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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 06.12.2005
Aktenzeichen: 17 U 169/05
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 123
BGB § 779
Das Angebot einer Bank, die den Beitritt ihres Kunden zu einem geschlossenen Immobilienfonds finanziert hat, auf Abschluss eines Vergleichs gegenüber dem Kunden unter Hinweis auf "Grundsatzurteile" eines Oberlandesgerichts ist nicht irreführend im Sinne der Anfechtungsvorschrift des § 123 BGB, wenn das Angebotsschreiben deutlich macht, dass die Urteile nicht rechtskräftig sind und auch nicht alle möglichen Zweifels- und Streitfragen betreffen.
Oberlandesgericht Karlsruhe 17. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 17 U 169/05

Verkündet am 06. Dezember 2005

In dem Rechtsstreit

wegen Rückabwicklung Darlehensvertrag

hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 15. November 2005 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller-Christmann Richter am Oberlandesgericht Dr. Schnauder Richter am Landgericht Dr. Singer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 14. Juni 2005- 3 O 463/04 -wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsrechtszuges fallen den Klägern zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Zwangsvollstreckungsschuldner dürfen die Zwangsvollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung von 120 Prozent des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vor Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 Prozent des jeweils beizutreibenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren beträgt 20.519,28 EUR.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Darlehen, das die Beklagte den Klägern am 23.11.1992 zur Finanzierung ihres Beitritts zu dem geschlossenen Immobilienfonds "E. GdbR" (künftig Fonds[gesellschaft]) gewährte.

Zu dieser Kapitalanlage wurden die Kläger in ihrer Wohnung im Oktober 1992 durch einen Anlagevermittler bestimmt. Zur Durchführung und Abwicklung des Anlagegeschäfts einschließlich der Finanzierung beauftragten die Kläger eine S.-GmbH mit notarieller Urkunde vom 17.10.1992 und erteilten der Auftragnehmerin darin umfassende Vollmacht. Diese schloss, ohne über eine Erlaubnis zur Rechtsberatung zu verfügen, für die Kläger mit der (Rechtsvorgängerin der) Beklagten den Darlehensvertrag über einen Nennbetrag von 20.000 DM ab, wobei der Beklagten lediglich eine beglaubigte Abschrift der Vollmachtsurkunde vorlag. Der Kredit wurde mit einer Tilgungslebensversicherung des Klägers 2 besichert. Die Kläger leisteten von 1992 bis 2004 Zinszahlungen an die Beklagte von insgesamt 10.293,44 EUR.

Mit Schreiben vom 20.2.2004 (Anlage K 5) unterbreitete die Beklagte den Klägern ein einmaliges und bis zum 15.3.2004 befristetes Angebot zum Abschluss eines Vergleichs. In dem hier maßgeblichen Einleitungsabschnitt des Schreibens heißt es:

... wie Ihnen vermutlich bekannt ist, haben einige anwaltlich vertretene Kreditnehmer gegen die S. Klage eingereicht, in welchen u.a. die Wirksamkeit der Treuhand-Vollmacht, die Anwendbarkeit des Haustürwiderrufsgesetzes und die Verletzung von Aufklärungspflichten gerichtlich überprüft werden sollen.

Insbesondere seien die Kreditverträge wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz unwirksam. Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat nunmehr mit mehreren Grundsatzurteilen vom 20.01.04, Az. 17 U 52/03, 17 U 53/03, 17 U 90/03 und 17 U 204/03 die Wirksamkeit der Kreditverträge bestätigt und die Ansprüche der Kreditnehmer abgewiesen. Der Vollständigkeit halber ist fest zu halten, dass die Urteile noch nicht rechtskräftig sind und keine Ausführungen zu den übrigen vorstehenden Rechtseinwendungen enthalten."

Die Kläger unterzeichneten den vorbereiteten Vergleichstext am 9.3.2004. Darin haben sie die bestehende Kreditschuld in Höhe von 10.225,84 EUR anerkannt und auf alle (bekannten und unbekannten) Einwendungen aus dem Kreditverhältnis gegenüber der Beklagten verzichtet. Im Gegenzug ermäßigte die Beklagte die Darlehenssumme um 1.500 EUR und gewährte einen bis zur Endfälligkeit laufenden Darlehenssonderzins von 6 %. In Erfüllung des Vergleichs übersandte die Beklagte eine neue Ausfertigung des Kreditvertrages mit den vereinbarten Konditionen (Anlage K 7).

