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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 18.05.2004
Aktenzeichen: 17 U 46/02
Rechtsgebiete: StBerG, BRAO, BGB


Vorschriften:

StBerG § 68
BRAO § 51 b
BGB § 222 a.F.
BGB § 242
1. Die Verpflichtung eines Steuerberaters nach einem Beratungsfehler, auf die eigene Regresspflicht und deren kurze Verjährung nach § 68 StBerG hinzuweisen, entfällt nicht allein deshalb, weil sich der geschädigte Mandant bei einem anderen Steuerberater in steuerrechtliche Beratung begibt.

2. Die Einschaltung der Haftpflichtversicherung des Steuerberaters nach einem Beratungsfehler, die Vertretung des zuvor geschädigten Mandanten im finanzgerichtlichen Verfahren sowie die Darstellung von dessen Durchführung als erfolgversprechend führen nicht ohne weiteres dazu, dass die Berufung auf die Einrede der Verjährung durch den Steuerberater gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstößt.


Oberlandesgericht Karlsruhe 17. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 17 U 46/02

Verkündet am 18. Mai 2004

In dem Rechtsstreit

wegen Schadensersatz

hat der 17. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 20. April 2004 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Dr. Müller-Christmann Richter am Oberlandesgericht Prof. Dr. Seidel Richter am Landgericht Schmitt

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 24. Januar 2002 - Az. 3 O 265/01 - wird zurückgewiesen.

II. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Kläger Ziffer 1, 2 und 10 je 29 %, die Kläger Ziffer 3, 4, 5, 6, 7, 8 und 9 je 0,62 % und die Klägerin Ziffer 1 8,6 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

V. Die Revision wird nicht zugelassen.

VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gem. § 25 Abs. 2 GKG auf 240.244,48 € festgesetzt.

Tatbestand:

Die Kläger nehmen die Beklagten wegen fehlerhafter Beratung und Vertretung in Steuersachen auf Schadensersatz in Anspruch.

Sie sind Gesellschafter und Erben der ehemaligen Firma A. K. GmbH & Co. KG in B. Die Beklagten haben bei der Umstrukturierung zur Gesellschaft mit beschränkter Haftung durch Ausscheiden der Kommanditisten als Mitunternehmer der KG und Anwachsung der Kommanditanteile im Vermögen der GmbH beratend mitgewirkt.

Der 1981 verstorbene Unternehmer A. K. hatte sein Bauunternehmen zunächst als Einzelfirma geführt. 1950 errichtete er mit seinen Söhnen J. und K. (Kläger Ziffer 10) sowie R. die Gesellschaft A. K. & Söhne, welche ab 01.01.1961 als Kommanditgesellschaft geführt wurde. Anfang 1966 wurde die K. GmbH errichtet (Klägerin Ziffer 11), die als persönlich haftende Gesellschafterin eintrat.

Bei dem Tod des Firmengründers A. K. und seines Sohnes R. im Jahre 1981 gingen deren Kommanditanteile im Wege der Erbfolge über auf die Kinder C. K. (Kläger Ziffer 1) sowie D. K.-F. (Klägerin Ziffer 2), die ihrerseits als Kommanditisten in die Kommanditgesellschaften eintraten.

Es wurde eine Betriebsaufspaltung vollzogen. Die Kommanditisten errichteten die A. K. S. GmbH, der als Betriebsgesellschaft in der Form einer Betriebsverpachtung die betrieblich genutzten Grundstücke, das bewegliche Anlagevermögen und der Firmenwert der GmbH & Co. KG zur Nutzung überlassen wurde. Die GmbH & Co. KG fungierte fortan nur noch als Besitzpersonengesellschaft. Aufgrund der Firmenkonstruktion fiel in erheblichem Maße Gewerbesteuer für die Verpachtung der Grundstücke an. Mitte der 80er Jahre wurde kein Gewinn mehr erzielt. Im Herbst 1985 wurden die Beklagte Ziffer 1, eine Wirtschaftsprüfung- und Steuerberatungsgesellschaft, sowie die Beklagten Ziffer 2, 3, und 4, welche als Rechtsanwälte tätig sind, mit der gesellschaftlichen Neuordnung beauftragt. Die Beklagten Ziffer 2 bis 4 sind auch Gesellschafter der Beklagten Ziffer 1, der Beklagte Ziffer 4 gleichzeitig deren Geschäftsführer.

Die Beklagten entwickelten ein Konzept zur Umstrukturierung, das zum damaligen Zeitpunkt als sog. Anwachsungsmodell in der steuerrechtlichen Literatur diskutiert worden ist. Dabei sollten die Kommanditisten aus der KG ausscheiden und ihre Beteiligung auf die Komplementär-GmbH im Wege der Anwachsung gemäß § 738 BGB übertragen. Zum damaligen Zeitpunkt war in der Fachliteratur die Auffassung vertreten worden, dass es bei dieser Gestaltung nicht zur steuerlich relevanten Aufdeckung von stillen Reserven komme.

Am 22.04.1986 veräußerte die KG ihr bewegliches Anlagevermögen rückwirkend zum 01.01.1986 für 2.212.000,00 DM an die A. K. S. GmbH. Gleichzeitig wurden die den Kommanditisten gehörenden Geschäftsanteile an der Komplementär-GmbH auf die S. GmbH übertragen. Die KG veräußerte am 30.06.1986 rückwirkend zum 01.01.1986 die Geschäftsanteile an der S. GmbH an die Kommanditisten. Am 02.07.1986 schließlich schieden die Kommanditisten rückwirkend zum 01.01.1986 aus der KG aus.

In den Jahren 1987 bzw. 1988 verstarben die Gesellschafter J. K. sowie die ihrerseits durch Erbfolge zur Gesellschafterin gewordene E. K. Diese wurden von den Klägern Ziffer 3 bis 9 beerbt.

Im Jahre 1990 erließ das Finanzamt R. eine Prüfungsanordnung für die ehemalige GmbH & Co. KG. Dabei wurde festgestellt, dass die Grundstücke noch nicht auf die K. GmbH übertragen worden waren. Anschließend wurde auf Veranlassung der Betriebsprüfung das Grundbuch im Jahre 1993 berichtigt.

Am 04.06.1993 erließ das Finanzamt einen Grunderwerbssteuerbescheid über 49.447,00 DM gegen die Klägerin Ziffer 11. Hiergegen legte die Firma I. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Einspruch ein.

