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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 15.10.2003
Aktenzeichen: 16 WF 119/03
Rechtsgebiete: ZPO, BGB


Vorschriften:

ZPO § 323 Abs. 1
BGB § 1610
BGB § 1612 a Abs. 3
Wird Kindesunterhalt durch Anerkenntnisurteil festgesetzt, kann eine Abänderungsklage auch dann darauf gestützt werden, dass der Regelbetrag erhöht wurde und das Kind eine weitere Altersstufe erreicht hat, wenn beide Veränderungen bei der Festsetzung unmittelbar bevorstanden.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE

16. Zivilsenat - Senat für Familiensachsen -

16 WF 119/03

Karlsruhe, 15. Oktober 2003

Beschluss

wegen Unterhalts hier: Prozesskostenhilfe

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Heidelberg vom 26. Juni 2003 dahin abgeändert, dass Prozesskostenhilfe bewilligt wird für eine Klage auf Abänderung von Ziffer 2 des Anerkenntnisurteils des Amtsgerichts Heidelberg vom 04. September 2002 - 31 F 126/02 - dahin, dass an Unterhalt für die ehegemeinsamen Kinder zu zahlen ist:

Ab August 2003

für S., geb. am ... 1994 241 €; für St., geb. am ... 1997 241 €.

Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen.

Gründe:

Der Beklagte ist durch das Anerkenntnisurteil vom 04. September 2002 verurteilt, an die Klägerin Trennungsunterhalt von (je mtl.) 205 €

zu zahlen und für die gemeinsamen Kinder an Kindesunterhalt: Für den Sohn S. 231 €; für die Tochter St. 177 €.

Mit ihrem zuletzt angekündigten Antrag möchte die Klägerin das Urteil dahin abgeändert sehen, dass der Beklagte verpflichtet ist, an Unterhalt zu zahlen:

Ab August 2003: Trennungsunterhalt 351 €; für den Sohn S. 241 €; für die Tochter St. 241 €.

Das Amtsgericht hat die beantragte Prozesskostenhilfe versagt und auf die sofortige Beschwerde der Klägerin, mit dem sie die angekündigten Anträge wie oben zitiert angepasst hat, an seiner Entscheidung festgehalten.

Die sofortige Beschwerde der Klägerin hat Erfolg, soweit es um den Kindesunterhalt geht.

1. Seit dem 04. September 2002 ist mit Wirkung zum 01. Juli 2003 die Regelbetragsverordnung geändert worden. Der Regelbetrag der ersten Altersstufe wurde von 188 € auf 199 € erhöht, der der zweiten Altersstufe von 228 € auf 241 €. Außerdem ist die Tochter St. von der ersten in die zweite Altersstufe gekommen. Diese wesentliche Veränderung der Verhältnisse gebietet eine entsprechende Veränderung des Anerkenntnisurteils vom 04. September 2002.

Das Amtsgericht argumentiert, es sei vorhersehbar gewesen, dass die Tochter St. in eine höhere Altersstufe kommen werde und verneint deshalb die Erfolgsaussicht der für dieses Kind erhobenen Abänderungsklage.

Die Abänderungsklage ist zulässig Der Abänderungskläger kann grundsätzlich auch Änderungen der Verhältnisse allgemeiner Art, wie etwa die generelle Entwicklung der Einkommens- und der Lebenshaltungskosten geltend machen. Diese sind ein Indiz für die Veränderung der Verhältnisse auch im Einzelfall. In dem Vorbringen einer Partei, die ihr Abänderungsverlangen auf eine Änderung der Bedarfssätze der Düsseldorfer Tabelle stützt, ist daher regelmäßig auch die Behauptung zu sehen, dass sich die Einkommens- und/oder die Lebenshaltungskosten seit der vorausgegangenen Fassung dieser Tabelle allgemein in einem Maße verändert hätten, wie dies der Änderung der Bedarfssätze entspricht (BGH, FamRZ 1995, 221, 222; FamRZ 1994, 374, Senatsbeschluss v. 10.Oktober 2003 - 16 UF 156/03).

Wird bei der Regelung des Unterhalts für ein minderjähriges Kind, der sich an der Regelbetragsverordnung und der auf diese aufbauenden Düsseldorfer Tabelle ausrichtet, der zwangsläufige Eintritt eines Kindes in eine höhere Altersstufe nicht berücksichtigt, bedeutet dies allenfalls, dass man bei der jeder Unterhaltsregelung zugrunde liegenden Prognose dem Altersfortschritt keine Bedeutung beigemessen hat. Tritt ein Kind dann in die höhere Altersstufe ein, gewinnt diese Bedeutung und kann mit der Abänderungsklage geltend gemacht werden.

Für die Kinder wird nunmehr nur noch der Regelbetrag geltend gemacht, auf den gem. § 1612 b Abs. 5 BGB kein Kindergeldanteil mehr anzurechnen ist. Eine nähere Erläuterung dazu, dass dieser auch angemessen ist, bedarf es nicht.

2. Eine Änderung der Verhältnisse, welche zu einer entsprechenden Erhöhung des seinerzeit zuerkannten Ehegattenunterhaltes führen müsste, ist nicht vorgetragen. Die Klägerin leitet ihr Erhöhungsbegehren allein aus den gegenwärtigen Verhältnissen ab. Eine Abänderungsklage lässt sich so schlüssig nicht begründen.

Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass die Unterhaltsberechnung nicht mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 22. Januar 2003 - XII ZR 186/01 - FamRZ 2003, 518) übereinstimmt. Die Klägerin hat ein Einkommen aus einer Teilzeitbeschäftigung von 524 €. Davon bezeichnet sie 250 € aus unzumutbaren Erwerb. Eheprägend sind damit auf der Seite der Klägerin nur 90 % von (524 € - 250 € ) = 247 €. Einen Betreuungsbonus oder einen solchen für eine überobligationsmäßige Tätigkeit geben die Karlsruher Familiensenate des OLG Karlsruhe nicht. Der nicht bei der Bedarfsberechnung berücksichtigte Betrag von 90 % von 250 €, also 225 €, ist nach Maßgabe des § 1577 Abs. 2 S. 2 ZPO auf den Bedarf anzurechnen. Die Karlsruher Familiensenate des Oberlandesgerichts Karlsruhe rechnen 1/3 (hier also von 225 €) an und variieren diese Quote nach Maßgabe der Umstände des Einzelfalles. Einen Bonus geben sie auch hier nicht. Bei einem gedachten eheprägenden Einkommen des Beklagten (nach berufsbedingten Aufwendungen, Kindesunterhalt und 10 % Erwerbstätigenbonus) von 1000 € ergäbe sich als Unterhaltsanspruch der Klägerin 1/2 x (1000 € ./. 247 €) ./. 1/3 x 225 € = 301,50 €

3. Die für eine erfolglose Beschwerde vorgesehene Gebühr von 25 € (Kostenverzeichnis-Nr. 1956 zum GKG) wird, da die Beschwerde teilweise erfolgreich war, auf 12,50 € ermäßigt.

Ende der Entscheidung

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