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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 30.09.1999
Aktenzeichen: 16 UF 150/97
Rechtsgebiete: BGB, EheG


Vorschriften:

BGB § 59
EheG § 242
1.) Der Unterhaltsschuldner, welcher eine ihm mögliche auskömmliche Erwerbstätigkeit nicht aufnimmt, ist leistungsfähig. Für Billigkeitserwägungen, in deren Folge dem Unterhaltsschuldner die Berufung auf eine Leistungsunfähigkeit gem. § 242 BGB versagt werden müßte, ist deshalb kein Raum.

Der Unterhaltsschuldner hat darzulegen und zu beweisen, daß ihm die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nicht möglich ist. Er kann dies durch Nachweis ausreichender erfolgloser Bemühungen um eine Erwerbstätigkeit. Legt der Unterhaltsschuldner solche Bemühungen nicht dar, ist er im Sinne prozessualer Wahrheit leistungsfähig.

Zur Abgrenzung von OLG Karlsruhe FamRZ 1983, 931

2.) Ist der Unterhaltsschuldner nach willkürlich betriebener Entlassung aus dem Beamtenverhältnis tatsächlich leistungsunfähig, und wird ihm zunächst die Berufung hierauf nach Treu und Glauben verwehrt, kann er eine erneute Billigkeitsprüfung verlangen, sobald er in den Ruhestand getreten ist; dabei kann ihm eine Berufung auf Leistungsunfähigkeit nicht versagt werden, soweit diese darauf beruht, daß angesichts unterschiedlicher Altersversorgungssysteme das Altersruhegeld der gesetzlichen Rentenversicherung hinter einer gedachten Beamtenversorgung zurückbleibt.

Zu den Grundsätzen, nach denen diesem Unterhaltsschuldner die Berufung auf weitere Leistungsunfähigkeit gem. § 242 BGB zu versagen ist, wenn er es unterlassen hat, nach seiner Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auch für eine Altersversorgung Sorge zu tragen, die der Höhe nach einer gedachten Nachversicherung zum Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand entsprochen hätte.

OLG Karlsruhe Urteil 30.09.1999 - 16 UF 150/97 - 32 F 167/96


wegen Ehegattenunterhalts

hat der 16. Zivilsenat

- Senat für Familiensachen -

des Oberlandesgerichts Karlsruhe

auf die mündliche Verhandlung

vom 09. 09. 1999

durch

Vors. Richter am Oberlandesgericht

...

Richter am Oberlandesgericht

...

Richter am Oberlandesgericht

...

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Mannheim vom 27. Juli 1997 - 32 F 167/96 - aufgehoben, soweit darin zum Nachteil der Beklagten entschieden wurde.

Die Klage wird in vollem Umfang abgewiesen.

2. Die Berufung des Klägers gegen das genannte Urteil wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger trägt die Kosten beider Rechtszüge.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Ehe der Parteien ist seit 1975 geschieden. Im Zuge der Ehescheidung wurde auch ein Scheidungsfolgenvergleich unter anderem über den Unterhalt der Beklagten geschlossen. Dieser Scheidungsfolgenvergleich wurde abgeändert; durch Teilurteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Mannheim vom 22. April 1983 wurde der Kläger u. a. für die Zeit ab Juni 1982 zur Zahlung eines monatlichen Teilunterhaltes von 950 DM verurteilt; durch Schlußurteil vom 10. August 1984 u. a. ab März 1983 zur Zahlung weiterer 320 DM monatlich. Die Berufung des Klägers gegen das Schlußurteil vom 10. August 1984 wurde durch Urteil des Senats vom 11. April 1985 zurückgewiesen.

Im ersten Rechtszug begehrte der Kläger Abänderung des Schlußurteils vom 10. August 1984 - gemeint: auch des Teilurteils vom 22. April 1983 - dahin, daß er ab November 1996 nicht mehr verpflichtet sei, an die Beklagte Unterhalt zu zahlen.

