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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 03.01.2005
Aktenzeichen: 15 W 45/04
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 31 Abs. 1 Nr. 4
Ein Prozessbevollmächtigter verdient keine Erörterungsgebühr, wenn er sich im Termin an der Erörterung der Sach- und Rechtslage nicht beteiligt und darüber hinaus ausdrücklich mitteilt, er werde keine Erklärungen abgeben.
Oberlandesgericht Karlsruhe 15. Zivilsenat Beschluss

Geschäftsnummer: 15 W 45/04

03. Januar 2005

In dem Rechtsstreit

wegen Werklohnforderung;

hier: Kostenbeschwerde

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird unter gleichzeitiger Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Heidelberg vom 28. Oktober 2004 - 7 O 164/00 - abgeändert:

Auf Grund des Beschlusses des Landgerichts Heidelberg vom 24. Mai 2004 sind an Kosten zu erstatten:

549,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs seit 27. August 2004 von der Klägerin an den Streithelfer der Beklagten.

Der weitergehende Kostenfestsetzungantrag des Streithelfers wird zurückgewiesen.

2. Von den Kosten der Beschwerde tragen die Klägerin 2/3 und der Streithelfer 1/3.

3. Der Beschwerdewert wird auf 818,52 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Streithelfer zu erstattenden Kosten.

Die Parteien stritten in der Hauptsache über eine Werklohnforderung der Klägerin aus Bauvertrag. Mit Beweisbeschluss vom 13. September 2001 ordnete das Landgericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens über die Richtigkeit einzelner Rechnungspositionen an. Nachdem der Sachverständige M. sein Gutachten erstattet hatte, trat der Streithelfer mit Schriftsatz vom 18. März 2003 dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten bei und beantragte die Verlängerung der Stellungnahmefrist zum Gutachten. Die Fristverlängerung erfolgte antragsgemäß, eine Stellungnahme wurde durch den Streithelfer aber nicht abgegeben. Mit Beschluss des Landgerichts vom 26. Mai 2003 wurde auf Einwendungen der Beklagten hin ein Ergänzungsgutachten angeordnet, welches vom Sachverständigen erstellt und vom Gericht den Parteien und dem Streithelfer gem. Verfügung vom 10. Dezember 2003 übermittelt wurde. Im Verhandlungstermin vom 29 April 2004 waren die Parteien und der Streithelfer anwaltlich vertreten. Laut Protokoll wurde die Sach- und Rechtslage erörtert. Allerdings erklärte die Streithelfervertreterin im Termin sinngemäß, sie könne und dürfe keinerlei Erklärung abgeben und sei nur zur reinen Prozessbeobachtung anwesend; an der Erörterung beteiligte sie sich nicht aktiv. In diesem Verhandlungstermin wurde der Rechtsstreit durch einen Vergleich zwischen Kläger- und Beklagtenseite erledigt.

Gem. rechtskräftigem Beschluss des Landgerichts Heidelberg vom 24. Mai 2004 hat die Klägerin 24% der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers zu tragen.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 28. Oktober 2004 hat die Rechtspflegerin die dem Streithelfer von der Klägerin zu erstattenden Kosten antragsgemäß auf 818,52 Euro festgesetzt, wobei zu seinen Gunsten je eine Prozess-, Beweis- und Erörterungsgebühr berücksichtigt wurde.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Klägerin.

II.

Die sofortige Beschwerde ist gem. §§ 104 Abs. 3, 567 ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Zur Entscheidung ist nach § 568 ZPO der Einzelrichter berufen. Eine Übertragung auf den Senat erfolgt nicht, da die Sache weder besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art noch - im Hinblick darauf, dass die zu § 31 BRAGO aufgeworfenen Rechtsfragen auslaufendes Recht betreffen - grundsätzliche Bedeutung aufweist (vgl. zur fehlenden Grundsatzbedeutung bei auslaufendem Recht BGH, Beschluss vom 20. November 2003, IX ZR 339/01).

Die sofortige Beschwerde ist teilweise begründet. Als notwendige Auslagen des Streithelfers gem. § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO sind zwar wie geltendgemacht eine Prozessgebühr und eine Beweisgebühr nebst Pauschale, Fahrtkosten und Abwesenheitsgeld, nicht aber eine Erörterungsgebühr zu berücksichtigen. Somit sind gegenüber dem Kostenfestsetzungsbeschluss die notwendigen Kosten des Streithelfers um die Erörterungsgebühr von 1.123,00 EUR auf 2.287,48 EUR zu reduzieren. Von der Klägerin zu erstatten sind hiervon 24%, dies sind 549,00 EUR.

Eine Prozessgebühr gem. § 31 Abs. 1 Satz 1 BRAGO steht den Streithelfervertretern zu und ist deshalb grundsätzlich zu erstatten. Die Prozessgebühr entsteht, sobald der Rechtsanwalt auf Grund des Prozessführungsauftrags irgend eine Tätigkeit vornimmt. Insoweit genügte die Erklärung des Beitritts zum Rechtsstreit.

