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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 13.09.2005
Aktenzeichen: 16 (20) UF 76/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1603 Abs. 2 Satz 1
Der Selbstbehalt des einem minderjährigen Kind unterhaltspflichtigen Elternteils (ab 1. Juli 2005: 890 €)

- verringert sich nicht bei Zusammenleben mit einem neuen Partner

- erhöht sich nicht durch Umgangskosten von 15 € monatlich.


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Im Namen des Volkes Urteil

16 (20) UF 76/05

Verkündet am: 13. September 2005

In Sachen

wegen Kindesunterhalts

hat der 16. des Oberlandesgerichts Karlsruhe im schriftlichen Verfahren nach dem Sach- und Streitstand vom 17. August 2005 durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Schäfer, Dr. Hülsmann, Kielwein

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Familiengerichts Bruchsal vom 24. Februar 2005 (2 F 145/04) im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt abgeändert:

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu Händen seiner gesetzlichen Vertreterin einen rückständigen Kindesunterhalt für den Zeitraum vom 01. August 2003 bis 28.Februar 2005 in Höhe von 1.660 € zu zahlen.

Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger zu Händen seiner gesetzlichen Vertreterin einen monatlichen Kindesunterhalt monatlich im Voraus fällig bis zum 3. Werktag eines Monats ab 01. März 2005 - 30. Juni 2005 in Höhe von 137 € und ab 01.Juli 2005 in Höhe von 110 € zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen der Kläger 65 %, der Beklagte 35 %. Die Kosten des Verfahrens 2. Instanz werden gegeneinander aufgehoben.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch den anderen Teil gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % der jeweils fälligen Beträge abwenden, wenn nicht der andere Teil vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

5. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Kindesunterhalt. Der Kläger ist der am ... 1991 geborene Sohn des Beklagten. Die Ehe der Eltern des Klägers ist seit ... 2001 geschieden. Aus der Ehe ist ein weiterer Sohn, M, geboren am ... 1998, hervorgegangen. Der Unterhalt für beide Söhne ist durch Unterhaltsfestsetzungsbeschluss des Familiengerichts Bruchsal vom 08. Mai 2000 tituliert, der Unterhalt für den Kläger bis einschließlich 04. Mai 2003. Der Sohn M erhält Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.

Sowohl der Kläger als auch sein Bruder leben bei ihrer Mutter. Mit Schreiben vom 05. August 2003 wurde der Beklagte zur Zahlung von Kindesunterhalt in Höhe der Regelbeträge für den Kläger aufgefordert.

Der Beklagte war seit Juni 2003 bei einer Leiharbeitsfirma beschäftigt. Die Verdienstabrechnungen liegen vor. Das Arbeitsverhältnis bei der Leiharbeitsfirma wurde zum 15. März 2004 gekündigt. Ab 16. März 2004 hat der Beklagte ein Arbeitslosengeld von wöchentlich 188,02 € erhalten. ... Ab 30. April 2004 war der Beklagte wieder bei einer Leiharbeitsfirma beschäftigt. Nach dem abgeschlossenen Vertrag erhielt der Beklagte 8,85 € brutto pro Stunde. Die Verdienstbescheinigungen liegen teilweise vor. Zum 29. Oktober 2004 wurde das Arbeitsverhältnis erneut gekündigt. Seit 30. Oktober 2004 erhält der Beklagte Arbeitslosengeld in Höhe von 178,29 € wöchentlich, ...

Für August bis einschließlich Oktober 2003 hat der Beklagte monatlich 135 € an Kindesunterhalt an den Kläger bezahlt.

Während der Ehe haben die Eltern des Klägers ein Auto gekauft. Der Autokauf war kreditiert. Die ursprünglich zu zahlende Rate belief sich auf 500 DM. Mangels Leistungsfähigkeit des Beklagten wurde die Rate auf 250 DM reduziert. Der Beklagte zahlt derzeit hierauf (mit Ausnahme von Zahlungen zur Abwendung der Zwangsvollstreckung im Juli 2004 in Höhe von 500 € und 300 € im August 2004 sowie 250 € im Oktober 2004) nicht.