Das Familiengericht hat mit dem angefochtenen Urteil dasjenige vom 10. August 1984 (gemeint auch dasjenige vom 22. April 1983) dahingehend abgeändert, daß der Kläger nur noch verpflichtet sei, an die Beklagte ab Januar 1997 monatlich 455 DM Unterhalt zu zahlen. Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine Abänderungsklage für die Zeit ab Januar 1997 mit dem Ziel der vollständigen Beseitigung der Unterhaltslast weiter. Mit ihrer Berufung verfolgt die Beklagte das Ziel der gänzlichen Abweisung der Abänderungsklage weiter.

Im übrigen wird von der Darstellung des Tatbestands Abstand genommen.

Die Berufung der Beklagten führt zur Abweisung der Abänderungsklage des Klägers. Die Berufung des Klägers bleibt ohne Erfolg.

I.

Im Senatsurteil vom 11. April 1985 ist die Verurteilung des Klägers zu einem sich mit der vorangehenden Verurteilung zu einem Gesamtbetrag von 1.270 DM summierenden Teilbetrag folgendermaßen begründet worden:

Dem Kläger wurde ein Monatseinkommen von 4.019 DM (nach Diätkosten) angerechnet. Da die Parteien während der Ehe Vermögen gebildet hatten, wurde dieser Betrag um 800 DM verringert. Die Beklagte hatte 250 DM Kapitalerträgnisse als eigenes Einkommen. Von der Differenz (4.019 DM ./. 800 DM ./. 250 DM) wurden der Beklagten 3/7 zugesprochen, rund 1.270 DM.

Allerdings hatte der Kläger 1984 auch das ihm zugerechnete Einkommen von 4.019 DM monatlich nicht. Bis Jahresende 1984 hatte der Kläger nur geringe Verdienste aus Gelegenheitsarbeiten, schulte dann zum Versicherungsvertreter um und hatte für die Zeit ab 1985 die Zusage eines monatlich garantierten Nettoeinkommens von rund 1.500 DM. Der Senat hat dem Kläger damals gleichwohl ein Monatseinkommen von 4.019 DM angerechnet, weil er seine Dienststellung als in der Besoldungsgruppe A 12 besoldeter Amtsrat bei der G. aufgegeben hatte. Das Einkommen von 4.019 DM monatlich wäre dasjenige gewesen, welches der Kläger hätte haben können, wenn er diese Dienststellung beibehalten gehabt hätte. Der Senat hat seinerzeit Bezug genommen auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 26. September 1984 - IV b ZR 17/83 - FamRZ 1985, 158 und festgestellt, daß der Kläger zumindest leichtfertig, wenn nicht gar absichtlich seine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit aufs Spiel gesetzt habe. Die Aufgabe der Dienststellung als Amtsrat hat er als leichtfertiges, mutwilliges Aufgeben des Arbeitsplatzes ohne hinreichenden Grund gewertet.

Inzwischen bezieht der Kläger Altersruhegeld.

Die Altersrente des Klägers kann ... mit durchgehend 2.150 DM nach Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag eingeschätzt werden.

Dem Kläger sind 2/3 seines Magens und seiner Gallenblase operativ entfernt. Die Annahme, daß er gleichwohl sich ohne auch besondere Kosten verursachende Diät ernähren könnte, wäre lebensfremd; ... . Die Schätzung mit DM 200,00, wie sie das Amtsgericht vorgenommen hat, billigt der Senat. ...

Gegen den Kläger wurde mit Bescheid des Finanzamts N. vom 17. Juni 1997 eine Nachzahlung für Einkommenssteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag für 1995 von insgesamt 2.080,32 DM festgesetzt (AS II 105).

Diese Steuerschuld will der Kläger in Raten abtragen. Die Steuerschuld wird zu verzinsen sein. Die monatliche Belastung kann mit 100 DM für 24 Monate geschätzt werden.

Die Beklagte hat kein eigenes Einkommen mehr. Sie bezieht Sozialhilfe.

II.

Die wegen der obengenannten Veränderungen zulässige Abänderungsklage hat jedoch keinen Erfolg.

