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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 24.05.2007
Aktenzeichen: 19 U 119/06
Rechtsgebiete: HOAI, VOB/B


Vorschriften:

HOAI § 64
VOB/B § 4 Nr. 3
1. Der Architekt ist verpflichtet, den Baugrund zu klären. Er hat sich in jedem Fall zu vergewissern, ob der Statiker von den gegebenen tatsächlichen Verhältnissen ausgegangen ist.

2. Bestehen Zweifel daran, ob ein Baugrund genügend tragfähig ist, genügt der Statiker seinen Pflichten nicht, wenn er sich auf eine Besichtigung der Baugrube und Abänderung seines ursprünglichen Entwurfs beschränkt, ohne dass die Tragfähigkeit des Baugrundes hinreichend geklärt ist.

3. Sobald ein Statiker Kenntnis der tatsächlichen Verhältnisse vor Ort hat nd diese Kenntnisse Zweifel begründen, ob der Baugrund hinreichend tragfähig ist, treffen ihn auch gegenüber dem Architekten Hinweispflichten.


Oberlandesgericht Karlsruhe 19. Zivilsenat in Freiburg Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 19 U 119/06

Verkündet am 24. Mai 2007

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 19. Zivilsenat des Oberlandesgerichts K.sruhe auf die mündliche Verhandlung vom 10. Mai 2007 unter Mitwirkung von

Vors. Richter am Oberlandesgericht Lauven Richterin am Oberlandesgericht Wahle Richter am Oberlandesgericht Dr. Schoppmeyer

für Recht erkannt:

Tenor:

1) Auf die Berufung der Parteien wird das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 3. August 2006 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

a) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 118.678,72 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 103.099,76 € ab dem 1. Januar 2006 und aus weiteren 15.578,96 € seit 1. Februar 2006 zu bezahlen.

b) Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin sämtlichen weitergehenden Schaden in Höhe eines Haftungsanteils von 50% zu ersetzen hat, den sie aufgrund der Verurteilung ihres Versicherungsnehmers, Herrn K.A., in Ziffer 2 des Urteils des Landgerichts Konstanz vom 2. Dezember 2005, Geschäftsnummer 2 O 66/01 D, erleidet. Ausgenommen hiervon sind Schäden, die auf das Schwimmbad und auf die Abdichtung des Treppenabgangs zurückzuführen sind.

c) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2) Die weitergehenden Berufungen der Parteien werden zurückgewiesen.

3) Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin 11/20, der Beklagte 9/20. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

4) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung der Gegenseite gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei zuvor Sicherheit in Höhe von 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

5) Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche wegen einer fehlerhaften Statik.

Hinsichtlich des Sachverhaltes wird auf die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Beide Parteien haben gegen das Urteil des Landgerichts Berufung eingelegt.

Die Klägerin behauptet, es habe ein Vertragsverhältnis zwischen ihrem Versicherungsnehmer und dem Beklagten bestanden. Der Beklagte hafte für den eingetretenen Schaden - mit Ausnahme der auf das Schwimmbad entfallenden Schäden - allein. Der Beklagte habe die alleinige Verantwortung für die Tragfähigkeit des Baugrundes übernommen, als er den Baugrund vor Ort besichtigte und daraufhin seine Statik abänderte. Diese Maßnahmen hätten es entbehrlich gemacht, ein Baugrundgutachten einzuholen. Der Beklagte habe auch kein Baugrundgutachten empfohlen. Daher treffe ihren Versicherungsnehmer kein Mitverschulden. Insbesondere könne ihm weder angelastet werden, dass er den Bauherrn nicht auf das Erfordernis eines Baugrundgutachtens hingewiesen habe noch dass er sich auf die Angaben des Beklagten verlassen habe. Jedenfalls könne ein Mitverschulden des Versicherungsnehmers nicht mit 40% gewichtet werden. Der Schadensersatzanspruch umfasse auch die Kosten, die ihr Versicherungsnehmer im Vorprozess den Bauherrn habe erstatten müssen. Diese entfielen weit überwiegend auf Gutachterkosten, die nicht angefallen wären, wenn der Beklagte einer außergerichtlichen Einigung im Vorprozess zugestimmt hätte.

