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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 29.05.2006
Aktenzeichen: 15 W 9/06
Rechtsgebiete: GKG, ZPO


Vorschriften:

GKG § 48 Abs. 1 Satz 1
ZPO § 3
1. Der Streitwert einer Klage auf Zustimmung zu einer bestimmten Handelsregistereintragung richtet sich nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Änderung des Registers (§ 3 ZPO).

2. Die wirtschaftliche Bedeutung der Löschung des ausgeschiedenen Kommanditisten im Register ist für die anderen Gesellschafter (und für die Gesellschaft) in der Regel gering. Das gilt auch dann, wenn die Frage des Ausscheidens zwischen den Gesellschaftern streitig ist, weil das Verhältnis zwischen den Gesellschaftern durch die Löschung im Register nicht geklärt wird. (Hier: Streitwert pauschal 5000 €.)


Oberlandesgericht Karlsruhe 15. Zivilsenat Beschluss

Geschäftsnummer: 15 W 9/06

29. Mai 2006

In dem Rechtsstreit

wegen Abgabe einer Willenserklärung

Tenor:

Auf die Beschwerde des Beklagten wird der Beschluss des Landgerichts Baden-Baden vom 22. Dezember 2005 - 4 O 56/05 KfH - (Streitwertfestsetzung) dahingehend abgeändert, dass der Streitwert für das Verfahren vor dem Landgericht auf 5.000 € festgesetzt wird.

Gründe:

Der Kläger ist Kommanditist der Papierfabrik L. GmbH & Co. KG in K.. Der Beklagte war - unstreitig - ebenfalls Kommanditist dieser Gesellschaft. Zwischen den Parteien besteht Streit, ob der Beklagte als Kommanditist aus der Gesellschaft ausgeschieden ist.

Mit seiner Klage vom 18.07.2005 zum Landgericht Baden-Baden hat der Kläger beantragt, den Beklagten zu verurteilen, gegenüber dem Amtsgericht, Registergericht, Baden-Baden zu erklären, dass er aus der Gesellschaft zum 31.12.2001 ausgeschieden ist. Mit Urteil vom 20.12.2005 hat das Landgericht Baden-Baden den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Mit Beschluss vom 22.12.2005 hat das Landgericht den Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren auf 46.016,27 € festgesetzt.

Gegen diese Streitwertfestsetzung richtet sich die Beschwerde des Beklagten. Er ist der Auffassung, der Streitwert sei auf maximal 5.000 € festzusetzen, da sich der Wert seiner Kommanditeinlage nach den Angaben der Gesellschaft zum 31.12.2001 auf 1.467,45 € (Kapitalrücklage) reduziert habe. Im Übrigen stehe ihm - im Falle eines Ausscheidens aus der Gesellschaft - noch ein Anspruch auf Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens zu, der von der Kommanditeinlage unabhängig sei.

Der Kläger ist der Beschwerde entgegengetreten. Er hält die Streitwertfestsetzung des Landgerichts für zutreffend. Er weist insbesondere darauf hin, dass der Beklagte selbst vorprozessual von einem wesentlich höheren Wert seiner Einlage ausgegangen sei.

Das Landgericht Baden-Baden hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache mit Beschluss vom 03.03.2006 dem Oberlandesgericht Karlsruhe vorgelegt. Das Landgericht hat die Auffassung vertreten, bei einer Schätzung des Streitwerts erscheine es angemessen, ein Zehntel des Nominalbetrages - und nicht des tatsächlichen Wertes - der Einlage des Beklagten zugrunde zu legen. Daraus ergebe sich die Wertfestsetzung in Höhe von 46.016,27 €. Mit diesem Betrag sei das Interesse des Klägers an der vom Beklagten verlangten Mitwirkung bei der Korrektur des Handelsregisters wirtschaftlich angemessen bewertet.

Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.

II.

Die zulässige Streitwertbeschwerde des Beklagten hat Erfolg. Der Wert des erstinstanzlichen Verfahrens ist auf lediglich 5.000 € festzusetzen. Die Wertfestsetzung beruht auf einer Schätzung nach billigem Ermessen gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verbindung mit § 3 ZPO.