Mit Anwaltsschreiben vom 1.12.2004 ließen die Kläger ihre Willenserklärungen bezüglich des Vergleichs und des neuen Darlehensvertrages "wegen arglistiger Täuschung über die tatsächliche Rechtslage und die angebliche Wirksamkeit des Darlehensvertrages" anfechten.

Die Kläger halten den ursprünglichen Darlehensvertrag mangels wirksamer Vertretung durch die für sie bei Vertragsabschluss tätige Geschäftsbesorgerin wegen Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz für unwirksam. Sie verlangen mit der vorliegenden Klage Rückzahlung der von ihnen erbrachten Zinsleistungen, Feststellung der Unwirksamkeit des Darlehensverhältnisses sowie Rückübertragung der Lebensversicherung an den Kläger 2.

Die Beklagte vertritt demgegenüber die Rechtsauffassung, bereits der ursprüngliche Darlehensvertrag sei rechtswirksam. Dieser Punkt könne aber offen bleiben, weil das Darlehensverhältnis jedenfalls mit dem Vergleich der Parteien auf eine sichere Rechtsgrundlage gestellt worden sei. Von arglistiger Täuschung könne keine Rede sein.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger den bisherigen Klageantrag weiter. Zu Unrecht habe das Landgericht ihrer Anfechtungserklärung die Wirkung versagt. Die Beklagte habe sie über die wahre Rechtslage getäuscht. Bereits die Behauptung, das Oberlandesgericht Karlsruhe habe vier Grundsatzurteile erlassen, sei falsch, weil es sich lediglich um so genannte Pilotverfahren gehandelt habe, auf deren Grundlage im Wege der Revision die endgültige Rechtslage durch den Bundesgerichtshof habe geklärt werden sollen. Außerdem hätten die Beklagten sie darüber informieren müssen, dass es auch - und sogar in der Mehrzahl - Urteile anderer Oberlandesgerichte gegeben habe, die zu Gunsten der Kreditnehmer entschieden hätten. Die Beklagte habe sie auch über den tatsächlichen Umfang der Rechtsstreitigkeiten, deren Zahl in die Hunderte gegangen sei, bewusst im Unklaren gelassen. Der Täuschungsvorwurf sei schließlich jedenfalls deswegen begründet, weil die Beklagte im Zeitpunkt der Zusendung der neuen Darlehensverträge Kenntnis von den zwischenzeitlich ergangenen Revisionsentscheidungen des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 20. April 2004 (XI ZR 164/03 und XI ZR 171/03) gehabt habe und damit habe rechnen müssen, dass damit auch die in ihrem Angebotsschreiben in Bezug genommenen Grundsatzurteile des Oberlandesgerichts Karlsruhe keinen Bestand haben würden.

Die Beklagte tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil des Landgerichts.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil und auf die Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Kläger ist in der Sache nicht gerechtfertigt.

Das Landgericht hat zu Recht entschieden, dass das Darlehensverhältnis zwischen den Parteien auf Grund des Vergleichs vom 9.3.2004 unangreifbar geworden ist. Die von den Klägern gegen den Rechtsbestand des Vergleichsvertrages erhobenen Einwendungen sind unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet.

1. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die von den Klägern in erster Linie geltend gemachte Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Eine rechtserhebliche Beeinträchtigung der rechtsgeschäftlichen Entschließungsfreiheit gemäß § 123 Abs. 1 BGB durch das Angebotschreiben der Beklagten vom 20.2.2004 liegt nicht vor. Es fehlt bereits an einer Täuschungshandlung der Beklagten, weil das Schreiben keine Angaben enthält, die Tatsachen vorspiegeln, entstellen oder pflichtwidrig verschweigen.

a) Der von den Klägern erhobene Hauptvorwurf, die Beklagte habe über die tatsächliche Rechtslage getäuscht, trifft nicht zu. Eine arglistige Täuschung der Beklagten liegt weder durch positives Tun noch durch Unterlassen vor.

