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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 20.01.2009
Aktenzeichen: 17 U 173/07
Rechtsgebiete: BGB, HGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 736 Abs. 2
HGB § 128
HGB § 160
1. Bei der Frage, ob sich der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach der Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung (BGH NJW 1999, 3483, 3485) für die davor abgeschlossenen Verträge weiterhin auf eine im Gesellschaftsvertrag vorgesehene, dem Vertragspartner erkennbare Haftungsbeschränkung berufen kann, ist außerhalb der vom Bundesgerichtshof (NJW 2002, 1642 f.) anerkannten Fallgruppen im Einzelfall abzuwägen, ob den Interessen des auf die Fortgeltung der Rechtslage vertrauenden Gesellschafters Vorrang einzuräumen ist gegenüber der materiellen Gerechtigkeit. Das ist grundsätzlich nur dann der Fall, wenn die materiell richtige Entscheidung zu unbilligen, nicht zumutbaren Härten führen würde.

2. Nach diesen Maßstäben steht dem Gründungsgesellschafter einer zur gewinnbringenden Weiterveräußerung der Gesellschaftsanteile gegründeten Grundstücksgesellschaft, der zur Vermeidung der Grunderwerbssteuer vorübergehend einen Gesellschaftsanteil behalten hat, jedenfalls dann kein Vertrauensschutz zu, wenn das Gesamtvolumen der von der Gesellschaft zu finanzierenden Investitionen überschaubar und wirtschaftlich zumutbar war und die Nachhaftung des Gründungsgesellschafters erloschen wäre, sofern er den bei ihm verbliebenen Gesellschaftsanteil später abredegemäß auf die Erwerber übertragen hätte.


Oberlandesgericht Karlsruhe 17. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 17 U 173/07

Verkündet am 20. Januar 2009

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2008 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller-Christmann Richter am Landgericht Dr. Emunds Richter am Oberlandesgericht Dr. Singer

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten zu 8 gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 17. August 2007 - 9 O 122/07- wird zurückgewiesen.

2. Ein Viertel der im Berufungsrechtszug angefallenen Gerichtskosten tragen die Beklagten als Gesamtschuldner. Die übrigen Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte zu 8.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

5. Der Streitwert des Berufungsrechtszugs wird auf 121.417,02 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin, eine Sparkasse, nimmt die erstbeklagte Gesellschaft bürgerlichen Rechts und die Beklagten zu 2 bis 8 als deren Gesellschafter auf Rückzahlung eines von ihrer Rechtsvorgängerin (im Folgenden: Klägerin) gewährten Darlehens in Anspruch.

Im Herbst 1990 kauften W. T. und der Beklagte zu 8 in Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwei Grundstücke in Z. (S.-A.) und planten deren Bebauung mit einem Wohn- und Gewerbeobjekt. Die rechtlichen Verhältnisse der zwischen ihnen bestehenden Gesellschaft, der Beklagten zu 1, regelten sie durch notariellen Gesellschaftsvertrag vom 28. Dezember 1990. Nach § 9 Abs. 5 dieses Vertrags dürfen sich Geschäftsführung und Vertretung nur auf das Gesellschaftsvermögen beziehen und die Geschäftsführer die Gesellschafter ohne deren schriftliche Einwilligung nur hinsichtlich dieses Vermögens, nicht aber hinsichtlich ihres übrigen Vermögens verpflichten. In § 9 Abs. 8 ist weiter bestimmt, dass die Geschäftsführer für Kreditaufnahmen und für Geschäfte über mehr als 10.000 DM die mit einer Mehrheit von 75 % beschlossene schriftliche Einwilligung der Gesellschafterversammlung benötigen.

Mit notariellem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 2. Januar 1991 übertrugen die beiden Gründungsgesellschafter je 12 % der Gesellschaftsanteile zum Preis von 17.000 DM pro Prozent auf die Beklagten zu 2 bis 7 und zwei weitere, mittlerweile insolvente Erwerber. Sie selbst behielten je 2 % der Anteile, die - wie jedenfalls in zweiter Instanz unstreitig geworden ist - nach einer nicht beurkundeten Nebenabrede zur Vermeidung der Grunderwerbssteuer erst nach einiger Zeit übertragen werden sollten. In § 4 Abs. 3 des Kauf- und Abtretungsvertrags ist bestimmt, dass die zu erwartenden Baukosten in Höhe von 4.788.000 DM sowie die Kosten für die Finanzierung und deren Absicherung nach Maßgabe eines Gesellschafterbeschlusses von der Beklagten zu 1 in ihrem neuen Gesellschafterbestand übernommen werden, wobei die Gesellschafter nur im Verhältnis ihrer Anteile haften und zur Leistung von Einlagen verpflichtet sind. § 6 Abs. 1 verweist auf den als Anlage 3 beigefügten Gesellschaftsvertrag und § 6 Abs. 2 enthält einen Gesellschafterbeschluss, durch den der Beklagte zu 4 und W. T. zu alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführern bestellt wurden.

