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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 29.11.2001
Aktenzeichen: 19 U 86/01
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 276
BGB a.F. § 676
Eine Bank, die einen Kunden bei der Kapitalanlage berät, darf dem Kunden bei der Erörterung des Erwerbs einer ETW nicht vorenthalten, dass gegen den in der erörterten Modellrechnung zugrundegelegten Mietzins die Einschätzung der Filiale der Bank am Ort der ETW spricht, wonach die erzielbare Miete 17-24% niedriger ist als in der Modellberechnung zugrundegelegt. Eine Mietgarantie einer GmbH ändert hieran nichts.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Zivilsenate in Freiburg Im Namen des Volkes Urteil

19 U 86/01

Verkündet am: 29. November 2001

In Sachen

wegen Forderung

hat das Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenat in Freiburg - auf die mündliche Verhandlung vom durch Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Richter am Oberlandesgericht Richter am

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Konstanz vom 14. März 2001 wie folgt abgeändert:

1) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin DM 98.136,95 nebst 4 % Zinsen seit dem 29.9.2000 zu zahlen, Zug-um-Zug gegen lastenfreie Eigentumsübertragung und Herausgabe der A. B. 12,14,16, 18 und 20 in H. gelegenen und im Grundbuch von L. Band 190, Blatt 5801, FlSt.Nr. 4412 und 4414 eingetragenen Eigentumseinheit bestehend aus

a) 425/100.000 Miteigentumsanteil am vorbeschriebenen Grundstück verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 234 bezeichneten Wohnung im 5. Obergeschoss nebst Kellerraum Nr. 234

b) 10/100.000 Miteigentumsanteil am vorbenannten Grundstück verbunden mit dem Teileigentum an dem im Aufteilungsplan mit der Nr. 219 bezeichneten Einzelparker in der Tiefgarage an die Beklagte.

2) Es wird festgestellt, dass der Beklagten gegen die Klägerin und deren Ehemann K. S. keine Ansprüche aus dem geschlossenen Kreditvertrag Nr. 07 945 991 25 zustehen.

3) Die Beklagte wird verurteilt, die an sie abgetretene Lebensversicherung der A. L. AG, Vers.Sch.Nr. 246645064, Versicherungsnehmer Herr K. S., freizugeben und auf die Klägerin und deren Ehemann K. S. zurückzuübertragen.

4) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, künftige Schäden seit dem 29.9.2000 aus der fortbestehenden Eigentumslage sowie die Rückabwicklungskosten, die sich aus der Übertragung der Eigentumseinheit ergeben werden, an die Klägerin zu zahlen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 480.000 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Die Sicherheit kann auch durch eine selbstschuldnerische, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland als Zoll- und Steuerbürgen zugelassenen Kreditinstituts erbracht werden.

4. Die Beschwer übersteigt für die Beklagte 60.000 DM

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten aus eigenem und von ihrem Ehemann K. S. ihr abgetretenen Recht Schadensersatz wegen Verletzung von Beratungspflichten beim Kauf einer von der Beklagten finanzierten Immobilie in H.

Das Ehepaar S. hatte im Jahre 1994 ihr Eigenheim entschuldet. Deshalb wandten sich die Klägerin und deren Ehemann Ende November 1994 an die Beklagte um sich dort über die Möglichkeiten steuersparender Kapitalanlagen informieren zu lassen. Vom Wertpapier-Berater bei der Beklagten, bei der der Ehemann der Klägerin bereits früher Aktiengeschäfte getätigt hatte, wurde ein erster Besprechungstermin des Ehepaar S. mit dem Leiter der Privatkundenabteilung, dem Zeugen H., angebahnt.

Nachdem Herr H. zu Beginn des ersten Gespräches kurz auf verschiedene in Betracht kommende Steuersparmodelle hingewiesen hatte, kam man schnell auf die Möglichkeit einer fremdvermieteten Eigentumswohnung, konkret auf ein Verkaufsprospekt einer insgesamt 335 Eigentumswohnungen umfassenden Wohnanlage in H. zu sprechen.

