngeländes genehmigt hatte, erteilte die Antragsgegnerin der Beigeladenen zu 2 am 09. Januar 2008 die Baugenehmigung. Diese begann am 21. Januar 2008 mit den Abbrucharbeiten.

Am 16. Januar 2008 teilte das Regierungspräsidium S... der Antragsgegnerin mit, dass die Antragstellerin mit Schriftsatz vom 27. Dezember 2007 eine kommunalaufsichtsrechtliche Beanstandung im Zusammenhang mit der Grundstücksveräußerung an die Beigeladene zu 2 eingereicht habe. Das Regierungspräsidium S... sah keine Veranlassung zu einem kommunalaufsichtsrechtlichen Einschreiten.

Mit ihrem Nachprüfungsantrag vom 25. Januar 2008 wendet sich die Antragstellerin gegen die Auftragserteilung an die Beigeladenen. Sie vertritt die Ansicht, dass die mit einer Bauverpflichtung verbundene Veräußerung der Grundstücke dem Vergaberechtsregime der §§ 97 ff. GWB unterliege und die mit der Beigeladenen abgeschlossenen Verträge mangels Einhaltung dieser Bestimmungen nichtig seien.

Mit Beschluss vom 07. März 2008, der Antragstellerin zugestellt mit am 12. März bei ihr eingegangenen und am 13. März unterzeichneten Empfangsbekenntnis, hat die Vergabekammer den Nachprüfungsantrag als unzulässig zurückgewiesen, da Gegenstand der angegriffenen Verträge vom 08. März 2006 eine nicht ausschreibungspflichtige Dienstleistungskonzession sei. Auf den Beschluss der Vergabekammer wird Bezug genommen.

Mit ihrer am 27. März 2008 beim Oberlandesgericht Karlsruhe eingegangenen sofortigen Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihren Nachprüfungsantrag weiter. Sie macht geltend, bei dem Beschluss der Vergabekammer handele es sich um eine unzulässige Überraschungsentscheidung, da der Beschluss auf Gesichtspunkte gestützt worden sei, die vorher nicht erörtert worden seien. Abgesehen davon habe die Vergabekammer verkannt, dass Hauptgegenstand des Auftrags die Verpflichtung zur Errichtung des Lebensmittelmarktes sei. Das Schreiben der Antragsgegnerin vom 06.06.2005, mit dem diese die Interessenten unstreitig zur Abgabe eines Angebots aufgefordert hat, zeige, dass sowohl die Errichtung eines Lebensmittelmarktes auf dem ehemaligen Bahngelände an sich, als auch die Art und Weise der Bebauung des Grundstücks im Vordergrund des Auftrags habe stehen sollen. Im Übrigen wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen.

Die Antragstellerin beantragt,

1. unter Aufhebung des Beschlusses der Vergabekammer Baden-Württemberg vom 07. März 2008 - 1 VK 1/08 - festzustellen, dass die am 08. März 2006 abgeschlossenen notariellen Verträge über die Option zum Kauf des Grundstücks Bahnhofareal / Bahngelände, Grundbuch von ... beim Amtsgericht ... , Blatt , Flurstücke , in ... und des städtebaulichen Vertrages über das Grundstück Bahnhofareal/Bahngelände, Grundbuch von ... beim Amtsgericht ... , (notarielle Urkunden des Notars Dr. G. W. , D , UR-Nr. ) zwischen der Beschwerdegegnerin und den Beigeladenen nichtig sind,

2. die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, soweit das Beschaffungsinteresse in der vorliegenden Form weiter besteht, den Verkauf des Grundstücks Bahnhofareal/Bahngelände, Grundbuch von ... beim Amtsgericht ... , Blatt und eines damit im Zusammenhang stehenden städtebaulichen Vertrages nach den §§ 97 ff. GWB und § 32 a VOB/A auszuschreiben und dabei das Vergabeverfahren unter Beachtung des §§ 1 - 31 VOB/A durchzuführen,

3. hilfsweise,

die Verpflichtung der Vergabekammer auszusprechen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates über die Sache erneut zu entscheiden.

Die Antragsgegnerin und die Beigeladenen beantragen, die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die im Nachprüfungsverfahren und im Beschwerdeverfahren gewechselten Schriftsätze und die zur Akte gereichten Anlagen Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Sie hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist die Beschwerdefrist des § 117 Abs. 1 GWB gewahrt. Der Beschluss der Vergabekammer wurde der Antragstellerin gemäß § 5 Abs. 4 VwZG nicht bereits mit Eingang des von der Vergabekammer vorbereiteten Empfangsbekenntnisses bei den Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin am 12. März 2008, sondern erst mit dessen Unterzeichnung durch Rechtsanwalt Dr. ... am 13. März 2008 zugestellt. Entscheidet sich die Behörde wie im vorliegenden Fall für die Zustellung gegen Empfangsbekenntnis gemäß § 5 Abs. 4 VwZG, so ist die Zustellung erst dann als bewirkt anzusehen, wenn der Zustellungsadressat das ihm zugestellte Schriftstück mit dem Willen entgegengenommen hat, es als zugestellt gegen sich gelten zu lassen, und dies auch durch Unterzeichnung des Empfangsbekenntnisses beurkundet. Dies muss nicht unmittelbar am Tag des Eingangs des Schriftstücks beim Zustellungsadressaten geschehen (vgl. BGH JurBüro 2007, 504; BVerwG, Beschluss vom 07. Mai 2002 - 3 B 114/01 - Juris-Ausdruck Rn. 5, jeweils m.w.N.). Nach diesen Grundsätzen ist der Beschluss der Vergabekammer dem Zustellungsadressaten, Rechtsanwalt Dr. ..., erst am 13. März 2008 zugestellt worden. Denn erst an diesem Tag hat er das ihm übermittelte Schriftstück als empfangsbereit entgegengenommen.