Die Klägerin beantragt,

1) den Beklagten unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Konstanz zu verurteilen, an die Klägerin 240.362,51 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 206.199,53 € ab dem 1. Januar 2006 und aus weiteren 34.126,98 € seit dem 1. Februar 2006 zu bezahlen.

2) festzustellen, dass der Beklagte der Klägerin sämtlichen weitergehenden Schaden zu ersetzen hat, den sie aufgrund der Verurteilung ihres Versicherungsnehmers K.A., in Ziff. 2 des Urteils des Landgerichts Konstanz vom 2. Dezember 2005, Geschäfts Nr. 2 O 66/01 D erleidet.

3) die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

1) die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

2) das Urteil des Landgerichts Konstanz vom 3. August 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet, er habe seine Statikerleistungen für die K. A. GmbH erbracht. Die Klägerin sei daher nicht aktiv legitimiert. Sofern ein Vertragsverhältnis zum Versicherungsnehmer der Klägerin bestanden habe, sei er lediglich zu Leistungen nach § 64 HOAI, Leistungsphasen 4 und 5 verpflichtet gewesen. Das Baugrundrisiko könne ihm nicht angelastet werden, sondern treffe grundsätzlich den Bauherrn. Der Versicherungsnehmer der Klägerin habe das Baugrundrisiko vom Bauherrn übernommen. Insoweit habe der Versicherungsnehmer entweder selbst das Baugrundrisiko klären oder einen Sonderfachmann hinzuziehen müssen. Soweit das Landgericht auf den Vor-Ort-Termin abgestellt habe, habe das Landgericht versäumt, auch die Angaben des persönlich angehörten Beklagten zu würdigen. Da diese den Aussagen A. widersprächen, habe die Klägerin den ihr obliegenden Beweis nicht geführt.

Der Beklagte habe die Situation vor Ort nicht so dramatisch eingeschätzt, sondern lediglich eine recht schlammige und matschige Baustelle gesehen. Die Einholung eines Baugrundgutachtens sei Aufgabe des Architekten und in jedem Fall erforderlich gewesen. Der Beklagte habe den Versicherungsnehmer der Klägerin hierauf auch hingewiesen.

II.

Beide Berufungen sind zulässig, aber nur zu einem geringen Teil begründet.

1) Die Klägerin kann Schadensersatzansprüche aus übergegangenem Recht ihres Versicherungsnehmers K. A. (§ 67 VVG) geltend machen. Es bestand ein Vertrag zwischen Herrn A. und dem Beklagten. Dies hat das Landgericht zutreffend festgestellt. Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der landgerichtlichen Feststellungen bestehen insoweit nicht. Der Beklagte zeigt solche Zweifel auch nicht auf.

2) Der Vertrag zwischen Herrn A. und dem Beklagten erstreckte sich aber - von dem im Streitfall nicht relevanten Wärmeschutznachweis abgesehen - grundsätzlich allein auf die Erbringung der Leistungsphasen 4 und 5 gemäß § 64 HOAI. Einen weitergehenden Vertragsinhalt hat die Klägerin nicht nachgewiesen.