Eine Erörterungsgebührart haben die Streithelfervertreter dagegen nicht verdient.

Zwar setzt die Erörterungsgebühr, auch für einen Streithelfervertreter, grundsätzlich nur die Anwesenheit bei einer Erörterung, nicht aber die aktive Teilnahme hieran, voraus. Es genügt, wenn der Rechtsanwalt die Erörterung zwischen dem Gericht und den anderen Beteiligten verfolgt und prüft, ob Anlass besteht, für seinen Beteiligten einzugreifen (v. Eicken, in: Gerold/Schmidt, BRAGO, 15. Aufl., § 31 Rdnr. 156; OLG Koblenz, MDR 2004, 416; OLG München, BauR 2003, 586). Eine Erörterungsgebühr entsteht aber dann nicht, wenn der Rechtsanwalt nicht nur bei der Erörterung passiv bleibt, sondern ausdrücklich erklärt, er werde sich an der Erörterung der Sach- und Rechtslage nicht beteiligen (OLG Karlsruhe, JurBüro 1988, 1670; v. Eicken, in: Gerold/Schmidt, § 31 Rdnr. 156; Keller, in: Riedel/Sußbauer, BRAGO, 7. Aufl., § 31 Rdnr. 87). Denn in einem solchen Fall hat der Rechtsanwalt sich an der Erörterung gerade nicht - auch nicht passiv - beteiligt.

Eine solche ausdrückliche Erklärung, an der Erörterung nicht teilnehmen zu wollen, hat die Vertreterin des Streithelfers aber im Verhandlungstermin vom 29. April 2004 abgegeben. Im Rahmen der Beschwerde hat der Klägervertreter mehrfach vorgetragen, die Streithelfervertreterin habe im Termin ausdrücklich erklärt, sie sei nur Prozessbeobachterin und dürfe keine Erklärung abgeben (Schriftsatz vom 13. Dezember 2004) bzw. sie könne und dürfe keinerlei Erklärung abgeben und sei nur zur reinen Prozessbeobachtung anwesend (Schriftsatz vom 18. Oktober 2004). Dieser Sachvortrag ist unstreitig, nachdem die Streithelfervertreter in ihren Stellungnahmen sich zu dieser Behauptung nicht geäußert haben (§ 138 Abs. 3 ZPO), sondern nur Rechtsausführungen zum Entstehen der Erörterungsgebühr bei lediglich passiver Teilnahme an einer Erörterung gemacht haben.

Eine Beweisgebühr haben die Streithelfervertreter dagegen verdient. Insoweit kann offen bleiben, ob die Beweisgebühr für den Streithelfervertreter, der dem Rechtsstreit erst nach Vorlage eines schriftlichen Sachverständigengutachtens beitritt, schon für die Prüfung dieses bereits vorliegenden Gutachtens im Hinblick auf einen etwaigen Antrag auf Ergänzung oder mündliche Erläuterung entsteht (so OLG Koblenz, OLGR 2004, 325). Denn hier wurde nach Beitritt des Streithelfers durch Gerichtsbeschluss eine ergänzende Stellungnahme durch den Sachverständigen angeordnet, die sodann eingeholt und vom Gericht auch den Streithelfervertretern zur Kenntnis- und Stellungnahme übermittelt wurde. Nachdem der Streithelfer dem Rechtsstreit ausweislich der Streitverkündungsschrift vom 18. März 2003 gerade im Hinblick auf das Ergebnis des Sachverständigengutachtens beigetreten war, kann ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Streithelfervertreter das Ergänzungsgutachten, nachdem es ihnen übermittelt war, inhaltlich geprüft haben. Dass sie sich mit dem Sachverständigengutachten inhaltlich auseinandergesetzt haben, ergibt sich ja schon aus dem Schriftsatz vom 18. März 2003, in welchem zudem um Verlängerung der Stellungnahmefrist zum Gutachten gebeten wurde. Dies genügt für das Entstehen einer Beweisgebühr (v. Eicken, in: Gerold/Schmidt, § 31 Rdnr. 132; Keller, in: Riedel/Sußbauer, § 31 Rdnr. 132).

Im übrigen sind die Grundlagen des Kostenfestsetzungsbeschlusses, gegen die auch keine Einwendungen erhoben werden, nicht zu beanstanden. Der zu Grunde gelegte Streitwert entspricht dem Beschluss des Landgerichts vom 24. Mai 2004. Gegen die Auslagenpauschale, die Fahrtkosten und das Abwesenheitsgeld ist nichts vorgebracht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92, 97 ZPO. Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen. Eine Zulassungsgrund nach § 574 Abs. 2 ZPO liegt nicht vor. Da § 31 BRAGO mit Wirkung vom 1. Juli 2004 aufgehoben wurde, betreffen die aufgeworfenen Rechtsfragen auslaufendes Recht, sodass die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (BGH a.a.O.).



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