2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin ist unzulässig, da sie ihr Recht, ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten, verwirkt hat. a) Allerdings dürfte es sich bei den streitgegenständlichen Verträgen vom 08. März 2006 um eine öffentliche Baukonzession im Sinne des Art. 1 (3) der hier maßgeblichen Vergabekoordinierungsrichtlinie 2004/18/EG vom 31. März 2004 (nachfolgend: VK-RL) handeln, die vergaberechtlich den öffentlichen Bauaufträgen im Sinne des Art. 1 (2) b VK-RL gleichgestellt ist und damit bei richtlinienkonformer Auslegung des GWB gemäß den §§ 97, 99 Abs. 3, 101 GWB dem Vergaberecht unterliegt. Die Qualifizierung der genannten Verträge als öffentlicher Auftrag im Sinne der VK-RL und der §§ 97 ff. GWB dürfte insbesondere nicht daran scheitern, dass diese Verträge keinen gegenständlichen Beschaffungszwecken der Antragsgegnerin im Sinne einer Eigenbedarfsdeckung dienen und dass mit ihnen die städtebaulichen Gestaltungsvorstellungen der Antragsgegnerin verwirklicht werden sollen.

aa) Der Begriff des öffentlichen Auftrags im Sinne der VK-RL und der §§ 97 GWB ist autonom und in allen Mitgliedsstaaten gleich auszulegen (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Januar 2007 - C 220/05 - "Commune de Roanne", EuGH E I 2007,385 Rz. 40). Er ist so zu beurteilen, dass die praktische Wirksamkeit der VK-RL gewährleistet ist (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2001 - C 399/98 - "Teatro alla Bicocca" - EuGH E I 2001, 5409 Rz. 52, 55). Wie aus ihren Begründungserwägungen, insbesondere der zweiten hervorgeht, soll die VK-RL die Wahrung des Grundsatzes der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs sowie die Öffnung des öffentlichen Beschaffungswesens für den Wettbewerb garantieren. Der VK-RL ist nicht zu entnehmen, dass ihr Anwendungsbereich auf den "Einkauf" der öffentlichen Hand beschränkt sein soll. Sie enthält insbesondere in dem insoweit maßgeblichen Art. 1 (2) b keinen Hinweis darauf, dass die zu beschaffende Leistung dem Auftraggeber unmittelbar zugute kommen muss. Die Ziele der VK-RL sind aber schon dann gefährdet, wenn sich ein öffentlicher Auftraggeber entschließt, überhaupt einen (Bau-) Auftrag zu vergeben, unabhängig davon, aus welchen Gründen und in welchem Zusammenhang das Bauwerk errichtet wird und welchen Verwendungszweck es haben soll. Denn schon dann besteht das Risiko einer Wettbewerbsverzerrung infolge der Bevorzugung einzelner Marktteilnehmer (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott in der Rechtssache "Commune de Roanne" C-220/05 Rn. 43).

Unter den Begriff des öffentlichen Beschaffungswesens im Sinne der Richtlinie dürften deshalb nicht nur solche Maßnahmen eines öffentlichen Auftraggebers fallen, die unmittelbar der Deckung seines eigenen Bedarfs dienen, sondern auch solche, mit denen er konkrete eigene Zielsetzungen bzw. mittelbare Eigeninteressen verfolgt. In diesem Zusammenhang dürften allgemeine wirtschafts- und gesellschaftspolitische Zwecksetzungen wie beispielsweise die Aufwertung und Belebung eines bestimmten Stadtviertels ausreichen (vgl. OLG Düsseldorf, VergabeR 2007, 406; VergabeR 2008, 99; VergabeR 2008, 229; OLG Bremen, IBR 2008, 287). Der EuGH lässt es in seinem Urteil vom 18. Januar 2007 "Commune de Roanne" (a.a.O. Rz. 42) für die Annahme eines öffentlichen Auftrags ausdrücklich genügen, dass die Errichtung des Freizeitzentrums den von der Stadt Roanne in dem zugrundeliegenden Vertrag genannten Erfordernissen entspricht und die Stadt durch die Verwirklichung des Freizeitzentrums in seiner Gesamtheit versucht hat, das Bahnhofsviertel aufzuwerten und zu beleben. Der EuGH betont in dieser Entscheidung ausdrücklich, dass es für die Annahme eines öffentlichen Auftrags nicht darauf ankommt, ob der öffentliche Auftraggeber Eigentümer des Bauwerks ist oder wird. Hinweise auf die Notwendigkeit eines körperlichen Beschaffungsbezugs der Maßnahme der öffentlichen Hand finden sich in dem Urteil nicht. Dies wäre aber zu erwarten gewesen, wenn der EuGH das Vorliegen eines öffentlichen (Bau-) Auftrags von einer solchen Voraussetzung abhängig machen wollte. Denn der EuGH hat sämtliche - auch offensichtlich gegebene - Tatbestandsmerkmale des öffentlichen Bauauftrags in seinem Urteil abgehandelt (vgl. EuGH, Urteil vom 18. Januar 2007 "Commune de Roanne", a.a.O. Rz. 43: "Zu den anderen Merkmalen der Definition des öffentlichen Bauauftrags i.S. von Art. 1 lit. A der Richtlinie ist erstens festzustellen, dass .... .").