1. Verlangt ein Gesellschafter von einem anderen Gesellschafter die Mitwirkung bei einer bestimmten Handelsregister-Eintragung (insbesondere beim Ausscheiden eines Gesellschafters oder Prokuristen oder auch bei der Bestellung eines neuen Prokuristen), wird der Streitwert von der Rechtsprechung nicht selten auf 1/10 des Wertes des Gesellschaftsanteils des Klägers oder des Wertes des entsprechenden Anteils des ausscheidenden Gesellschafters geschätzt (vgl. etwa BGH, BB 1979, 647; OLG Köln, DB 1971, 1055; OLG Köln, MDR 1974, 53; OLG Bamberg, JurBüro 1984, 756). Zumeist wird hierbei der tatsächliche Wert des entsprechenden Gesellschaftsanteils berücksichtigt (BGH, BB 1979, 647; BGH, Beschluss vom 14.10.1987, Kostenrechtsprechung ZPO § 3 Nr. 892; OLG Bamberg, JurBüro 1984, 756). Teilweise wird auch vom Nominalbetrag der Einlage ausgegangen (OLG Köln, DB 1971, 1055). Der Senat teilt die Auffassung, dass eine solche Verfahrensweise bei der Wertfestsetzung im Rahmen von § 3 ZPO das wirtschaftliche Interesse des Klägers in vielen Fällen angemessen bewerten kann. Im vorliegenden Fall würde eine solche eher schematische Betrachtungsweise nach Auffassung des Senats jedoch zu einem Wert führen, der das mit der Klage geltend gemachte wirtschaftliche Interesse des Klägers deutlich übersteigen würde.

Wenn man 10 % des Nominalbetrages der Einlage des Beklagten ansetzt, ergibt sich - wie vom Landgericht errechnet - ein Betrag von 46.016,27 €. Würde man hingegen die außergerichtlich geäußerten Vorstellungen des Beklagten vom tatsächlichen Wert seiner Einlage berücksichtigen, ergäbe sich - wenn man wiederum 1/10 dieses Betrages ansetzt - ein Wert von 52.955,54 € (vgl. die entsprechenden Berechnungen des Klägervertreters im Schriftsatz vom 30.01.2006 S. 2, I 151). Nach Auffassung des Senats muss das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der erstrebten Handelsregistereintragung im vorliegenden Fall jedoch deutlich geringer bewertet werden.

2. Das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Herbeiführung einer entsprechenden Handelsregistereintragung kann - aufgrund der jeweiligen Umstände des Einzelfalles - sehr unterschiedlich sein. Hieraus kann sich das Erfordernis ergeben, - zumindest im Einzelfall - von der schematischen Handhabung einer 10 %-Regel abzuweichen (gegen eine schematische Festsetzung auch BGH, Beschluss vom 14.10.1987, Kostenrechtsprechung, ZPO § 3, Nr. 892). Der Kläger hat von dem Beklagten im Verfahren vor dem Landgericht die Mitwirkung an einer Bereinigung des Handelsregisters (Löschung des Beklagten als Kommanditisten) verlangt. Eine solche Bereinigung ist registerrechtlich erforderlich (§ 162 Abs. 3 HGB). Die Eintragung - bzw. Löschung - eines Kommanditisten ist für die Gläubiger der Kommanditgesellschaft von Interesse. Eine besondere wirtschaftliche Bedeutung der Korrektur des Registers für den Kläger oder für die Papierfabrik L. GmbH & Co. KG ist jedoch nicht ersichtlich. Für den Kläger - und für die Kommanditgesellschaft - hat die Bereinigung des Registers in erster Linie eine optische Bedeutung im Auftreten nach außen (das Register ist auf dem neuesten Stand). Eine darüber hinausgehende wirtschaftliche Bedeutung hat der Kläger mit seiner Klageschrift nicht geltend gemacht. In einer derartigen Situation, in der die Korrektur des Registers einen formellen Akt darstellt ohne besondere wirtschaftliche Folgen für den Kläger, kann der Wert der Klage, die auf eine Mitwirkung des ausscheidenden Gesellschafters zielt, nicht mit mehr als 5.000 € angesetzt werden.