Das Finanzamt erließ am 09.07.1993 gegenüber der Firma A. K. GmbH & Co. KG einen Gewinnfeststellungsbescheid, welcher der Beklagten Ziffer 1 zugestellt wurde. Diese legte dagegen am 20.07.1993 Einspruch ein. Am 06.10.1993 erließ das Finanzamt einen weiteren Bescheid über die Feststellung des Einheitswerts des Betriebsvermögens für die Firma A. K. GmbH & Co. KG, welcher ebenfalls der Beklagten Ziffer 1 zugestellt wurde. Gegen diesen Bescheid legte die Firma I. Einspruch ein. Im August 1993 ergingen gegen die einzelnen Gesellschafter auch Feststellungsbescheide hinsichtlich Einkommenssteuernachforderungen, weil das Finanzamt insoweit von der Aufdeckung stiller Reserven ausgegangen war.

Im Einspruchverfahren wurden die Bescheide in den Jahren 1995 und 1996 neu gefasst und teilweise abgeändert. Das steuerliche Mandat der Kläger wurde von der Firma I. GmbH übernommen. Die Beklagte Ziffer 1 vertrat die Kläger noch im finanzgerichtlichen Verfahren.

Das Finanzamt schloss das Einspruchverfahren mit Bescheid vom 01.02.1996 ab, welcher am gleichen Tag an die Beklagte Ziffer 1 abgesandt wurde. Bei der Beklagten Ziffer 1 erhielt der Einspruchsentscheid den Eingangsstempel vom 05.02.1996, einem Montag. Der zwischenzeitlich verstorbene damalige Geschäftsführer der Beklagten Ziffer 1, Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Dr. G. berechnete den Ablauf der Klagefrist auf den 05.03.1996. Am 04.03.1996 warf er die Klageschrift bei der Post in Mannheim ein. Die Klageschrift ging am 06.03.1996 beim Finanzgericht Karlsruhe ein. In der Klageschrift wurde die Aufdeckung stiller Reserven im Rahmen des Anwachsungsmodells als steuerrechtlich unzutreffend gerügt. Die Beklagte Ziffer 1 beantragte umgehend gegen eine etwaige Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und begehrte im übrigen die Aufhebung der Feststellungsbescheide. Durch Gerichtsbescheid des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 06.02.2001 wurde die Klage abgewiesen. Dies beruhte im wesentlichen darauf, dass die Klagefrist bereits am 04.03.1996 abgelaufen war und deshalb auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in Frage kam. Entsprechend dem Rat der Beklagten Ziffer 1 ließen die Kläger das Urteil rechtskräftig werden. Auf jeden der Kläger entfielen Gerichtskosten in Höhe von jeweils 5.110,05 DM.

Die Kläger Ziffer 1, 2, und 10 mussten aufgrund der rechtskräftigen Steuerbescheide Steuern und Zinsen in Höhe von insgesamt 422.093,80 DM nachzahlen. Die Kläger Ziffer 3 bis 9 haben zwischenzeitlich ihre Gesellschaftsanteile an der K. GmbH veräußert.

Die Klägerin Ziffer 11 zahlte einen Betrag von 70.195,00 DM Grunderwerbssteuer einschließlich Zinsen an das Finanzamt.

Mit Schreiben vom 15.02.2001 verzichteten die Beklagten befristet bis zum 30.06.2001 auf die Einrede der Verjährung, soweit Verjährung noch nicht eingetreten sei.

Die Kläger haben behauptet,

die Beklagten hätten zugesichert, dass es nicht zur Aufdeckung der stillen Reserven und zum Anfall von Grunderwerbssteuer kommen würde. Bei einem Vorgehen nach dem Umwandlungsgesetz seien die aus der Aufdeckung der stillen Reserven resultierenden Steuern zu 100 % vermieden worden. Dem würden keine sonstigen Vorteile gegenüberstehen. Auch die Gewerbesteuer wäre nicht angefallen. Bei Kenntnis der tatsächlichen steuerrechtlichen Lage hätten sie sich damals für ein Vorgehen nach dem Umwandlungsgesetz entschieden, wofür lediglich Umwandlungssteuer in Höhe von 20 % angefallen wäre. Den Klägern Ziffer 3 bis 9 sei ein Zinsschaden in Höhe von 25.622,50 DM entstanden. Die Klägerin Ziffer 11 habe zudem aufgrund des Fehlverhaltens der Beklagten 17.051,00 DM Gewerbesteuer bezahlen müssen. In der Zukunft drohten darüber hinaus aufgrund der fehlerhaften Beratung weitere Schäden, deren Folgen noch nicht abzusehen seien. Die Beklagten Ziffer 2-4 seien auch für das Einspruchs- und Klageverfahren vor dem Finanzgericht mandatiert gewesen. Das finanzgerichtliche Verfahren sei lediglich "formell" nur von der Beklagten Ziffer 1 geführt worden. Die Kläger haben die Auffassung vertreten, die - von den Beklagten unstreitig erhobene - Einrede der Verjährung greife nicht durch, da erst mit Rechts- bzw. Bestandskraft der finanzgerichtlichen Entscheidung die Schadensersatzansprüche bezifferbar eingetreten seien und erst ab diesem Zeitpunkt die Verjährungsfrist zu laufen begonnen habe. Da die Beklagten - unstreitig - auf ihre Schadensersatzpflicht und die kurze Verjährung von Schadensersatzansprüchen nach § 68 StBerG und § 51 b BRAO nicht hingewiesen hätten, seien sie jedenfalls im Wege der Sekundärhaftung verpflichtet, die Kläger so zu stellen, als wäre der primäre Schadensersatzanspruch nicht verjährt. Weil die Beklagten mit der Führung der Rechtsmittel betraut gewesen seien und den Vorgang ihren Haftpflichtversicherern gemeldet hätten, sei von einer Unterbrechung, zumindest aber von einer Hemmung der Verjährung bis zum Abschluss des finanzgerichtlichen Verfahrens auszugehen. Zudem sei der Einwand der Verjährung grob rechtsmissbräuchlich. Hierzu haben die Kläger behauptet, die Durchführung des finanzgerichtlichen Verfahrens und Einschaltung der Haftpflichtversicherer der Beklagten habe bei ihnen den Eindruck erweckt, dass ihnen aus dem Zeitverlust keine Nachteile entstünden. Sie hätten im Hinblick auf das Verhalten der Beklagten den erfolgreichen Abschluss des finanzgerichtlichen Verfahrens erwartet und hätten sich durch die Einschaltung der Haftpflichtversicherer geschützt gefühlt. Die Beklagten hätten sie bewusst im Unklaren gelassen und den Eindruck erweckt, dass durch ein erfolgreiches finanzgerichtliches Verfahren der Schaden nicht entstehen werde.