bb) Für die Annahme eines öffentlichen Auftrags nach diesen Ausführungen genügende konkrete eigene Zielsetzungen hat die Antragsgegnerin im Streitfall verfolgt. Denn ausweislich des Protokolls über die Sitzung des Gemeinderats vom 25. April 2005 sowie des Gemeinderatsbeschlusses vom 30. Mai 2005 sollte die Realisierung des Vorhabens den Einzelhandelsstandort W... stärken und die Innenstadt als traditionellen Einzelhandelsmittelpunkt aufwerten.

cc) Die der Antragsgegnerin zustehende kommunale Planungshoheit dürfte der Qualifizierung der Verträge vom 08. März 2006 als öffentlicher Auftrag im Sinne der VK-RL und der §§ 97 ff. GWB ebenfalls nicht entgegenstehen (vgl. vgl. EuGH, Urteil vom 18. Januar 2007 - C 220/05 - "Commune de Roanne" a.a.O. Rz. 31, 40; EuGH, Urteil vom 12. Juli 2001 "Teatro alla Bicocca" a.a.O. Rz. 65, 66; OLG Düsseldorf, VergabeR 2008, 99; VergabeR 2008, 229). Die Antragsgegnerin wird auch im Falle der Qualifizierung von Verträgen wie des vorliegenden als öffentliche Aufträge im Sinne des Vergaberechts nicht daran gehindert, im Rahmen ihrer kommunalen Planungshoheit im Vorfeld der Ausschreibung zu entscheiden, welche konkreten städtebaulichen Gesichtspunkte sie auf welche Weise verwirklichen möchte.

dd) Es dürfte auch nicht an dem für die Annahme eines öffentlichen Auftrags in Form einer Baukonzession erforderlichen Entgelt fehlen.

(1) Die öffentliche Baukonzession ist gemäß Art. 1 (3) VK-RL dadurch gekennzeichnet, dass die Gegenleistung für die Bauleistungen ausschließlich in dem Recht zur Nutzung des Bauwerks oder in diesem Recht zuzüglich der Zahlung eines Preises durch den öffentlichen Auftraggeber besteht. Sie zeichnet sich zusätzlich dadurch aus, dass der Konzessionär das wirtschaftliche Risiko des Geschäfts trägt (EuGH, Urteil vom 13. Oktober 2005 - C 458/03 (Parking Brixen, SlG. 2005, l-8585, Rz 40). Dabei ist der Begriff des Rechts zur Nutzung des Bauwerks autonom und in dem Sinne auszulegen, dass die praktische Wirksamkeit der Richtlinie gewährleistet ist (vgl. EuGH, Urteil vom 12. Juli 2001 "Teatro alla Bicocca" Rz. 52, 55). Aus diesem Grund dürfen zeitlich und inhaltlich zusammenhängende Vorgänge nicht in ihre Einzelbestandteile zerlegt und isoliert beurteilt werden, sondern sind einer Gesamtbetrachtung zu unterziehen, wobei auch die Zielsetzung der Maßnahmen zu berücksichtigen ist (vgl. EuGH, Urteil vom 10. November 2005 - C 29/04 - "Stadt Mödling", VergabeR 2006, 47, Rz. 40 ff.; OLG Düsseldorf VergabeR 2008, 229, Rz. 40). Andernfalls könnten durch eine geschickte Gestaltung bestimmte Verträge sachwidrig aus der Geltung des Vergaberechtsregimes ausgeschlossen und dessen Geltung leicht umgangen werden (OLG Düsseldorf, VergabeR 2007, 406). Dementsprechend dürfte es für die Annahme eines Rechts zur Nutzung des Bauwerks im Sinne des Art. 1 (3) VK-RL genügen, wenn die gebotene Gesamtschau zu dem Ergebnis führt, dass dem Auftragnehmer anstelle einer Vergütung für die Errichtung des Bauwerks die Möglichkeit eingeräumt wird, seine Aufwendungen für die Realisierung des Gesamtprojekts durch Nutzung des errichteten Bauwerks zur Erwirtschaftung von Erlösen zu refinanzieren. Auf die Frage, ob der öffentliche Auftraggeber jemals Eigentum an den Bauwerken erlangt, dürfte es dagegen auch im Rahmen einer Baukonzession nicht ankommen (vgl. zum Bauauftrag in herkömmlicher Form, EuGH, Urteil vom 18.01.2007 "Commune de Roanne").

