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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 19.07.2007
Aktenzeichen: 16 WF 131/07
Rechtsgebiete: ZPO, UVG
Vorschriften:
ZPO § 256 | |
ZPO § 732 | |
UVG § 7 |
2.) Ein Unterhaltsanspruch geht auch dann gem. § 7 UVG auf die Unterhaltsvorschusskasse über, wenn entgegen § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG Unterhaltsvorschuss für ein bei einem wiederverheirateten Elternteil lebendes Kind bezahlt wurde (im Anschluss an BGH FamRZ 1986, 878).
Oberlandesgericht Karlsruhe 16. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - Beschluss
Geschäftsnummer: 16 WF 131/07
19. Juli 2007
In dem Rechtsstreit
wegen Unterhalt Kind; hier: Prozesskostenhilfe
Tenor:
Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts -Familiengericht- Mosbach vom 14.05.2007 (2 F 255/06) wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Die Parteien streiten um die Herausgabe einer Jugendamtsurkunde sowie um die Feststellung des Bestehens eines Anspruches der Antragsgegnerin aus übergegangenem Recht für die Zeit vom 01.04.2006 bis 30.09.2006.
Der Antragsteller ist der Vater der am ... 1999 geborenen C.. Die Ehe der Eltern von C. ist geschieden. Die Mutter hat am ... 2006 wieder geheiratet. Die Heirat wurde der Antragsgegnerin verspätet mitgeteilt, so dass diese in der Zeit von 01.06. bis 30.09.2006 noch Leistungen nach dem UVG für C. erbrachte.
Am 08.10.2001 hat sich der Antragsteller vor dem Kreisjugendamt Mosbach verpflichtet Kindesunterhalt zu zahlen. Für den streitgegenständlichen Zeitraum ab Juni 2006 beträgt die titulierte Unterhaltsverpflichtung 107% des Regelbetrags der RegelbetragsVO abzüglich anrechenbaren Kindergeldes. Zum Zeitpunkt der Errichtung der Urkunde war der Antragsteller mit der Mutter von C. noch nicht verheiratet.
Der Antragsteller ist infolge eines Verkehrsunfalls- wohl vom 31.07.1991- teilweise erwerbsunfähig. Er erhält deshalb eine Rente in Höhe von 534 € monatlich. Darüber hinaus bezieht er aus einer privaten Unfallversicherung monatlich 409 €. In den Monaten April bis Juni 2006 hatte er aus einer geringfügigen Beschäftigung einen Hinzuverdienst von 400 € monatlich. Dem liegt eine Vereinbarung des Antragstellers mit einer Firma Aldenhoven zugrunde, die den Antragsteller bei Bedarf für Arbeiten anfordert. Der Antragsteller bewohnt die frühere Ehewohnung allein. Die Wohnung ist ca. 90 qm groß. Für seine Krankenversicherung zahlt er monatlich 116,19 €, für die Pflegeversicherung 19,40 €.
Der Antragsteller hat zuerst Vollstreckungsgegenklage für die Zeit ab 01.04.2006 mit der Begründung erhoben, er sei nicht mehr leistungsfähig. Sein Einkommen liege nach Abzug aller Belastungen unter dem ihm zu belassenden notwendigen Selbstbehalt. Für die Nutzung des Hauses sei ihm nur ein angemessener Wohnvorteil von 150 € zuzurechnen. Die Belastungen von 230 € seien in Abzug zu bringen. Außerdem habe er aufgrund seiner bei dem Unfall erlittenen Verletzungen einen Mehrbedarf von 187 € monatlich. Weiter habe der Titel seine Wirksamkeit verloren, nachdem der Antragsteller nach dessen Errichtung die Mutter des Kindes geheiratet habe.
Mit Schriftsatz vom 19.12.2006 hat der Antragsteller eine Klagänderung vorgenommen, mit der er Herausgabe der noch bei der Antragsgegnerin befindlichen zweiten vollstreckbaren Ausfertigung an die Mutter von C. begehrt, weiter Feststellung, dass für die Zeit ab 01.04.2006 bis 30.09.2006 keine Unterhaltsansprüche der Antragsgegnerin bestünden. Im Hinblick auf die Wiederheirat der Mutter sei kein Anspruch des Kindes auf Leistungen nach dem UVG gegeben, der auf die Antragsgegnerin habe übergehen können. Für das Verfahren hat er die Bewilligung von Prozesskostenhilfe beantragt.
Die Antragsgegnerin hat Zurückweisung der Anträge beantragt. Der Titel werde nach Umschreibung der Ansprüche auf die Antragsgegnerin für die Zeit ab 01.04. - 30.09.2006 an die Mutter des Kindes herausgegeben. Der Anspruchsübergang liege vor, nachdem für diesen Zeitraum Unterhaltsvorschuss erbracht worden sei. Dies ergebe sich aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18.06.1986 (NJW 1986, 3082). Im übrigen habe der Antragsteller seine mangelnde Leistungsfähigkeit nicht ausreichend dargetan.