Die Kläger haben beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger Ziffer 1, 2 und 10 einen Betrag in Höhe von 422.093,80 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 26.05.2001 zu zahlen;

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin Ziffer 11 einen Betrag in Höhe von 70.195,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 02.01.2001 zu zahlen;

3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 5.110,05 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

4. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin Ziffer 11 einen Betrag in Höhe von 17.051,00 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

5. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger Ziffer 3, 4, 5, 6, 7, 8 und 9 einen Betrag in Höhe von 25.622,50 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

6. festzustellen, dass die Beklagten den Klägern jedweden Schaden zu ersetzen haben, der über die derzeit bezifferbaren Ansprüche gemäß Ziffer 1 bis 5 hinausgeht.

Die Beklagten haben beantragt

die Klage abzuweisen.

Sie haben vorgetragen,

bei den Klägern sei es zu keinem Vermögensschaden gekommen, da sie in erheblichem Umfang durch die Umstrukturierung Gewerbesteuer gespart hätten und sich Abfindungen, die sie im Zuge des Anwachsungsmodells von der A. K. GmbH erhalten hätten, anrechnen lassen müssten. Etwaige Schadensersatzansprüche der Kläger seien nach § 68 StBerG bzw. § 51 BRAO verjährt. Auf einen Vertrauenstatbestand könnten sie sich nicht berufen, nachdem die Beklagten - insoweit unstreitig - u. a. mit Schreiben vom 11.05.1993 Schadensersatzansprüche schriftlich abgelehnt hätten. Die Offenlegung der stillen Reserven sei nicht als Schaden anzusehen, da insoweit lediglich vorhandenes Vermögen realisiert werde. Die Beklagte Ziffer 1 hat darüber hinaus gemeint, das Fristversäumnis im finanzgerichtlichen Verfahren sei unschädlich, da die Kläger das Verfahren ohnehin verloren hätten. Eine entsprechende finanzgerichtliche Rechtsprechung habe sich während des Verfahrens herausgebildet gehabt. Dagegen haben die Beklagten Ziffer 2-4 hierzu gemeint, die finanzgerichtliche Klage sei ohne Verfristung erfolgreich gewesen, da das Anwachsungsmodell ohne die Konsequenz der Aufdeckung stiller Reserven steuerrechtlich als zulässig anzusehen sei.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens in erster Instanz wird auf das landgerichtliche Urteil sowie die in erster Instanz zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Landgericht Mannheim hat mit Urteil vom 24.01.2002 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Kläger hätten - hinsichtlich der Klageanträge Ziffer 1, 2, 4 und 5 beträfe - einen Schaden nicht hinreichend dargelegt. Die Kläger hätten sich unzulässigerweise darauf beschränkt, einzelne Rechnungsposten herauszugreifen und nicht angegeben, wie sich bei jedem von ihnen im Falle eines alternativen Verhaltens das Gesamtvermögen entwickelt hätte. Es fehle an einer umfassenden Gesamtbetrachtung aller Vor- und Nachteile hinsichtlich der einzelnen Kläger bei Anwendung des "Anwachsungsmodells" sowie des "Umwandlungsmodells". Im Übrigen seien etwaige Schadensersatzansprüche - ausgenommen der Klageantrag Ziff. 3 - gemäß §§ 68 StBerG bzw. 51 b BRAO verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist habe mit der Bekanntgabe der Belastungssteuerbescheide im Jahre 1993 zu laufen begonnen, der Primäranspruch sei mithin zumindest Ende 1996 verjährt gewesen. Ein sog. sekundärer Schadensersatzanspruch stehe den Klägern gegen die Beklagten Ziffer 2, 3 und 4 nicht zu, da in den 90er Jahren ein Mandatsverhältnis zu ihnen nicht mehr bestanden habe. Ein solcher Anspruch bestehe auch nicht gegenüber der Beklagten Ziffer 1, da die Kläger nicht mehr aufklärungsbedürftig gewesen seien, nachdem sie bereits mit Schreiben vom 06.05.1993 darauf hingewiesen hätten, dass sie nach Rücksprache mit ihrem neuen Steuerberater K. mit der Aufdeckung stiller Reserven durch die Betriebsprüfung in Höhe von insgesamt 3,257 Mio. DM und einer entsprechenden Steuernachforderung in Höhe von ca. 800.000 DM - 1 Mio. DM rechneten und ankündigten, die Beklagten für den entstehenden Schaden haftbar zu machen. Die Verjährung sei weder durch ein Anerkenntnis der Beklagten unterbrochen noch gehemmt worden. Die Berufung auf die Einrede der Verjährung sei auch nicht treuwidrig. Die Kläger könnten nicht Ersatz ihrer Kosten vor dem Finanzgericht von den Beklagten verlangen, denn die Beklagten Ziffer 2-4 hätten sie dort nicht vertreten und die Pflichtverletzung der Beklagten Ziffer 1 durch die schuldhaft zu spät erhobene Klage sei für den Schaden nicht kausal geworden, da die finanzgerichtliche Klage sowieso keinen Erfolg gehabt hätte und der Beklagten Ziffer 1 unabhängig von ihrem Fehler eine Vergütung zustehe.

Gegen dieses Urteil wendet sich die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge ausgenommen Ziffer 2 sowie Ziffer 6 weiterverfolgen. Unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens tragen sie im Wesentlichen vor:

Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei von einer gesamtschuldnerischen Haftung der Beklagten auszugehen. Die Beklagten hätten Fälle wie den streitgegenständlichen gemeinsam bearbeitet und seien gegenüber den Klägern immer gemeinsam aufgetreten. Auch die Beklagten Ziffer 2-4 seien neben der Beklagten Ziffer 1 im Einspruchs- und anschließenden Klageverfahren vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg mandatiert gewesen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sei der Schaden hinreichend substantiiert dargelegt. Wie bereits erstinstanzlich vorgetragen und durch Sachverständigengutachten unter Beweis gestellt, wären bei Anwendung des "Umwandlungsmodells" den Klägern keine wesentlichen anrechenbaren Vorteile gegenüber dem auf Anratung der Beklagten praktizierten "Anrechnungsmodell" entstanden. Bei einem Kostenvergleich wären lediglich die zusätzlichen Kosten für die notarielle Beurkundung der Verträge beim "Umwandlungsmodell" von ca. 5.500 € sowie der Gesellschaftssteuer in Höhe von 4.000 DM zu nennen. Weitere anrechenbare Vorteilsbeträge wären nicht angefallen. Die Verjährungsfrist beginne entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht mit der Zustellung der Steuerbescheide zu laufen, sondern erst mit dem Eintritt der Rechts-/Bestandskraft der finanzgerichtlichen Entscheidung, da erst zu diesem Zeitpunkt die Schadensersatzansprüche entstanden und ein endgültig bezifferbarer Schaden eingetreten sei. Die Verjährungsfrist sei durch Anerkenntnis der Beklagten unterbrochen worden bzw. zumindest gehemmt. Die Beklagten könnten sich im Hinblick auf einen sekundären Schadensersatzanspruch jedenfalls nicht auf den Eintritt der Primärverjährung berufen, zumindest sei die Berufung auf die Einrede der Verjährung treuwidrig. Hierzu behaupten die Kläger, die Beklagten hätten bis in das Jahr 2001 hinein den Eindruck vermittelt und ihnen gegenüber Vertrauen erzeugt, das sie bis zur Entscheidung des Finanzgerichts Baden-Württemberg gehindert habe, gegen ihre bis dahin tätigen Berater gerichtlich vorzugehen. Dieses Vertrauen sei erst zerstört worden, als die Beklagten überraschend von der finanzgerichtlichen Weiterverfolgung abrieten. Die Beklagten hätten bis 2001 die Situation als offen dargestellt und unter Hinweis auf die Schadensanzeigen bei ihren Haftpflichtversicherern die Kläger darin bestärkt, dass zunächst der Erfolg der eingelegten Rechtsmittel abgewartet werden könne. Sie - die Kläger - seien, von den Beklagten veranlasst, davon ausgegangen, dass mit dem Einwand der Verjährung nie zu rechnen sei und die Beklagten für etwaige Schäden selbstverständlich aufkämen bzw. dafür sorgen würden, dass ihre Haftpflichtversicherungen einträten. Die Beklagten hätten - wie schon erstinstanzlich durch Zeugnis des früheren Sachbearbeiters K. unter Beweis gestellt - bis 2001 das Risiko ihrer Fehlberatung bewusst verschleiert mit dem Hinweis, dass man die Angelegenheit außergerichtlich, nötigenfalls gerichtlich, noch "hinbiegen könne." Sie hätten die Erklärung, dass die Schadensmeldung gegenüber der Versicherung kein rechtliches Anerkenntnis beinhalte, als üblich und notwendig bezeichnet, um keine Obliegenheitsverletzung gegenüber ihren Haftpflichtversicherungen zu begehen. Dementsprechend hätten die Kläger bis in das Jahr 2001 ein uneingeschränktes Vertrauen gegenüber den Beklagten gehabt, die sie jedoch über die mögliche Verjährung bewusst im Unklaren gelassen hätten. Die Kläger meinen, die Hinweispflicht auf einen Schadensersatzanspruch und die kurze Verjährungsfrist habe für die Beklagten während der Dauer ihrer Mandatierung im Einspruchs- und Klageverfahren fortgedauert.

Die Kläger beantragen,

das Urteil des Landgerichts Mannheim, Az.: 3 O 265/01 - vom 24.01.2002 - im Kostenpunkt aufzuheben und im Übrigen wie folgt neu zu fassen:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger Ziffer 1, 2 und 10 einen Betrag in Höhe von 422.093,80 DM = € 215.813,13 nebst 4 % Zinsen seit dem 26.05.2001 zu zahlen.

2. Die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger einen Betrag in Höhe von 5.110,05 DM = 2.612,73 € nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

3. Die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilten, an die Klägerin Ziffer 11 einen Betrag in Höhe von 17.051,00 DM = 8.718,04 € nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

4. Die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger Ziffer 3, 4, 5, 6, 7, 8 und 9 einen Betrag in Höhe von 25.622,50 DM = 13.100,58 € nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten tragen vor,

es fehle weiterhin an einer substantierten Darlegung eines Schadens, zumal sich die Kläger bestimmte Positionen wie etwa das Abfindungsguthaben und den Wertzuwachs der Geschäftsanteile der GmbH anrechnen lassen müssten. Die durch die Aufdeckung der stillen Reserven begründete Versteuerung stelle keine Mehrbelastung dar, sondern lediglich eine Vermögensrealisierung. Die Aufdeckung müsse zu höheren Abschreibungen und damit zu einer Minderung der Gewerbe- und Körperschaftssteuer bei der K. GmbH geführt haben. Die Beklagten meinen ferner, etwaige Schadensersatzansprüche der Kläger einschließlich eines etwaigen sekundären Schadensersatzanspruchs seien jedenfalls verjährt. Hierzu behaupten die Beklagten Ziffer 2-4, ihr Mandat sei bereits 1987 beendet gewesen, da sie nur im Rahmen der Beratung über das "Anwachsungsmodell" im Zusammenhang mit der gesellschaftsrechtlichen Neuordnung der Firmen tätig geworden seien. Dementsprechend hätten sie - insoweit unstreitig - unter dem 03.09.1997 Kostenrechnung gestellt (BE I, II 143-151). Die Beklagte Ziffer 1 meint, ein sekundärer Schadensersatzanspruch der Kläger bestehe schon deshalb nicht, weil die Beratung in steuerlichen Angelegenheiten gemäß dem seinem Inhalt nach unstreitigen Schreiben der K. GmbH vom 05.08.1996 (BB 1, II 167) mit Wirkung ab dem 01.07.1992 an die I. GmbH übertragen worden sei mit Ausnahme des Auftrags zur Durchführung des Einspruchs des Verfahrens gegen den Gewinnfeststellungsbescheid der Finanzbehörden vom 09.07.1993, der als isolierter Einzelauftrag fortbestanden habe.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschrift vom 20.04.2004 (II 269-271) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Kläger hat in der Sache keinen Erfolg.

Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht die Klage abgewiesen, weil etwaige Schadensersatzansprüche der Kläger gegen die Beklagten aus einer positiven Forderungsverletzung des Steuerberaters- bzw. Rechtsanwaltsvertrages verjährt sind, §§ 222 Abs. 1 BGB, 68 StBerG, 51 b BRAO. Es bedarf deshalb keiner abschließenden Entscheidung, ob das Landgericht zutreffend von einer fehlenden Substantiierung des Schadens ausgegangen ist und diese Bedenken auch in der Berufung noch fortbestehen (vergl. zu einem möglichen Schaden durch Aufdeckung stiller Reserven: BGH, NJW 2004, 444, 445). Die mit der Berufung nicht weiterverfolgten Klageanträge Ziffer 2 und 6 sind bereits durch die Klageabweisung im landgerichtlichen Urteil rechtskräftig aberkannt. Über diese war deshalb in der Berufung nicht mehr zu entscheiden. Auf die Rechtsbeziehungen der Parteien findet das BGB in der bis zum 01.01.2002 geltenden Fassung Anwendung, Art. 229 § 5 S. 1 EGBGB.