(2) Nach diesen Grundsätzen dürfte das Vorhaben der Antragsgegnerin im Streitfall als öffentliche Baukonzession zu qualifizieren sein. Die Antragsgegnerin will ihr Ziel, die Innenstadt W... aufzuwerten und den Einzelhandelsstandort zu stärken, dadurch verwirklichen, dass sie die Errichtung eines großflächigen Einzelhandelmarktes nach ihren Vorstellungen und Vorgaben auf einem von ihr zu diesem Zweck zur Verfügung gestellten und von dem Investor zu erwerbenden, zu bebauenden und anschließend in bestimmter Weise zu nutzenden Grundstück veranlasst. Die interessierten Investoren stellen notwendigerweise eine gesamtwirtschaftliche Betrachtung an. Sie sehen sämtliche Verträge und darin übernommene Verpflichtungen in einer Gesamtschau und treten dem Gesamtprojekt nur dann näher, wenn sich dieses "rechnet", d.h. wenn durch die mit der Nutzung des Bauwerks erzielten Gewinne die Kosten für den Erwerb des Grundstücks und die Errichtung des Bauwerks im Abschreibungszeitraum refinanziert werden können. Der Umstand, dass der Investor das Eigentum an dem Grundstück erlangt, auf der anderen Seite aber hierfür Geldleistungen zu erbringen hat, ist lediglich einer von vielen Berechnungsfaktoren der Gesamtrechnung. Dem kann auch nicht entgegen gehalten werden, das Recht zur Nutzung des Bauwerks sei keine Gegenleistung für die Erbringung der Bauleistung, sondern beruhe auf der Eigentümerstellung des Investors. Eine derartige Sichtweise missachtet den Grundsatz der Notwendigkeit einer Gesamtschau; sie führt zu einer unzulässigen Aufspaltung des Gesamtprojekts in seine Einzelbestandteile und isolierten Maßgeblichkeit nur einzelner Aspekte. Die Eigentümerstellung des Auftragnehmers ist in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden vom Auftraggeber abgeleitet; der Auftragnehmer erhält mit der Eigentumsübertragung auch das Recht zur Nutzung des späteren, von ihm zu errichtenden Bauwerks.

b) Entgegen der Auffassung der Vergabekammer dürfte es sich bei dem streitgegenständlichen Auftrag auch nicht um eine nicht in den Aufwendungsbereich der VK-RL fallende Dienstleistungskonzession (vgl. Art. 17 VK-RL) handeln. Die vom Auftragnehmer zu erbringenden Bauleistungen dürften nicht lediglich untergeordnete Bedeutung im Sinne von Satz 3 des 10. Erwägungsgrundes der VK-RL und im Sinne des § 99 Abs. 6 Satz 2 GWB haben, sondern den Auftrag maßgeblich prägen. Ausweislich der Aufforderung der Antragsgegnerin zur Abgabe eines Angebots vom 06. Juni 2005 waren die Errichtung des großflächigen Lebensmittelverbrauchermarktes und die Art und Weise der Bebauung des Grundstücks für die Antragsgegnerin von entscheidender Bedeutung. Sie gab genaue Vorgaben für das Bauvorhaben und forderte die Interessenten auf, eine Entwurfsplanung vorzulegen. Die maßgebliche Bedeutung der Bauleistungen kommt auch dadurch zum Ausdruck, dass in § 15 des zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 2 zustande gekommenen Optionsvertrags eine Bauverpflichtung der Beigeladenen zu 2 vorgesehen und in § 16 des Vertrages der Antragsgegnerin ein Rücktrittsrecht für den Fall eingeräumt worden ist, dass die Beigeladene zu 2 ihrer Verpflichtung zur Errichtung eines großflächigen Lebensmittelmarktes nicht nachkommt.

c) Letztlich können die unter a) und b) aufgeworfenen Fragen ebenso wie die Frage, ob im Streitfall der erforderliche Schwellenwert erreicht ist, jedoch offen bleiben. Denn die Antragstellerin hat ihr Recht, ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten, verwirkt.

aa) Ein Recht ist nach dem allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) grundsätzlich dann verwirkt, wenn der Berechtigte es über längere Zeit nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten einrichten durfte, dass dieser das Recht auch in Zukunft nicht geltend machen wird (vgl. BGHZ 43, 289, 292; 84, 280, 281; 105, 290, 298). Mit der Verwirkung soll die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten gegenüber dem Verpflichteten ausgeschlossen werden. Dabei ist das Verhalten des Berechtigten nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilen. Auf die subjektive Willensrichtung des Berechtigten kommt es nicht an. Verwirkung kann auch gegen den Willen des Berechtigten und selbst dann eintreten, wenn der Berechtigte keine Kenntnis von seiner Berechtigung hat (vgl. BGHZ 25, 47, 53; BGH NJW-RR 2006, 736 - Jurisausdruck Rn. 26; NJW 2007, 2183 - Jurisausdruck Rn. 8, jeweils m.w.N.). In dieser Hinsicht kommt der rechtliche Unterschied zwischen der Verwirkung und einem stillschweigenden Verzicht zum Ausdruck (vgl. BGHZ 25, 47, 53). Die Frage, ob ein Recht verwirkt ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wobei der Art und Bedeutung des Anspruchs, der Intensität des vom Berechtigten geschaffenen Vertrauenstatbestandes und dem Ausmaß der Schutzbedürftigkeit des Verpflichteten besondere Bedeutung zukommen (vgl. BGH NJW 2007, 2183 - Jurisausdruck Rn. 9; OLG Frankfurt NJW-RR 1991, 678; Palandt/Heinrichs, BGB, 67. Aufl., § 242 Rn. 93).