aa) Über die Rechtslage im engeren Sinne hat die Beklagte im Angebotsschreiben vom 20.2.2004 keine Aussage gemacht. Vielmehr hat sie dort lediglich ihren eigenen Rechtsstandpunkt vertreten. Das ist unter keinen Umständen anstößig und zur Irreführung geeignet. Der Kern des Vorwurfs der Kläger zielt jedoch darauf, dass die Beklagte ihnen gegenüber den unzutreffenden Eindruck erweckt habe, die Rechtslage sei durch die vier Grundsatzurteile des Senats vom 20.1.2004 zu ihren Gunsten definitiv und dauerhaft geklärt.

Nach dem maßgeblichen Verständnishorizont eines durchschnittlichen Empfängers des Vergleichsangebots vermittelte das beanstandete Schreiben kein solches Vorstellungsbild. Vielmehr weist die Beklagte darin unmissverständlich darauf hin, dass das vom Oberlandesgericht Karlsruhe gefundene Ergebnis nur vorläufiger Natur sei, weil "die Urteile noch nicht rechtskräftig sind". Von definitiver Klärung der Rechtsfragen ist keine Rede. Stattdessen werden die Kunden der Beklagten dahin informiert, dass die Urteile des Oberlandesgerichts nur die Frage der Wirksamkeit der Kreditverträge (d. h. der Treuhandvollmacht) behandeln und keine Ausführungen zu den übrigen vorstehenden Rechtseinwendungen enthalten".

Der Angebotsempfänger gewinnt daher den zutreffenden Eindruck einer Momentaufnahme durch die so genannten Grundsatzurteile, durch welche die Beklagte in den Rechtsauseinandersetzungen mit den Kreditnehmern gerade "Oberwasser" erlangt hatte. Für diese Bewertung spricht auch die damalige Pressemitteilung des Oberlandesgerichts, deren Titel lautete: "Erfolg für die beklagte S.". Nachdem es sich bei dem erkennenden Senat um das in einem eventuellen Streitfall auch für die Kläger zuständige Berufungsgericht handelte, mussten die Kläger auch damit rechnen, dass ihre Rechtssache gegebenenfalls ebenso entschieden werden würde. Der einschränkende Vorbehalt im Angebotsschreiben der Beklagten vom 20.2.2004 ist aber deutlich: Die Entscheidungen sind nicht rechtskräftig und es sind nicht alle Problemfragen entschieden.

Insoweit wurde den Kunden der Beklagten daher ein objektiv richtiges Bild vermittelt.

bb) Man kann allenfalls im Hinblick auf die Wortwahl der Beklagten ("Grundsatzurteile") die Frage aufwerfen, ob die Beklagte zur Darstellung der Ausgangslage eine klarere Ausdrucksweise hätte verwenden müssen, um dem Vorwurf einer irreführenden Darstellung zu entgehen.

Tatsächlich handelte es sich nämlich bei den Senatsentscheidungen vom 20.1.2004 nicht um verbindliche Leitentscheidungen für die Beurteilung der Rechtslage. Diese sollten vielmehr nach dem übereinstimmenden Willen aller Beteiligten als ausgewählte Musterverfahren zur Herbeiführung einer Revisionsentscheidung des Bundesgerichtshofs und damit zur Schaffung der erstrebten Rechtssicherheit dienen. Eine endgültige Rechtsklarheit sollte daher erst noch gefunden werden. Diesen Umstand hat das Rundschreiben der Beklagten nicht zum Ausdruck gebracht.

Ein rechtlich erhebliches Aufklärungsversäumnis kann darin jedoch nicht erblickt werden, weil die zur Irreführung geeignete Darstellung insoweit keine für die Gegenseite maßgeblichen Punkte betraf.

