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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 12.08.1999
Aktenzeichen: 16 UF 93/99
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 708 Nr. 8
BGB § 1613 Abs. 2
§ 708 Nr. 8 ZPO § 1613 Abs. 2 BGB

1.) Unterhalt im Sinne des § 708 Nr. 8 ZPO ist auch der Sonderbedarfsunterhalt.

2.) Der Unterhaltsanspruch wegen Sonderbedarfs in der Form von Zahnbehandlungskosten entsteht, sobald dem Unterhaltsgläubiger die Zahnarztrechnung zugegangen ist.

OLG Karlsruhe Teilurteil 12.08.1999 - 16 UF 93/99 - 33 F 268/98 AG Heidelberg


wegen Kindesunterhalts

hier: vorläufige Vollstreckbarkeit

hat der 16. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO, in dem Schriftsätze bis 04. 08. 1999 eingereicht werden konnten, durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht

...

Richter am Oberlandesgericht

...

Richter am Oberlandesgericht

...

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Der Antrag des Klägers, Ziffer 5 des Urteils des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidelberg vom 13. 04. 1999 - 33 F 268/98 - in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluß vom 06. 05. 1999 dahin abzuändern, daß die Zwangsvollstreckung aus Ziffer 2 des Urteils nur gegen Sicherheitsleistung der Widerklägerin zugelassen wird, hilfsweise, die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung aus Ziffer 2 des Urteils nur gegen Sicherheitsleistung der Widerklägerin zugelassen wird, wird zurückgewiesen.

2. Die Entscheidung über die Kosten bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.

Gründe

Die Beklagte, geboren am ... 1980, ist die nichteheliche Tochter des Klägers. Durch Teil-Anerkenntnisurteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 08. 12. 1998 wurde der - jetzige - Kläger verurteilt, ihr ab 01. 03. 1998 monatlichen Unterhalt von DM 392,00 und durch Schlußurteil vom 26. 06. 1998 über den anerkannten Betrag hinaus monatlich DM 203,00 ab 01. 03. 1998 zu zahlen. Die Beklagte ist seit 01. 09. 1998 in Ausbildung zur Arzthelferin mit Ausbildungsvergütung.

Mit der am 21. 10. 1998 zugestellten Klage verlangt der Kläger Herabsetzung des Unterhalts. Mit der am 20. 11. 1998 zugestellten Widerklage begehrt die Beklagte die Erstattung von Zahnarztkosten als Sonderbedarf.

Durch Urteil des Amtsgerichts Heidelberg vom 13. 04. 1999 wurde (Ziffer 1) das Teil-Anerkenntnisurteil vom 08. 05. 1998 - 21 C 109/98 - dahin abgeändert, daß der Kläger der Beklagten ab 01. 11. 1998 nur noch monatlichen Unterhalt von DM 110,00 zu zahlen hat. Darüberhinaus wurde der Kläger (Ziffer 2) verurteilt, der Beklagten zur Abgeltung des Sondersbedarfs DM 3.289,56 zu zahlen, und zwar in monatlichen Raten von DM 281,00 ab 01. 11. 1998 und einer letzten Rate von DM 198,56. Im übrigen wurde die Widerklage abgewiesen.

Ziffer 5 des Tenors lautet:

"Der Kläger/Widerbeklagte kann die Zwangsvollstreckung durch Sichderheitsleistung in Höhe von DM 4.609,00 abwenden, wenn nicht die Beklagte/Widerklägerin in gleicher Höhe Sicherheit leistet." In der Begründung nahm das Familiengericht auf §§ 708 Nr. 8, 711 ZPO Bezug.

Der Kläger beantragt im Schriftsatz vom 19. 04. 1999 (I 123), das Urteil im Tenor Ziffer 5 dahin zu ergänzen, daß es vorläufig vollstreckbar sei, wobei von Amts wegen zu prüfen sei, inwieweit der zugesprochenen Widerklageforderung eine Vollstreckungsbefugnis nur gegen Sicherheitsleistung der Widerklägerin in Betracht komme. Mit Beschluß vom 06. 05. 1999 (I 233) hat das Familiengericht den Tenor entsprechend ergänzt und im übrigen Abänderung abgelehnt, da weder die Voraussetzungen des § 319 ZPO noch des § 716 ZPO vorlägen.

Gegen das Urteil hat der Kläger Berufung, die Beklagte unselbständige Anschlußberufung eingelegt.

Der Kläger trägt vor, hinsichtlich der Verurteilung zu Sonderbedarf liege kein Fall des § 708 Nr. 8 ZPO vor. Die Widerklägerin hätte einen ungerechtfertigten Vollstreckungsvorteil nach Maßgabe des Tenors Ziffer 5. Er sei im übrigen zu einer Sicherheitsleistung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung aus eigenen Mitteln nicht in der Lage.

