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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 01.03.2004
Aktenzeichen: 16 UF 180/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1587 o
Eine Vereinbarung nach § 1587 o BGB kann bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich formlos aufgehoben werden.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE

16 UF 180/03

Karlsruhe, 01. März 2004

wegen Ehescheidung

hier: Versorgungsausgleich

Beschluss

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin hin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mosbach vom 23.07.2003 (Az.: 1 F 433/02 VA) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Zu Lasten der Versorgung des Antragstellers beim Landesamt für Besoldung und Versorgung werden auf einem bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte einzurichtenden Versicherungskonto für die Antragsgegnerin Rentenanwartschaften in Höhe von mtl. 250,12 € bezogen auf den 31.10.2002 begründet.

Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht Mosbach hat durch Verbundurteil vom 17.04.2003 die Ehe der Parteien geschieden, nachdem es zuvor mit Beschluss vom gleichen Tage die Entscheidung über den Versorgungsausgleich abgetrennt hat.

Beide Parteien sind Lehrer. Zum Versorgungsausgleich hat das Amtsgericht Auskünfte beim Landesamt für Besoldung und Versorgung eingeholt, die dieses mit Datum vom 04.03.2003 für den Antragsteller und für die Antragsgegnerin erteilt hat. Nach diesen Auskünften war der Antragsteller in Höhe von 266,14 € mtl. versorgungsausgleichspflichtig.

Auf Vorschlag des Amtsgerichts protokollierten die Parteien in einer mündlichen Verhandlung am 23.07.2003 folgende Vereinbarung:

§ 1 Zwischen den Parteien besteht Einigkeit, dass der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich nicht stattfindet, sondern der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vereinbart wird.

Beide Parteien bitten um familiengerichtliche Genehmigung.

§ 2 Die Kosten für die Vereinbarung folgen dem Kostenausspruch in der Hauptsache.

Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das Amtsgericht Mosbach sodann entschieden, dass ein öffentlich-rechtlicher Versorgungsausgleich nicht stattfindet und den Parteien der schuldrechtliche Versorgungsausgleich vorbehalten bleibt. Zur Begründung hat es auf die Vereinbarung der Parteien vom 23.07.2003 - die es genehmigt hat - verwiesen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gründe des amtsgerichtlichen Beschlusses Bezug genommen.

Gegen den ihr am 15.08.2003 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 10.09.2003 - eingegangen beim Oberlandesgericht am gleichen Tage - Beschwerde eingelegt. Mit dieser führt sie aus, die beim Amtsgericht geschlossene Vereinbarung beruhe auf dem Irrtum aller Beteiligten, dass der schuldrechtliche Versorgungsausgleich durchzuführen sei. Dieser Auffassung und die Vergleichsgrundlage habe sich im nachhinein als unrichtig herausgestellt, nachdem das Landesamt darauf hingewiesen habe, dass nur bei Überschreiten der Höchstgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung und dem daraus resultierenden schuldrechtlichen Versorgungsausgleich ein Anspruch nach § 22 Abs. 2 BeamtVG bestehe. Da diese Voraussetzungen nicht vorlägen, werde die Erklärung angefochten.

Der Antragsteller ist der Beschwerde nicht entgegengetreten.

In der Folgezeit haben beide Parteien ausdrücklich erklärt, dass sie mit einer Aufhebung der vom Amtsgericht familiengerichtlich genehmigten Vereinbarung einverstanden sind.

Der Senat hat aktuelle Auskünfte beim LBV eingeholt, die dieses mit Datum vom 08.02.2004 für den Antragsteller und für die Antragsgegnerin erteilt hat.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist nach den §§ 629 a Abs. 2 S. 1, 621 e Abs. 1 und 3 ZPO statthaft und führt im Ergebnis zur Abänderung der amtsgerichtlichen Entscheidung.

1. Die Parteien haben beim Amtsgericht Mosbach eine Vereinbarung gem. § 1587 o BGB abgeschlossen, die das Amtsgericht genehmigt hat. Auf Grund dieser Sachlage war das Amtsgericht gehalten, den Versorgungsausgleich entsprechend der genehmigten Vereinbarung auszuschließen.