Es liegen nur mündliche Absprachen vor. Unstreitig hat Herr A. dem Beklagten zunächst lediglich die Pläne und sonstigen Unterlagen zugeleitet, auf deren Basis der Beklagte die statischen Berechnungen erstellte und die entsprechenden Statikpläne (Anlagenheft Beklagte) ausarbeitete. Dabei war klar, dass der Beklagte für seine statischen Berechnungen von durchschnittlichen Verhältnissen ausging. Auf allen Plänen fand sich ein formularmäßiger Hinweis, dass die Fundamente auf tragfähigem Baugrund zu gründen sind, Differenzhöhen zwischen tragfähigem Baugrund und UK Fundament mit Füllbeton B 5 auszugleichen sind und die angenommene Bodenpressung von 200 kN/m² auf der Baustelle zu überprüfen ist. Vor diesem Hintergrund war der Beklagte lediglich vertraglich verpflichtet, die Genehmigungsplanung (Leistungsphase 4: anfertigen und Zusammenstellen der statischen Berechnung mit Positionsplänen für die Prüfung) und die Ausführungsplanung (Leistungsphase 5; Anfertigen der Tragwerksausführungszeichnungen) des Leistungsbildes Tragwerksplanung auszuführen. Irgendwelche Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte in diesem Stadium auch Baugrunduntersuchungen veranlassen musste oder vertraglich verpflichtet war, für seine statischen Berechnungen auch die Tragfähigkeit des Baugrundes zu ermitteln, bestehen nicht. Insbesondere hat die Klägerin nicht dargelegt, dass der Beklagte von vornherein auch mit Leistungen der Leistungsphase 3 (Entwurfsplanung; Erarbeiten der Tragwerkslösung mit überschlägiger statischer Berechnung) beauftragt worden ist. Es war nicht Aufgabe des Beklagten, das bislang noch nicht feststehende statische System und die Tragwerksart endgültig festzulegen, wie dies für die Leistungsphase 3 erforderlich ist (vgl. Korbion, HOAI 6. Aufl. § 64 Rn. 18). Vielmehr gab Herr A. sowohl das statische System als auch die Tragwerksart vor.

Damit besteht kein Anhaltspunkt, dass der Beklagte aufgrund der mündlichen Beauftragung weitere Pflichten hatte als eine Genehmigungs- und eine Ausführungsplanung anzufertigen. Diese Leistungen hat der Beklagte unstreitig mangelfrei erbracht, soweit es um die statischen Berechnungen an sich geht. Eine gesonderte Baugrunduntersuchung oder überhaupt nur Ausführungen über den Baugrund waren nicht Vertragsbestandteil. Die Leistungsphasen des § 64 HOAI umfassen weder eine Baugrundbeurteilung noch eine Gründungsberatung. § 64 Abs. 3 Nr. 2 HOAI erwähnt Baugrundbeurteilung und Gründungsberatung bzw. Gründungsberechnung nur als besondere Leistungen der Leistungsphase 2. Demgegenüber trifft § 92 HOAI eigenständige Regelungen für Baugrundbeurteilung und Gründungsberatung; diese müssen deshalb gesondert in Auftrag gegeben werden (OLG Koblenz BauR 2005, 422). Hieran fehlt es im Streitfall. Der Beklagte hatte nur die Aufgabe, "am grünen Tisch zu rechnen". Eine Besichtigung des Baugrundstücks, Überlegungen zur Tragfähigkeit des Baugrundes und ähnliches wurden nicht verlangt. Unter diesen Umständen genügt ein Statiker in dieser Hinsicht seinen Vertragspflichten, wenn er auf die von ihm angenommene Bodenpressung hinweist und deutlich macht, dass diese vor Ort zu überprüfen ist (OLG Koblenz BauR 2005, 422). Dies ist mit dem deutlich sichtbaren Hinweis auf den Plänen des Beklagten geschehen.

3) Der Beklagte war jedoch aufgrund der Mitteilung Herrn A.s vom September 1995 und dem Besuch auf der Baustelle verpflichtet, sich daraus ergebende Bedenken gegen seine bisherigen statischen Berechnungen zu berücksichtigen und dementsprechend deutlich darauf hinzuweisen, dass ein Baugrundgutachten erforderlich war.

a) Im Streitfall folgt noch aus dem ursprünglichen Vertrag über die Statik eine Pflicht des Beklagten, auf konkrete Zweifel an den seinen statischen Berechnungen zugrunde liegenden Annahmen deutlich und konkret hinzuweisen.