Die Beklagten zu 2 bis 7 und die beiden anderen Neugesellschafter leisteten Einlagen in Höhe der ihrem jeweiligen Anteil entsprechenden Bau- und Finanzierungskosten, die sie durch persönliche Kredite der Klägerin finanzierten. W. T. und der Beklagte zu 8 beteiligten sich nicht an diesen Kosten. Zur Finanzierung des auf ihre Gesellschaftsanteile entfallenden Betrags nahm der Beklagte zu 4 im Namen der Beklagten zu 1 ein Darlehen über 236.000 € bei der Klägerin auf. Bei Abschluss des Darlehensvertrags am 25. März 1992 lagen der Klägerin der Kauf- und Abtretungsvertrag vom 2. Januar 1991 und notarielle Vollmachten der acht Neugesellschafter vor. Die persönliche Haftung der Gesellschafter ist in dem Vertrag nicht geregelt. Ende des Jahres 1999 wurden der Zinssatz ermäßigt, eine annuitätische Tilgung vereinbart und die Laufzeit des Darlehens bis zum 27. Oktober 2004 verlängert. Diese Vereinbarungen wurden nur von den Neugesellschaftern unterzeichnet und nicht auch - wie in dem Entwurf der Klägerin vorgesehen - von W. T. und dem Beklagten zu 8. Nachdem die Beklagte zu 1 seit März 2001 keine Zahlungen mehr geleistet hatte, stellte die Klägerin das Darlehen zum 31. August 2004 fällig. Eine Zahlung erfolgte nicht. Der Beklagte zu 8 ist im Jahr 2005 als Gesellschafter ausgeschieden.

Mit der Klage hat die Klägerin die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung des fällig gestellten Betrags von 121.417,02 € nebst - teilweise ausgerechneter - Zinsen in Anspruch genommen und geltend gemacht, der von dem Beklagten zu 4 unterzeichnet Darlehensvertrag wirke gegen die Beklagte zu 1 und begründe die unbeschränkte gesamtschuldnerische Haftung der Beklagten zu 2 bis 8. Denn zum einen seien die in dem Gesellschaftsvertrag vom 28. Dezember 1990 vereinbarten Beschränkungen der Vertretungsmacht dadurch aufgehoben worden, dass der Beklagte zu 4 in dem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 2. Januar 1991 zum alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer bestellt worden sei. Zum anderen sei sie weder beim Abschluss des Darlehensvertrags noch bei den Ende 1999 vereinbarten Änderungen auf diese Beschränkungen hingewiesen worden und von dem Inhalt des Gesellschaftsvertrags habe sie erst im Jahr 2004 erfahren.

Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen der weiteren Feststellungen Bezug genommen wird, hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, fraglich sei bereits, ob die in dem Gesellschaftsvertrag vereinbarten Beschränkungen der Vertretungsmacht nicht durch den Kauf- und Abtretungsvertrag modifiziert worden seien. Aber selbst wenn dies nicht der Fall sei, müsse die Klägerin diese internen Beschränkungen nicht gegen sich gelten lassen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs könne die persönliche Haftung der Gesellschafter im Außenverhältnis nur durch eine individualvertragliche Vereinbarung beschränkt werden. Die übrigen Beschränkungen hätten aus Gründen des Verkehrsschutzes zumindest deutlich erkennbar sein müssen. Hierfür hätten die Beklagten keinen tauglichen Beweis angeboten. Die Berufung auf das Fehlen des für Kreditaufnahmen und Geschäfte über mehr als 10.000 DM erforderlichen Mehrheitsbeschlusses sei zudem treuwidrig, weil die erforderliche Mehrheit der Gesellschafter das Handeln des Beklagten zu 4 gebilligt habe. Die gesamtschuldnerische Haftung des Beklagten zu 8 sei schließlich auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil er seinen geringen Gesellschaftsanteil aus rein steuerlichen Gründen und nur für begrenzte Zeit behalten habe.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Beklagten zu 8. Die übrigen Beklagten haben ihr zur Fristwahrung eingelegtes Rechtsmittel vor dem Eingang einer Begründungsschrift zurückgenommen. Der Beklagte zu 8 erstrebt weiterhin die vollständige Abweisung der Klage und macht geltend, der Beklagte zu 4 sei nicht befugt gewesen, ihn persönlich mitzuverpflichten. Das ergebe sich aus den Beschränkungen der Vertretungsmacht, die in dem Kauf- und Abtretungsvertrag nicht modifiziert worden seien. Belegt werde dies durch die nach Maßgabe dieses Vertrags erteilten Vollmachten und die darin enthaltene Klarstellung, dass die Bevollmächtigten den Vollmachtgeber persönlich nur in Ansehung der ihm als Gesellschafter gehörenden Vermögenswerte vertreten dürfen. Aufgrund dieser Klausel sei die Beschränkung der Vertretungsmacht zumindest erkennbar gewesen. Die Klägerin habe auch erkennen können, dass es sich bei dem Darlehensvertrag um ein außergewöhnliches Geschäft gehandelt habe, das nicht mehr im Rahmen des Gesellschaftszwecks liege. Sie sei deshalb sowohl nach öffentlichem wie nach Privatrecht verpflichtet gewesen, den Umfang der Vertretungsmacht zu überprüfen. Die erkennbare Haftungsbeschränkung müsse die Klägerin nicht nur nach der zum Zeitpunkt des Vertragsschluss herrschenden Rechtsauffassung gegen sich gelten lassen. Insoweit genössen die Beklagten als Gesellschafter eines geschlossenen Immobilienfonds vielmehr auch nach der neuen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Vertrauensschutz.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie vertritt die Auffassung, die notarielle Vollmacht enthalte keine Haftungsbeschränkung und sei zudem verspätet vorgelegt worden. Der vom Bundesgerichtshof entwickelte Vertrauensschutz greife nicht ein, weil die Beklagte zu 1 kein Immobilienfonds und der Beklagte zu 8 kein Anleger sei und weil die Parteien den Darlehensvertrag durch die - Ende 1999 und damit nach der Rechtsprechungsänderung vereinbarte - Anpassung von Zins, Tilgung und Laufzeit bestätigt hätten, ohne den Haftungsausschluss vertraglich zu regeln.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung des Beklagten zu 8 ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der Beklagte zu 8 persönlich und unbeschränkt für die mit der Klage geltend gemachte Darlehensverbindlichkeit der Beklagten zu 1 haftet (§§ 488 Abs. 1 Satz 2, 736 Abs. 2 BGB, 160 HGB).

a) Der Darlehensvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1 ist wirksam. Insbesondere war der Beklagte zu 4 als alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer befugt, die Beklagte zu 1 beim Abschluss dieses Vertrags zu vertreten.

Dass er nicht über die nach § 9 Abs. 8 des Gesellschaftsvertrags vom 28. Dezember 1990 für Kreditaufnahmen und Geschäfte über mehr als 10.000 DM erforderliche schriftliche Einwilligung der Gesellschafterversammlung verfügte, steht dem nicht entgegen. Dieses Erfordernis bestand allerdings noch beim Abschluss des Darlehensvertrags am 25. März 1992. Denn der Beschluss in § 6 Abs. 2 des Kauf- und Abtretungsvertrags vom 2. Januar 1991 betrifft nur die Bestellung eines neuen Geschäftsführers. Er enthält aber keine Änderung der vertraglichen Bestimmungen zur Geschäftsführung und Vertretung. Das ergibt sich nicht nur aus seinem entsprechend beschränkten Inhalt, sondern auch aus der Form eines bloßen Gesellschafterbeschlusses und aus der - unmittelbar vorausgehenden - uneingeschränkten Verweisung auf den Gesellschaftsvertrag. Das für Kreditaufnahmen und andere Geschäfte vorgesehene Zustimmungserfordernis beschränkt aber nicht die Vertretungsmacht, sondern nur die interne Geschäftsführungsbefugnis. Das folgt bereits aus dem Wortlaut von § 9 Abs. 8 des notariellen Gesellschaftsvertrags. Denn im Unterschied zu den meisten anderen Absätze des § 9 handelt diese Bestimmung nur von der Geschäftsführung und nicht auch von der Vertretung. Der dem Kauf- und Abtretungsvertrag beigefügte Vollmachtsentwurf bestätigt diese Auslegung. Denn dort wird die Vertretungsmacht gerade nicht auf einen bestimmten Betrag beschränkt und die uneingeschränkte Berechtigung zum Abschluss von Darlehensverträgen sogar ausdrücklich hervorgehoben.