Anhand der Wohnung Nr. 234 mit einer Wohnfläche von 54,80 m2, prognostizierten Mieteinkünften in Höhe von DM 23,-/qm, einem Kaufpreis mit Tiefgarage in Höhe von 345.400,00 DM sowie der vom Ehepaar S. genannten Einkommens- und Vermögensverhältnisse (Nettoeinkommen: DM 6.724,-) erstellte Herr Herrmann unter Zuhilfenahme eines Computerberatungsprogrammes eine Übersicht über eine derartige Baufinanzierung inklusive der damit verbundenen Steuervorteile (siehe Anlage K 1). Nach dieser Musterberechnung wäre der Objekterwerb mit einem monatlichen Nettoaufwand von 73,00 DM (1994), 121,00 DM (1995), 73,00 DM (1996) sowie 67,00 DM ( 1997 und 1998) zu finanzieren gewesen.

In der Folgezeit fand zwischen den oben genannten Personen zumindest ein weiterer Besprechungstermin statt. Dabei wurde u. a. auch über den Kauf bzw. die Finanzierung eines zwischenzeitlich von den Eheleuten S. besichtigten und in B gelegenen Objektes mit 6 Wohneinheiten gesprochen, wobei seitens der Eheleute S. zugunsten dieses Objektes dessen räumliche Nähe sowie seitens des Mitarbeiters der Beklagten zugunsten des B.-Objektes dessen bessere Rentierlichkeit ins Feld geführt wurde.

Im Ergebnis entschlossen sich die Eheleute S. für den Kauf der in H. gelegenen Wohnung, wobei als Finanzierungsform auf Vorschlag des Zeugen H. die Variante Tilgungsaussetzung gegen Lebensversicherung gewählt wurde.

In der Folgezeit stellte sich sodann heraus, dass die oben dargelegte Musterberechnung den tatsächlichen Gegebenheiten nicht standhielt. Insbesondere war und ist ein Mietpreis von 23,00 DM/qm-Wohnfläche nicht zu erzielen. Zudem erwies sich die von der Fa. W. H. GmbH abgegebene Mietgarantie als nahezu wertlos, weil dieser Generalanmieter bereits nach Zahlung von fünf Garantiemieten insolvent wurde. Schließlich mussten die Eheleute S. auch feststellen, dass ein Weiterverkauf der Immobilie, der nach Ablauf der steuerlich interessanten Abschreibungszeit von zehn Jahren beabsichtigt war, angesichts der Entwicklung der Immobilienpreise seit 1994 sowie angesichts des Umstandes, dass ein Zweiterwerber nicht mehr in den Genuss signifikanter steuerlicher AbschreibungsmögIichkeiten kommt, derzeit kaum gewinnversprechend ist.

Wegen der Nichtrealisierung der einkalkulierten Mieteinnahmen und der fehlenden Werterhöhung der Immobilie begehrt die Klägerin Freistellung von den Kreditverbindlichkeiten sowie Rückzahlung der bisher geleisteten Zinsraten unter Anrechnung der vereinnahmten Mietzahlungen Zug um Zug gegen Rückübereignung der streitgegenständlichen Immobilie.

Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe sie sowohl bezüglich der Anlageart, des Anlageobjektes sowie der Finanzierungsform falsch beraten bzw. eine insoweit gebotene Aufklärung unterlassen. Im einzelnen behauptet die Klägerin, der Zeuge H. habe für den Kauf der in H. gelegenen Immobilie geworben und diese geradezu angepriesen. Er habe die Klägerin und deren Ehemann nicht auf die Risiken der geplanten Kapitalverwendung hingewiesen, sondern den Kauf einer fremdvermieteten Eigentumswohnung als risikolose Anlageform dargestellt.