Eine allgemeine Pflicht zur Offenbarung von Umständen, die für die Entschließung des anderen Teils von Bedeutung sein können, besteht nicht. Die Beklagte durfte vielmehr mit dem Vergleichsangebot eigene Interessen verfolgen, was einschließt, dass sie ihre eigene Position günstig darstellen und beurteilen durfte. Eine Offenbarungspflicht wird nur dann bejaht, wenn ein besonderes Vertrauensverhältnis der Parteien vorliegt bzw. ein ersichtliches Informationsgefälle herrscht - was beides hier nicht der Fall war - oder wenn die Information für die Willensentschließung des Vertragspartners offensichtlich von erheblicher Bedeutung ist, weil andernfalls der Vertragszweck vereitelt würde. So lag es im Streitfall ebenfalls nicht.

Die den Klägern vermittelte Information genügte für die Erreichung des mit dem Vergleich angestrebten Streitbeilegungszwecks. Die Kläger wurden nämlich darüber in Kenntnis gesetzt, dass in den rechtlichen Auseinandersetzungen um die Finanzierung der streitigen Anlagengeschäfte das letzte Wort noch nicht gesprochen war. Eine endgültige Klärung der Rechtslage stand noch aus. Eine Aufklärung darüber, in welchem Verfahrensgang das im Einzelnen erfolgen sollte, war jedoch nicht erforderlich. Vielmehr waren die Angebotsempfänger durch das Rundschreiben der Beklagten darüber im Bilde, dass die Sache nicht endgültig entschieden, d. h. nicht rechtskräftig war. Es lag daher an ihnen, ob sie den Rechtsbestand des Darlehensvertrages im Hinblick auf die noch ungeklärte Rechtslage in Zweifel ziehen oder das Vergleichsangebot der Beklagten annehmen wollten.

b) Ein Anfechtungsgrund gemäß § 123 Abs. 1 BGB folgt auch nicht daraus, dass die Information im Angebotsschreiben insoweit einseitig war, als die Beklagten nicht auf andere obergerichtliche Entscheidungen hingewiesen hat, welche die Frage der Gültigkeit der Treuhandvollmacht zu Gunsten der Kreditnehmer beantwortet haben.

Auch insoweit war die Beklagte nicht gehalten, einen Informationsvorsprung gegenüber ihren Kunden auszugleichen. Vielmehr konnten die Kläger ohne weiteres gegebenenfalls unter Inanspruchnahme von anwaltlichem Rat in Erfahrung bringen, wie der Stand der Rechtsprechung zu den streitigen Rechtsfragen war. Die Beklagte konnte und wollte eine entsprechende Information der Kunden nicht unterbinden. Sie durfte außerdem davon ausgehen, dass die vielfältigen Rundschreiben von Rechtsanwälten an die Fondsmitglieder schon für entsprechende Aufklärung gesorgt hatten. Daher war die Beklagte auch nicht gehalten, die Kläger über das tatsächliche Ausmaß der Rechtsstreitigkeiten mit ihren Kreditnehmern in Kenntnis zu setzen.

c) Eine zur Anfechtung berechtigende Täuschung der Beklagten liegt schließlich auch nicht darin, dass diese den Klägern den geänderten Darlehensvertrag Ende April 2004 zur Unterschrift zusandte, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt möglicherweise schon damit rechnete, dass die Grundsatzurteile des Senats vom 20.1.2004 höchstrichterlicher Überprüfung nach Maßgabe der Entscheidungen des XI. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 20.4.2004 nicht standhalten würden.

Die Vertragsunterzeichnung der Kläger hatte lediglich deklaratorische Bedeutung. Sie diente nur dem Vollzug des bereits am 9.3.2004 geschlossenen Vergleichs zwischen den Parteien. Das bestätigt Ziffer 6 der Vergleichsregelung. Darin erklärten sich die Kreditnehmer damit einverstanden, dass ihnen die neuen Vertragsbestimmungen im Detail im zweiten Quartal 2004 von der Beklagten "mitgeteilt" werden. Der Darlehensvertrag war bereits mit Abschluss des Vergleichs zu Stande gekommen. Eine von der Beklagten im April 2004 möglicherweise aufrechterhaltene Fehlinformation ist für den Vergleichabschluss nicht kausal geworden.