Nach der Trennung der Parteien hat der Beklagte einen Kredit bei der Postbank aufgenommen, um die Anschaffung von Hausrat zu finanzieren. Hierfür fällt eine monatliche Rate von 127,34 € an, die der Beklagte ebenfalls derzeit nicht zahlt.

Der Beklagte wohnt mit einer neuen Partnerin zusammen. Diese hat zwei Kinder im Alter von 15 und 19 Jahren und ist vollschichtig tätig. Sie verdient zwischen 1.200 und 1.400 € netto monatlich. Der Beklagte beteiligt sich an der Miete mit monatlich 360 €.

Der Kläger hat vorgetragen:

Unter Berücksichtigung der gesteigerten Erwerbsobliegenheit des Beklagten sei dieser verpflichtet, den Regelbetrag für den Kläger zu zahlen.

Der Kläger hat beantragt:

1. Der Beklagte hat an den Kläger, geboren am ... 1991, ab dem 01. April 2004 einen monatlichen Kindesunterhalt zu Händen der Mutter in Höhe von 100% des Regelbetrags der jeweiligen Altersstufe nach § 1 Regelbetrags-VO, fällig monatlich im Voraus und zahlbar spätestens zum dritten Werktag eines jeden Monats, zu zahlen. Auf den Unterhalt ist das Kindergeld für ein erstes Kind anzurechnen, soweit dieses zusammen mit dem Unterhalt 135% des Regelbetrags übersteigt. Derzeit hat er monatlich 284 € zu zahlen.

2. Der Beklagte hat an den Kläger, geboren am ... 1991 zu Händen der Mutter rückständigen Unterhalt für die Monate August 2003 bis einschließlich März 2004 in Höhe von 1.867 € zu zahlen.

Der Beklagte hat Klagabweisung beantragt.

Der Beklagte hat vorgetragen:

Er sei nicht leistungsfähig. Das erzielte Einkommen bei der Leiharbeitsfirma reiche nicht aus, um von einer Leistungsfähigkeit ausgehen zu können. Durchschnittlich habe er nur 980,36 € verdient. In Abzug zu bringen seien die Fahrtkosten in Höhe von 46,50 € für die Fahrkarte von ... nach ... zu seinem Einsatzort. Eine Nebentätigkeit sei wegen der Arbeitszeiten nicht möglich gewesen. Auch der erneut abgeschlossene Vertrag bei der Leiharbeitsfirma habe ihn nicht leistungsfähig gemacht. Bei 140 Stunden Arbeitszeit pro Monat ergebe sich nur ein Einkommen von 911,10 € monatlich. Nach Abzug der berufsbedingten Aufwendungen verbleibe nur ein Betrag unterhalb des notwendigen Selbstbehalts. Darüber hinaus habe sich das Einkommen seit der Arbeitslosigkeit noch reduziert. Die umfangreichen Bewerbungen seien erfolglos gewesen. Im Übrigen sei er gesundheitlich angeschlagen.

Das Familiengericht Bruchsal hat der Klage durch Urteil vom 24. Februar 2005 teilweise stattgegeben. Der Beklagte wurde zur Zahlung von rückständigem Unterhalt für die Zeit vom 01. August 2003 bis 28. Februar 2005 in Höhe von 3.091 € verurteilt, weiter zur Zahlung laufenden Unterhalts ab März 2005 in Höhe von 247 €.

Zur Begründung hat das Familiengericht ausgeführt, dass der Beklagte teilweise leistungsfähig sei. ... Im Hinblick auf das Zusammenleben mit seiner Lebensgefährtin sei der Selbstbehalt des Beklagten um 100 € zu kürzen. ...

...

Gegen dieses der Beklagtenvertreterin am 14. März 2005 zugestellte Urteil richtet sich die am 07. April 2005 beim Oberlandesgericht Karlsruhe eingegangene Berufung, mit der der Beklagte sein erstinstanzliches Ziel der Klagabweisung in vollem Umfang weiter verfolgt. Die Berufung wurde mit am 09. Mai 2005 eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Beklagte trägt vor:

Zu Unrecht sei eine Ersparnis von 100 € wegen gemeinsamer Haushaltsführung des Beklagten mit seiner neuen Partnerin berücksichtigt worden. Denn diese sei auf Grund ihres geringen Einkommens in Höhe von 1200 € bis 1400 € netto monatlich nicht in der Lage Leistungen für den Beklagten zu erbringen. Es sei daher der Selbstbehalt von 840 €, auch während der Arbeitslosigkeit des Beklagten, anzusetzen.