Zum einen ist ein Statiker grundsätzlich verpflichtet, seinen statischen Berechnungen nur solche Annahmen zugrunde zu legen, gegen die keine handfesten Zweifel sprechen. Im Streitfall war der Ruf vor Ort ersichtlich geprägt von der Sorge, ob die statischen Berechnungen angesichts der angetroffenen Baugrubenverhältnisse zutreffend sind. Andernfalls macht die Anwesenheit des Statikers bei einer soeben ausgehobenen Baugrube keinen Sinn. Zum anderen ist es Aufgabe des Statikers, Einwendungen und Zweifel, die gegen seine statischen Berechnungen oder die ihnen zugrunde liegenden Annahmen erhoben werden, zu prüfen und sachlich richtig zu beantworten. Diese Pflicht trifft einen Statiker auch noch, nachdem er seine fertige Statik dem Auftraggeber übergeben hat. Sie ergibt sich aus dem ursprünglichen Vertrag über die Statik. Dies gilt zumindest dann, wenn - wie im Streitfall - nur wenige Tage zwischen der Übergabe der Statik und der Nachfrage liegen. Ob und inwieweit der Statiker für eine Antwort auf die Einwendungen eine gesonderte Vergütung verlangen kann, ist demgegenüber unerheblich.

Der Beklagte hat sich auch tatsächlich so verhalten, indem er unstreitig auf Aufforderung des Versicherungsnehmers mit diesem gemeinsam die Baugrube besichtigt und anschließend die Pläne geändert und verschiedene Maßnahmen angeordnet hat. Angesichts der aufgrund der Besichtigung des Bauplatzes und der entsprechenden Anfrage des Architekten gegebenen Anhaltspunkte für eventuelle Probleme musste auch der Beklagte in eigener Verantwortung prüfen, ob besondere Gründungsmaßnahmen erforderlich waren (vgl. BGH BauR 1971, 265, 268). Damit oblag dem Beklagten aufgrund des ursprünglichen Vertrags die Pflicht, sich über die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner statischen Berechnungen und der ihnen zugrunde liegenden Annahmen Gedanken zu machen. Hingegen liegt in der Besichtigung der Baustelle kein neuer Vertragsschluss.

b) Der Beklagte hat die Pflicht verletzt, den Auftraggeber auf konkrete Zweifel hinzuweisen.

Da zum Zeitpunkt der Besichtigung unstreitig eine besonders schlammige und matschige Baugrube vorlag und dem Beklagten auch der Anlass für den Termin bekannt war, waren ihm Umstände bekannt, die wesentlich schlechtere Bodenverhältnisse befürchten ließen, als zunächst angenommen. Insbesondere bestanden konkrete Zweifel, ob durchschnittliche Bodenverhältnisse vorlagen. Es gab keine Anhaltspunkte, dass sich der Beklagte dabei auf eine Besichtigung der Baugrube verlassen durfte. Sobald ein Statiker Kenntnis der tatsächlichen Bodenverhältnisse vor Ort hat und diese Kenntnisse Zweifel begründen, ob der Baugrund hinreichend tragfähig sein könnte, muss der Statiker darauf entsprechend reagieren. Sofern der Beklagte dies - da ihm kein Baugrundgutachten vorlag - nicht mehr sicher beurteilen konnte, musste er den Architekten deutlich darauf hinweisen, dass seine statischen Berechnungen unsicher waren und angesichts der Verhältnisse vor Ort zur Absicherung der Annahmen ein Baugrundgutachten erforderlich war. Er konnte sich hingegen nicht darauf beschränken, die Anforderungen in einigen Punkten zu verändern.

