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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 27.09.2007
Aktenzeichen: 16 WF 80/07
Rechtsgebiete: ZPO, SGB XII


Vorschriften:

ZPO § 114
ZPO § 115 Abs. 3
ZPO § 127 Abs. 2
ZPO § 528 Satz 2
SGB XII § 90
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Ehefrau gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Tauberbischofsheim vom 26.03.2007 (2 F 302/06) wird zurückgewiesen.

Beschwerdegebühr: EUR 50,00 (Nr. 1812 Kostenverzeichnis zum GKG)

Gründe:

(nicht dem Ehemann mitzuteilen)

I. Die Parteien sind seit dem 11.07.2001 miteinander verheiratet. Aus der Ehe sind die drei gemeinsamen Kinder Leon S., geboren am ....2001, Dean S., geboren am ....2004 und Dustin S., ebenfalls geboren am ....2004, hervorgegangen. Aus einer früheren Beziehung der Antragstellerin stammt das Kind Kevin S., geboren am ....1991. Alle Kinder leben bei der Antragstellerin.

Durch Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Tauberbischofsheim vom 07.11.2006 wurde der Antragstellerin ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt unter Beiordnung von Rechtsanwalt H., W. für das Scheidungsverfahren, die Folgesachen Versorgungsausgleich und elterliche Sorge und die EA - elterliche Sorge und EA-Hausrat (2 F 302/06, EA-WH, As. 81).

Auf die Beschwerde der Staatskasse vom 23.01.2007 (ES, As. 73) setzte das Amtsgericht gemäß Beschluss vom 26.03.2007 (ES, As. 91) in Abänderung des Beschlusses vom 07.11.2006 eine monatliche Ratenzahlung an die Landeskasse ab dem 01.06.2007 von EUR 95,00 fest.

Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerin vom 05.04.2007, eingegangen beim Amtsgericht am gleichen Tag (ES, As. 99).

Die Antragstellerin begehrt die Bewilligung ratenfreier Prozesskostenhilfe.

Durch Beschluss des Amtsgerichts vom 11.04.2007 (ES, As. 106) wurde der Beschwerde nicht abgeholfen, die Akte wurde dem Oberlandesgericht vorgelegt.

Durch Verfügung des Oberlandesgerichts vom 11.07.2007 (ES, As. 127) und vom 31.08.2007 (ES, As. 155) wurde der Antragstellerin aufgegeben, zu ihren "sonstigen Vermögenswerten" vorzutragen.

Dem ist die Antragstellerin nachgekommen gemäß Schriftsätzen vom 16.08.2007 (ES, As. 141) mit einer neuen Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 18.07.2007 und zahlreichen Anlagen (Anlagenheft) und gemäß Schriftsatz vom 13.09.2007 (PKH-Heft, As. 293).

II. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig gemäß § 127 Abs. 2 ZPO, jedoch nicht begründet. Gemäß § 114 ZPO ist einer Partei nur dann Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wenn sie bedürftig ist, d. h. nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann. Nach § 115 Abs. 3 ZPO hat die Partei ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist, wobei § 90 des XII. Buches Sozialgesetzbuch entsprechend gilt.

Im Hinblick auf ihre verschiedenen Lebensversicherungen und den Bausparvertrag hätte der Antragstellerin die Bewilligung von Prozesskostenhilfe verweigert werden können. Da in der Beschwerdeinstanz eine Verschlechterung der Entscheidung für den Beschwerdeführer entsprechend § 528 Satz 2 ZPO verboten ist (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 14.08.2006, 2 WF 126/06; Zöller, ZPO, 26. Auflage, 2007, § 572 Rn. 39, § 127 Rn. 37 m. w. N.), war lediglich die gegen die Festsetzung von Ratenzahlungen gerichtete Beschwerde zurückzuweisen.

1. Die Antragstellerin ist Inhaberin eines Bausparvertrags mit der Nr. 57.......9 bei der W. Bausparkasse AG mit einem Guthaben zum 11.01.2007 von EUR 1.879,12 (Anlagenheft, As. 19). Weiterhin ist sie Inhaberin verschiedener Lebensversicherungen:

Für die Kapitalversicherung bei der V. Lebensversicherung AG mit der Nr. T 87........5 wird ein Auszahlungsbetrag von EUR 3.299,00 mitgeteilt (Anlagenheft, As. 31; PKH-Heft, As. 69). Für die Kapitalversicherung bei der V. Lebensversicherung AG Nr. T 90.......6 wurde ein Auszahlungsbetrag mitgeteilt von EUR 1.558,00 (Anlagenheft, As. 33; PKH-Heft, As. 59). Für die Kapitallebensversicherung bei der Z. Deutsche Herold Lebensversicherung AG Nr. 44........0 wird ein Rückkaufswert zuzüglich der Überschüsse mitgeteilt von EUR 5.140,44 (Anlagenheft, As. 35; PKH-Heft, As. 73).