...

Im Übrigen seien Umgangskosten im Hinblick auf die beengten Verhältnisse des Beklagten zu berücksichtigen. Der Beklagte habe 14-tägigen Wochenendumgang mit seinen Kindern, ferner in den Ferien. Zum Beginn des Besuchswochenendes fahre er von seinem Wohnort in ... mit dem Zug nach ... und hole das Auto seiner Lebensgefährtin ab. Dann fahre er zum Wohnort der Kinder, der ca. 15 km entfernt sei. Er hole die Kinder dort ab, fahre zurück nach ..., stelle das Fahrzeug wieder am Arbeitsplatz seiner Lebensgefährtin ab und fahre dann mit den Kindern zurück nach .... Eine einfache Fahrkarte für ihn koste 2,50 €, für die Kinder je 1,20 €. Am Sonntag könne er die Kinder in der Regel mit dem Auto seiner Lebensgefährtin zurückbringen. Im Übrigen müsse der Beklagte für die Umgangszeiten immer Kleidung zusätzlich für die Kinder anschaffen, da die Mutter den Kindern zu wenig Kleidung mitgebe. Der Selbstbehalt sei daher mindestens um 100 € zu erhöhen.

Der Beklagte beantragt:

Das Urteil des Familiengerichts Bruchsal Aktenzeichen: 2 F 145/04 wird aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Der Kläger beantragt

Zurückweisung der Berufung.

Der Kläger trägt vor:

Das Urteil des Familiengerichts sei zutreffend, zu Recht sei dem Beklagten eine Ersparnis in Höhe von 100 € wegen Zusammenlebens mit einem neuen Partner angerechnet worden. Dieser Betrag sei eher höher zu bemessen. Eine Erhöhung des Selbstbehalts wegen erhöhter Umgangskosten sei nicht vorzunehmen. Der diesbezügliche erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Vortrag werde bestritten. Die Umgangskosten seien unter Berücksichtigung des Umstands, dass das Fahrzeug durch die Lebensgefährtin kostenfrei zur Verfügung gestellt werde, nicht so hoch, dass die Abwägung der beiderseitigen Belange eine Erhöhung des Selbstbehalts gebiete. Der Umgang sei auch in der Vergangenheit nie an den Umgangskosten gescheitert.

...

II.

1.

Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Kindesunterhalt gegen den Beklagten gemäß §§ 1601ff BGB. Eine vollständige Leistungsunfähigkeit des Beklagten für den streitigen Unterhaltszeitraum ist nicht gegeben.

a) Zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit des Beklagten ist zunächst sein im Unterhaltszeitraum erzieltes Einkommen maßgeblich.

...

d) Der Selbstbehalt ist während Zeiten der Arbeitslosigkeit zwar grundsätzlich mit 730 € zu bemessen. Dies entspricht der ständigen Rechtsprechung der Karlsruher Senate: Bezieht der Verpflichtete Arbeitslosengeld, gilt der Selbstbehalt des Nichterwerbstätigen. Dem Beklagten werden jedoch Einkünfte aus einer Nebentätigkeit zugerechnet. Damit ist es gerechtfertigt, den Selbstbehalt für einen Erwerbstätigen anzusetzen. Für die Zeit ab 01.07.2005 ist dieser entsprechend Ziffer der SüdL, Stand 01.07.2005, mit 890 € zu bemessen.

e) Der Selbstbehalt des Klägers ist weder wegen Zusammenlebens mit einem neuen Partner zu reduzieren, noch wegen erhöhter Umgangskosten zu erhöhen.

aa)

