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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 20.09.2004
Aktenzeichen: 16 WF 99/04
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO §§ 42 ff.
Im Verfahren der Ablehnung eines Richters sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE

16 WF 99/04

Karlsruhe, 20. September 2004

wegen Unterhalt für den Ehegatten

hier: Kostenfestsetzung nach erfolgloser Richterablehnung

Beschluss

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Mosbach vom 08. Oktober 2003 aufgehoben.

2. Der Festsetzungsantrag der Beklagten vom 21. August 2003 wird zurückgewiesen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten der sof. Beschwerde.

4. Beschwerdewert: 181,54 €

5. Die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird zugelassen.

Gründe:

Der Kläger hatte im Ausgangsverfahren Richter des Amtsgerichts Mosbach wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Gegen den Beschluss des Amtsgerichts, mit dem die Ablehnung für unbegründet erklärt wurde, hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 13. November 2002 - 16 WF 114/02 - hat der Senat die sofortige Beschwerde kostenpflichtig zurückgewiesen. Im Beschwerdeverfahren hat der Einzelrichter die Beschwerdeschrift und eine Aufklärungsverfügung auch der Beklagten mitgeteilt und um "etwaige Stellungnahme binnen 2 Wochen" gebeten.

Im vorliegenden Verfahren hat die Beklagte unter Bezugnahme auf die Kostengrundentscheidung des Senats vom13. November 2002 ("kostenpflichtig zurückgewiesen") beantragt, gegen den Kläger ihre im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten mit 181,54 € festzusetzen. Dem ist der Rechtspfleger mit dem angefochtenen Beschluss vom 08. Oktober 2003 nachgekommen. Dieser wurde dem Kläger noch am gleichen Tag zugestellt. Seine Erinnerung ging ein am 16. Oktober 2003. Der Rechtspfleger hat sich zunächst mit der Frage befasst, ob der Streitwert, welchen er der Kostenfestsetzung zugrunde gelegt hat, zutreffend sei und sodann die Akten mit Beschluss vom 20. Juli 2004 dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Noch gegenüber dem Rechtspfleger hat der Kläger mehrfach darauf hingewiesen, dass ein kontradiktorisches Verfahren nicht vorgelegen habe, welches seine Pflicht begründen könne, außergerichtliche Kosten zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,

die Beschwerde des Klägers zurückzuweisen.

Das zulässige (vgl. § 567 Abs. 2 in der bis 30.06.2004 geltenden Fassung) Rechtsmittel des Klägers hat Erfolg.

1. Das Verfahren der Ablehnung eines Richters ist ebenso wenig wie das Verfahren der Beschwerde gegen eine die Ablehnung für unbegründet erklärende Entscheidung ein kontradiktorisches Verfahren. Für eine Kostenerstattung ist deshalb kein Raum. Dies entspricht einer verbreiteten Auffassung in der Rechtsprechung [OLG Nürnberg, Beschluss vom 03. August 2001 - 4 W 2481/01 - NJW-RR 2002, 720; OLG München, B.v. 05. Juni 2002 - 11 W 1577/02 - Leitsatz in Juris Rechtsprechung; OLG München, B.v. 16. Februar 1994 - 11 W 698/94 - MDR 1994, 627; OLG Düsseldorf, B.v. 12. November 1992 - 11 W 52/91 - Leitsatz in Juris Rechtsprechung; OLG Nürnberg, B.v. 06. Juli 1992 - 8 W 1763/92 - MDR 1993, 177 unter III. der Gründe; OLG Frankfurt (Kassel), B.v. 15. August 1991 - 14 W 48/91 - NJW-RR 1992, 510; OLG Hamm, B. v. 06. März 1989 - 23 W 611/88 - MDR 1989, 917; OLG Celle, B. v. 27. Januar 1983 - 9 W 83/82 - Rpfleger 1983, 173 LS; OLG Düsseldorf, B.v. 17. April 1975 - 10 W 5/75 - Rpfleger 1975, 257; a. A. OLG Koblenz, B. v. 31. Mai 1991 - 14 W 250/91 - MDR 1992, 310; OLG Frankfurt, B.v. 21. Januar 1986 - 6 W 303/85 - Rpfleger 1986, 193; OLG Nürnberg, B.v. 19. Mai 1980 - 8 W 913/80 - MDR 1980, 1026; OLG Stuttgart, B.v. 30. Oktober 1978 - 8 W 576/78 - Justiz 1979, 17; für die Erstattungsfähigkeit, wenn die gerichtliche Beschwerdeentscheidung eine Kostenentscheidung enthält: OLG Saarbrücken, B. v. 24. Februar 1992 - 5 W 25/92 - JurBüro 1992, 742; OLG Düsseldorf, B.v. 17. Januar 1985 - 10 W 328/84 - Rpfleger 1985, 208).

Die Erstattungsfähigkeit der Kosten der Gegenpartei folgt nicht schon daraus, dass diese, wie auch im vorliegenden Fall, sich an dem Richterablehnungsverfahren beteiligt und einen eigenen Antrag gestellt hat.

Mit dem Institut der Richterablehnung wird das grundrechtsgleiche Recht beider Parteien auf den gesetzlichen Richter gewährleistet, dass beide Parteien nicht vor einem Richter stehen müssen, dem es an der gebotenen Neutralität fehlt, dass im Einzelfall ein Richter, der nicht die gewährte Unparteilichkeit bietet, abgelehnt werden kann. Mangelnde Unparteilichkeit eines Richters bezieht sich immer auf beide Parteien. Bei der gebotenen objektiven Betrachtung hat auch die Partei, welche sich von mangelnder Unparteilichkeit des Richters einen Vorteil versprechen könnte, ein Interesse daran, dass dieser Richter von der Ausübung seines Amtes ausgeschlossen wird. Aus diesem Grund gibt das Gesetz in § 42 Abs. 3 ZPO auch beiden Parteien das Ablehnungsrecht, der einen Partei, damit sie der Bevorzugung der Gegenpartei vorbeugen kann, der anderen Partei, damit sie sich vor dem Makel eben dieser Bevorzugung (Wieczorek/Schütze, ZPO, 3. Aufl., § 42 Rn. 21) schützen kann; des Weiteren müssen beide Parteien ein Interesse daran haben, zu vermeiden, dass die jeweilige Gegenpartei einen Ablehnungsgrund übersieht und ihn dann als Verfahrensfehler mit einem Rechtsmittel gegen die die Instanz beendende Entscheidung geltend macht (Zöller/Vollkommer, ZPO, 24. Aufl., vor § 41 Rn. 2 und § 42 Rn. 2). Vor diesem Hintergrund verliert an Bedeutung, dass sich im Ablehnungsverfahren die Parteien auch streitig gegenüberstehen können, was insbesondere dann der Fall ist, wenn die Ablehnung unbegründet ist. Davon, ob die Ablehnung begründet ist oder nicht oder davon, ob sich die andere Partei dem tatsächlich bestehenden Ablehnungsgrund verschließt oder nicht, kann indessen nicht abhängen, ob die Parteien im Ablehnungsverfahren in einer Weise als sich als Gegner gegenüberstehend bezeichnet werden können, die eine Kostenerstattung durch die dann als unterlegene anzusehende Partei gebietet.

2. Die Kostenentscheidung des Senats war erforderlich wegen KV-GKG-Nr. 1957 a.F. und enthält keine Aussage über eine Pflicht zur Erstattung außergerichtlicher Kosten.

3. Zulassung der Rechtsbeschwerde: § 574 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 - Sicherung der einheitlichen Rechtsprechung -.

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