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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 16.10.2003
Aktenzeichen: 16 WF 127/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 767
ZPO § 91 Abs. 1 S. 2
Wird die auf einen in der Zukunft beginnenden Zeitraum beschränkte Vollstreckungsabwehrklage gegen einen Unterhaltstitel mit dem Antrag verbunden, die beklagte Partei zur Herausgabe des Titels zu verurteilen, und sind für die Vergangenheit noch Unterhaltsraten offen, kann, soweit die Klage auf Herausgabe des Titels abgewiesen werden müsste, gleichwohl § 92 Abs. 2 ZPO angewendet werden.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE

16. Zivilsenat - Senat für Familiensachen -

16 WF 127/03

Karlsruhe, 16. Oktober 2003

Beschluss

wegen Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung

hier: § 91 a Abs. 2 S. 1 ZPO

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mannheim vom 01. Juli 2003 aufgehoben. Die Kosten des Rechtsstreits der ersten Instanz werden der Beklagten auferlegt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt ebenfalls die Beklagte.

Beschwerdewert: bis zu 6.000 €

Gründe:

Der Kläger hatte sich in einem Scheidungsfolgenvergleich vom 04. Januar 2000 - Amtsgericht Mannheim 4D F 206/98 - folgendermaßen zur Unterhaltszahlung an die Beklagte verpflichtet:

"§ 1 Der Antragsteller verpflichtet sich an die Antragsgegnerin ab Rechtskraft der Ehescheidung einen monatlichen Unterhalt von DM 3.400,-- (Elementarunterhalt DM 2.100,--, Krankenvorsorgeunterhalt DM 293,--, Pflegevorsorgeunterhalt DM 35,70, Altersvorsorgeunterhalt DM 971,30) zu zahlen.

Die Parteien sind sich darüber einig, dass mit der Unterhaltszahlung alle gesetzlichen Ansprüche einschließlich des Vorsorgeunterhalts, des Krankenversicherungsunterhalts und des Sonderbedarfs abgedeckt sind und die Verpflichtung des Antragstellers zur Zahlung des vorstehend vereinbarten nachehelichen Unterhalts mit Eintritt des Antragstellers in den Ruhestand endet.

Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Antragsteller die Unterhaltszahlungen für den laufenden Monat spätestens zum 15. eines jeden Monats auf das Konto der Antragsgegnerin bei der Postbank ..., Konto-Nr. ..., BLZ ... leistet.

§ 2 ..."

Der Kläger ist zum 01. Januar 2003 aufgrund Erreichens der Altersgrenze - 65 Jahre - in den Ruhestand getreten. Die Beklagte ließ den Kläger unter dem 27. November 2002 darauf hinweisen, dass der Unterhaltsvergleich unbefristet abgeschlossen worden sei und dass der Kläger auch nach Eintritt in das Rentenalter unterhaltspflichtig sei. Im Übrigen heißt es in dem Schreiben vom 27. November 2002 wörtlich:

"Sollte Ihr Mandant seine Ankündigung verwirklichen und die Unterhaltszahlung einstellen, werde ich ohne weitere Abmahnung aus dem Unterhaltstitel gegen Ihren Mandanten vollstrecken."

Mit seiner am 14. Februar 2003 zugestellten Vollstreckungsabwehrklage kündigte der Kläger folgende Anträge an:

"Die Zwangsvollstreckung aus § 1 des gerichtlichen Vergleiches des Amtsgerichts Mannheim vom 04.01.2000, Az.: 4D F 206/98 wird für unzulässig erklärt.

Die Beklagte wird verurteilt, die ihr erteilte vollstreckbare Ausfertigung des genannten Vergleiches an den Kläger herauszugeben."

Die Beklagte ließ Klagabweisung beantragen und darauf hinweisen, dass lediglich festgelegt sei, dass bis zum Eintritt des Klägers in das Rentenalter die Höhe des bis dahin vergleichsweise festgelegten Unterhaltsbetrages festgeschrieben sei; danach sei der Unterhalt neu zu regeln. Der Kläger habe seine Zahlungsverpflichtungen gemäß der Vergleichsurkunde nicht erfüllt, weil er den Unterhalt für Dezember um 1.150,44 € gekürzt habe.

In der mündlichen Verhandlung vom 10. Juni 2003 ließ die Beklagte vortragen, der Kläger habe inzwischen seine Unterhaltsverpflichtung für Monat Dezember 2002 erfüllt und die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs vom 04. Januar 2000 dem Klägervertreter übergeben. Die Parteien haben daraufhin übereinstimmend die Hauptsache für erledigt erklärt.