Ferner habe er behauptet, dass die streitgegenständliche Wohnung jederzeit verlustfrei veräußert werden könne und zudem habe er auch nicht auf die steuerliche Situation eines Zweiterwerbers von Wohnungseigentum hingewiesen. Er habe behauptet, dass die streitgegenständliche Wohnung aufgrund der bestehenden Mietgarantie auch im Falle ihres Leerstandes voll umfänglich abgesichert sei, und darüber hinaus behauptet, dass das Objekt bei einem Kaufpreis von 5.700,00 DM pro m2 ausgesprochen günstig sei.

Schließlich hat die Klägerin vorgebracht, bei der gewählten Finanzierungsform - Tilgungsaussetzung gegen Lebensversicherung - handele es sich um eine besonders ungünstige Kreditform. Der Zeuge H. habe insoweit insbesondere nicht auf die langfristige Bindung der Kreditnehmer sowie die volle Verzinsung des gesamten Kreditbetrages bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit hingewiesen.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 98.136,95 DM nebst 4 % Zinsen seit Klagezustellung zu zahlen, Zug um Zug gegen lastenfreie Eigentumsübertragung und Herausgabe der am B. 12, 14,16,18 und 20 in H. gelegenen und im Grundbuch von L. Band 190, Blatt 5801, Flurstücke Nr.4412 und 4414 eingetragenen Eigentumseinheit bestehend aus

a) 425/100.000 Miteigentumsanteil am vorbeschriebenen Grundstück, verbunden mit dem Sondereigentum an der im Aufteilungsplan mit Nr. 234 bezeichneten Wohnung im 5. Obergeschoss nebst Kellerraum Nr. 234,

b) 10/100.000 Miteigentumsanteil am vorbenannten Grundstück verbunden mit dem Teileigentum an dem im Aufteilungsplan mit der Nr.219 bezeichneten Einzelparker in der Tiefgarage an die Beklagte.

2. festzustellen, dass der Beklagten gegen die Klägerin und deren Ehemann K. S. keine Ansprüche aus dem geschlossenen Kreditvertrag Nr. 0794599125 zustehen.

3. die Beklagte zu verurteilen, die an sie abgetretene Lebensversicherung der A. L.- AG, Versicherungsschein-Nr.: 246645064, Versicherungsnehmer: Herr K. S. freizugeben und auf die Klägerin und deren Ehemann K. S. rückzuübertragen.

4. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, künftige Schäden seit Klagezustellung aus der fortbestehenden Eigentumslage sowie die Rückabwicklungskosten, die sich aus der Übertragung der Eigentumseinheit ergeben werden, an die Klägerin zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat geltend gemacht, das Projekt H. sei kein eigenes Projekt der Beklagten gewesen, so dass sie selbst auch kein eigenes Interesse an dessen Vertrieb gehabt habe, sie hätte auch andere Kaufobjekte der Klägerin und ihres Ehemannes finanziert. Sie habe aus dem Vertrieb auch keine Provision bezogen. Deshalb sei sie oder ihr Mitarbeiter H. insoweit auch nicht als Anlagevermittler anzusehen; genauso sei ein Auskunftsvertrag zu verneinen. Auch habe der Zeuge H. die Anlage nie als risikolos bezeichnet und auch auf die steuerlichen Aspekte bezüglich eines Zweiterwerbers hingewiesen. Der Kauf der fremdvermieteten Immobile habe auch dem damaligen Interesse der Klägerin und ihres Ehemannes entsprochen. Schließlich hätten die Klägerin und ihr Ehemann beim ersten Gespräch bereits darauf hingewiesen, dass sie sich durch eine Verwandte, eine Steuerfachkraft, beraten lassen würden.