Bestehen Zweifel daran, ob ein Baugrund genügend tragfähig ist, genügt der Statiker seinen Pflichten nicht, wenn er sich auf eine Besichtigung der Baugrube und Abänderungen seines ursprünglichen Entwurfs beschränkt, ohne dass die Tragfähigkeit des Baugrundes hinreichend geklärt ist. Vielmehr treffen den Statiker in einem solchen Fall Hinweispflichten (vgl. OLG Karlsruhe BauR 2002, 1884; OLG Oldenburg BauR 1981, 399). Seine Leistung ist dann mangelfrei, wenn der Statiker auf die von ihm konkret erkannten Probleme deutlich hinweist. Im Streitfall hätte der Beklagte also auf die Notwendigkeit weiterer Untersuchungen hinweisen und dementsprechend verdeutlichen müssen, dass seinen statischen Berechnungen weiterhin bestimmte - ungeprüfte - Annahmen zugrunde liegen. Dies hat allerdings der Statiker zu beweisen (entsprechend § 4 Nr. 3 VOB/B). Hier ist lediglich ein mündlicher Hinweis auf die Notwendigkeit eines Baugrundgutachtens behauptet. Der als Zeuge vernommene Auftraggeber hat dies bestritten. Damit besteht - wovon auch der Beklagte ausgeht - keine Möglichkeit, einen entsprechenden Hinweis zu beweisen.

c) Weitergehende Pflichten trafen den Beklagten allerdings nicht. Insbesondere ist ein Statiker nicht verpflichtet, sich die für seine Berechnung notwendigen Unterlagen und Angaben selbst verschaffen.

Im Streitfall war es auch nach der Besichtigung der Baustelle und der Besprechung vor Ort nicht erforderlich, dass der Beklagte von sich aus eine Baugrunduntersuchung veranlasste. Dies war nicht Vertragsgegenstand. Ebensowenig hat Herr A. den Beklagten in dieser Hinsicht konkret oder konkludent beauftragt. Nachdem der ursprüngliche Vertrag sich lediglich auf eine statische Berechnung beschränkte, konnte eine Partei nach dem objektiven Empfängerhorizont nicht erwarten, dass ein Statiker bei auftretenden Problemen von sich aus eine Baugrunduntersuchung veranlasst, ohne dass die Frage geklärt wird, wer die Kosten dieser Untersuchung trägt. Dies gilt umso mehr, als die Kosten eines solchen Baugrundgutachtens außer Verhältnis zur im Streitfall für die Statik vereinbarten Pauschalvergütung von 3.500 DM gestanden hätten.

d) Hingegen entlastet der auch auf den geänderten Plänen befindliche, vorformulierte Hinweis den Beklagten nicht. Aufgabe des Beklagten war es, auf die konkrete Situation, zu deren Beurteilung ihn der Versicherungsnehmer der Klägerin ausdrücklich herbeigeholt hatte, richtig und vollständig zu reagieren. Insbesondere war offensichtlich, dass die Frage, ob ein Baugrundgutachten einzuholen sei, im Raum stand. Unter diesen Umständen genügt ein Statiker seinen Hinweispflichten nicht, wenn er in Kenntnis konkreter Probleme es bei einem vorformulierten Hinweis belässt, dass den statischen Berechnungen eine angenommene Bodenpressung zugrunde liege, die vor Ort zu überprüfen sei. Dieser Hinweis ist zu pauschal. Er lässt außer Betracht, dass es gerade nicht mehr um die Frage ging, ob die statischen Berechnungen auf der Grundlage lediglich durchschnittlicher Annahmen korrekt waren, sondern um die Frage, ob ein Baugrundgutachten einzuholen war oder nicht.

4) Zutreffend hat das Landgericht den Anspruch der Klägerin um ein Mitverschulden ihres Versicherungsnehmers gekürzt.