Ob der Selbstbehalt beim Zusammenleben mit einem neuen Partner in nichtehelicher Partnerschaft abzusenken ist, ist nicht höchstrichterlich entschieden. Soweit der BGH eine Reduzierung des Selbstbehalts für zulässig erachtet wird, bezieht sich diese auf die Fälle der Wiederverheiratung des Unterhaltsschuldners mit einem (berufstätigen) Dritten (BGH FamRZ 2004, 24; 1998, 286, 288) dessen Beitrag zum Familienunterhalt den Unterhaltsschuldner zufließt. Eine diesbezügliche Änderung der Rechtsprechung lässt sich aus der Entscheidung des BGH vom 25. Juni 2003 (FamRZ 2004, 186) nicht entnehmen. Zwar führt der BGH in der zum Elternunterhalt ergangenen Entscheidung aus, dass es dem Unterhaltsschuldner freistehe, wie er die ihm zu belassenden Mittel nutze, er also zugunsten anderer Bedürfnisse billiger als in den Leitlinien im Selbstbehalt erfasst wohnen könne, ohne dass dies zu einer Kürzung des Selbstbehalts führe. Was dem Unterhaltsschuldner im Einzelfall jedoch zu belassen ist, ergibt sich daraus nicht. Dass der BGH gleichwohl von der Möglichkeit der Reduzierung des Selbstbehalts ausgeht, zeigt die am 29. Oktober 2003 ergangene, bereits zitierte Entscheidung (FamRZ 2004, 24), wo wie schon in FamRZ 2002, 742 - unabhängig von einem bestehenden Familienunterhaltsanspruch - es für zulässig angesehen wird, den Selbstbehalt wegen gemeinsamer Haushaltsführung herabzusetzen. Diese ist auch unabhängig von einem Eheband möglich.

Eine große Zahl der Instanzgerichte geht von einer zulässigen Absenkung des Selbstbehalts aus, teilweise ohne zwischen ehelichen und nichtehelichen Partnerschaften zu differenzieren und teilweise auch ohne zu unterscheiden zwischen den Wohnkosten und einer allgemeinen Ersparnis wegen gemeinsamer Haushaltsführung. (OLG Hamm, 11. Zivilsenat, FamRZ 2005, 53 für den Fall der Wiederverheiratung mit einem leistungsfähigen Dritten; OLG Stuttgart FamRZ 2005, 54 für den Fall des Zusammenlebens in nichtehelicher Partnerschaft mit einem leistungsfähigen Dritten; OLG München, 30. Zivilsenat, FamRZ 2004, 485; OLG Nürnberg, 11. Zivilsenat, FamRZ 2004, 300; OLG Köln,4. Zivilsenat, OLGR Köln 2004, 330 zitiert nach juris; OLG Hamm, 8. Zivilsenat, FamRZ 2003, 1210 bei Zusammenleben in neuer Partnerschaft mit Reduzierung der Wohnkosten; OLG Hamm, 8. Zivilsenat, FamRZ 2002, 1708; a.A. OLG Oldenburg, FamRZ 2004, 1669; OLG Hamm, 9. Zivilsenat, FamRZ 2003, 1214).

Bei der Beantwortung der Frage, ob der Selbstbehalt des Unterhaltsschuldners wegen Zusammenlebens mit einem neuen Partner zu verringern ist, muss zunächst mehrfach differenziert werden.

(1) Zusammenleben mit Eheband:

Ist der Unterhaltsschuldner mit dem neuen Partner verheiratet, kommt die Frage, dass durch dessen Beitrag zum Familienunterhalt der Selbstbehalt des Unterhaltsschuldners ganz oder teilweise gedeckt ist. Dies war in BGH FamRZ 2002, 742 und FamRZ 2004, 24 der Fall, nachdem allerdings der dort maßgebliche angemessene Selbstbehalt mit Billigung des Bundesgerichtshofs wegen gemeinsamer Haushaltsführung des Unterhaltsschuldners mit seinem zweiten Ehegatten gemindert worden war (in BGH FamRZ 2002, 742 von 1800 DM auf Beträge um 1700 DM; in BGH FamRZ 2004, 24 von 1645 DM um eine Haushaltsersparnis von 365 DM auf 1280 DM).

Der Beklagte ist mit Frau ..., mit der er zusammenlebt, nicht verheiratet.

