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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 19.04.2001
Aktenzeichen: 19 U 201/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 242
BGB § 252
BGB § 779
Ein Prozessvergleich über den Ersatz von Verdienstausfall kann seine Geschäftsgrundlage mit dem Ende der Erwerbstätigkeit mit Vollendung des 65.Lebensjahres verlieren, wenn zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses die Erwartung der Parteien des Vergleichs bestand, der damals arbeitslose Geschädigte würde wie vor der Arbeitslosigkeit als Nichtselbständiger tätig.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Zivilsenate in Freiburg Im Namen des Volkes Urteil

19 U 201/00

Verkündet am: 19. April 2001

In Sachen

wegen Abänderung eines Vergleichs

hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenat in Freiburg - auf die mündliche Verhandlung vom 5. April 2001 durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Richter am Oberlandesgericht Richter am

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 9. Oktober 2000 wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Berufung zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 52000 DM abwenden, wenn nicht die Klägerinnen vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Sicherheit kann auch durch eine selbstschuldnerische, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

4. Die Beschwer des Beklagten übersteigt 60000 DM.

Tatbestand:

Die Klägerinnen begehren die Abänderung eines Prozessvergleichs über eine Schadensersatzrente und die Rückzahlung geleisteter und im Wege der Zwangsvollstreckung beigetriebener Zahlungen.

Der am 9. Juli 1933 geborene Beklagte war Bauingenieur von Beruf. Er wurde am 4. Juni 1976 bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt. Der Beklagte hat die Klägerinnen - die Klägerin Ziff. 2 wohl als Fahrerin und die Klägerin Ziff. 1 als Haftpflichtversicherer - vor dem Landgericht Freiburg (1 O 318/79) auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Am 14. März 1980 wurde ein Teilvergleich (Anl. K 1) abgeschlossen und im übrigen das Ruhen des Verfahrens angeordnet. In § 1 und 2 des Teilvergleichs haben sich die Parteien über den Ersatz der bis zum 31.12.79 entstandenen Schäden mit Ausnahme des Schmerzensgeldes geeinigt.

§ 3 des Teilvergleichs lautet:

" 1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Beklagten als Gesamtschuldner den am 1.1.1980 entstandenen und noch entstehenden Vermögensschaden des Klägers aus dem Verkehrsunfall vom 4.6.1976 in folgender Höhe zu erstatten haben:

a) 7/12 des durch die Körperverletzung bedingten Schadens, einschließlich des Verdienstausfallschadens,

b) 2/3 des übrigen Schadens.

2. Der ab 1.1.1980 zu ersetzende Verdienstausfallschaden bei 100%iger Erwerbsunfähigkeit wird übereinstimmend auf monatlich 2529,30 DM netto festgesetzt, abzüglich der insoweit auf die öffentlichen Versicherungsträger übergegangenen und übergehenden Ersatzansprüche. Neben diesem Nettobetrag haben die Beklagten als Gesamtschuldner insbesondere die auf die Ersatzleistung entfallende Einkommens- und Kirchensteuer sowie evtl. künftig entstehende Sozialversicherungsbeiträge zu erstatten. Der Kläger kann die Zustimmung der Beklagten verlangen, dass der zu ersetzende Verdienstausfallschaden entsprechend den Rentenanpassungen in der gesetzlichen Rentenversicherung für Angestellte erhöht wird.

3. Der Kläger verpflichtet sich, den Beklagten Auskunft über alle Umstände zu erteilen, die auf die Höhe des Verdienstausfallschadens Einfluss haben könnten, insbesondere über Änderungen seiner Erwerbsfähigkeit und der Rentenzahlung aus der gesetzlichen Rentenversicherung sowie über ausgeübte Erwerbstätigkeiten. Der Kläger verpflichtet sich weiter, auf Verlangen der Beklagten im Rahmen der Zumutbarkeit sich mindestens einmal jährlich einer ärztlichen Untersuchung über seine Erwerbsunfähigkeit zu unterziehen und die Ärzte insoweit von der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber den Beklagten zu entbinden, wobei dem Kläger ein vollständiger Untersuchungsbericht zu übermitteln ist und sämtliche Kosten von den Beklagten zu tragen sind."

§ 4 Abs. 1 lautet wie folgt:

"Mit der gerichtlichen Protokollierung dieses Vergleichs wird der anhängige Rechtsstreit erledigt mit Ausnahme des vom Kläger begehrten, über 30000 DM hinausgehenden Schmerzensgeldanspruches."