Letztlich sei auch ein Beratungsfehler zu verneinen, die Angaben im übergegeben Verkaufsprospekts seien damals zutreffend gewesen und dies beziehe sich auch auf die prognostizierte zu erzielende Miete. Die nachfolgende Entwicklung sei nicht vorhersehbar gewesen. Zumindest sei der Beklagten hinsichtlich des Nichteintreffens der im Verkaufsprospekt gemachten Angaben und Prognosen und der Nichtaufklärung dazu oder zu Risiken kein Vorwurf zu machen.

Das Landgericht hat nach Beweisaufnahme die Klage abgewiesen; auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils wird ergänzend Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter und wiederholt ihr Vorbringen erster Instanz.

Sie beantragt,

wie erkannt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das landgerichtliche Urteil und wiederholt ihrerseits das Vorbringen vor dem Landgericht.

Zum weiteren Vorbringen der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die Schriftsätze vom 21.6.2001 (II 53) und vom 27.8.2001 (II 115) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat Erfolg.

Der Klägerin steht aus eigenem und abgetretenen Recht der geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz wegen Verletzung von Beratungspflichten beim Kauf der von der Beklagten finanzierten Immobilie in H. zu.

Dieser Anspruch - gegen den die Beklagte nur zum Grund und nicht auch zur Höhe oder einzelnen Modalitäten Einwendungen erhoben hat - ergibt sich daraus, dass der Zeuge H. die ihm obliegenden Beratungs- und Offenbarungspflichten nicht beachtet hat (p.V.V.).

Tritt - wie hier - ein Anlageinteressent an eine Bank heran, um bezogen auf eine Anlageentscheidung die besonderen Kenntnisse und Verbindungen der Bank in Anspruch zu nehmen und über die Anlage eines bestimmten Geldbetrages beraten zu werden, dann liegt darin ein Angebot auf Abschluss eines Beratungsvertrages. Dieses Angebot nimmt die Bank dadurch an, dass sie mit der gewünschten Tätigkeit beginnt (BGH NJW-RR 2000, 1497; BGHZ 123, 2433 = NJW 1993, 2433; BGHZ 100, 117 = NJW 1987 1815). Ein stillschweigender Abschluss eines Beratungsvertrages ist bereits dann zu bejahen, wenn die Bank erkennt, dass der Kunde das Ergebnis der Beratung zur Grundlage einer Anlageentscheidung machen will (BGHZ 123, 126; Palandt-Heinrichs, BGB 60. Aufl. § 276 Rdn.22).

Inhalt und Umfang der Beratungspflichten hängen von den Umständen des Einzelfalles ab. Dabei sind entscheidend einerseits der Wissensstand des Kunden über Anlagegeschäfte der vorgesehenen Art und dessen Risikobereitschaft, wobei das vom Kunden vorgegebene Anlageziel zu berücksichtigen ist, und andererseits die allgemeinen Risiken, die sich aus den besonderen Gegebenheiten des Anlageobjektes ergeben. Über diese Umstände hat die Bank richtig, sorgfältig, zeitnah, vollständig und für den Kunden verständlich zu unterrichten, soweit diese für das konkrete Anlagegeschäft von Bedeutung sind (BGH aaO). Dies schließt auch eine Erkundigung der Bank über den Wissensstand des Kunden, seine Risikobereitschaft und die Anlagewünsche ein, wenn der Kunde nicht bereits über einschlägige Erfahrungen verfügt (vergl. BGH aaO).