Mit Beschluss vom 14.05.2007 hat das Amtsgericht -Familiengericht- Mosbach den Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückgewiesen. Zwar sei ein Anspruchsübergang nur für die Zeit vom 01.04. bis 22.06.2006 gegeben, nachdem die Mutter von C. am 23.06.2006 wieder geheiratet habe. Für den Fall der Umschreibung des Titels für die Zeit ab 23.06.2006 stehe dem Antragsteller als einfacherer Weg jedoch die Erinnerung gemäß § 732 ZPO als richtiger Rechtsbehelf zu. Für die davor liegende Zeit sei der Antragsteller auf die Abänderungsklage zu verweisen. Die Feststellungsklage sei nicht die richtige Klageart. Seine Leistungsunfähigkeit habe der Antragsteller nicht ausreichend dargelegt. Durch die Eheschließung habe der Jugendamtstitel nicht seine Wirksamkeit verloren. Die Barunterhaltspflicht des Antragstellers sei nur zeitweise in eine Naturalunterhaltspflicht übergegangen.
Der Beschluss wurde dem Antragstellervertreter am 23.05.2007 zugestellt. Mit am 09.06.2007 beim Amtsgericht Mosbach eingegangenen Schriftsatz hat der Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt. Eine Begründung der Beschwerde erfolgte nicht.
Mit Beschluss vom 10.07.2007 hat das Amtsgericht Mosbach der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Oberlandesgericht Karlsruhe vorgelegt.
II.
Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt, aber unbegründet.
1. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine Herausgabeklage hat keine Aussicht auf Erfolg.
Unstreitig ist die Antragsgegnerin im Besitz einer zweiten vollstreckbaren Ausfertigung des Jugendamtstitels vom 08.10.2001. Eine Rechtsnachfolgeklausel ist noch nicht erteilt, doch hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, dass sie für den streitgegenständlichen Zeitraum eine Rechtsnachfolgeklausel beantragen und danach die Urkunde an die Mutter von C. herausgeben wird. Ein Rechtsschutzbedürfnis für die Herausgabeklage kann daher nicht verneint werden.
Derzeit besteht jedoch kein Anspruch auf Herausgabe des Titels. Bei einem Titel auf wiederkehrende Leistungen ist grundsätzlich zu berücksichtigen, dass dieser für die Zukunft noch benötigt wird. Der Gläubiger kann zwar grundsätzlich darauf verwiesen werden, sich eine weitere vollstreckbare Ausfertigung mit einer eingeschränkten Vollstreckungsklausel erteilen zu lassen (Senat FamRZ 2006,630) und den Titel im übrigen herauszugeben. Diese Erwägung führt jedoch nicht zum Erfolg der beabsichtigten Herausgabeklage. Die Antragsgegnerin führt selbst mit Schriftsatz vom 27.02.2007 aus, dass sie den Orginaltitel nur noch zur Umschreibung der in der Zeit vom 01.04. bis 30.09.2006 übergegangenen Unterhaltsansprüche benötige und dann an die Mutter des Kindes herausgebe. Daraus ergibt sich, dass die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der vorgenannten Rechtsprechung des Senats die Erteilung einer eingeschränkten Vollstreckungsklausel und anschließende Rückgabe des Titels beabsichtigt. Derzeit kann der Titel somit nicht herausverlangt werden.
2. Die Feststellungsklage ist zulässig. Der Antragsteller trägt vor, die Antragsgegnerin berühme sich eines ihr nicht zustehenden Unterhaltsanspruchs. Dieser Einwand kann Gegenstand der Feststellungsklage sein; das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage kann jedenfalls dann nicht verneint werden, wenn -wie vorliegend nach Klagänderung- die erhobene Klage auf den fehlenden Anspruchsübergang gestützt wird. Dies kann nicht mit der Abänderungsklage geltend gemacht werden. Auch kann der Antragsteller entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht auf die Erinnerung nach § 732 ZPO verwiesen werden. Diese ist erst dann zulässig, wenn die Vollstreckungsklausel erteilt worden ist (Zöller/Stöber, ZPO, 26. Auflage, Rdn. 13 zu § 732 ZPO). Der Schuldner muss jedoch schon vorher die Möglichkeit haben, den behaupteten Rechtsübergang auf einen Dritten prüfen zu lassen.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Antragsgegnerin hat unstreitig in der Zeit vom 01.04 bis 30.09.2006 Unterhaltsleistungen erbracht. In Höhe der erbrachten Leistungen sind Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den Antragsteller auf die Antragsgegnerin gemäß § 7 Abs. 1 UVG übergegangen. Danach findet bei Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz ein gesetzlicher Forderungsübergang statt. Für diesen ist es ohne Belang, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von Unterhaltsvorschuss nach § 1 Abs. 1 UVG gegeben waren. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs findet ein Übergang auch dann statt, wenn die Unterhaltsvorschusskasse ohne deren Vorliegen geleistet hat (FamRZ 1986, 878; ebenso Sächsisches OVG, U. v. 17.11.2005, 5 B 553/04, zitiert nach juris). Nach der vorstehend aufgeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist nach dem Wortlaut von § 7 Abs. 1 UVG Voraussetzung für den Anspruchsübergang, dass Leistungen in Vollzug des Gesetzes bewirkt werden, nicht also nötig, dass die materiellrechtlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 UVG vorliegen. In der Entscheidung des Bundesgerichtshofs fehlte als materiellrechtliche Voraussetzung das Vorliegen eines Titels nach der damals gültigen Fassung des UVG. Dem ist der vorliegende Fall vergleichbar. Einem Anspruch auf Unterhaltsvorschuss steht die Wiederheirat der Mutter des unterhaltsberechtigten Kindes gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG entgegen. Diese Anspruchsvoraussetzung ist jedoch ebenso wie das frühere Erfordernis eines Titels nicht aus Schuldnerschutzgründen im Gesetz verankert. Grund ist vielmehr, dass bei einer Wiederheirat die Notlage des Kindes durch Aufnahme in einen neuen Haushalt verringert und eine Sozialleistung daher nicht mehr erforderlich ist. Damit ist auch in diesem Punkt kein Unterschied zu dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Sachverhalt zu erkennen. Dies gilt letztlich auch im Hinblick auf schutzwürdige Belange des Schuldners. Diese dürfen durch den Gläubigerwechsel ohne Vorliegen der materiellrechtlichen Voraussetzungen des UVG nicht beeinträchtigt werden (vgl. BGH a.a.O.). Dem Schuldner steht es jedoch auch vorliegend offen, über seine materiellrechtliche Leistungspflicht im Unterhaltsprozess gegen die Behörde entscheiden zu lassen. Er kann den Einwand der Leistungsfähigkeit erheben, die Gefahr einer doppelten Inanspruchnahme besteht nicht.
3. Selbst bei Umdeutung der Feststellungsklage in eine Abänderungsklage kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt werden.
a) Entgegen der Ansicht des Antragstellers hat der Unterhaltstitel aus dem Jahr 2001 durch die Heirat des Antragstellers mit der Mutter von C. für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht seine Wirkung verloren. Durch die Heirat wurde der Antragsteller gemäß § 1626a Abs. 1 Nr. 2 BGB Mitsorgerechtsinhaber. Solange er gemeinsam mit C. in einem Haushalt gelebt hat, hat er seine Unterhaltspflicht durch die Leistung von Naturalunterhalt erfüllt. Nach dem Auszug des Kindes mit der Mutter lebte die Verpflichtung zur Leistung von Barunterhalt wieder auf.
b) Soweit der Antragsteller behauptet nicht leistungsfähig zu sein, ist sein Vortrag unschlüssig. Der Antragsteller bezieht sich darauf teilweise erwerbsunfähig zu sein und unter Berücksichtigung seiner Belastungen aus den bezogenen Renten nur ein Einkommen unterhalb des notwendigen Selbstbehalts zu haben. Es kann dahin gestellt bleiben, ob dieser Vortrag schon deshalb unzureichend ist, weil keinerlei Angaben zu den Umständen bei Errichtung des Titels gemacht werden (vgl. dazu BGH FamRZ 2007,715 mit kritischer Anmerkung Hoppenz). Denn auch die Angaben des Antragstellers zu seiner derzeitigen Leistungsfähigkeit sind nicht ausreichend. Nach dem Vortrag des Antragstellers ist dieser teilweise erwerbsfähig und übt auch ab und an eine Tätigkeit im Geringverdienerbereich aus. Dass er Bemühungen unternommen hat, dauerhaft eine derartige Beschäftigung aufzunehmen, ist nicht vorgetragen oder ersichtlich. Im Hinblick auf die seiner minderjährigen Tochter bestehende Unterhaltsverpflichtung treffen den Antragsteller jedoch gemäß § 1603 Abs. 2 BGB erhöhte Erwerbsobliegenheiten. Erfüllt er diese nicht, ist ihm ein Einkommen zugerechnet, das er bei Ausnutzung seiner Arbeitskraft erzielen könnte.
Weiter ist dem Antragsteller ein Wohnvorteil zuzurechnen. Der Antragsteller lebt mietfrei in einer ihm gehörenden 90 qm großen Wohnung. Es ist der objektive Mietwert zugrundezulegen, nachdem der Antragsteller geschieden ist. Selbst unter Zugrundelegung eines zu erzielenden Mietzinses von nur 5 € pro qm wie vom Antragsteller behauptet, errechnet sich ein Wohnvorteil von 450 €. Die behaupteten Belastungen sind bestritten und nicht belegt.
Gleiches gilt für den vom Antragsteller geltend gemachten Mehrbedarf.
Unter Berücksichtigung der Renten des Antragstellers von 534 € und 409 € sowie Einkünften aus einer Nebentätigkeit mit nur 400 € und des Wohnvorteils mit 450 € errechnet sich ein Einkommen von 1.793 €. Nach Abzug der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung mit 135,59 € bleiben 1.657,41 €, so dass der Antragsteller ohne weiteres zur Zahlung des titulierten Unterhalts leistungsfähig ist.
4. Für die erfolglose Beschwerde wird eine Gebühr von 50 € erhoben.
Ende der Entscheidung
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