Mit Schriftsatz vom 19. 07. 1999 (II 77) sowie mit dem Schriftsatz vom 25. 06. 1999 (II 75) hat der Kläger beantragt,

Ziffer 5 des familiengerichtlichen Urteils vom 13. 04. 1999 - 33 F 268/98 - dahin abzuändern, daß die Zwangsvollstreckung aus Ziffer 2 des Urteils nur gegen Sicherheitsleistung der Widerklägerin zugelassen wird, hilfsweise, die Fortsetzung der Zwangsvollstreckung aus Ziffer 2 des Urteils nur gegen Sicherheitsleistung der Widerklägerin zugelassen wird.

Die Beklagte beantragt

Zurückweisung des Antrags.

Sie ist der Auffassung, es bestehe kein Rechtsschutzbedürfnis, da die Zwangsvollstreckung nicht begonnen habe.

Der Antrag des Klägers ist gemäß § 718 Abs. 1 ZPO statthaft. Über den Antrag ist durch Teilurteil zu entscheiden (Senat, FamRZ 1987, 496, 497). Die Vollstreckung muß noch nicht begonnen haben; sie darf auch nicht beendet sein (Zöller/Herget, ZPO, 21. Aufl., 1999, § 718 Rn. 1). Diese Voraussetzung ist vorläufig unstreitig erfüllt.

Das Familiengericht hat zutreffend hinsichtlich der Verurteilung in Ziffer 2 des Tenors zur Abgeltung eines Sonderbedarfs von DM 3.289,56 § 708 ZPO angewandt. Nach § 708 Nr. 8 ZPO sind Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung u.a. zu entrichten, für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung zu erklären soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht. Unter dem Begriff "Unterhalt" ist hierbei außer den laufenden, periodisch wiederkehrenden Unterhaltsforderungen auch die einmalige Unterhaltsforderung, mit der Sonderbedarf verlangt wird, zu verstehen. Der Begriff ist - wie der Begriff der "Unterhaltsrente" (§ 850 b Abs. 1 Nr. 2 ZPO), der zutreffend auch den Sonderbedarf umfaßt (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 1982, 498 m.N.) - nicht auf die laufende Unterhaltszahlung eingeschränkt. Auch unter den Begriff der gesetzlichen "Unterhaltsansprüche" des § 850 d Abs. 1 ZPO ist der Anspruch auf Zahlung des unterhaltsrechtlichen Sondersbedarfs zu verstehen (Göppinger/Wax, Unterhaltsrecht, 6. Aufl., 1994, Rn 2626; MünchKomm/Smid. ZPO, 1992, § 850 d Rn 3). Der Anspruch auf Sonderbedarf bleibt, auch soweit er für die Vergangenheit gefordert wird, gesetzlicher Unterhaltsanspruch mit den privilegierenden Folgen des § 394 Abs. 1 BGB und des Vollstreckungsrechts.

Indessen fällt nur ein Teil des mit der Widerklage - zugestellt am 20. 11. 1998 ... - geltend gemachten Sonderbedarfs in den Zeitraum nach Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr. Nach der Rechtsprechung des Senats entsteht ein Unterhaltsanspruch wegen Sonderbedarfs mit der Entstehung des Sonderbedarfs. Entstanden ist der Sonderbedarf erst in dem Zeitpunkt, in dem der Unterhaltsgläubiger seinerseits verpflichtet ist, den Preis für das anzuschaffende Wirtschaftsgut zu bezahlen; zu dem Bedürfnis nach Anschaffung des Wirtschaftsgutes muß die Möglichkeit gegeben sein, dessen Preis zu berechnen und die Pflicht, es zu bezahlen (Senat, FamRZ 1990, 88, 89). Vorliegend geht es bei dem Sonderbedarf um Zahnarztrechnungen, und zwar Rechnungen vom 16. 04. 1998 über DM ... - ohne Kassenzuschuß - ..., vom 07. 09. 1998 über DM ... - Berücksichtigung des Kassenzuschusses von DM ... - und vom 17. 02. 1999 über DM ... - Kassenanteil berücksichtigt - und - gleichen Datums - über DM ... - Kassenzuschuß mit DM ... berücksichtigt. Damit ist vor dem letzten Vierteljahr vor Klageerhebung ein Sonderbedarf in Höhe von DM ... abzüglich 13 % - Haftungsquote der Mutter, vgl. Seite 6 des Urteils - also ... DM entstanden. Insoweit fällt der Sonderbedarf unter die Bestimmung 708 Nr. 11 ZPO, so daß auch insoweit die Vollstreckung sich hinsichtlich der Sicherheitsleistung, deren Höhe der Kläger nicht beanstandet hat, nach § 711 ZPO richtet.

Das Teilurteil enthält keine Kostenentscheidung (Senat FamRZ 1987, 496, 497).

Ende der Entscheidung

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