Der Kläger kann sich zwar auf eine Verringerung seines Einkommens berufen (wenn auch nicht aus den von dem Amtsgericht angeführten Gründen; vgl. dazu unten a)), jedoch nur insoweit, als sich sein Einkommen auf einen gedachten Betrag verringert haben würde, den er als Altersruhegeld beziehen würde, wenn er die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung weiter entrichtet hätte, die seinem Einkommen in Höhe von Bezügen eines Amtsrats entsprachen (vgl. unten b)).

a) Ist durch die entsprechenden Bezugsgrößen, etwa wie hier die ehelichen Lebensverhältnisse, der Betrag vorgegeben, welchen der bedürftige Ehegatte als angemessenen Unterhalt benötigt, hat der unterhaltspflichtige Ehegatte die Anstalten zu treffen, die ihn in den Stand setzen, diesen Unterhalt auch aufzubringen. Tut er dies nicht, sind ihm aber solche Anstalten objektiv möglich, nimmt er beispielsweise eine ihm angebotene auskömmliche Erwerbstätigkeit nicht auf, ist er gleichwohl leistungsfähig. Daß er eine ihm gegebene Fähigkeit (im vorliegenden Zusammenhang besser: Möglichkeit) nicht nutzt, ändert nichts daran, daß er diese hat. Da der Unterhaltsschuldner im Unterhaltsprozeß seine Leistungsunfähigkeit beweisen muß, heißt dies, daß er gegebenenfalls beweisen muß, daß ihm die objektive Möglichkeit, sich Geldmittel zu verschaffen, verschlossen ist. Da ein solcher Beweis in der Regel nicht zu führen ist, genügt als Beweis, daß er sich über längere Zeit hinweg vergeblich um eine auskömmliche Erwerbstätigkeit bemüht hat. Oder anders: Läßt sich ein ausreichendes Bemühen nicht feststellen, ist der Unterhaltsschuldner rein aus Gründen der Darlegungs- und Beweislast als leistungsfähig anzusehen, also im Sinne prozessualer Wahrheit leistungsfähig. Raum für Billigkeitserwägungen nach § 242 BGB besteht nicht.

Ein solcher Unterhaltsschuldner kann den Beweis seiner Leistungsunfähigkeit auch noch nachträglich für einen späteren Zeitraum führen. Weist er nach, daß er sich während dieses späteren Zeitraums nachhaltig genug, aber erfolglos um eine auskömmliche Erwerbstätigkeit bemüht hat, kann für diesen späteren Zeitraum Leistungsunfähigkeit festgestellt werden. Dies ist letztlich die Sachaussage des Senatsurteils vom 09. Dezember 1982 - 16 UF 120/82 - FamRZ 1983, 931, in dem der Senat den Standpunkt vertreten hat, der Unterhaltsschuldner dessen Leistungsfähigkeit fingiert worden sei, weil er einer Obliegenheit, Arbeitseinkommen zu erzielen, nicht nachgekommen sei, könne nach einer angemessenen Zeit mit einer Abänderungsklage geltend machen, er habe sich inzwischen ernsthaft und intensiv, aber ohne Erfolg um Arbeit bemüht. Auf dieses Urteil hat das Amtsgericht seine Annahme gestützt, der Kläger könne sich nunmehr auf Leistungsunfähigkeit berufen.

So liegt indessen der Fall hier nicht.