Der Architekt ist verpflichtet, den Baugrund zu klären. Er hat sich in jedem Fall zu vergewissern, ob der Statiker von den gegebenen tatsächlichen Verhältnissen ausgegangen ist (BGH BauR 1971, 265, 267). Hingegen ist es grundsätzlich nicht Aufgabe des Statikers, den Baugrund zu klären, sofern er diese Tätigkeit nicht ausdrücklich übernommen hat. Daran fehlt es im vorliegenden Fall.

Nachdem Herr A. selbst erkannt hatte, dass der Baugrund problematisch war, war nicht nur eine Nachfrage beim Statiker (BGH, BauR 1971, 265, 267), sondern auch eine eigenständige Überprüfung des Baugrundes geboten. Auf eine bloße Versicherung des Statikers, dies ließe sich durch geringfügige Maßnahmen absichern, durfte er sich deshalb nicht verlassen. Vielmehr war für ihn offen ersichtlich, dass eine nähere Untersuchung des Baugrundes nicht erfolgt war. Wer sich unter diesen Umständen auf eine für einen Fachmann - als der sich der Versicherungsnehmer der Klägerin behandeln lassen muss - ersichtlich unfundierte Aussage über die Tragfähigkeit des Baugrundes verlässt, ist für den dann eingetretenen Schaden in erheblichem Umfang mitverantwortlich, wenn - wie im Streitfall - eine gründliche Bodenuntersuchung erforderlich gewesen wäre. Die Untersuchung der Bodenverhältnisse ist entscheidend für die statischen Berechnungen; sie zu veranlassen ist in erster Linie Pflicht des Architekten (BGH BauR 1971, 265, 267f.). Der Statiker ist kein Fachmann für Baugrunduntersuchungen.

Da nicht aufklärbar ist, ob überhaupt über die Notwendigkeit eines Baugrundgutachtens gesprochen worden ist, gerade dieses aber im vorliegenden Fall unzweifelhaft erforderlich gewesen wäre, trifft beide Parteien eine hälftige Verantwortlichkeit (so auch OLG Oldenburg BauR 1981, 399, für einen Fall, bei dem sowohl dem Architekten als auch dem Statiker die schwierigen Bodenverhältnisse bekannt waren). Beide Parteien haben die gleichen Erkenntnismöglichkeiten gehabt, für beide war offensichtlich, dass der Baugrund nicht näher untersucht worden ist und beide haben sich damit zufrieden gegeben, dass kleinere Änderungen an der Statik vorgenommen worden sind. Dass der Beklagte dem Versicherungsnehmer der Klägerin zugesichert hat, damit sei die statische Problematik gesichert, hat die insoweit beweisbelastete Klägerin nicht bewiesen. Allein aus der tatsächlichen Veränderung heraus lässt sich kein überwiegendes Mitverschulden des Statikers herleiten.

5) Der Anspruch ist nicht verjährt. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 638 BGB a.F. fünf Jahre, weil es sich um Arbeiten an einem Bauwerk handelt. Dies gilt auch, wenn der Architekt - wie hier - den Statiker im eigenen Namen mit entsprechenden Leistungen beauftragt (BGHZ 58, 85). Die Verjährung begann mit Übergabe der Statik am 28. September 1995. Sie endete damit frühestens im September 2000. Mit Schreiben vom 11. Mai 2000 hat der Beklagte jedoch auf die Einrede der Verjährung bis zum 30. Dezember 2000 verzichtet, mit Schreiben vom 5. Dezember 2000 diesen Verzicht bis zum 31. Dezember 2001 verlängert. Nachdem die Streitverkündung im Mai 2001 zugestellt wurde, unterbrach sie die Verjährung rechtzeitig (§ 209 Abs. 2 Nr. 4 BGB a.F.). Der Vorprozess endete mit Urteil vom 2. Dezember 2005, so dass die im Streitfall am 16. Februar 2006 beim Landgericht eingegangene Klage innerhalb noch offener Verjährungsfrist erhoben wurde. Die vom Beklagten zitierte Entscheidung BGHZ 121, 94 (= NJW 1993, 723) betrifft Planungsleistungen für Rohrleitungsarbeiten an einem Grundstück, nicht aber Planungsleistungen für die Errichtung eines Bauwerks. Im übrigen hat der BGH in dieser Entscheidung noch einmal ausdrücklich klargestellt, dass Planungsleistungen für Bauwerke nach § 638 BGB in fünf Jahren verjähren.