Der Beklagte hatte als angestellter Bauingenieur gearbeitet und war seit Januar 1976 arbeitslos gewesen. Die Parteien waren zu dem in § 3 Ziff. 2 des Teilvergleichs genannten Betrag von 2528,30 DM gelangt, indem sie - bei einem Streit über die Höhe des künftigen Erwerbsschadens - einen Verdienstausfallschaden von 4334,23 DM netto zugrundegelegt hatten (4334,23 DM x 7/12 = 2528,30 DM).

Am 24. Oktober 1980 schlossen die Klägerin Ziff. 1 und der Beklagte einen außergerichtlichen Vergleich über eine zusätzliche Schmerzensgeldzahlung und vereinbarten, dass damit das Verfahren vor dem Landgericht Freiburg erledigt sei und nicht wieder angerufen werde.

Unter Anrechnung der Erwerbsunfähigkeitsrente, die der Beklagte bezog, hat die Klägerin Ziff. 1 ab 1.1.1980 monatlich 1502,30 DM und - nach jährlichen Anpassungen entsprechend den Erhöhungen in der gesetzlichen Rentenversicherung - zuletzt 2425,31 DM im Monat an den Beklagten bezahlt.

Auf Anregung der Klägerin Ziff. 1 hat der Beklagte im Sommer 1998 im Hinblick auf seinen bevorstehenden 65. Geburtstag bei dem Rentenberater E. ein Gutachten zur Höhe seines Altersrentenausfallschadens in Auftrag gegeben. Die Klägerin Ziff. 1 hat Einwendungen gegen das am 6. August 1998 vorgelegte Gutachten erhoben. Daraufhin hat sich der Beklagte auf den Standpunkt gestellt, dass er auch nach seinem 65. Geburtstag Anspruch auf die im Vergleich vereinbarten Zahlungen habe. Von August 1998 bis Dezember 1999 hat der Beklagte insgesamt 41910, 44 DM erhalten. Teilweise hat die Klägerin Ziff. 1 freiwillig unter dem Vorbehalt beliebiger Verrechnung geleistet, teilweise wurde der Betrag im Wege der Zwangsvollstreckung beigetrieben. Damit waren Vollstreckungskosten und Zinsausfall von 3400 DM verbunden.

Der Beklagte erhält seit August 1998 eine Altersrente von 1440,34 DM. Hiervon wird sein Beitragsanteil zur Kranken- und Pflegeversicherung von insgesamt 112,34 DM einbehalten. Der ausbezahlte Nettorentenbetrag beläuft sich also auf insgesamt 1328 DM. Der Rentenberechnung hat die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte laut Rentenbescheid vom 16. Juli 1998 30,2275 persönliche Entgeltpunkte zugrunde gelegt. Diese persönlichen Entgeltpunkte waren bereits Grundlage der früheren Rente des Beklagten; sie waren maßgeblich, weil sie zu einer höheren Rente führten als die an sich zu berücksichtigenden Entgeltpunkte von 19,2101, die sich aufgrund eines durchgeführten Versorgungsausgleichsverfahrens auf 17,5626 Punkte reduzierten (vgl. Anlage 6 zum Rentenbescheid vom 16.Juli 1998, Anl. K 8).

Ausweislich des von den Klägerinnen nicht mehr angegriffenen Gutachtens des Rentenberaters E. vom 6. August 1998 hätte der Beklagte bei einer Weiterzahlung von Pflichtbeiträgen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze eine Altersrente von 2.501,71 DM erhalten. Da diese die Beitragsbemessungsgrenze der Kranken- und Pflegeversicherung überschritten hätte, wäre kein Beitragsabzug erfolgt. Der Beklagte hätte vielmehr einen Beitragszuschuss von 187,63 DM zu der von ihm selbst durchzuführenden Kranken- und Pflegeversicherung erhalten.