b) Der Kläger hatte im Alter von 50 Jahren seine Entlassung als Beamter betrieben. Eine Wiedereinstellung kam aus Rechtsgründen nicht in Frage. Ein beruflicher Neuanfang in seinem Beruf als Architekt war ersichtlich schwer bis unmöglich und gelang dem Kläger auch erst, nachdem er seine Tätigkeit als Versicherungsvertreter aufgegeben und ein Büro für Gebäudeschätzungen eröffnet hatte. Der Kläger war, ohne daß dies einer näheren Begründung bedurft hätte, leistungsunfähig. Daß die Leistungsunfähigkeit von ihm selbst herbeigeführt war, änderte an diesem Befund nichts. Wie der Bundesgerichtshof unter anderem in dem oben zitierten Urteil vom 26. September 1984 feststellt, ist Leistungsunfähigkeit des Unterhaltspflichtigen grundsätzlich auch dann - als Leistungsunfähigkeit - zu beachten, wenn er sie selbst, auch schuldhaft herbeigeführt hat. Allerdings kann nach Maßgabe des § 242 BGB einem solchen Unterhaltspflichtigen die Berufung auf seine Leistungsunfähigkeit versagt werden. Dies ist in dem Senatsurteil vom 11. April 1985, dessen Abänderung der Kläger betreibt, auch geschehen. Da seinerzeit tatsächliche Leistungsunfähigkeit vorlag, ist für eine Erwägung, der Kläger müsse die Möglichkeit haben, für einen späteren Zeitraum seine Leistungsunfähigkeit zu beweisen, kein Raum. Allenfalls muß es einem solchen Unterhaltsschuldner offen bleiben, darzulegen und zu beweisen, daß die Leistungsunfähigkeit, gegebenenfalls zu einem späteren Zeitraum, auch dann eingetreten wäre, wenn er sie nicht selbst herbeigeführt hätte. Wenn man nicht erwägen müßte, daß der zwangsläufig eintretende Ruhestand bereits bei den Bemessungsgrundlagen, also etwa den ehelichen Lebensverhältnissen, zu berücksichtigen ist, wäre die Berufung auf die mit dem Ruhestand verbundene Einkommensminderung eine solche dem Unterhaltsschuldner jederzeit mögliche Berufung auf eine später eingetretene Beschränkung der Leistungsfähigkeit, zu der es auch gekommen wäre, wenn der Unterhaltsschuldner nicht zu einem früheren Zeitpunkt seine gänzliche Leistungsunfähigkeit bereits selbst herbeigeführt hätte. Dem verschließt sich auch die Beklagte grundsätzlich nicht, meint aber, der Kläger hätte als Ruhestandsbeamter Ruhebezüge von (brutto oder netto?) 3.750 DM, die ihn weiter befähigten, wie bislang monatlich 1.270 DM Unterhalt zu zahlen.

Verfehlt wäre indessen, nur ein Verbleiben des Klägers als Amtsrat im Dienst der G. weiterzudenken und ihm bereits aus diesem Grund ein Einkommen in der Höhe einer entsprechenden Beamtenpension zuzurechnen. Ein solches mag zwar folgerichtig erscheinen, verläßt aber den rechtlichen Ausgangspunkt. Nach diesem wurde dem Kläger seinerzeit die Berufung auf seine Leistungsunfähigkeit gemäß § 242 BGB versagt. Ob sich der Kläger, nachdem er nunmehr im Ruhestand ist, immer noch nicht auf seine tatsächlich beschränkte Leistungsfähigkeit berufen kann, ist indessen erneut unter Einbeziehung aller Umstände zu prüfen. Eine nur fortschreibende Anknüpfung an die seinerzeitige mutwillige Aufgabe der Beamtenstellung verbietet sich auch deshalb, weil es seinerzeit letztlich nicht auf die schiere Aufgabe der Beamtenstellung ankam; denn es steht im Belieben jedes Unterhaltsschuldners, jederzeit seinen Beruf aufzugeben oder zu wechseln, wenn er nur in einer Weise, die erneut in seinem Belieben steht, dafür sorgt, daß ihm die Mittel zur Befriedigung seiner Unterhaltsverbindlichkeiten weiterhin zur Verfügung stehen. Augenscheinlich ist dies dem Kläger in der weiteren Folgezeit auch teilweise gelungen. Denn er hat bis zum Eintritt in den Ruhestand den ihm auferlegten Monatsunterhalt von 1.270 DM überwiegend teils freiwillig, teils in der Zwangsvollstreckung beglichen und für bestimmte Zeiträume eine Verständigung mit der Beklagten erzielt; außerdem sind Bankschulden entstanden.