bb) Dieser allgemeine, aus § 242 BGB abgeleitete Grundsatz gilt auch im Vergaberecht. Es entspricht der vergaberechtlichen Rechtsprechung und Literatur, dass eine späte Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gegen Treu und Glauben verstoßen kann, wenn der Rechtschutz Begehrende erst dann Rechtsmittel einlegt, wenn der Gegner und die sonstigen Beteiligten nicht mehr mit einem Verfahren rechnen (vgl. OLG Dresden, NZBau 2004, 352 - Jurisausdruck Rn. 27; OLG Frankfurt, NZBau 2004, 692 unter ll 1c; OLG Düsseldorf, VergabeR 2008, 229 - Jurisausdruck Rn. 54; Reidt in Reidt/Stickler/Glahs, Vergaberecht, 2. Auflage, § 107 Rn 40; Weyand, IBR-online - Kommentar Vergaberecht, Stand 09. Januar 2008, § 107 GWB, Rz. 16.3.7.4; Wagner/Görs, NVwZ 2007, 900, 902). Entgegen der Auffassung des Antragsstellerin ist die Anwendung des Grundsatzes der Verwirkung auch im Vergaberecht nicht auf die Fälle beschränkt, in denen der Berechtigte Kenntnis von seinem Recht hatte. Die Ausführungen des OLG Düsseldorf in seinem Beschluss vom 19. Juli 2006 (IBR 2007, 149 - Jurisausdruck Rz. 39) und die Ausführungen des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluss vom 01. Februar 2005 (BGHZ 162, 116 - Jurisausdruck Rn. 44), wonach ein Verstoß gegen Treu und Glauben erst bei Kenntnis des Bieters von der Notwendigkeit eines geregelten Vergabeverfahrens in Betracht komme, betreffen allein die Frage, ob ein Bieter sein Nachprüfungsrecht verwirkt, wenn er ein Angebot abgibt bzw. sich an einer de-facto - Vergabe beteiligt, ohne auf die Notwendigkeit eines geregelten Vergabeverfahrens hinzuweisen, d.h. die Frage, ob ihn eine Beanstandungsobliegenheit trifft. Diesen Ausführungen ist jedoch nichts zu der vollkommen anders gelagerten Fragestellung zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen eine Verwirkung der Antragsbefugnis des Bieters wegen später Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens in Betracht kommt. Dementsprechend prüft das Oberlandesgericht Düsseldorf in seinem Beschluss vom 19. Juli 2006 eine Verwirkung unter dem zuletzt genannten Gesichtspunkt auch gesondert (vgl. Juris- Ausdruck Rn. 41). Auch die weiteren von der Antragstellerin angeführten Entscheidungen führen zu keiner anderen Beurteilung dieser Frage. Denn soweit in ihnen Kenntnis des Bieters vom Vergaberechtsverstoß verlangt wird, ging es jeweils um die Frage, ob der Bieter seine Rügeobliegenheit gem. § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB erfüllt hatte, und nicht um Verwirkung (vgl. dazu auch VK Köln, Beschluss vom 1. April 2008 VK VOB 3/2008).

cc) Nach diesen Grundsätzen hat die Antragstellerin im Streitfall ihre Antragsbefugnis im Vergabenachprüfungsverfahren verwirkt. Denn sie hat das Nachprüfungsverfahren erst zu einem Zeitpunkt eingeleitet, als die Antragsgegnerin und die Beigeladenen, deren Verhalten und deren Interessen wegen ihrer unmittelbaren Betroffenheit durch die Entscheidung im Nachprüfungsverfahren bei der Prüfung der Verwirkung ebenfalls zu berücksichtigen sind, nicht mehr mit der Geltendmachung von Rechten seitens der Antragstellerin gerechnet haben und nicht rechnen mussten. Die Antragsgegnerin und die Beigeladenen haben sich auf die Nichtgeltendmachung von Rechten durch die Antragstellerin eingerichtet und durften sich hierauf einrichten.

(1) Die Antragstellerin hat ihre Rechte über längere Zeit nicht geltend gemacht. Sie hat die Vergabe des Auftrags an die Beigeladenen gegenüber der Antragsgegnerin über einen Zeitraum von mehr als sieben Monaten, nämlich in der Zeit vom 25. Mai 2007 bis jedenfalls 16. Januar 2008, als die Antragsgegnerin von der von der Antragstellerin erhobenen kommunalaufsichtsrechtlichen Beanstandung Kenntnis erlangte, nicht mehr beanstandet und keinerlei Rechte aus der aus ihrer Sicht unzulässigen Vergabe hergeleitet.