2. Die Wirksamkeit des Vergleichs kann mit Erfolg auch nicht aus anderen rechtlichen Gesichtspunkten in Zweifel gezogen werden.

a) Zwar erkennt die Rechtsprechung nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluss eine Haftungsverantwortlichkeit bereits dann an, wenn eine Partei auch nur fahrlässig einen zum Vertragsschluss führenden Irrtum der anderen Partei veranlasst hat (BGH, Urt. vom 25.2.2005 - X ZR 123/03, WM 2005,1287 unter 2 der Gründe m.N. auf die Rspr.), mit der Folge, dass die sorgfaltswidrig handelnde Partei im Wege des Schadensersatzes (Ersatz des negativen Interesses) dazu verpflichtet ist, die Gegenseite aus dem vertraglichen Obligo zu entlassen, und damit auf Vertragerfüllung nicht bestehen kann.

Eine solche Haftung setzt jedoch die Verletzung einer objektiven Aufklärungspflicht voraus. Daran fehlt es im Streitfall, wie sich aus den Darlegungen unter 1. ergibt. Das Angebotsschreiben der Beklagten enthielt die wesentlichen Informationen, die zur Erreichung des angestrebten Vertragszwecks erforderlich waren. Die Beklagte durfte dabei ihre eigenen Interessen und ihren Rechtsstandpunkt in den Vordergrund stellen. Der Vertragspartner erkennt dies und stellt sich darauf ein. Eine die Informationspflicht begründende Ausnahmelage wie etwa im Fall enger Vertrauensbeziehung der Parteien oder bei bestehendem Informationsvorsprung einer Partei ist nicht gegeben.

b) Eine Unwirksamkeit des Vergleichsabschlusses nach der Sonderregel des § 779 BGB liegt nicht vor. Die Vergleichsparteien haben sich nicht über den zu regelnden streitigen Sachverhalt geirrt. Vielmehr wollten sie gerade die bestehenden Wirksamkeitszweifel bezüglich des Darlehensvertrags außer Streit stellen und einem Rechtsstreit endgültig entziehen. Der somit von ihnen gemeinsam verfolgte Zweck der Streitbeilegung wurde daher erreicht, weil die klärungsbedürftigen Rechtsfragen tatsächlich bestanden (und zum großen Teil auch weiterhin bestehen).

c) Soweit die Kläger eine Unwirksamkeit der Vergleichsregelung nach dem AGB-Gesetz (§ 6 AGBG) geltend machen, steht dem § 8 AGBG entgegen. Die Kläger wenden sich ersichtlich gegen die Angemessenheit der im Vergleich vereinbarten Leistung (Anerkenntnis der Darlehensschuld und Einwendungsverzicht) und der Gegenleistung (Nachlass der Darlehensschuld und günstigere Zinskonditionen). Dieses vertragliche Austauschverhältnis unterliegt jedoch nicht der gesetzlichen Inhaltskontrolle nach dem AGBG.

d) Schließlich liegt in der Vergleichsvereinbarung auch keine unzulässige Abweichung von den Vorschriften der §§ 491-505 BGB, die gem. § 506 Abs. 1 BGB (in der bis 30.6.2005 gültigen Fassung) i.Verb. mit § 134 BGB Nichtigkeit zur Folge hätte.

Eine Abweichung von der Schutzvorschrift des § 499 BGB liegt entgegen der Auffassung der Kläger schon deshalb nicht vor, weil die Fortführung des ursprünglichen Darlehensvertrags unter Verzicht auf mögliche Einwendungen nicht unter den Anwendungsbereich dieser Norm fällt. Soweit der im Wege des Vergleichs erneuerte Darlehensvertrag den möglicherweise anwendbaren Inhalts- und Formerfordernissen des § 492 BGB nicht entspricht, wäre der Mangel jedenfalls nach § 494 Abs. 2 BGB geheilt, weil die Kläger das Darlehen, auf das sich der Vergleich bezieht, bereits empfangen bzw. in Anspruch genommen haben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO zur Grundlage. Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache weist insbesondere nicht eine grundsätzliche Bedeutung auf. Eine im Hinblick auf die Rechtsfortbildung oder die Wahrung der Rechtseinheit klärungsbedürftige Frage liegt nicht vor. Es handelt sich lediglich um die bloße Rechtsanwendung in einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle. Gemäß § 63 Abs. 2 GKG war der Streitwert festzusetzen.

Ende der Entscheidung

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