(2) Zusammenleben ohne Eheband:

Ist der Unterhaltsschuldner mit dem neuen Partner nicht verheiratet, kommt mangels Anspruchs jenes gegen diesen auf Beitrag zum Familienunterhalt eine gänzliche oder teilweise Deckung des Selbstbehaltes durch den Familienunterhaltanspruch nicht in Frage. Andererseits ist die Frage nach einer Herabsetzung des Selbstbehalts mit dieser Feststellung nicht erschöpft ( so aber anscheinend OLG Oldenburg FamRZ 2004, 1669, 1670 ), da eine Kürzung auch bei Ersparnissen bei den Unterkunftskosten, der Kosten der Haushaltsführung, allgemeinen Lebensführung in Frage kommt und in der Rechtsprechung auch vertreten wird.

(3) Ersparnis beim Wohnbedarf:

Für den Elternunterhalt hat es der Bundesgerichtshof allgemein abgelehnt, den Selbstbehalt des Unterhaltsschuldners herabzusetzen, weil dieser mit einem neuen Partner zusammenlebt. Es unterliege grundsätzlich der freien Disposition des Unterhaltspflichtigen, wie er die ihm zu belassenden Mittel nutzt (FamRZ 2004, 186). Denselben Gesichtspunkt zieht das OLG Hamm (FamRZ 2003, 1214) in einem - wie aus dem dort maßgeblichen Selbstbehalt von 840 € zu schließen ist - den Kindesunterhalt betreffenden Fall heran. Dem ist zuzustimmen. Mehr noch als mit dem gegenüber den Eltern zu wahrenden Selbstbehalt muss der Unterhaltsschuldner mit dem notwendigen Selbstbehalt von 840 € - ab 1. Juli 2005 890 € - besonders sorgfältig und sparsam wirtschaften, wenn er mit ihm auskommen will. Er braucht deshalb gerade und in besonderem Maße die Möglichkeit einer freien Disposition über diese Mittel. Zwar ist der Unterhaltsschuldner einem minderjährigen oder diesem gleichgestellten Abkömmling gegenüber gem. § 1603 Abs. 2 BGB gesteigert verpflichtet; er muss alle verfügbaren Mittel mit ihm gleichmäßig teilen. Die Grenze dieser Pflicht ist aber gerade erreicht, wenn das Existenzminimum des Unterhaltsschuldners gefährdet ist. Zu einem Konsumverzicht im Rahmen des Existenzminimums ist der Unterhaltsschuldner nicht verpflichtet. Einen solchen betreibt er indessen, wenn er sich bei der Befriedigung seines Wohnbedarfs beschränkt, sei es durch Wahl besonders bescheidenen Wohnraums oder Eintritt in eine Wohngemeinschaft.

Im übrigen kann auf Grund der Beweisaufnahme des Amtsgerichts festgestellt werden, dass sich der Beklagte an den Kosten der mit Frau ... gemeinsamen Wohnung mit 360 € beteiligt. 360 € ist der Anteil für Unterkunft, der im notwendigen Selbstbehalt von 840 € - ab 1. Juli 2005 890 € - enthalten ist. Der Beklagte spart somit keine Unterkunftskosten.

(4) Ersparnis bei den allgemeinen Lebenshaltungskosten, gegebenenfalls einschließlich der Kosten für die Unterkunft:

( 4 a ) Für die Lebenshaltungskosten im allgemeinen gelten dieselben Grundsätze (OLG Hamm FamRZ 2003, 1214). Soweit der Bundesgerichtshof in FamRZ 2002, 742 und FamRZ 2004, 24 und die oben zitierten Oberlandesgerichte eine Kostenersparnis beim Zusammenwirtschaften mit einem Partner in einer Haushaltsgemeinschaft sehen (OLG Nürnberg FamRZ 2004, 300) oder einen Synergieeffekt bei zusammenlebenden Paaren, bei denen eine Vielzahl von täglichen Bedürfnissen im Mehrpersonenhaushalt den gleichen oder einen nur geringfügig höheren finanziellen Aufwand verursachen wie im Einpersonenhaushalt (OLG Stuttgart FamRZ 2005, 54) oder eine die allgemeinen Lebenshaltungskosten reduzierende Wirtschaftsgemeinschaft (OLG Köln OLGR 2004, 330) oder niedrige Wohnkosten und ersparte sonstige Lebenshaltungskosten durch das Zusammenleben mit einem Partner (OLG Hamm FamRZ 2003, 1210) oder die sich in einem Doppelhaushalt gegenüber einem Einzelhaushalt ergebenden Ersparnisse in der allgemeinen Lebenshaltung (OLG München FamRZ 2004, 485) oder die infolge gemeinsamer Haushaltsführung mit einer Ehefrau eintretende Ersparnis (BGH FamRZ 2004, 24; FamRZ 2002, 742; FamRZ 1998, 286, 288 unter billigender Bezugnahme auf OLG Hamm, FamRZ 1980, 916, 917), vermisst man eine Rechtfertigung dafür, warum der Unterhaltsschuldner einen solchen Vorteil (wenn es ihn nach der Lebenserfahrung überhaupt gibt; zweifelnd OLG Hamm, FamRZ 2003, 1214 soweit es um Ehegattenunterhalt geht, ist - bei der erforderlichen wertenden Betrachtung - ein solcher Vorteil in der Tat zu verneinen; mit ihm wird lediglich ein trennungsbedingter Mehrbedarf ausgeglichen; vergl. OLG Karlsruhe, 2. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - FamRZ 2004, 1209), dem Unterhaltsgläubiger weitergeben muss. Wie bei der Befriedigung des Wohnbedarfs ist dieser Vorteil mit selbstauferlegten Beschränkungen verbunden, sodass er dem Unterhaltsschuldner verbleiben muss. Dies gilt etwa für den Zusammenschluss des Unterhaltsschuldners mit einer oder mehreren Personen zu gemeinsamem Wohnen und Wirtschaften, mit denen ihn nur das wechselseitige Vertrauen verbindet, welches Voraussetzung für einen solchen Zusammenschluss ist. Der Zusammenschluss mit einer einzelnen Person, mit welcher den Unterhaltsschuldner zusätzliche Eigenschaften und gegebenenfalls auch eine Geschlechtsgemeinschaft verbindet, hat demgegenüber keine andere Qualität. Zu untersuchen, ob und in welchem in Geld ausgedrückten Maß die Beschränkungen, welche der Unterhaltsschuldner in Kauf nimmt, hinter den wirtschaftlichen Vorteilen einer Haushaltsgemeinschaft zurückbleiben, verbietet sich.

( 4 b ) Zutreffend weist das OLG Hamm (FamRZ 2003, 1214) daraufhin, dass der Unterhaltsgläubiger dem Unterhaltsschuldner keine Rechenschaft schuldet, wie er mit dem ihm belassenen Selbstbehalt verfährt. Erst recht haben den Unterhaltsgläubiger die wirtschaftlichen Verhältnisse des Partners des Unterhaltsschuldners nicht zu interessieren. Ein wirtschaftlicher Vorteil aus der gemeinsamen Lebensgestaltung kann indessen nur dann entstehen, wenn der Partner entsprechend ausreichende Mittel einbringen kann. Liegen diese mit einem Betrag unter dem des für den Unterhaltsschuldner geltenden Selbstbehalts, der in der Rechtsprechung als Vorteil aus gemeinsamer Haushaltsführung u.ä. bezeichnet wird, tritt für den Unterhaltsschuldner ein solcher Vorteil erst gar nicht ein. Ist der Beitrag des Dritten gleich hoch oder höher, wie der des Unterhaltsschuldners, beruht ein Vorteil aus gemeinsamer Haushaltsführung mindestens zur Hälfte auch auf diesem (weswegen OLG Hamm - 11. Familiensenat - FamRZ 2005, 53 und OLG Hamm - 8. Familiensenat - FamRZ 2003, 1210 den Selbstbehalt des Unterhaltsschuldners auch nur um die Hälfte des Vorteils verringern). Jedenfalls muss vor einer Kürzung des Selbstbehalts auch der Beitrag des Dritten festgestellt werden. Dies und die erforderliche Rechenschaft des Unterhaltsschuldners über seine Lebensführung wäre auch bei Berücksichtigung der sich für den Unterhaltsgläubiger ergebenden Vorteile, auch wenn er auf sie dringend angewiesen sein mag, unerträglich.