Für die Rentenversicherung bei der V. Lebensversicherung AG Nr. R 90.......2, die als "Förderrente" bezeichnet ist, wird ein Auszahlungsbetrag von EUR 1.233,00 mitgeteilt (Anlagenheft, As. 29; PKH-Heft, As. 71).

Eine weitere Rentenversicherung bei der V. Lebensversicherung AG läuft zu Nr. R 96........4 (PKH-Heft, As. 61). Die Rückkaufswerte hierzu sind nicht bekannt.

Diese Vermögenswerte zusammengerechnet ergeben EUR 13.109,00. Bringt man gemäß §§ 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO; 90 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII den Rentenversicherungsvertrag ("Förderrente", offensichtlich eine so genannte Riesterrente) zum Abzug, somit EUR 1.233,00, verbleiben EUR 11.876,00.

Abzuziehen ist der so genannte Schonbetrag gemäß §§ 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO; 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII von EUR 2.600,00. Ein Zuschlag ist vorzunehmen von jeweils EUR 256,00 für jede von der nachfragenden Person überwiegend unterhaltene Person. Als überwiegend unterhalten in diesem Sinn gelten jedoch nicht Kinder, wenn für diese nur Betreuungsunterhalt oder nur der angemessene Barunterhalt geleistet wird (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 10.08.2007, 18 WF 84/07). Da die Antragstellerin nach ihren Angaben im PKH-Vordruck vom 18.07.2007 Unterhalt für Kevin bezieht von EUR 327,00 und für die weiteren drei Kinder von EUR 575,50, verbleibt es bei dem Schonbetrag von EUR 2.600,00.

Somit errechnet sich ein verbleibendes Einkommen EUR 9.276,00.

2. Die Antragstellerin kann nicht damit gehört werden, die Lebensversicherung über EUR 1.558,00 bei der V. Lebensversicherung AG und über EUR 5.140,00 bei der Z. Deutsche Herold Lebensversicherung AG seien nicht einzubeziehen, da sie den Kindern Leon, Dean und Dustin gehören würden (EUR 1.558,00) bzw. dem Sohn Kevin (EUR 5.140,00), gedacht zur Ausbildung der Kinder. Denn ausweislich der vorgelegten Versicherungsunterlagen ergibt sich eine derartige Zuordnung nicht. Dort ist lediglich die Antragstellerin als Versicherungsnehmerin genannt, der Name der Kinder taucht nicht auf.

Die Antragstellerin hatte ausreichend Gelegenheit, zu diesen Punkten vorzutragen. Denn die Verfügungen des Gerichts vom 11.07.2007 (As. 127) und vom 31.08.2007 (As. 155) beziehen sich ausdrücklich auf diese Versicherungen.

Zu berücksichtigen ist auch, dass die Kinder derzeit auf eine Ausbildungsversicherung nicht angewiesen sind und die Antragstellerin ihnen auch derzeit keinen Ausbildungsunterhalt schuldet. Die Finanzierung der Prozesskosten ist vorrangig gegenüber einem späteren, völlig ungewissen Ausbildungsbedarf der Kinder. Von einer bedürftigen Partei, die in finanziell beengten Verhältnissen lebt, kann erwartet werden, dass derartige finanzielle Reserven aufgelöst werden, und nicht etwa Gelder für später angespart werden, deren späterer Verwendungszweck und die Notwendigkeit hierfür derzeit noch völlig ungewiss ist.

Auch wäre einem Missbrauch bei der Bedürftigkeitsprüfung für die Prozesskostenhilfe Tür und Tor geöffnet, wenn man ohne weiteres den inneren Vorbehalt der nachsuchenden Partei akzeptieren würde, bestimmte Vermögensgegenstände seien den Kindern zuzuordnen, wenn dies in den Vertragsunterlagen nach außen hin keinen Niederschlag findet.

3. Soweit die Antragstellerin darauf verweist, der Bausparvertrag sei bereits gekündigt und mit dem Geld soll das aufgelaufene Saldo des Girokontos abgedeckt werden, ist darauf zu verweisen, dass nach dem aktuell vorgelegten Kontoauszug am 11.07.2007 ein Guthaben gegeben war von EUR 303,16 (Anlagenheft, As. 21).