Da der Kläger - als geschiedener Ehegatte - nicht verpflichtet war, seine Beamtenstellung beizubehalten, sondern nur dazu, die Mittel zur Befriedigung des Unterhaltsbedarfs der Beklagten notfalls durch Kreditaufnahme zu beschaffen, kann ihm auch die Berufung auf eine beschränkte Leistungsfähigkeit insoweit nicht versagt werden, als diese sich allein aus der gegenüber der Beamtenversorgung geringeren (gedachten) Altersversorgung in der gesetzlichen Rentenversicherung ergäbe. Dies wirkt sich aber nicht zu seinen Gunsten aus. Denn nimmt man die nur gedachte Altersversorgung als Bemessungsgrundlage für eine Neuberechnung des Unterhaltsanspruchs der Beklagten, kommt man zu Beträgen, die nicht unter 1270 DM liegen (unten aa) und bb)). Der Kläger hat aber auch für eine solche Altersversorgung nicht gesorgt. Auf die daher rührende weitergehende Leistungsunfähigkeit kann sich der Kläger nicht berufen (unten cc)). Bei sachangemessener Festsetzung des Selbstbehaltes des Klägers ist er auch als leistungsfähig anzusehen, wenn man ihn aus der gedachten Altersversorgung mit monatlich 1.270 DM belastet (unten dd)

aa) Der gedachte Betrag einer Altersversorgung errechnet sich mit 3.152 DM bis Juni 1997, mit 3.204 DM ab Juli 1997, jeweils vor Krankenversicherung der Rentner und Pflegeversicherung. Man gewinnt diese Beträge, wenn man für die Zeit nach der Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis bis zum Rentenbezug (1. November 1984 bis 31. Dezember 1996) das bis dahin nachversicherte Einkommen in den Versicherungsverlauf einsetzt.

Den Beitrag des Klägers zur Kranken- und Pflegeversicherung kann man kurz mit der Hälfte der tatsächlichen Beiträge ansetzen, da er einen Zuschuß zur Kranken- und Pflegeversicherung erhält. Setzt man bis Juni 1997 1/2 von 322 DM an, also 161 DM, verbleiben 2.991 DM. Ab Juli 1997 verbleiben nach Abzug der Hälfte von 363 DM, also rund 182 DM, noch rund 3.022 DM. Nach Abzug von Diätkosten (200 DM) verbleiben bis Juni 1997 noch 2.791 DM. Nach Abzug von Diätkosten und Rate auf eine Steuernachzahlung (200 DM und 100 DM) verbleiben in dem Zeitraum Juli 1997 bis Juni 1999 2.722 DM. Ab Juli 1999 sind wegen Wegfalls der Raten auf eine Steuernachzahlung 2.822 DM anzusetzen.

bb) Nimmt man die Monatsbeträge von 2.722 DM bezw. 2.822 DM als Bemessungsgrundlage, errechnet sich der Unterhaltsbedarf der Beklagten wie folgt, wobei Vermögensbildung nach Eintritt in den Ruhestand in den Verhältnissen, in denen die Parteien leben, üblicherweise nicht mehr betrieben wird:

Nach Eintritt in den Ruhestand muß der Kläger das ihm verbleibende Einkommen hälftig mit seiner geschiedenen Ehefrau teilen. Es ergeben sich jeweils Beträge, welche den Betrag des bislang geschuldeten Unterhalts - 1.270 DM - nicht unterschreiten.