(2) Unter den besonderen Umständen des Streitfalles reicht ein Zeitraum von sieben Monaten für die Annahme der Verwirkung aus. Denn die Antragstellerin hat im April / Mail 2007 einen Vertrauenstatbestand von erheblicher Intensität dahingehend gesetzt, dass sie aus der Vergabe des Auftrags an die Beigeladenen keine Rechte mehr ableiten wolle. Die Antragstellerin hat durch ihre Äußerungen gegenüber der Antragsgegnerin in der Besprechung vom 28. März 2007 sowie durch ihr nachfolgendes Verhalten, insbesondere die Hinnahme des Schreibens der Antragsgegnerin vom 25. Mai 2007 ohne jede weitere Reaktion sowie das Hinwirken auf die Übernahme des X...-Marktes durch die Antragsgegnerin bzw. die Beigeladenen im April/Mai 2007, den Eindruck erweckt, dass sie keine weiteren Einwände gegen die Vergabe des Auftrages an die Beigeladenen erheben werde und die Sache für sie nunmehr erledigt sei. Ausweislich des von der Antragsstellerin erstellten und von ihr vorgelegten Vermerks über die Besprechung vom 28. März 2007 hatten die Antragstellerin und die Antragsgegnerin die "Vergabeproblematik am Standort in der B...straße" diskutiert und vereinbart, dass die Antragsgegnerin der Antragsstellerin den von ihr mit der Aufsichtsbehörde geführten Schriftverkehr zwecks Ausräumung ihrer Bedenken und Ermöglichung einer Überprüfung des Sachverhalts zur Verfügung stellt. Die Antragstellerin brachte zum Ausdruck, dass das Thema bzw. die Meinungsverschiedenheiten aus dem Weg geräumt seien, wenn sie die Angelegenheit überzeuge; wenn dies hingegen nicht der Fall sei, werde sie in dieser Sache weiter vorgehen. Nachdem die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit Schreiben vom 25. Mai 2007 die versprochenen Schreiben (Schreiben des Regierungsvizepräsidenten vom 18. August 2006 an Stadtrat Dr. H... sowie des für die Kommunalaufsicht zuständigen Referates des Regierungspräsidiums S... vom 21. August 2006 an Herrn Stadtrat Dr. U...) überlassen und die Vergabe des Auftrages an die Beigeladenen unter Hinweis auf weitere Gesichtspunkte verteidigt hatte, meldete sich die Antragstellerin bis zur Erhebung der kommunalaufsichtsrechtlichen Beanstandung gegenüber dem Regierungspräsidium am 27. Dezember 2007, von der die Antragsgegnerin erst am 16. Januar 2008 Kenntnis erlangte, in dieser Sache nicht mehr. Angesichts des ausdrücklichen Hinweises der Antragsgegnerin in ihrem Schreiben vom 25. Mai 2007, wonach sie davon ausgehe, dass sie mit den beiden überlassenen Schreiben und mit den heutigen Ausführungen die Zweifel/Kritik der Antragstellerin an der Einbeziehung des Themas Gewerbesteuer in den Angebotsvergleich abschließend habe ausräumen können, sowie der Äußerungen der Antragstellerin in der Besprechung vom 28. März 2007, wonach sie die Schreiben der Aufsichtsbehörde prüfen und die Angelegenheit auf sich beruhen lassen wolle, wenn die Schreiben sie überzeugten, sie hingegen in der Sache weiter vorgehen wolle, wenn dies nicht der Fall sei, war eine zeitnahe Reaktion der Antragsstellerin für den Fall zu erwarten, dass sie aus der Vergabe des Auftrags an die Beigeladenen doch noch Rechte ableiten wollte. Die Antragsgegnerin konnte die unterbliebene Reaktion der Antragstellerin nur dahingehend verstehen, dass diese die Entscheidung zugunsten der Beigeladenen nun akzeptiere. Dies gilt umso mehr, als die Antragstellerin im April 2007 mit Kenntnis der Antragsgegnerin an die Beigeladenen herantrat, ihnen die Übernahme des X...-Marktes anbot und eindeutig zu erkennen gab, selbst den X...-Markt nach Ablauf der Mietzeit im Oktober 2007 nicht weiter betreiben zu wollen. Dieses Angebot zur Übernahme des X...-Marktes konnte die Antragsgegnerin im Gesamtzusammenhang nur so verstehen, dass die Antragstellerin an ihrem eigenen Angebot zur Errichtung eines großflächigen Einzelhandelsobjektes nicht weiter festhalte und es mit der Erteilung des Auftrags an die Beigeladenen sein Bewenden haben solle. Denn Gegenstand dieses Angebots der Antragstellerin war unter anderem die Verpflichtung, den X...-Markt für weitere 10 Jahre zu betreiben - eine Voraussetzung, die die Antragstellerin nach Verzicht auf die Ausübung ihres Mietoptionsrechtes und Überlassung des Marktes an die Beigeladenen nicht mehr erfüllen konnte.