Entgegen der Auffassung der Berufung hat der Beklagte zu 4 die Grenzen seiner Vertretungsmacht auch nicht deshalb überschritten, weil die Baukosten nach § 4 Abs. 3 des Kauf- und Abtretungsvertrags nicht von der Gesellschaft finanziert, sondern durch Einlagen der Gesellschafter aufgebracht werden sollten. Denn diese - durch die unterbliebene Kostenbeteiligung der Gründungsgesellschafter veranlasste - Abweichung ändert nichts daran, dass die Darlehensaufnahme vom Zweck der Gesellschaft gedeckt war. Ob sie ein außergewöhnliches Geschäft darstellt, hat für den Umfang der Vertretungsmacht keine Bedeutung.

b) Das Landgericht hat zutreffend erkannt, dass der mit der Klage geltend gemachte Darlehensbetrag zur Rückzahlung fällig ist. Insoweit erhebt die Berufung auch keine Beanstandungen.

c) Der Beklagte zu 8 haftet als ehemaliger Gesellschafter der Beklagten zu 1 für die vor seinem Ausscheiden begründete Darlehensverbindlichkeit wie ein Gesamtschuldner.

aa) Auf die Frage, ob der Beklagte zu 4 zu seiner Vertretung berechtigt war, kommt es dabei nicht an. Denn nach den Grundsatzentscheidungen des Bundesgerichtshofs vom 27. September 1999 (NJW 1999, 3483, 3485) und vom 29. Januar 2001 (NJW 2001, 1056, 1061) haftet der Gesellschafter schon kraft Gesetzes für die durch Rechtsgeschäft begründeten Verbindlichkeiten der Gesellschaft. Seine akzessorische Haftung entspricht der Regelung des § 128 HBG und beruht gerade nicht auf einer besonderen rechtsgeschäftlichen Verpflichtung, deren Begründung eine entsprechende Vollmacht des Gesellschafters voraussetzt. Diese - zuvor herrschende - Lehre von der rechtsgeschäftlichen Doppelverpflichtung hat der Bundesgerichtshof vielmehr ausdrücklich abgelehnt (NJW 1999, 3483, 3484).

bb) Die Haftung des Beklagten zu 8 ist nicht nach §§ 736 Abs. 2 BGB, 160 Abs. 1 Satz 1 HGB erloschen, weil seit seinem Ausscheiden im Jahr 2005 noch keine fünf Jahre vergangen sind.

cc) Entgegen der Auffassung der Berufung beschränkt sich die persönliche Haftung des Beklagten zu 8 auch nicht auf seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen.

Nach der erwähnten Grundsatzentscheidung des Bundesgerichtshofs vom 27. September 1999 (NJW 1999, 3483, 3485) kann die persönliche Haftung des Gesellschafters nur durch eine individualvertragliche Vereinbarung mit dem Gläubiger eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Eine solche Vereinbarung wurde weder in dem Darlehensvertrag selbst noch bei den Ende 1999 vorgenommenen Vertragsänderungen geschlossen.

In der genannten Entscheidung hat der Bundesgerichtshof seine zuvor vertretene Auffassung, der Gläubiger müsse eine gesellschaftsvertraglich vereinbarte Beschränkung der Vertretungsmacht auf das gesamthänderisch gebundene Gesellschaftsvermögen schon dann gegen sich gelten lassen, wenn sie bei Abschluss des Vertrags erkennbar war, ausdrücklich aufgegeben. In einem späteren Urteil vom 21. Januar 2002 (NJW 2002, 1642 f.) hat er allerdings eine Ausnahme für geschlossene Immobilienfonds anerkannt, die als Gesellschaft bürgerlichen Rechts ausgestaltet sind. Deren Anlagegesellschafter können sich aus Gründen des Vertrauensschutzes für die vor der Änderung seiner Rechtsprechung abgeschlossenen Verträge auch weiterhin auf eine im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Haftungsbeschränkung berufen, wenn diese zumindest erkennbar war. Dem liegt die Erwägung zugrunde, dass der Erwerb einer Fondsbeteiligung bei typisierter Betrachtung eine reine Kapitalanlage darstellt und die Übernahme der persönlichen Haftung für das gesamte Investitionsvolumen weder dem einzelnen Anleger zugemutet noch vernünftigerweise vom Rechtsverkehr erwartet werden kann (BGH NJW 2002, 1642, 1643).

Ein derartiger Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Dabei kann offen bleiben, ob die Beklagte zu 1 ein geschlossener Immobilienfonds im Sinne der genannten Entscheidung ist und ob die dort entwickelten Grundsätze auch für die Initiatoren eines solchen Fonds gelten. Denn dem Beklagten zu 8 kann jedenfalls aufgrund der Besonderheiten des hier zu beurteilenden Falls kein Vertrauensschutz gewährt werden.