3. Soweit der Kläger Gesichtspunkte für eine höhere Wertfestsetzung anführt, hält der Senat diese Argumente für nicht stichhaltig.

a) Der Rechtsstreit hat vor allem keine rechtliche Bedeutung für eine Klärung des Verhältnisses zwischen dem Kläger einerseits und dem Beklagten andererseits. Insbesondere wird durch den Rechtsstreit die - für die Parteien sehr wesentliche - Frage, ob der Beklagte tatsächlich aus der Kommanditgesellschaft ausgeschieden ist, nicht mit verbindlicher Wirkung geklärt. Die Frage des Ausscheidens des Beklagten ist lediglich eine Vorfrage für die vom Kläger verlangte Änderung des Handelsregisters. Die Beantwortung dieser Vorfrage hat jedoch keine sonstigen Rechtskraft-Wirkungen im Verhältnis zwischen den Parteien (vgl. insbesondere BGH, BB 1979, 647). Wenn der Kläger - im Hinblick auf eine beabsichtigte Auseinandersetzung zwischen den Gesellschaftern - die Frage des Ausscheidens des Beklagten rechtlich verbindlich klären will, ist hierzu eine andere (neue) Klage erforderlich. Die vorliegende Klage trägt dazu rechtlich nichts bei.

b) Soweit andere Gerichte in ähnlichen Fällen in der Vergangenheit teilweise höhere Streitwerte angenommen haben, beruhte dies in erster Linie darauf, dass die betreffende Handelsregistereintragung mit bestimmten wirtschaftlichen Folgen bzw. bestimmten wirtschaftlichen Möglichkeiten verbunden war. So ist es für eine Gesellschaft - und für die jeweils anderen Gesellschafter - von erheblicher Bedeutung, ob ein persönlich haftender Gesellschafter oder ein Prokurist im Register eingetragen ist oder nicht. Denn aus der Eintragung als persönlich haftender Gesellschafter oder als Prokurist ergeben sich unmittelbare Möglichkeiten für den Betreffenden, die registerrechtliche Stellung im Auftreten nach außen - mit Wirkung für die Gesellschaft - zu gebrauchen oder zu missbrauchen (vgl. insbesondere BGH, BB 1979, 647; ebenso im Fall des OLG Köln, MDR 1974, 53). Die Situation ist bei der Eintragung eines Kommanditisten jedoch anders. Dieser ist nicht vertretungsberechtigt für die Gesellschaft. Beim Kommanditisten geht es daher (anders als bei einem persönlich haftenden Gesellschafter) nicht darum, durch die entsprechende Registeranmeldung dafür zu sorgen, dass der Gesellschafter nicht mehr die Möglichkeit hat, im Rechtsverkehr für die Gesellschaft - und zu Lasten der Gesellschaft - aufzutreten. Dieser Gesichtspunkt ist vorliegend für die Wertfestsetzung ausschlaggebend (vgl. auch OLG Köln, DB 1971, 1055; das OLG Köln hat in dieser Entscheidung zwar 1/10 des Nominalbetrags der Einlage als Wert der Klage angenommen, ist dabei im entschiedenen Fall aber lediglich zu einem Wert von 6.000 DM gelangt).

c) Ohne Bedeutung ist für die Wertfestsetzung auch der Umstand, dass der Beklagte im Verfahren das Ausscheiden aus der Gesellschaft bestritten hat. Auf das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Bereinigung des Handelsregisters hat dieses Bestreiten des Beklagten keine Auswirkungen. (Hierbei ist - für die Wertfestsetzung - darauf hinzuweisen, dass die streitige Frage der Gesellschaftszugehörigkeit des Beklagten im Verhältnis zwischen den Parteien durch den vorliegenden Rechtsstreit nicht geklärt wird, siehe oben 1.)

4. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 GKG).

5. Für eine Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand kein Anlass (§ 574 Abs. 2 ZPO).

Ende der Entscheidung

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