Die Klägerinnen haben die Ansicht vertreten,

dass der Prozessvergleich an die veränderten Verhältnisse anzupassen sei. Geschäftsgrundlage des Vergleichs sei der Wille gewesen, den Verdienstausfallschaden des Beklagten mit einer bestimmten Haftungsquote zu ersetzen. Ein solcher Verdienstausfallschaden des Beklagten entstehe nur bis zum Erreichen des gesetzlichen Ruhestandsalters. Daher sei ihre Pflicht zum Ersatz des Verdienstausfallschadens ab August 1998 entfallen. Für den Fall, dass sie nur eine Reduzierung der Schadensersatzrente auf den Rentenausfallschaden verlangen könnten, machen die Klägerinnen geltend, dass ihnen nur der unfallbedingte Wegfall von Arbeitgeberbeiträgen zur Rentenversicherung entgegengehalten werden könne. In der bisher geleisteten Verdienstausfallrente seien die Arbeitnehmerbeiträge für die Rentenversicherung bereits enthalten gewesen. Im übrigen sei zu berücksichtigen, dass ein Versorgungsausgleich stattgefunden habe. Sie seien nicht verpflichtet, dem Beklagten den im Wege des Versorgungsausgleichs übertragenen Anteil zu ersetzen.

Die Klägerinnen haben beantragt:

1. Der Vergleich des Landgerichts Freiburg vom 14. März 1980 - 1 O 318/79 - wird in § 3 Ziffer 2 dahin abgeändert, dass die Beklagten dem Kläger mit Wirkung vom 1. August 1998 keinen Verdienstausfall zu ersetzen haben.

2. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen den ab 1. August 1998 bis einschließlich Dezember 1999 erhaltenen und durch Vollstreckung beigetriebenen Verdienstausfallschaden, einschließlich Kosten und Zinsen, in Höhe von 45.310,44 DM zurückzuzahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat die Auffassung vertreten,

dass die Geschäftsgrundlage des Vergleichs nicht weggefallen sei. Dass er nach Erreichen des gesetzlichen Ruhestandsalters keinen "Verdienstausfallschaden" mehr habe, sei unerheblich. Er hat darauf hingewiesen, dass die Klägerin Ziff. 1 - was unstreitig ist - in vielen an ihn gerichteten Schreiben von einer "Rente" und nicht von einem "Verdienstausfallschaden" gesprochen habe. Obwohl das Erreichen des Ruhestandsalters absehbar gewesen sei, sei auch keine entsprechende zeitliche Befristung in den Prozessvergleich aufgenommen worden. Daraus müsse geschlossen werden, dass eine solche zeitliche Befristung nicht durchsetzbar gewesen wäre, jedenfalls aber bewusst unterlassen worden sei. In dem außergerichtlichen Ergänzungsvergleich sei vereinbart worden, das Verfahren vor dem Landgericht Freiburg nicht wieder anzurufen. Auch daraus folge, dass die Parteien von einer dauerhaften und - bis auf die gesetzlichen Rentenanpassungen - unabänderlichen Zahlungsverpflichtung der Klägerinnen ausgegangen seien. Wäre eine entsprechende Befristung bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres beabsichtigt gewesen, wären sicherlich Regelungen aufgenommen worden, was danach zu zahlen gewesen wäre. Für den Fall, dass eine Anpassung erfolge, sei zu berücksichtigen, dass er ohne den Unfall neben der Altersrente von 2501,71 DM auch einen Beitragszuschuss zur Krankenversicherung von 187,63 DM erhalten hätte. Gemäß § 3 Ziff. 2 habe dem Beklagten der Verdienstausfallschaden netto verbleiben sollen, da die Klägerinnen verpflichtet gewesen seien, evtl. künftig entstehende Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten.

Das Landgericht hat unter Abweisung der Klage im übrigen

1. den Vergleich des Landgerichts Freiburg vom 14. März 1980 - 1 O 318/79 - in § 3 Ziff. 2 folgendermaßen abgeändert:

Ab dem 1. August 1998 ist Rentenausfallschaden statt Verdienstausfallschaden zu ersetzen. Der zu ersetzende Rentenausfallschaden wird auf monatlich 575,21 DM netto festgesetzt. Neben diesem Nettobetrag haben die Beklagten als Gesamtschuldner insbesondere die auf die Ersatzleistung entfallende Einkommens- und Kirchensteuer sowie evtl. zukünftig entstehende Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge zu erstatten. Der Kläger kann die Zustimmung der Beklagten verlangen, dass der zu ersetzende Rentenausfallschaden entsprechend den Rentenanpassungen in der gesetzlichen Rentenversicherung für Angestellte erhöht wird.