In jedem Fall einer mit Rückwirkung verbundenen Rechtsprechungsänderung ist zu prüfen, ob den Interessen des auf die Fortgeltung der Rechtslage Vertrauenden Vorrang einzuräumen ist gegenüber der materiellen Gerechtigkeit (BGH NJW 2006, 765, 766). Bei dieser Abwägung ist zu beachten, dass die materielle Gerechtigkeit einen dem Grundsatz der Rechtssicherheit mindestens ebenbürtigen Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips verkörpert. In privatrechtlichen Streitigkeiten wird dem schutzwürdigen Vertrauen einer Partei zudem bereits durch § 242 BGB und etliche zu diesem Zweck entwickelte Rechtsinstitute (z.B. unzulässige Rechtsausübung, Fehlen und Wegfall der Geschäftsgrundlage, Verwirkung) Rechnung getragen. Infolgedessen besteht hier grundsätzlich ein verfassungsrechtlicher Anspruch darauf, dass der Richter die nach materiellem Recht - unter Beachtung der Grundsätze von Treu und Glauben - bestehenden Ansprüche zuerkennt und zu Unrecht erhobene Forderungen abweist. Die Partei, die nach gegenwärtiger höchstrichterlicher Erkenntnis das Recht auf ihrer Seite hat, muss ein ihr ungünstiges Urteil nur dann hinnehmen, wenn die materiell richtige Entscheidung für den Gegner zu unbilligen, nicht zumutbaren Härten führen würde (BGH NJW 1996, 1467, 1470 m.w.N.).

Nach diesen Maßstäben fällt die Abwägung zwischen Rechtssicherheit und materieller Gerechtigkeit zum Nachteil des Beklagten zu 8 aus. Denn auf der einen Seite wiegen die für den Schutz des Anlagegesellschafters maßgeblichen Erwägungen in seinem Fall nicht besonders schwer. So ist seine Beteiligung an der Beklagten zu 1 gerade keine Kapitalanlage, sondern Teil eines noch nicht vollständig abgewickelten erwerbswirtschaftlichen Immobiliengeschäfts. Seine persönliche Haftung betrifft auch kein unüberschaubares oder wirtschaftlich unzumutbares Investitionsvolumen. Sie beschränkt sich vielmehr auf 4 % der von ihm selbst prognostizierten Bau- und Finanzierungskosten. Denn die restlichen 96 % wurden - wie in § 4 Abs. 3 des Kauf- und Abtretungsvertrags vorgesehen - nicht von der Gesellschaft, sondern von den anderen Gesellschaftern finanziert. Im Hinblick auf diese - ihr bekannte - Vereinbarung musste auch die Klägerin den Ausschluss der persönlichen Haftung nicht unbedingt erwarten. Auf der anderen Seite fällt zu Lasten des Beklagten zu 8 ins Gewicht, dass er das Risiko der persönlichen Haftung durch die steuerliche Gestaltung des Immobiliengeschäfts selbst geschaffen hat und durch die abredegemäße Übertragung seines restlichen Gesellschaftsanteils auch wieder hätte beseitigen können. Diese Möglichkeit bestand, selbst wenn man die fünfjährige Nachhaftung gemäß §§ 736 Abs. 2 BGB, 160 Abs. 1 Satz 1 HGB berücksichtigt, sogar über den Zeitpunkt der für ihn nachteiligen Rechtsprechungsänderung hinaus.

Auf die Frage, ob die Beklagte die in dem Gesellschaftsvertrag vereinbarte Beschränkung der Vertretungsmacht aufgrund der ihr vorliegenden Unterlagen - insbesondere der notariellen Vollmachten - erkennen konnte oder zu entsprechenden Nachfragen verpflichtet war, kommt es danach nicht mehr an.

2. Der Zinsanspruch ergibt sich aus § 288 Abs. 1 BGB.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 516 Abs. 3, 100 Abs. 4 Satz 1 ZPO. Dabei hat der Senat nach dem Rechtsgedanken des § 100 Abs. 3 ZPO berücksichtigt, dass sich die Gerichtsgebühr nur deshalb nicht nach Nr. 1221 GKG-KV ermäßigt hat, weil der Beklagte zu 8 seine Berufung durchgeführt hat. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Der nach § 63 Abs. 2 GKG festzusetzende Streitwert entspricht dem - zutreffend festgesetzten - Streitwert erster Instanz. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 543 Abs. 2 ZPO bestimmten Gründe vorliegt. Insbesondere hat die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung. Denn die Versagung des Vertrauensschutzes beruht auf den besonderen Umständen des Einzelfalls.

Ende der Entscheidung

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