6) Damit hat der Beklagte den dem Versicherungsnehmer der Klägerin entstandenen Schaden zur Hälfte zu ersetzen.

a) Die Feststellungen des Landgerichts zur Schadenshöhe sind richtig. Angriffe auf den Umfang des Schadens sind angesichts der Bindungswirkung des Urteils im Vorprozess nicht möglich (§§ 68, 74 ZPO).

Der Höhe nach beträgt der Anspruch der Klägerin nur 50% des vom Landgericht insgesamt festgestellten Schadens von 206.199,53 €. Dies sind 103.099,76 €. Soweit das Landgericht den Schaden um die auf das Schwimmbad und die Treppe entfallenden Kosten gekürzt hat, verfolgt die Klägerin ihre Ansprüche mit der Berufung ausdrücklich nicht weiter. Gleiches gilt für die außergerichtlichen Anwaltskosten.

b) Der Ersatzanspruch der Klägerin erstreckt sich aber auch auf die den Bauherrn im Vorprozess erstatteten Kosten. Der Beklagte hat sich trotz seiner Verantwortlichkeit geweigert, Schadensersatz zu leisten. Unstreitig ist der Beklagte aufgefordert worden, an einer gütlichen Einigung mit dem Bauherrn mitzuwirken. Damit hat die Pflichtverletzung des Beklagten auch den durch den Vorprozess entstandenen Schaden (mit-)verursacht. Der Schutzzweck des § 635 BGB a.F. erfasst diesen Schaden. Zinsen und Kosten eines Vorprozesses mit Abnehmern des mangelhaften Werkes sind grundsätzlich ein nach § 635 BGB a.F. ersatzfähiger Schaden (BGH WM 1983, 1104). Es ist nicht ersichtlich und vom Beklagten auch nicht substantiiert dargetan, dass der Versicherungsnehmer der Klägerin den Vorprozess unnötig geführt oder provoziert hätte. Die Erwägung des Landgerichts, dass eine Prozessführung von mehreren Gesamtschuldnern zu keinem Ausgleich führt, ist insoweit nicht einschlägig, weil es im Streitfall nicht um einen Ausgleich zwischen Gesamtschuldnern, sondern um Schadensersatzansprüche zwischen zwei Vertragspartnern geht.

Der Höhe nach sind diese Kosten aber um die auf das Schwimmbad und die Abdichtung des Treppenabgangs entfallenden Positionen zu kürzen. Der Senat schätzt diesen Anteil gemäß § 287 ZPO entsprechend der vom Landgericht bereits für den Gesamtschaden ermittelten Quote mit 91,3 %. Welche Schäden im einzelnen tatsächlich auf die Pflichtverletzung des Beklagten zurückzuführen sind, ist eine Frage der haftungsausfüllenden Kausalität. Danach verbleibt ein dem Grunde nach ersatzfähiger Anspruch von 31.157,93 € (91,3% von 34.126,98 €). Hiervon hat der Beklagte die Hälfte zu tragen, also 15.578,96 €.

c) Die Feststellungsklage ist nicht nur auf eine Haftungsquote von 50% zu kürzen. Darüber hinaus sind auch insoweit die auf das Schwimmbad und die Abdichtung des Treppenabgangs entfallenen Zukunftsschäden auszunehmen.

7) Dies Zinsansprüche beruhen auf Verzug. Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1 ZPO, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Gründe, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.

Ende der Entscheidung

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