1. Die mit den Berufungsanträgen Ziff. 1, 3 und 4 geltend gemachten Ansprüche der Kläger gegen die Beklagten auf Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung des zwischen den Parteien geschlossenen Steuerberater- und Rechtsanwaltsvertrages aus dem Jahre 1985 sind gem. §§ 68 StBerG, 51 b BRAO verjährt. Zu Recht hat das Landgericht hinsichtlich der Beklagten Ziffer 1 § 68 StBerG zugrunde gelegt, hinsichtlich der Beklagten Ziffer 2 und 3 § 51 b BRAO und hinsichtlich des Beklagten Ziffer 4 § 68 StBerG. Auf die zutreffende Begründung wird verwiesen.

a) Ein vertraglicher Anspruch gegen einen Steuerberater, der - wie im vorliegenden Falle - auf Ersatz steuerlicher Nachteile wegen eines fehlerhaften Rats in einer Steuersache gerichtet ist, verjährt in drei Jahren von dem Zeitpunkt an, in dem der Anspruch entstanden ist, § 68 StBerG. Dies gilt nach § 51 b BRAO auch für etwaige Ansprüche der Kläger auf Schadensersatz gegen die Beklagten Ziffer 2-4 aus einem zwischen den Klägern und den Beklagten Ziffer 2 - 4 als Rechtsanwälten bestehenden Vertragsverhältnis. Die Verjährung beginnt mit der Bekanntgabe des belastenden Steuerbescheids, weil dann ein Schaden infolge eines Beratungsfehlers und damit ein Ersatzanspruch i. S. d. § 198 BGB entstanden ist. Die Bestandskraft oder Unanfechtbarkeit des Bescheids ist für den Verjährungsbeginn in einem solchen Falle nicht erforderlich. Der bekannt gegebene Steuerbescheid gibt dem Mandanten in der Regel Anlass zur Prüfung, ob der Steuernachteil auf einer Fehlberatung seines Steuerberaters beruht. Von diesem Zeitpunkt an ist dem Auftraggeber zuzumuten, einen Ersatzanspruch gegen den Steuerberater im Wege der Klage geltend zu machen (BGH, NJW 1998, 1488, 1489; NJW 1995, 2108, 2109; NJW-RR 1998, 742, 743). Entgegen der Auffassung der Kläger führt ein fortlaufendes Mandat nicht zu selbständigen Pflichtverletzungen durch eine Nichtaufklärung über die vorangegangene Pflichtverletzung, die wegen ihrer Dauerwirkungen ständig neue Verjährungsfristen in Lauf setzen würden (BGH, NJW 1998, 1488). Zutreffend hat das Landgericht deshalb darauf abgestellt, dass nach Zustellung sämtlicher Steuerbescheide im Jahre 1993 die dreijährige Verjährungsfrist spätestens Ende 1996 abgelaufen war unabhängig von dem Umstand, dass die Bescheide in der Folge teilweise noch abgeändert wurden. Ob der Anspruch gegenüber den Beklagten Ziffer 2-4 gem. § 51 b BRAO entsprechend der von ihnen behaupteten Mandatsbeendigung im Jahre 1986 bereits Ende 1989 verjährt war, bedarf deshalb keiner abschließenden Entscheidung.

Allerdings kann mit der Begründung des Landgerichts eine sekundäre Hinweispflicht der Beklagten Ziffer 1 - und bei weiterbestehender Mandatierung auch der Beklagten Ziffer 2-4 - nicht verneint werden. Im Rahmen der Sekundärhaftung eines Steuerberaters, die derjenigen des Rechtsanwalts nachgebildet ist, besteht zwar eine Pflicht, den Mandanten auf die eigene Regresspflicht und deren Verjährung hinzuweisen, nicht mehr, sobald dieser rechtzeitig vor Ablauf der Verjährung wegen der Haftungsfrage anwaltlich beraten wird oder auf anderem Wege von dem Schadensersatzanspruch und dessen Verjährung Kenntnis erhält (BGH, NJW 1992, 836, 837; NJW 1994, 1405, 1407; NJW 1995, 2108, 2109). Das Landgericht meint offenbar, die Sekundärhaftung eines Steuerberaters entfalle allein wegen der Beauftragung eines weiteren Steuerberaters. Dies ist jedoch in dieser Allgemeinheit nicht richtig. Bei einem Anwaltswechsel hat der neue Rechtsanwalt seinen Auftraggeber vor einem Schaden infolge Verjährung eines Regressanspruchs gegen einen früheren Anwalt zu schützen, weil dies zur primären, umfassenden Vertragspflicht des neuen Anwalts gehört. Dieser Grundsatz kann nicht ohne weiteres auf einen Steuerberaterwechsel übertragen werden. Es gehört nämlich grundsätzlich nicht zu den Aufgaben eines Steuerberaters, auf mögliche Schadensersatzansprüche gegen seinen Vorgänger hinzuweisen. Die Vertragspflichten eines Steuerberaters beschränken sich in der Regel auf das Steuerrecht (§§ 1-3, 33 StBerG); eine Besorgung anderer Rechtsangelegenheiten einschließlich der Rechtsberatung ist ihm grundsätzlich untersagt (Art. 1 §§ 1, 4 Abs. 3 RBerG). In diesem Bereich richten sich die Aufgaben eines Steuerberaters nach Inhalt und Umfang des Mandats; nur in den dadurch gezogenen Grenzen hat der Steuerberater im Rahmen seiner umfassenden steuerlichen Beratungspflicht auch ungefragt über die bei der Bearbeitung auftauchenden steuerlichen Fragen zu belehren. Deswegen kann eine Pflicht des neuen Steuerberaters, auf einen möglichen Schadensersatzanspruch gegen seinen Vorgänger und die Verjährung hinzuweisen, nicht aus der sekundären Hinweispflicht des - früheren - haftpflichtigen Steuerberaters abgeleitet werden; ebenso wenig darf dieser auf die Erfüllung seiner Pflicht durch den neuen Berater vertrauen, mit der Folge, dass ein Sekundäranspruch mangels eines Verschuldens entfiele (BGH, NJW 1995, 2108). Im Übrigen entfällt die Belehrungspflicht hinsichtlich einer Pflichtverletzung und der kurzen Verjährungsfrist des daraus resultierenden Schadensersatzanspruchs bei der Mandatierung eines anderen Rechtsberaters nur dann, wenn dieser wegen der Regressfrage mandatiert wird (BGH, NJW-RR 1996, 313, 314; NJW 1992, 836, 837; OLG Hamm, NJW-RR 1999, 935, 936). Dafür bieten der Parteivortrag und die vom Landgericht aufgeführten Schreiben der Kläger vom 06.05.1993 (I B 12, B 13) keine hinreichenden Anhaltspunkte. Die Schreiben lassen lediglich erkennen, dass in Anwesenheit des inzwischen zur I. GmbH gewechselten Steuerberaters K. die Ergebnisse der Betriebsprüfung hinsichtlich der Jahre 1985 - 1989 besprochen wurden.