4. Die voraussichtlichen Verfahrenskosten werden sich auf ca. EUR 5.000,00 belaufen:

Nach den bislang vorliegenden Unterlagen ist von einem Gesamtstreitwert auszugehen von ca. EUR 30.000,00 (EUR 18.500,00 Ehescheidung, EUR 2.000,00 Versorgungsausgleich, EUR 900,00 Sorgerecht, EUR 500,00 einstweilige Anordnung Sorgerecht, EUR 6.846,71 Hausrat, noch festzusetzender Betrag für die einstweilige Anordnung Hausrat). Es werden voraussichtlich Rechtsanwaltskosten anfallen von EUR 2.280,00 (1,2 Terminsgebühr + 1,3 Verfahrensgebühr = 2,5 Gebühren zu EUR 758,00, Auslagenpauschale EUR 20,00, Mehrwertsteuer 19 %). Hinzu kommen vorrausichtlich die Hälfte der Gerichtskosten, somit EUR 369,00. Soweit ersichtlich wird im Sorgerechtsverfahren ein familienpsychologisches Sachverständigengutachten eingeholt. Erfahrungsgemäß ist hier mit Kosten von insgesamt maximal EUR 4.000,00 zu rechnen, sodass sich der hälftige Anteil der Antragstellerin auf EUR 2.000,00 maximal belaufen wird. Es werden daher Verfahrenskosten anfallen von ca. EUR 5.000,00, eher darunter.

Somit verbleiben der Antragstellerin zusätzlich zu dem Schonbetrag von EUR 2.600,00 noch weitere EUR 4.276,00 (EUR 9.276,00 - EUR 5.000,00).

5. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe darf nicht vom Einsatz des Vermögens abhängig gemacht werden, wenn dies eine Härte (§§ 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO; 90 Abs. 3 SGB XII) bedeuten würde. Dies ist insbesondere der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. Beim Einsatz einer Lebensversicherung, welche der Altersversorgung dient, kann eine Härte dann zu bejahen sein, wenn die angemessene Altersversorgung wesentlich erschwert würde. Von einer Gefährdung der angemessenen Versorgung ist dann auszugehen, wenn die Verwertung des für die Versorgung vorgesehenen Vermögens für die Prozessführung dazu führen würde, dass die Partei ihre Altersversorgung zumindest teilweise durch die Inanspruchnahme öffentlicher Fürsorgeleistungen bestreiten müsste (OLG Karlsruhe, FamRZ 2004, Seite 1122; Beschluss vom 14.08.2006, 2 WF 126/06; Beschluss vom 21.05.2007, 16 WF 89/07; Beschluss vom 12.01.2007, 16 WF 5/07).

Dies kann im Ergebnis vorliegend nicht festgestellt werden. Nach den Auskünften zum Versorgungsausgleich hat die Antragstellerin eine ehezeitliche Rentenanwartschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben von EUR 149,04. Es wäre nach den vorgenommenen Berechnungen voraussichtlich ein Ausgleich zu Gunsten des Ehemannes durchzuführen von EUR 69,71. Wenn man weiterhin berücksichtigt, dass die mittlerweile 38jährige Ehefrau noch drei kleine Kinder hat und somit in absehbarer Zeit nicht in der Lage ist, eine eigene Erwerbstätigkeit auszuüben, ist fraglich, ob die Antragstellerin sich eine hinreichende Altersversorgung aufbauen kann.

Andererseits ist zu berücksichtigen, dass die Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg vom 22.12.2006 nur den Ehezeitanteil vom 01.07.2001 bis 31.10.2006 berücksichtigt, wohingegen sie bereits seit 01.08.1984 voreheliche Beitragszeiten in erheblichem Umfang erreicht hat.

Ausweislich ihrer Angaben zum PKH-Antrag ist sie in Erbengemeinschaft zu 1/4 Eigentümerin des Wohnhauses A..-Straße ... in K., welches von ihr bewohnt wird.

Vorliegend wurde ihr die Rentenversicherung bei der V. Lebensversicherung AG belassen. Soweit ersichtlich besteht ein weiterer Rentenversicherungsvertrag bei der V. Lebensversicherung AG mit der Nr. 96........4 (PKH-Heft, As. 61), zu welchem bislang noch keine Angaben gemacht wurden. Zu sehen ist weiterhin, dass der Antragstellerin bei vorstehender Berechnung zusätzlich zu dem Schonvermögen von EUR 2.600,00 zumindest weitere EUR 4.276,00 verbleiben, somit ein Betrag, der deutlich über dem Schonbetrag liegt.

Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände wäre es daher der Antragstellerin zumutbar gewesen, ihr Vermögen im genannten Umfang einzusetzen, um die Prozesskosten zu bestreiten.

Die Festsetzung der Raten von EUR 95,00 monatlich durch das Amtsgericht ist daher nicht zu beanstanden.

Zu denken wäre auch daran, dass die Antragstellerin nur einen der verschiedenen Verträge auflöst, wie z. B. den Bausparvertrag, um mit dem Erlös die monatliche Ratenzahlung zu finanzieren.

Ende der Entscheidung

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