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht die Kosten gem. § 91 a ZPO dem Kläger auferlegt.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Klägers. Diese hat Erfolg.

1. Die Vollstreckungsabwehrklage betraf ersichtlich nur den Zeitraum ab 01. Januar 2003. Zwar hat der Kläger in Bausch und Bogen beantragt, die Zwangsvollstreckung aus § 1 des Vergleiches vom 04. Januar 2000 für unzulässig zu erklären. Dass dies nicht so gemeint war, wird jedoch aus der Begründung der Klage offenkundig. Ohne eine Beschränkung der Vollstreckungsabwehrklage auf einen bestimmten Zeitraum hätte sie auch die seit Rechtskraft der Ehescheidung fällig gewesenen Unterhaltsraten erfasst. Dass die Klage so nicht gemeint war, auch wenn sie schlüssig so hätte begründet werden können, liegt auf der Hand und wird auch von der Beklagten so nicht gesehen. Die Beschränkung der Vollstreckungsabwehrklage auf einen bestimmten Zeitraum ist auch stillschweigend möglich (so im Grundsatz BGH, Beschluss vom 02. Februar 1962 - V ZR 70/60 - NJW 1962, 806; OLG Köln, Rpfleger 1976, 138; Senatsbeschluss vom 27. Juni 2003 - 16 WF 77/03 - zur Veröffentlichung bestimmt). Die Beschränkung auf den Zeitraum ab 01. Januar 2003 ergibt sich stillschweigend mit der nötigen Deutlichkeit aus der Klagbegründung selbst. Für diesen Zeitraum wäre die Vollstreckungsabwehrklage in jeder Hinsicht begründet gewesen, was auch die Beklagte zuletzt nicht mehr in Abrede gestellt hat. Ihr noch außergerichtlich vertretener Standpunkt, dass der Vergleich vom 04. Januar 2000 auch für die Zeit nach dem Ruhestand des Klägers noch einen Vollstreckungstitel enthalte, war falsch.

2. Nicht begründet war die Klage zunächst, soweit der Kläger die Beklagte verurteilt sehen wollte, die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs vom 04. Januar 2000 herauszugeben. Dies setzte voraus, dass keinerlei Rückstände mehr offen waren. Durch Zahlung rückständiger 1.150,44 € nach Rechtshängigkeit seiner Vollstreckungsabwehrklage hat sich der Beklagte, auch was die Befugnis zur Kürzung des Dezemberunterhaltes um 1.150,44 € angeht, in die Position der unterlegenen Partei begeben.

3. Der Antrag, die Beklagte zur Herausgabe des Vollstreckungstitels zu verurteilen, hatte untergeordnete Bedeutung. Dies wird schon dadurch deutlich, dass die Beklagte, wäre nicht auf Besonderheiten des Unterhaltsrechtsverhältnisses Rücksicht zu nehmen, verpflichtet gewesen wäre, den Titel herauszugeben und sich für die noch offenen Rückstände von 1.150,44 € eine abquittierte vollstreckbare Ausfertigung erteilen zu lassen (BGH, Urteil vom 16. Juli 1992 - XI ZR 166/91 - MDR 1992, 960 mit Hinweis auf BGH WM 1974, 59). Die Besonderheiten des Unterhaltsrechtsverhältnisses sind die, dass der Unterhaltsgläubiger, welcher für die Vergangenheit befriedigt wurde, den Titel gleichwohl noch für die Zukunft benötigt und deshalb regelmäßig nicht davon ausgegangen werden kann, es drohe seitens des Unterhaltsgläubigers, der den Titel nicht herausgibt, die Zwangsvollstreckung. Im vorliegenden Fall wurde der Vollstreckungstitel für die Zukunft - ab Januar 2003 - nicht mehr benötigt. Man könnte deshalb durchaus dem Gedanken näher treten, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, eine beschränkte weitere Ausfertigung zu erwirken und den weitergehenden ursprünglichen Titel dem Kläger auszuhändigen (wie BGH Urteil vom 16. Juni 1992 a.a.O.). Die Frage braucht hier nicht entschieden werden. Es geht nur darum, zu verdeutlichen, dass die für Dezember 2002 noch offene Vollstreckungsmöglichkeit wegen eines Teilbetrages so geringe Bedeutung hat, dass nach dem Rechtsgedanken des § 92 Abs. 2 ZPO die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten insgesamt aufzuerlegen sind.

Ende der Entscheidung

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