2. den Beklagten ferner verurteilt, an die Klägerinnen den ab 1. August 1998 bis einschließlich Dezember 1999 erhaltenen und durch Vollstreckung beigetriebenen Verdienstausfallschaden in Höhe von 32.131,87 DM zurückzubezahlen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufung begehrt der Beklagte unter Aufrechterhaltung seiner bisherigen Rechtsauffassung die Abweisung der Klage; hilfsweise rügt er die Berechnung des Rentenschadens.

Er vertritt weiterhin die Auffassung,

durch das Erreichen des 65. Lebensjahres sei die Geschäftsgrundlage des Vergleiches vom 14. März 1980 nicht entfallen. Aus der Bezeichnung als Verdienstausfallschaden habe das Landgericht zu Unrecht abgeleitet, dass die Regelung nur bis zu dieser Altersgrenze, bei der nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom Ende der Erwerbstätigkeit eines nicht selbständig Beschäftigten auszugehen sei, habe gelten sollen. Der berufliche Werdegang des damals arbeitslosen Beklagten habe nämlich ohne das Unfallereignis mit derselben Wahrscheinlichkeit in eine nicht-selbständige oder eine Tätigkeit als Selbständiger, bei dem ein Ende der Erwerbstätigkeit nicht an der genannten Altersgrenze festzumachen sei, münden können. Aus diesem Grund sei auch nicht auszuschließen, dass die zeitlich unbefristete Zahlungsverpflichtung der Klägerinnen gerade deshalb vereinbart worden sei, um den Beklagten auf Dauer für seine entgangenen beruflichen Chancen zu entschädigen.

Die Auskunftsverpflichtung in § 3 Abs. 3 des Vergleichs beziehe sich auf Umstände, die den Klägerinnen nur durch den Beklagten haben bekannt werden können. Dies treffe aber auf das Erreichen des 65. Lebensjahres nicht zu, was dafür spreche, dass insoweit im Ursprungsvergleich eine abschließende Regelung habe getroffen werden sollen.

Hilfsweise sei von einem Rentenausfallschaden von 1361,34 DM auszugehen.

Bei der Ermittlung der Rentenausfallschadens sei von einer Monatsrente von 2689,34 DM statt von 2314,08 DM auszugehen. Die Aufwendungen zur Krankenversicherung seien nicht abzuziehen, da nach dem Vergleich die Klägerinnen verpflichtet gewesen seien, etwaige künftig anfallende Sozialversicherungsbeiträge des Beklagten zu tragen.

Ferner habe das Landgericht die Differenz zwischen fiktiver und tatsächlicher Altersrente nicht quoteln dürfen, da der Berechnung der fiktiven Altersrente durch den Rentenberater E. bereits der gequotelte, von den Klägerinnen zu zahlende Verdienstausfallschaden zugrunde gelegen habe.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 9. Oktober 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerinnen beantragen,

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

Sie vertreten die Ansicht,

das Landgericht habe ohne weiteres das Erreichen des 65. Lebensjahres als zeitliche Grenze der Erwerbstätigkeit zugrunde legen dürfen. Es habe nämlich aufgrund des Vortrags des Beklagten und damaligen Klägers bei der nach § 287 ZPO zu beurteilenden Entwicklung seines Erwerbslebens davon ausgehen dürfen, dass es in einer nicht-selbständigen Arbeit gemündet hätte. Der damals arbeitslose, 43 Jahre alte Beklagte habe - was unstreitig ist - vorgetragen gehabt, dass er gute Aussichten gehabt habe, Ortsbaumeister bei der Gemeinde S. zu werden. Dieser Umstand sei Anknüpfungstatsache für den Vergleich gewesen, für einen anderen Verlauf seines beruflichen Lebens bestehe kein Anhalt.

Die Klägerinnen weisen darauf hin, dass der Rentenberater E. die fiktive Altersrente ungekürzt auf der Grundlage von Pflichtbeiträgen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze errechnet habe.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Berufungsbegründung vom 17. Januar 2001 und die Berufungserwiderung vom 8. März 2001 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist nicht begründet.