Dennoch können sich die Kläger auf einen sekundären Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten nicht berufen, denn dieser ist gleichfalls verjährt, §§ 222 BGB, 68 StBerG, 51 b BRAO. Der Sekundäranspruch, der darauf gerichtet ist, dass der Schädiger den Geschädigten so zu stellen hat, als wäre der Primäranspruch nicht verjährt, entsteht mit der Vollendung der Verjährung des Primäranspruchs (BGH, NJW 1988, 2245, 2248) und verjährt gleichfalls in drei Jahren (BGH, NJW 1988, 2250, 2253; NJW 1993, 2742, 2751; NJW 1998, 265, 266; NJW 1998, 1488, 1489). Der Sekundäranspruch war demnach spätestens Ende 1999 verjährt.

Entgegen der Auffassung der Kläger hinderten die Einsprüche gegen die Steuerbescheide und das anschließende Klageverfahren den Beginn der Verjährung nicht (BGH, NJW 1996, 1895, 1896; NJW-RR 1998, 742; NJW 1998, 1488, 1489). Ein Anspruch wegen Unterbleibens eines Hinweises auf den Sekundäranspruch und dessen Verjährung besteht nicht (BGH, NJW 1995, 2250, 2253).

b) Zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht ein verjährungsunterbrechendes Anerkenntnis der Beklagten (§ 208 BGB) und eine Hemmung der Verjährung (§ 205 BGB) sowie einen umfassenden Verzicht der Beklagten auf die Einrede der Verjährung durch den Schriftsatz vom 15.02.2001 verneint. Dafür, dass die Parteien bereits zuvor ein Stillhalteabkommen vereinbart haben über den befristeten Verzicht der Kläger auf die Geltendmachung der Forderung bis zum Abschluss des finanzgerichtlichen Verfahrens mit der Folge einer Hemmung der Verjährung gemäß §§ 202 Abs. 1, 205 BGB (BGH, NJW 1993, 1320, 1323), ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte.

c) Die Berufung der Beklagten auf die Einrede der Verjährung ist nicht gem. § 242 BGB treuwidrig. Der Senat schließt sich der zutreffenden Begründung des Landgerichts an, mit der es einen Rechtsmissbrauch verneint hat. Auch der Vortrag der Kläger in der Berufung sowie der vorgerichtliche Schriftverkehr der Parteien bieten keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Parteien über den Grund oder die Höhe des Anspruchs verhandelt hätten und die Kläger nach dem Verlauf der Verhandlungen darauf vertrauen durften, die Beklagten seien mit der Zurückstellung der gerichtlichen Geltendmachung der Schadensersatzforderung einverstanden und würden dem Anspruch nur sachliche Gründe entgegenhalten.

Allerdings steht der Verjährungseinrede des Schuldners der Arglisteinwand des Gläubigers aus § 242 BGB entgegen, wenn der Schuldner, auch unbeabsichtigt, den Gläubiger nach objektiven Maßstäben ausreichenden Anlass gegeben hat, von einer Unterbrechung der Verjährung durch Klageerhebung abzusehen, weil dieser entsprechend dem Verhalten des Schuldners darauf vertrauen durfte, seine Ansprüche würden, wenn nicht befriedigt, so doch nur mit sachlichen Einwendungen bekämpft werden, und der Schuldner sei deshalb mit einem Hinausschieben der Klageerhebung einverstanden (BGH, NJW 1996, 1895, 1897; NJW 1988, 265, 266; 2245, 2247; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., Überblick vor § 194 Rn. 10, 12). Der Senat verkennt nicht, dass die Kläger subjektiv davon ausgegangen sein mögen, die Beklagten würden sich auf die Einrede der Verjährung nicht berufen und ihr Gesamtverhalten, insbesondere die Vertretung im finanzgerichtlichen Verfahren und ihre Einschätzung der dortigen Erfolgsaussichten sowie die Meldung an die Haftpflichtversicherung als Anerkenntnis gewertet haben. Hinreichende objektive Umstände für ein derartiges Vertrauen liegen jedoch nicht vor. So konnten die Kläger auf den Umstand, dass - nach ihrem Vortrag - die Beklagten bis in das Jahr 2001 den Eindruck vermittelten, die von der Finanzverwaltung vorgetragenen Einwendungen gegen das Anwachsungsmodell könnten im Wege des Rechtsmittelverfahrens erfolgreich beseitigt werden, kein Vertrauen gründen. Daraus folgt nicht, die Beklagten würden sich - im Falle des wider Erwarten nicht erfolgreichen Verfahrens - nicht auf Verjährung berufen. Die Kläger tragen im Übrigen auch selbst vor (Schriftsatz vom 26.04.2002, S. 25, II 85), die Beklagten hätten die Situation bis zum Jahre 2000 als offen behandelt. Der Schriftverkehr der Beklagten bietet keine ausreichenden Anhaltspunkte für ein treuwidriges Verhalten. Vielmehr haben sie mit Schreiben vom 10.05.1993 (I B 12, B 15) ausdrücklich ausgeführt, dass sie unter Hinweis auf die Versicherungsbedingungen etwaige Haftpflichtansprüche der Kläger abgelehnt hätten. Mit Schreiben vom 07.02.1996 (I B 12) wurde wiederholt, dass ohne vorherige Abstimmung mit dem G. K. als Haftpflichtversicherer der Beklagten Ziffer 1 keine haftpflichtrechtlich relevanten Erklärungen abgeben würden.