(3) Die Antragsgegnerin und die Beigeladenen, deren Verhalten und deren Interessen wegen ihrer unmittelbaren Betroffenheit durch eine Entscheidung im Vergabenachprüfungsverfahren bei der Prüfung der Verwirkung mit zu berücksichtigen sind, haben sich auch darauf eingerichtet, dass die Antragstellerin gegen die Vergabe des Auftrages an die Beigeladenen nicht mehr vorgehen werde. Die Antragsgegnerin hat die Bauleitplanung im Einklang mit den Verträgen vom 8. März 2006 weiterbetrieben und abgeschlossen. Der neu aufgestellte Bebauungsplan und der geänderte, vom Regierungspräsidium am 20. Dezember 2007 genehmigte Flächennutzungsplan erlangten mit ihrer öffentlichen Bekanntmachung am 12. Januar 2008 Wirksamkeit. Die Beigeladene zu 1 hat den X...-Markt nach Abschluss eines Mietvertrags mit einer festen Laufzeit von fünf Jahren und nach Betriebseinstellung durch die Antragstellerin am 29. September 2007 umfassend umgebaut und neu eingerichtet, wofür selbst nach der Darstellung der Antragsgegnerin mindestens 188.000,00 EUR erforderlich waren. Unstreitig ist der Betrieb eines Lebensmitteleinzelhandelsgeschäftes in den Räumlichkeiten des ehemaligen X...-Marktes wirtschaftlich nur unter der Voraussetzung rentabel, dass entweder die Errichtung eines großflächigen Lebensmittelverbrauchermarktes im Bahnhofareal gänzlich unterbleibt oder ebenfalls von den Beigeladenen betrieben wird. Darüber hinaus hat die Beigeladene zu 2 schon Aufträge zwecks Errichtung des Marktes im Bahnhofareal erteilt; zum Zeitpunkt des Eingangs des Nachprüfungsantrags bei der Vergabekammer Baden-Württemberg hatten die Abbrucharbeiten bereits begonnen. Im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin und den Beigeladenen vorgenommenen Maßnahmen, insbesondere im Hinblick auf die getroffenen Vermögensdispositionen erscheint die späte Einleitung des Vergabenachprüfungsantrags unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Streitfalles als mit Treu und Glauben nicht vereinbar.

(4) Die Antragsgegnerin und die Beigeladenen, deren Verhalten und deren Interessen wegen ihrer unmittelbaren Betroffenheit durch eine Entscheidung im Vergabenachprüfungsverfahren bei der Prüfung der Verwirkung mit zu berücksichtigen sind, durften sich nach dem unter (2) geschilderten Verhalten der Antragstellerin auch darauf einrichten, dass diese gegen die Vergabe des Auftrages an die Beigeladenen nicht mehr vorgehen werde. Nachdem die Antragstellerin auf das Schreiben der Antragsgegnerin vom 25. Mai 2007 nicht reagierte und in keiner Weise zu erkennen gab, dass sie ihre Beanstandungen trotz der zusätzlichen Informationen weiter aufrecht erhält, mussten die Antragsgegnerin und die Beigeladenen nicht mehr mit Einwendungen gegen die Rechtmäßigkeit der Vergabe rechnen.

(5) Dem steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin nach ihrer Behauptung im Sommer 2007 noch keine Kenntnis davon hatte, dass die Einleitung eines Vergabenachprüfungsverfahrens gemäß den § 97 ff. GWB erfolgversprechend sein könnte. Denn wie unter aa) und bb) ausgeführt, kann Verwirkung - anders als ein Verstoß gegen die Rügeobliegenheit des § 107 Abs. 3 Satz 1 GWB - auch dann angenommen werden, wenn der Berechtigte keine Kenntnis von seiner Berechtigung hat. Auch der Umstand, dass die Beigeladene zu 2 ihre Option zum Erwerb des Grundstücks erst am 10. Oktober 2007 ausgeübt hat, führt zu keiner anderen Beurteilung. Entscheidend sind die Verträge vom 8. März 2006, in denen das Optionsrecht der Beigeladenen zu 2 und die Bauverpflichtung der Beigeladenen zu 1 begründet worden sind und in denen die Entscheidung der Antragsgegnerin zu Gunsten der Beigeladenen ihren rechtlichen Niederschlag gefunden hat. Die Ausübung des Optionsrechts war lediglich eine notwendige Konsequenz der am 8. März 2006 abgeschlossenen Verträge.

dd) Die Annahme, die Antragstellerin habe ihr Recht, ein Vergabenachprüfungsverfahren einzuleiten, verwirkt, verstößt auch nicht gegen europäisches Recht. Sie verstößt insbesondere nicht gegen die Richtlinie 2007/66/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2007 zur Änderung der Richtlinie 89/665/EWG und 92/13/EWG des Rates im Hinblick auf die Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge (nachfolgend: Rechtsmittelrichtlinie), nach deren Art. 1 (1) Abs. 3 die Mitgliedsstaaten die erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass hinsichtlich der in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/18/EG fallenden Aufträge die Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber wirksam und vor allem möglichst rasch auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, nachgeprüft werden können. Allerdings hat der EuGH auf der Grundlage dieser bereits in der alten Rechtsmittelrichtlinie enthaltenen Vorschrift entschieden, dass einem Bieter die Ausübung seiner Rechte, die ihm nach dem Gemeinschaftsrecht zustehen, nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden dürfen (vgl. EuGH, Urteil vom 11. Oktober 2007 - C 241/06 "Lämmerzahl", VergabeR 2008, 61, Rz. 50 ff; Urteil vom 12. Februar 2008 - C 2/06 "Kempter KG - Hauptzollamt Hamburg-Jonas", EuZW 2008, 148, Rz. 58).