cc) Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, daß er tatsächlich ein geringeres Einkommen hat, weil er es seit 1984 unterlassen hat, den Aufbau einer hinreichenden Altersversorgung fortzuführen. In vielen Fällen wird man es zwar nicht ohne weiteres als auf das Unterhaltsrechtsverhältnis bezogen verantwortungslos oder zumindest leichtfertig bezeichnen können, wenn der Unterhaltsschuldner es unterläßt, für den Aufbau einer ausreichenden Altersversorgung zu sorgen. Sein Unterlassen besteht eben nicht mehr in einem aktiven Hinarbeiten auf den Zustand der Leistungsunfähigkeit. Vielfach unterlassen solche Unterhaltsschuldner nur das, was eine Vielzahl von Erwerbstätigen unterlassen würde, wenn sie nicht der Pflichtversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung oder anderen Versorgungssystemen, etwa berufsständischen Versorgungssystemen für Ärzte und Rechtsanwälte unterliegen würden. Der hier vorliegende Fall zeichnet sich jedoch dadurch aus, daß die Ehe der Parteien noch nach altem Recht geschieden wurde. Dem Kläger mußte bewußt sein, daß er, wenn er die Beklagte überleben würde, bis zu deren Tod verpflichtet sein würde, sie zu versorgen. Die Beklagte war, anders als der nach neuem Recht geschiedene Ehegatte, auch nicht tendenziell zur Aufnahme einer eigenen Erwerbstätigkeit verpflichtet. Für die Beklagte kam es auch nicht durch den Versorgungsausgleich, dessen Einführung der Kläger im Zweifel zur Kenntnis genommen hat, zum Aufbau einer eigenständigen teilweisen Versorgung. In einem so gestalteten Unterhaltsrechtsverhältnis den Aufbau einer hinreichenden eigenen Altersversorgung zu unterlassen, muß als auf dieses Unterhaltsverhältnis bezogen verantwortungslos bezeichnet werden mit der Folge, daß der Kläger sich auf seine beschränkte Leistungsfähigkeit nicht berufen kann. Ähnlich hat der Bundesgerichtshof bereits in dem Fall entschieden, in dem der Unterhaltsschuldner mit leichtfertiger Aufgabe einer auskömmlichen Erwerbstätigkeit es unterlassen hatte, für den Krankheitsfall vorzusorgen (Urteil vom 16. März 1988 - IVb ZR 41/87 - FamRZ 1988, 597, 599 unter B II 4). Die Leichtfertigkeit bei der Aufgabe des Arbeitsplatzes wird in diesem Urteil auch bezogen auf die unterlassene Vorsorge für den Krankheitsfall.

dd) Dem Kläger verbleiben von gedachten 2.722 DM bis 2.788 DM mehr als 1.300 DM, aber weniger als der große Selbstbehalt von 1.800 DM. 1.300 DM ist der notwendige Selbstbehalt, der dem nicht erwerbstätigen Ehegatten in jedem Fall verbleiben muß. Zu den dem Kläger verbleibenden gedachten 1422 DM bis 1488 DM kommt, daß der Kläger noch Vorteile aus Vermietung und Verpachtung hat. In dem von ihm vorgelegten Einkommenssteuerbescheid für 1995 ist bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung ein Verlust von 1.536 DM aufgeführt. Außerdem ist von "Schuldzinsen und Gebühren für das Objekt in L" von insgesamt 7.901 DM die Rede. Von der Beklagten zur Erläuterung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aufgefordert, hat der Kläger geschwiegen. Es ist deshalb nicht veranlaßt, den Unterhaltsbetrag von 1270 DM zu unterschreiten.

Der Kläger kann sich nicht darauf berufen, daß er eine Bankschuld mit monatlich DM 500,00 tilgt, die zum Jahresende 1996 auf DM 26.500,00 aufgelaufen war. Dabei ist es ohne Belang, ob diese Verbindlichkeit aus Aufwendungen und Kosten aus der selbständigen Tätigkeit des Klägers entstanden ist oder aus privater Lebenshaltung. Wie der Kläger nach seiner Entlassung aus dem Beamtenverhältnis sich die Mittel für seinen und den Lebensunterhalt der Beklagten beschaffte, war seine Sache. Er konnte dies auch durch Darlehensaufnahme tun. Gelang ihm die Beschaffung von Mitteln nicht und nahm er Darlehen auf, kann er dies nunmehr der Beklagten nach Treu und Glauben nicht entgegenhalten. Ein anderes widerspräche auch Sinn und Zweck des Senatsurteils vom 11. April 1985.

III.

Die Zulassung der Revision ist nicht angezeigt. Der Senat weicht zwar von dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16. März 1988 a.a.O. insoweit ab, als er die Berufung des Klägers auf eine infolge Unterlassung einer auskömmlichen Altersvorsorge beschränkten Leistungsunfähigkeit getrennt nach § 242 BGB beurteilt, während dort eine solche getrennte Prüfung nicht vorgenommen wurde. Indessen beruht das vorliegende Urteil nicht auf der Abweichung. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung.

Ende der Entscheidung

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