2. Eine derartige Vereinbarung kann von den Parteien jedoch bis zur Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich wieder beseitigt werden. Eine solche Vereinbarung bedarf keiner besonderen Form, insbesondere nicht der Form des § 1587 o Abs. 2 BGB, denn die Aufhebung eines formbedürftigen Rechtsgeschäftes ist - sofern hierfür nicht wiederum eine besondere Form vorgeschrieben ist - grundsätzlich formlos möglich (vgl. allgemein Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl., § 125 Rn. 8; zu § 1587 o, OLG Karlsruhe in FamRZ 1995, 361). Die schriftlichen Erklärungen des Inhalts, dass die Parteien ausdrücklich mit einer Aufhebung der familiengerichtlich genehmigten Vereinbarung einverstanden sind und die sie im Beschwerdeverfahren abgegeben haben (für den Antragsteller Schriftsatz vom 07. Januar 2004, ...; für die Antragsgegnerin Schriftsatz vom 14. Januar 2004, ...) führen im Ergebnis also dazu, dass die familiengerichtlich genehmigte Vereinbarung vom 27.07.2003 aufgehoben ist. Diese geänderte Sachlage hat der Senat bei seiner Entscheidung über die Beschwerde der Antragsgegnerin zu berücksichtigen.

3. Zum 01.01.2002 trat das Versorgungsänderungsgesetz 2001 in Kraft (BGBL. 2001 I 3926). Durch die mit § 14 Abs. 1 BeamtVG n.F. eingeführte Senkung des Steigerungssatzes für jedes Jahr ruhegehaltfähiger Dienstzeit von bislang 1,875 % auf 1,79375 % mit Wirkung ab 01.01.2003 wird der Höchstruhegehaltssatz von derzeit 75 % auf 71,75 % und dementsprechend der jährliche Steigerungssatz bis zur achten Anpassung der Versorgungsbezüge allmählich absinken. Da es sich bei den von der Gesetzesänderung betroffenen Versorgungsanwartschaften der Parteien um solche aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis handelt, richtet sich deren Bewertung nach § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB. Damit ist grundsätzlich von dem Betrag auszugehen, der sich für den Zeitpunkt des Eheendes ergibt (BGHZ 90, 52, 57 = FamRZ 1984, 565, 566; ständige Rechtsprechung). Soweit dieser jedoch durch Gesetzesänderung berührt wird, die nach dem Ende der Ehezeit und vor der gerichtlichen Entscheidung in Kraft treten, ist die gesetzliche Neuregelung bei der Bewertung der Versorgung grundsätzlich zu beachten (BGHZ 90, 52, 57 ff.; BGH, FamRZ 1984, 565, 566 ff.; BGH, FamRZ 1988, 1251). Der Senat berücksichtigt daher die durch das Versorgungsänderungsgesetz eintretenden Auswirkungen auf die Versorgungsanwartschaften der Parteien beim Versorgungsausgleich bereits jetzt (bestätigt durch Beschluss des BGH vom 15. Dezember 2003 Az.: XII ZB 121/03, FamRZ 2004, 256).

Dies hat zur Folge, dass der Versorgungsausgleich nicht auf der Grundlage der vom Amtsgericht eingeholten Auskünfte, sondern auf Grundlage der vom Senat eingeholten Auskünfte vom 08.01.2004 durchzuführen ist, die alternativ die Versorgungsanwartschaften unter Zugrundlegung des Ruhegehaltssatzes mit Inkrafttreten der achten Anpassung der Versorgungsbezüge nach dem Jahre 2002 errechnen. Hierbei haben die Auskünfte auch das Gesetz zur Regelung des Rechts der Sonderzahlungen in Baden-Württemberg vom 29.10.2003 (GBl 2003, 693) berücksichtigt). Danach ist für den Antragsteller eine Versorgungsanwartschaft in Höhe von 1.827,79 € und für die Antragsgegnerin eine Versorgungsanwartschaft in Höhe von 1.327,56 € zu Grunde zu legen.

Nach § 1587 a Abs. 1 BGB ist der Ehegatte mit den höheren Anrechten ausgleichspflichtig, so dass nach § 1587 b Abs. 2 BGB der Versorgungsausgleich durch Quasisplitting in Höhe von (1.827,79 - 1.327,56) : 2 = 250,12 € durchzuführen ist.

Die Anordnung der Umrechnung in Entgeltpunkte folgt aus § 1587 b Abs. 6 BGB.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 93 a ZPO.

Die Festsetzung des Streitwerts (266,14 x 12 = 2.193,68 €) folgt aus § 17 GKG.

Ende der Entscheidung

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