Die Kläger legen auch in der Berufung nicht hinreichend dar, aufgrund welcher konkreten Umstände sie hätten davon ausgehen können, dass mit dem Einwand der Verjährung nicht zu rechnen sei, da die Beklagten selbstverständlich für einen etwaig auftretenden Schaden aufkommen bzw. dafür sorgen würden, dass ihre Versicherungen einträten. Das rechtsgeschäftliche Handeln der Beteiligten hätte von den Klägern in tatsächlicher Hinsicht so dargelegt werden müssen, dass sich das angeblich treuwidrige Verhalten der Beklagten rechtlich prüfen lässt. Bei - wie hier - konkludentem Verhalten eines Vertragsteils darf nicht lediglich das ihm zugeschriebene Erklärungsergebnis - hier der Eindruck der Kläger, die Beklagten würden bei einem Misserfolg des Einspruchs- bzw. finanzgerichtlichen Verfahrens für einen etwaig eintretenden Schaden aufkommen bzw. dafür sorgen, dass ihre Versicherung eintrete - behauptet werden. Vielmehr muss das tatsächliche Verhalten selbst so deutlich sein, dass es auf den ihm zugeschriebenen rechtlichen Erklärungsgehalt unter Berücksichtigung der §§ 133, 157 BGB gewürdigt werden kann (vergl. BGH, WM 2004, 437, 438). Aufgrund welchen konkreten Verhaltens der Beklagten über die Darstellung des Einspruchs- und finanzgerichtlichen Verfahrens als aller Voraussicht nach erfolgreich sowie die Einschaltung ihrer Haftpflichtversicherung hinaus die Kläger den Eindruck gewonnen haben sollen, die Beklagten würden sich nicht auf die Einrede der Verjährung berufen bzw. hätten sie von verjährungsunterbrechenden Maßnahmen abgehalten, lässt sich nicht hinreichend erkennen. Die Vernehmung des zum Beweis dieser Behauptung benannten Zeugen K. (Schriftsatz vom 18.09.2003, II 189) hat deshalb mangels konkret vorgetragener Anhaltspunkte zu unterbleiben. Aus dem Vortrag der Kläger ergibt sich nicht, dass die Beklagten - wie in den von ihnen zitierten Fällen des OLG Düsseldorf (VersR 2003, 1047, II 309) und BGH (NJW 1985, 1151, 1152) - durch konkrete Handlungen oder Erklärungen den Eindruck erweckt haben, verjährungsunterbrechender Maßnahmen bedürfe es nicht bzw. ausdrücklich gegenüber den Klägern angeregt haben, zunächst den Ausgang des finanzgerichtlichen Verfahrens abzuwarten.

Es sind auch keine ausreichenden Umstände dafür vorgetragen, aufgrund derer die Kläger hätten davon ausgehen dürfen, es werde zu einem gütlichen Schadensausgleich kommen. Die Beklagten haben gegenüber ihnen nicht so deutlich den Eindruck erweckt, vor Abschluss des finanzgerichtlichen Verfahrens keine sachliche oder rechtliche Beurteilung abgeben und keine Entscheidung über das Schadensersatzbegehren treffen zu können, dass der Arglisteinwand gerechtfertigt wäre. Der Zweck der Verjährungsregelungen des § 51b BRAO und des § 68 StBerG gebietet es, strenge Maßstäbe anzulegen und den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nur gegenüber einem groben Verstoß gegen Treu und Glauben durchgreifen zu lassen. Bloßes Ausweichen, Ablenken oder Schweigen rechtfertigt das Unwerturteil einer unzulässigen Rechtsausübung nicht (BGH, NJW 1988, 2245, 2247). Dass die Beklagten ihre Haftpflichtversicherer eingeschaltet, diese über die Entwicklung des Verfahrens unterrichtet und den Klägern jeweils hiervon Kenntnis gegeben haben genügt hierfür ebenso wenig wie der Umstand, dass die Beklagten den Eindruck vermittelt haben, der Rechtsmittelverfahren werde erfolgreich enden. Andernfalls liefe es darauf hinaus, über den Einwand des Rechtsmissbrauchs der Einrede der Verjährung regelmäßig doch noch zum Erfolg zu verhelfen, obwohl ein Einspruchs- oder finanzgerichtliches Verfahren nicht zur Hemmung führt. Soweit die Kläger erstmals unter Beweisantritt im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 27.04.2004 (II 305) konkret vortragen, man habe den Klägern mitgeteilt, dass man beruhigt zuwarten könne, bis über die verschiedenen Rechtsbehelfe rechtskräftig entschieden sei, bietet dies keine Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, §§ 296 a, 156 ZPO. Einer Aufforderung zu ergänzenden Angaben gemäß § 139 ZPO bedurfte es nicht, da die Kläger bereits durch das landgerichtliche Urteil auf die Problematik hingewiesen waren. Im Übrigen mussten ihnen an einer erfolgreichen Rechtsverfolgung Zweifel kommen, nachdem die Beklagte Ziffer 1 im finanzgerichtlichen Verfahren wegen Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragen musste. Dass die Beklagten sie über diesen Umstand pflichtwidrig im Unklaren gelassen hätten, behaupten auch die Kläger nicht. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte es auch von ihrem Standpunkt aus nahe gelegen, mit den Beklagten die Haftungsfrage zu klären und ggf. verjährungsunterbrechende Maßnahmen herbeizuführen.

2. Im Ergebnis zu Recht hat das Landgericht auch einen Anspruch der Kläger gegen die Beklagten auf Ersatz des geltendgemachten Prozesskostenschadens in Höhe von 2.612,73 € unter dem Gesichtspunkt der positiven Vertragsverletzung verneint. Dieser Anspruch ist ebenfalls gemäß §§ 68 StBerG, 51 b BRAO verjährt.