1. Das Landgericht hat § 3 Ziff. 2 des zwischen den Parteien am 14. März 1980 vor dem Landgericht Freiburg (1 O 318/79) geschlossenen Prozessvergleichs zu Recht rückwirkend ab dem 1. August 1998 dahin abgeändert, dass ab diesem Zeitpunkt nur noch Rentenausfall statt Verdienstausfall zu ersetzen ist. Die Abänderbarkeit eines Prozessvergleichs richtet sich ausschließlich nach materiellem Recht, d.h. den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage, so dass § 323 Abs. 1 bis 3 ZPO nicht gilt. Mit der Vollendung des 65. Lebensjahres durch den Beklagten am 9. Juli 1998 ist die Geschäftsgrundlage für den Ersatz von Verdienstausfall entfallen. Die für den Abschluss des Vergleichs maßgeblichen Umstände haben sich dadurch derart verändert, dass den Klägerinnen nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden konnte, an der bisherigen Regelung festgehalten zu werden (vgl. BGH NJW 86, 2054 f).

Bei der durch Auslegung des Vergleichs vom 14. März 1980 vorzunehmenden Ermittlung des diesem zugrundeliegenden Parteiwillens ist das Landgericht zu Recht davon ausgegangen, dass der auf der Basis von § 3 Ziff. 2 des Vergleichs zu errechnende Verdienstausfallschaden auch ohne eine ausdrückliche Befristung nur bis zum 65. Geburtstag des Beklagten zu bezahlen war. Schon aus der Verwendung des Begriffs "Verdienstausfallschaden" folgt, dass die Regelung nur für den Zeitraum gelten sollte, in dem der Beklagte einen solchen "Verdienstausfall" hat, weil er ohne die unfallbedingten Verletzungen erwerbstätig bzw. erwerbsfähig gewesen wäre.

Zu Unrecht wendet sich die Berufung dagegen, dass das Landgericht seiner Bewertung zugrunde gelegt hat, dass der Beklagte weiterhin in nicht-selbständiger Stellung tätig gewesen wäre und damit von einem Ende der Erwerbstätigkeit mit Vollendung des 65. Lebensjahres ausgegangen ist (vgl. BGH VersR 88, 464, 465; 95, 1321 und 1447). Die Parteien haben nämlich bei Abschluss des Vergleichs vom 14. März 1980 bei der nach § 287 ZPO zu beurteilenden künftigen Entwicklung des Erwerbslebens des Beklagten, wie sie sich ohne das die Erwerbsunfähigkeit auslösende Unfallereignis ergeben hätte (vgl. BGH VersR 88, 464, 465), die Erwartung zugrunde gelegt, dass der damals arbeitslose Beklagte wieder als Nicht-Selbständiger tätig geworden wäre. Sie sind nicht davon ausgegangen, dass er einer selbständigen Tätigkeit nachgegangen wäre. Dies ergibt sich aus dem Vortrag des Beklagten und damaligen Klägers im Vorprozess, wonach er gute Chancen auf eine Stelle als Ortsbaumeister bei der Gemeinde S. gehabt habe und ihm ferner vom Arbeitsamt zwei neue Stellen angeboten werden sollten. Dass er darüber hinaus im Vorprozess vorgetragen hätte, dass er eine selbständige Tätigkeit anstrebe, hat der Beklagte nicht behauptet. Zudem sind die Parteien auch bei der Festlegung der Modalitäten für die Berechnung des Verdienstausfallschadens in § 3 Ziff. 2 des Vergleichs davon ausgegangen, dass der Beklagte ohne den Unfall wieder einer Tätigkeit als Angestellter nachgegangen wäre. Anhaltspunkte dafür, dass er sich im Alter von 46 Jahren noch selbständig gemacht hätte, fehlen.

Als wesentliches Argument für den damaligen Willen der Vergleichsschließenden, dass die auf der Basis von § 3 Ziff. 2 des Vergleichs zu errechnende Verdienstausfallrente nur bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres bezahlt werden sollte, hat das Landgericht zu Recht angesehen, dass der Beklagte nach materiellem Recht nach seinem 65. Geburtstag nur noch Anspruch auf Ersatz seines Altersruhegeldschadens hat, der in der Differenz zwischen dem ohne den Unfall bezogenen Altersruhegeld und der Erwerbsunfähigkeitsrente unter Berücksichtigung der jeweiligen steuerlichen Auswirkungen liegt (BGH VersR 88, 464, 465; VersR 95, 1447, 1448). Anhaltspunkte für die lebensfremde Annahme, dass sich die Klägerinnen zur Weiterzahlung der bisherigen, nach materiellem Recht in dieser Höhe nicht mehr geschuldeten Verdienstausfallrente auf Lebenszeit des Beklagten verpflichten und ihn über den ihm voraussichtlich entstehenden Erwerbschaden hinaus privilegieren wollten, fehlen.