Dies beweist der vorliegende Fall, in welchem Frau ... als Zeugin vernommen werden und ihr Einkommen sowie ihre Belastungen, einschließlich der Unterhaltsbelastungen offen legen musste. Sie hat ein Einkommen von ca. 1.200 - 1.400 €. Legt man einen Mittelwert von 1.300 € zugrunde, verbleiben nach Abzug pauschaler berufsbedingter Aufwendungen mit 65 € 1.235 €. Mit im Haushalt leben die 15-und 19-jährigen Kinder der Zeugin. Die 19-jährige Tochter befindet sich in einer Lehre. Ob sie noch unterhaltsberechtigt ist, ist nicht bekannt. Die Zeugin erhält keinen Barunterhalt für den Sohn, so dass ihr bei Abzug des Tabellenbetrags mit 291 € (Düsseldorfer Tabelle, Stand 1.7.2005) rund 940 € verbleiben. Ihr verbleibendes Einkommen liegt damit um 100 (Düsseldorfer Tabelle, Stand 1. Juli 2003) bzw. 50 € (Düsseldorfer Tabelle, Stand 1. Juli 2005) über dem notwendigen Selbstbehalt. Bei genauerem Hinsehen wäre - rein gedanklich - noch erforderlich gewesen, ihr wahres Durchschnittseinkommen und damit ihr Einkommen des letzten Jahres Monat für Monat und zu erfragen, welche Ausbildungsvergütung ihre ältere Tochter hat. Denn läge ihr auch um Kindesunterhalt (auch für eine volljährige Tochter) bereinigtes Nettoeinkommen unter 840 € - ab 1. Juli 2005 890 € - hätte dies - erneut rein gedanklich - Einfluss auf die Höhe des Betrages, um den der Selbstbehalt des Beklagten zu kürzen wäre.

( 4 c ) Schließlich liegt darin, dass der Dritte mit dem Unterhaltsschuldner eine Wirtschaftsgemeinschaft eingeht, ein wirtschaftlich bedeutsames freiwilliges Verhalten des Dritten. Nach allgemeinen Grundsätzen kann der Unterhaltsgläubiger aus einem solchen Verhalten nur dann Vorteile ziehen, wenn der Dritte damit auch ihn begünstigen will (vergl. zuletzt BGH FamRZ 2005, 1154 für den Fall, dass ein geschiedener Ehegatte einen ihm zustehenden Unterhalt nicht geltend macht, ohne auf ihn zu verzichten); oder konkret: der Dritte müsste mindestens auch von dem Bestreben getragen sein, dadurch, dass er die Gemeinschaft mit dem Unterhaltsschuldner aufnimmt, diesen in die Lage zu versetzen, dem Unterhaltsgläubiger höheren Unterhalt leisten zu können. Dies kann kaum jemals angenommen werden, da die höhere Unterhaltslast des Unterhaltsschuldners auch das mit dem Dritten gemeinsame Budget schmälert und den Dritten so unmittelbar trifft. Zwar wird in der Rechtsprechung und der Literatur vereinzelt der Standpunkt vertreten, im Mangelfall könnten auch freiwillige unentgeltliche Zuwendungen eines Dritten unter Billigkeitsgesichtspunkten demjenigen, der die Zuwendung erhält, ganz oder teilweise als Einkommen zugerechnet werden (Wendl/Gutdeutsch, 6. A. § 5 Rn 100 ff unter Berufung auf RG JW 1917, 288; FA-FamR/Gerhardt 6.Kap. Rn 498 a; OLG Koblenz FamRZ 2002, 1215, 1216; Staudinger/Helmut Engler/Dagmar Kaiser Neubearbeitung 2000 § 1603 Rn 246; im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 1581 BGH FamRZ 2000, 153, 154; Rolland 1.EheRG 2. Aufl. § 1581 Rn. 3; Soergel/Häberle BGB 12. Aufl. 1988 § 1581 Rn 16; für Anrechnung freiwilliger Leistungen Dritter beim Bedürftigen unentschieden BGH FamRZ 1999, 843, 847 unter Bezugnahme auf Häberle und Rolland jew. a.a.O.). In Frage kommt indessen allenfalls eine teilweise Anrechnung ( BGH a.a.O.) und eine solche, welche den Willen des Zuwendenden nicht gänzlich vergewaltigt (vergl. Johannsen, Büttner EheR, 4. Aufl., § 1577 Rn. 16) also notfalls noch seine Zustimmung finden könnte. Der Dritte wird andernfalls seine Leistung einstellen, oder wie in Fällen, wie dem vorliegenden, notfalls die Gemeinschaft mit dem Unterhaltsschuldner aufgeben. Dazu kann es kommen, wenn es ihm unerträglich wird, dass er zur Wahrung eines gemeinsamen Lebensstandards den Zugriff des Unterhaltsschuldners auf seine, des Dritten, Mittel dulden müsste. Wohl aus diesem Grund wurde bislang ausdrücklich letztlich nur ein Einsatz der Vorteile aus freiem Wohnen in Fällen befürwortet, in denen zwischen dem Dritten und dem Unterhaltsgläubiger eine verwandtschaftliche oder eine Bindung zwischen Verschwägerten bestand (OLG Koblenz a.a.O.; Gerhardt a.a.O.; Gutdeutsch a.a.O.), und wo deshalb mit Wohlwollen des Dritten zu rechnen war.