Es kann deshalb dahinstehen, ob alle Beklagten oder nur die Beklagte Ziffer 1 mit der Führung des finanzgerichtlichen Verfahrens mandatiert waren und ob sie eine aus dem Steuerberatungsverhältnis gegenüber den Klägern obliegende Verpflichtung verletzt haben, indem sie die Kläger nicht von der - wie von ihnen vorgetragen - nach materieller Rechtslage von vornherein aussichtslosen Klage abgeraten haben. Allerdings trifft grundsätzlich einen Steuerberater ebenso wie einen Rechtsanwalt die Pflicht, seinen Mandanten von einer von aussichtslosen Klage abzuraten und so unnötige Prozesskosten des Mandanten zu vermeiden (BGH, NJW 1998, 1488, 1491 f.). Aus dem landgerichtlichen Urteil ist nicht erkennbar, wie das Gericht zu der Auffassung gelangt, bei den geltend gemachten DM 5.110,05 würde es sich um den Betrag handeln, den die Beklagte Ziffer 1 den Klägern für ihre Tätigkeit in Rechnung gestellt hat (Tatbestand, S. 6, 4. Absatz) und welcher der Beklagten Ziffer 1 unabhängig von der Versäumung der Klagefrist als Vergütung zustehe (Gründe, S. 15 unten). Aus dem Vortrag der Kläger in der Klageschrift vom 28.06.2001, Bl. 20 (I, 20) i. V. m. den finanzgerichtlichen Akten - Az. 10 K 239/96 - Blatt 131-141 ergibt sich unschwer, dass es sich insoweit um die Gerichtskosten des finanzgerichtlichen Verfahrens handelt. Die Parteien haben dies in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 20.04.2004 klargestellt. Allerdings ist auch dieser Schadensersatzanspruch ist nach den obengenannten Vorschriften verjährt. Die Gerichtskosten waren zwar kein adäquater, zurechen- und vorhersehbarer Spätschaden aus einer steuerlichen Fehlberatung 1985/1986. Vielmehr beruht dieser Schaden auf einer weiteren selbstständigen Pflichtverletzung der Beklagten, weil sie den Klägern nicht von der - nach deren Vortrag von vornherein aussichtslosen - Klage abgeraten haben. Die Verjährung dieses Ersatzanspruches hat jedoch bereits mit der Einreichung der Klage begonnen, weil dadurch die Kläger Schuldner der Gerichtskosten geworden sind und damit der erste Teil des Kostenschadens entstanden ist (BGH, NJW 1995, 2039, 2041; NJW 1998, 1488, 1491). Die Klage vor dem Finanzgericht wurde am 06.03.1996 eingereicht, so dass die Primärverjährung drei Jahre nach der Klageerhebung am 06.03.1999 ablief.

Ein Sekundäranspruch der Kläger gegen die Beklagten darauf, so gestellt zu werden, als wäre der Primäranspruch nicht verjährt, besteht nicht. Die Kläger haben keine Umstände dafür vorgetragen, dass für die Beklagten bis zum Ablauf der Primärverjährung Anlass zur Überprüfung des eigenen Verhaltens bestand oder sie einen Schaden der Kläger in Betracht ziehen mussten. Die Pflichtverletzung, die Kläger nicht auf die Aussichtslosigkeit des Prozesses hingewiesen zu haben, ist nicht geeignet, einen Sekundäranspruch entstehen zu lassen. Diese Pflichtverletzung löste den Schaden und damit den Primäranspruch erst aus. Sie kann daher nicht gleichzeitig die Nichterfüllung einer Pflicht zur Aufdeckung des Primäranspruchs darstellen. Der Sekundäranspruch setzt eine neue, schuldhafte Pflichtverletzung voraus. Der Steuerberater bzw. Rechtsanwalt muss Anlass gehabt haben, sein früheres Verhalten zu überprüfen. Der Sekundäranspruch kann nur entstehen, wenn diese weitere Pflichtwidrigkeit zu einer Zeit begangen wird, zu der der Regressanspruch noch durchgesetzt werden kann, also insbesondere noch nicht verjährt ist (BGH, NJW 1985, 2250, 2252; NJW 1988, 265, 266; NJW 1993, 2747, 2751). Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten bis zum 06.03.1999 Anlass zur Überprüfung gehabt hätten, wie etwa einen Hinweis des Gerichts bezüglich der mangelnden Erfolgsaussicht der Klage wegen der materiellen Rechtslage, haben die Kläger nicht vorgetragen. Zwar kann im Einzelfall auch eine erneute Verletzung eines fortbestehenden Auftrags, die einen weiteren Schadensersatzanspruch begründet und die Erkenntnis des zuvor begangenen Fehlers verhindert hat, ein ausreichender Anlass dafür sein, dass der Steuerberater über seine auf der früheren Pflichtwidrigkeit beruhende Haftung und über die Verjährung hätte belehren müssen (BGH, NJW 1991, 2828: Gleiche Pflichtwidrigkeit bei der Bearbeitung der Steuererklärung für das nächste oder die folgenden Jahre im Rahmen eines einheitlichen Mandats). Die verspätete Einreichung der Klage kommt insoweit nicht in Betracht. Sie musste den Beklagten keine Veranlassung bieten, die materielle Erfolgsaussicht der Klage erneut zu prüfen. Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagten auch die Verfristung der Klage hätten erkennen und müssen und deshalb den Klägern von ihrer Einreichung hätten abraten müssen, haben die darlegungspflichtigen Kläger nicht vorgetragen.

Der Arglisteinwand gemäß § 242 BGB steht den Klägern auch insoweit gegenüber der Verjährungseinrede nicht zu. Es sind keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Beklagten bewusst eine von vorneherein aussichtslose Klage eingereicht haben. Die Beklagten Ziffer 2-4 sind weiterhin der Auffassung, die Klage wäre erfolgreich gewesen. Die Beklagte Ziffer 1 hat vorgetragen, es habe sich im Verlaufe des Verfahrens herausgestellt, dass die Kläger unabhängig von der Fristversäumnis unterlegen wären im Hinblick auf einen Meinungswandel in wesentlichen Teilen der steuerrechtlichen Literatur nach Maßgabe von Festlegungen der Finanzverwaltung. Es mag sein, dass entgegen dem Vortrag der Beklagten Ziffer 1 die herrschende Meinung in der steuerrechtlichen Literatur und die Maßgaben der Finanzverwaltung bereits Mitte der 80er Jahre anderer Auffassung waren, eine bewusste Schädigung der Kläger lässt sich dem jedoch nicht entnehmen. Wie sie selbst vortragen, waren die Beklagten bis in das Jahr 2001 fest davon überzeugt, dass die von Seiten der Finanzverwaltung vorgetragenen Einwendungen gegen das "Anwachsungsmodell" ausgeräumt werden können.

3. Ein Anspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB, der u. U. gemäß § 852 BGB nicht verjährt wäre, scheidet unter diesen Umständen aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 100 Abs. 2 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision gem. § 543 n. F. liegen nicht vor, da der Rechtsstreit keine rechtsgrundsätzlichen Fragen aufwirft und sich im Übrigen aufgrund der bisher ergangenen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung unter Würdigung der Einzelfallumstände beurteilen lässt.

Ende der Entscheidung

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