Für die Annahme des Beklagten, dass sich die Klägerinnen bei Vergleichsabschluss auf Dauer zu einer Rentenzahlung in der in § 3 Ziff. 2 des Vergleichs vom 14. März 1980 verpflichten wollten, spricht auch nicht, dass durch den außergerichtlichen Vergleich vom 24. Oktober 1980 das Verfahren vor dem Landgericht Freiburg endgültig erledigt werden sollte. Regelungsgegenstand des außergerichtlichen Vergleichs war nur der Anspruch des Beklagten auf Schmerzensgeld, nicht aber der Erwerbsschaden, wie sich aus § 4 Ziff. 1 des gerichtlichen Vergleichs vom 14. März 1980 ergibt. Dass der Vergleich hinsichtlich des Erwerbsschadens abänderbar sein sollte, folgt - wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat - aus der Auskunftsverpflichtung in § 3 Ziff. 3 des Vergleichs. Dem Beklagten ist zwar einzuräumen, dass es in dieser Regelung im Gegensatz zum bekannten Datum seines 65. Geburtstags um Umstände ging, die den Klägerinnen nicht bekannt waren und nur über ihn hätten bekannt werden können. Dies lässt jedoch nicht den Schluss zu, dass eine Abänderung des Vergleichs wegen der Vollendung des 65. Lebensjahres durch den Beklagten ausgeschlossen sein sollte.

Dass die Klägerin Ziff. 1 in ihren Schreiben an den Beklagten immer wieder von einer diesem zu gewährenden Rente gesprochen hat, kann nicht als Indiz dafür herangezogen werden, dass sie dem Beklagten den Verdienstausfallschaden bis an sein Lebensende ersetzen wollte. Es entspricht vielmehr der gesetzlichen Regelung des § 843 Abs. 1 BGB, dass der Verdienstausfallschaden durch Rentenzahlung auszugleichen ist.

Wegen der Anpassung des Vergleichs auf der Grundlage des bisherigen Vergleichs (vgl. BGHZ 105, 243, 247;OLG Hamm FamRZ 99, 1510) und der Berechnung des Rentenausfallschadens nimmt der Senat gemäss § 543 Abs. 1 ZPO auf 2. - 4 der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug. Der Einwand des Beklagten, das Landgericht habe die Differenz zwischen fiktiver und tatsächlicher Altersrente nicht quoteln (7/12) dürfen, da der Berechnung der fiktiven Altersrente durch den Rentenberater E. bereits der gequotelte, von den Klägerinnen zu zahlende Verdienstausfallschaden zugrunde gelegen habe, greift nicht durch. Die Berechnung des Rentenberaters E. geht von Pflichtbeiträgen in Höhe der Beitragsbemessungsgrenze aus, was sich aus S. 1 des Schreibens von Herrn E. vom 6.8.98 (Anl. K 4) und S. 5 und 6 der Grundberechnung ergibt. Der Beklagte wird also so gestellt, als habe er den für die Höhe der Rente in Ansatz zu bringenden Maximalbeitrag bezahlt.

Das Landgericht hat den Rentenausfallschaden ausgehend von dem in § 3 Ziff. 2 des Vergleichs niedergelegten Nettoprinzip auch zutreffend mit 7/12 der Differenz zwischen der ohne den Eintritt der Erwerbsunfähigkeit erzielten Nettorente (also abzüglich der Krankenversicherungsbeiträge) von 2314,08 DM und der nach Abzug der Krankenversicherungsbeiträge und der Pflegeversicherung tatsächlich gewährten Nettorente von 1328 DM ermittelt.

2. Der Senat weist darauf hin, dass er unter Anwendung der Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung im vorliegenden Fall zu demselben Ergebnis gelangt wäre.

3. Die Klägerinnen können vom Beklagten gemäß § 812 Abs. 1 Satz 2 1. Alt. BGB die Rückzahlung von 32131,87 DM verlangen. Wegen der näheren Begründung nimmt der Senat gemäß § 543 Abs. 1 ZPO auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts unter Ziff. 5 der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die weiteren Nebenentscheidungen folgen aus §§ 546 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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