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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 06.04.2006
Aktenzeichen: 16 WF 192/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1614 Abs. 1
An einer früheren Unterhaltsvereinbarung kann der Unterhaltsgläubiger gem. § 1614 Abs. 1 BGB nur dann festgehalten werden, wenn sie noch bis in die Gegenwart im Rahmen eines engen Beurteilungsspielraums den dem Unterhaltsgläubiger zustehenden Unterhaltsanspruch zutreffend festlegt. Der Unterhaltsgläubiger kann sich darauf beschränken, seinen gegenwärtigen Anspruch schlüssig zu begründen. Ihm daneben auch noch Vortrag dazu aufzuerlegen, dass jetzt die Voraussetzungen des § 1614 Abs. 1 BGB vorlägen, wenn man ihn an der Unterhaltsvereinbarung festhielte, widerspräche dem Schutzcharakter dieser Bestimmung.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE

16 WF 192/05

Karlsruhe, 06. April 2006

wegen Kindesunterhalts

hier: Prozesskostenhilfe

Beschluss

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der ihm Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mannheim vom 27. Oktober 2005 aufgehoben.

Dem Kläger wird Prozesskostenhilfe bewilligt. Ihm wird Rechtsanwältin ..., Mannheim beigeordnet.

Raten sind zunächst nicht zu erbringen. Dem Amtsgericht bleibt vorbehalten, einen Anspruch des Klägers auf Prozesskostenvorschuss erneut zu prüfen und sodann dem Kläger die Zahlung eines einmaligen Betrages aus seinem Vermögen oder von als Prozesskostenvorschuss des Beklagten beizutreibenden Raten aufzuerlegen.

Gründe:

Der Kläger, am ... 1992 geborener Sohn des Beklagten, verlangt von diesem einen Monatsunterhalt von 307 € ab November 2004 und 6 mal 42 € Rückstände für die Monate Mai bis Oktober 2004. Er belegt, dass der Beklagte ein monatliches Nettoeinkommen von jedenfalls 1987 € habe.

Das Amtsgericht hat Prozesskostenhilfe versagt, weil es den Kläger an einer Unterhaltsvereinbarung über monatlich 327 DM aus dem Jahre 2000 festhalten will.

Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde des Klägers hat Erfolg.

Die Klage ist schlüssig. An einer Unterhaltsvereinbarung, wenn sie überhaupt geschlossen wurde, kann der Kläger gem. § 1614 Abs. 1 BGB nur dann festgehalten werden, wenn sie auch heute noch im Rahmen eines engen Beurteilungsspielraums den dem Kläger zustehenden Unterhaltsanspruch zutreffend festlegt. Dies ist, wenn der Unterhaltsanspruch des Klägers 307 € monatlich beträgt, offensichtlich nicht der Fall. Da ein Unterhaltsanspruch des Klägers in Höhe von 307 € monatlich schlüssig vorgetragen ist, ist es Sache des Beklagten, die klagbegründenden Tatsachen substantiiert zu bestreiten. Kommt er dann zu einem Betrag, der maßvoll über 327 DM = 167,19 € liegt, mag er den Kläger hierauf verweisen. Dem Kläger neben einer schlüssigen Begründung eines Anspruchs über 307 € auch noch Vortrag dazu aufzuerlegen, dass jetzt die Voraussetzungen des § 1614 Abs. 1 BGB vorlägen, wenn man ihn an 327 DM = 167,19 DM festhielte, widerspräche dem Schutzcharakter dieser Bestimmung.

Schlüssiges Bestreiten des Beklagten vermisst man. Er mag im Jahre 2000 Schulden zurückgeführt haben, die im Zusammenhang mit der Anschaffung einer Eigentumswohnung und von Möbeln eingegangen wurden. Die aktuelle Belastung und die Tatsachen, die es erlauben, diese auch heute noch dem Kläger entgegenzuhalten, sind nicht vorgetragen; die Belastung ist beiläufig in einer Schriftsatzanlage erwähnt. Dies reicht nicht aus, um dem Kläger Prozesskostenhilfe zu versagen.

Sollten nach Oktober 2004 weitere Unterhaltszahlungen des Beklagten auf den Anspruch des Klägers zu verrechnen sein, wäre die Hauptsache insoweit für erledigt zu erklären. Eine Beschränkung der Prozesskostenhilfe ist nicht geboten.

Sollte der Beklagte eine nach seiner Behauptung bereits errichtete Jugendamtsurkunde über einen Teilbetrag inzwischen dem Kläger übergeben haben, bietet sich an, dass der Kläger seinen Anspruch im Wege der Abänderungsklage weiterverfolgt. Eine Beschränkung der Prozesskostenhilfe ist auch insoweit nicht geboten.

Auf einen Prozesskostenvorschuss des Beklagten kann der Kläger schon deshalb nicht verwiesen werden, weil das Amtsgericht den Antrag des Klägers, dem Beklagten im Wege der einstweiligen Anordnung einen solchen aufzuerlegen, zurückgewiesen hat. Der Kläger hat Prozesskostenbedarf sofort. Ihm kann nach Anhängigkeit der Sache seit November 2004 nicht mehr zugemutet werden, dass mit der Zustellung der Klage zugewartet wird, bis über einen Änderungsantrag - § 620 b ZPO - entschieden ist.

Ende der Entscheidung

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