Anhaltspunkte dafür, dass Frau ... den Beklagten in die Lage versetzen will, höheren Kindesunterhalt zu bezahlen, fehlen.

bb)

Eine Erhöhung des Selbstbehalts wegen der behaupteten Umgangskosten ist nicht gerechtfertigt. Der BGH hat entschieden, dass die angemessenen Kosten des Umgangs eines unterhaltspflichtigen Elternteils mit seinem Kind dann zu einer maßvollen Erhöhung des Selbstbehalts oder zu einer Minderung des unterhaltsrelevanten Einkommens führen kann, wenn dem unterhaltspflichtigen das anteilige Kindergeld gem. § 1612b Abs. 5 BGB ganz oder teilweise nicht zugute kommt und er die Kosten nicht aus Mitteln bestreiten kann, die ihm über den notwendigen Selbstbehalt hinaus verbleiben (BGH MDR 2005, 869). Vorliegend behauptet der Kläger Kosten für die Zugfahrt von ca. 15 € monatlich (2 Umgangswochenenden im Monat mit je 2 Zugfahrten für die Kinder und 4 Zugfahrten für ihn, also 4 x 1,20 € + 4 x 2,50 €). Dass er für die Nutzung des Autos seiner Partnerin zahlt, hat er nicht vorgetragen. Die Kosten für den Kauf von Kleidung sind nicht zu berücksichtigen, da der Kläger die Mutter der Kinder dazu auffordern kann, Kleidung ausreichend mitzugeben und diese hierzu gemäß § 1684 BGB verpflichtet ist. Die allein nach dem Vortrag des Beklagten zu berücksichtigenden Aufwendungen von 15 € monatlich, bewegen sich jedoch in einer Höhe, die auch im Hinblick auf die Belange der minderjährigen Kinder eine Heraufsetzung des Selbstbehalts nicht rechtfertigt.

f) Damit ergibt sich für die einzelnen Unterhaltszeiträume die nachfolgende Berechnung: ...

g) An Rückständen für die Zeit von 8/2003 bis 28.02.2005 (entsprechend dem Rückstandszeitraum gemäß Ziffer 1 des angefochtenen Urteils) errechnet sich daher ein Betrag von 2.065 € gemäß nachfolgender Berechnung:

5 x 147= 735 €

2 x 55= 110 €

2 x 95 = 190 €

3 x 101= 303 €

3 x 93= 279 €

2 x 87= 174 €

2 x 137= 274 €

Gesamt: 2.065 €

Zu berücksichtigen sind Zahlungen von 405 €. Soweit vom Arbeitslosengeld Beträge für den weiteren Sohn M abgezweigt wurden, ist dies ohne Belang. Denn insoweit führen diese nicht zu einer Erfüllung gegenüber dem Kläger. Es verbleibt damit ein Rückstand von 1.660 €.

Ab März 2005 beträgt der Anspruch 137 €, ab Juli 2005 110 €.

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zugelassen, da die Frage der Absenkung des Selbstbehalts bei Zusammenleben mit einem neuen Partner in nichtehelicher Lebensgemeinschaft höchstrichterlich nicht entschieden und von grundsätzlicher Bedeutung ist.

Ende der Entscheidung

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