Die Annahme der Verwirkung im Streitfall führt aber nicht zu einer nach den eben genannten Grundsätzen unzulässigen Einschränkung der Rechte der Antragstellerin. Denn dieser stand seit Mai 2006 die Möglichkeit offen, die Vergabekammer zwecks Überprüfung der Entscheidung der Antragsgegnerin zugunsten der Beigeladenen anzurufen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hatte die Antragstellerin Kenntnis von allen wesentlichen tatsächlichen Umständen des Streitfalles. Aufgrund der Verhandlungen mit der Antragsgegnerin im Jahr 2005 war ihr bekannt, dass die Antragsgegnerin das Bahnhofsareal mit einem Lebensmittelverbrauchermarkt bebauen lassen wollte. Aufgrund der telefonischen Information durch die Antragsgegnerin vom 21. Februar 2006 war ihr bekannt, dass sich der Gemeinderat gegen ihr Angebot und für das Angebot der Beigeladenen entschieden hatte. Durch die Veröffentlichung des dem Gemeinderates in der Sitzung vom 20. Februar 2006 unterbreiteten Vergleichs der Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen in der ...-Zeitung vom 5. April 2006 hatte die Antragstellerin auch Kenntnis von den wesentlichen Kriterien, die den Gemeinderat zu seiner Entscheidung bewogen hatten. Der Umstand, dass die Antragstellerin bis zum 25. Januar 2008 davon abgesehen hatte, die Vergabekammer anzurufen, weil sie annahm, dass das - ihr in tatsächlicher Hinsicht in allen wesentlichen Punkten bekannte - Vorhaben der Antragsgegnerin nicht als öffentlicher Auftrag im Sinne von Art. 1 (2) der Vergabekoordinierungsrichtlinie bzw. der §§ 97 ff. GWB zu qualifizieren ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Dadurch wurde der Antragstellerin die Ausübung ihrer Rechte durch das nationale Recht bzw. dessen Anwendung nicht unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert.

Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass der Europäische Gerichtshof auch dem Grundsatz der Rechtssicherheit, einem seit langem allgemein anerkannten Grundsatz des Gemeinschaftsrechts, eine hohe Bedeutung beimisst (vgl. EuGH, Urteil vom 30. September 2003 - C 224/01 "Köbler", Slg. 2003, l-10239; EuGH, Urteil vom 12. Februar 2008 - C 2/06 "Kempter - Hauptzollamt Hamburg-Jonas", a.a.O., Rz. 58, jeweils m.w.N.; Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 24. April 2007 in der Rechtssache Willi Kempter KG gegen Hauptzollamt Hamburg-Jonas, C 2/06). Der Grundsatz der Rechtssicherheit soll auch die Beständigkeit der Rechtsverhältnisse gewährleisten (vgl. EuGH, Urteil vom 30. September 2003, C 224/01, "Köbler" a.a.O., Rz. 38; Schlussanträge des Generalanwalts BOT, a.a.O. Rz. 39, 42, 129). Hiervon geht auch die Rechtsmittelrichtlinie vom 11. Dezember 2007 aus. Diese führt im 25. Erwägungsgrund aus: "Die Notwendigkeit, für Rechtssicherheit hinsichtlich der Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber und der Auftraggeber zu sorgen, erfordert ferner die Festlegung einer angemessenen Mindestverjährungsfrist für Nachprüfungen, in denen die Unwirksamkeit eines Vertrags festgestellt werden kann". Im 27. Erwägungsgrund heißt es in Satz 2: "Aus Gründen der Rechtssicherheit ist die Geltendmachung der Unwirksamkeit eines Vertrages auf einen bestimmten Zeitraum beschränkt". Dementsprechend eröffnet Art. 2 f (1) der Rechtsmittelrichtlinie den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, dass eine Nachprüfung jedenfalls vor Ablauf einer Frist von mindestens sechs Monaten beantragt werden muss, gerechnet ab dem Tag, der auf den Tag folgt, an dem der Vertrag geschlossen wurde. Der vom Bundeskabinett am 21. Mai 2008 beschlossene Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts (BMWi I B 3 - 26 05 13/1) sieht eine Umsetzung dieser Richtlinienbestimmung in § 101b Abs. 2 vor. Danach kann die Unwirksamkeit eines im Wege einer de-facto - Vergabe erteilten Auftrags nur festgestellt werden, wenn sie im Nachprüfungsverfahren innerhalb von dreißig Kalendertagen ab Kenntnis des Verstoßes, jedoch nicht später als sechs Monate nach Vertragsschluss geltend gemacht worden ist.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 Halbs. 1 ZPO analog (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2006 - X ZB 14/06 - NZ Bau 2006, 800, 806). Die Festsetzung des Beschwerdewerts folgt aus § 50 Abs. 2 GKG (5 % der Bruttoauftragssumme des Angebots der Antragstellerin, die insbesondere auch die Kosten für den Grundstückserwerb mit einschließt).

Ende der Entscheidung

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