Die Klägerin und ihr Ehemann hatten sich an die Beklagte gewandt und um Beratung bei einer steuersparenden Anlage gebeten, das hat auch der Zeuge H. bestätigt. Dass die Klägerin und ihr Ehemann über die Möglichkeiten einer steuersparenden Anlage einschließlich des Erwerbs einer fremdgenutzten Immobilie keine Kenntnisse hatten und dies dem Zeugen H. bekannt war, hat dieser ebenfalls bestätigt. Er hat dann zwar in Abrede gestellt, dass er für das Projekt H. geworben habe, und es sei nicht so gewesen, dass er speziell zu dem H. Objekt geraten oder abgeraten hätte. Beim zweiten Gespräch aber sei auch die Wohnung in B. zur Sprache gekommen, die die Klägerin und ihr Ehemann auch als Kaufobjekt ins Auge gefasst hatten. Er habe den Eheleuten S. aber die Entscheidung, für welches sie sich entscheiden wollten, nicht abnehmen können. Richtig sei aber, dass bei dem zweiten Gespräch das Für und Wider erörtert worden sei. Dabei sei die räumliche Nähe des B. Objekts zur Sprache gekommen, aber auch die bessere Rentierlichkeit des H. Objekts. Darüber dass auch besprochen worden wäre, was nun der bessere Immobilienstandort sei, daran könne er sich nicht erinnern; ihm sei auch nicht präsent, ob bei dem Gespräch erörtert worden sei, dass das Objekt nach einem gewissen Zeitraum wieder verkauft werden sollte.

Damit hat der Zeuge H. die Angaben des Zeugen S. insoweit im wesentlichen bestätigt, dass für den Kaufentschluss der Klägerin und ihres Ehemannes die Rentierlichkeit des Objekts in H. maßgeblich war, wobei nach der Aussage des Zeugen S. - wie auch den Angaben der Klägerin - ein entscheidender Faktor war, dass es die Mietgarantie über eine Miete von 23 DM/m² war, die die Rentierlichkeit des Objektes erst ausmachte. Zur Mietgarantie hat der Zeuge H. auch nur angeben, dass er sich nicht daran erinnern könne, dass "die Mietgarantie speziell angesprochen worden sei". Er habe den Eheleuten S. die Unterlagen "halt mitgegeben" und sie seien so verblieben, dass diese sich beraten wollten.

Dass aber die Mietgarantie, die durch eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung übernommen wird, keine verlässliche Absicherung ist, hat der Zeuge H. nach seinen Bekundungen den Eheleuten S. nicht mitgeteilt und auch aus dem Prospekt über das Objekt lässt sich ein solcher Hinweis nicht entnehmen. Dort ist nur auf das Risiko hingewiesen, dass die kalkulierte Miete nach Ablauf der Mietgarantie nicht sicher sei. Darüber hinaus kannte der Zeuge H. bei der Beratung der Eheleute S. bereits die Auskunft der Filiale B. der Beklagten, wonach die erzielbare Miete - nach deren Einschätzung - ca. 17,50 DM bis 19 DM/m² kalt betrage. Diese - für die Berechnung der Rentierlichkeit der Anlage entscheidende - Auskunft hat er der Klägerin und ihrem Ehemann verschwiegen; dies obwohl auf der Hand lag, dass damit der am 12.12.1994 erstellten Computerberechnung einer Baufinanzierungsberatung (K 1) die Grundlage entzogen war oder zumindest sein konnte. Angesichts der Auskunft der Filiale B. kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, dass - wie sie in der Berufungsinstanz mit dem Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt hat - bei dem damals boomenden Immobilienmarkt mit einer Steigerung der Mietpreise gerechnet werden konnte. Dies - die Richtigkeit unterstellt - enthob die Beklagte nicht von der Verpflichtung zur umfassenden Offenlegung aller ihr bezüglich des Anlageobjektes zur Verfügung stehenden wesentlichen Informationen, deren Mitteilung die Kunden erst in die Lage versetzen konnten, eigenverantwortlich die Entscheidung für oder gegen die Anlage zu treffen. Schließlich kann sich die Beklagte auch nicht darauf berufen, dass die Auskunft der Filiale Bergedorf nur für die bankinterne Überprüfung der Beleihungsgrenze bestimmt gewesen sei. Die Auskunft enthielt eindeutige Angaben zu den aus der Sicht der Filiale vor Ort erreichbaren Mieten, die deutlich unter den Angaben im Verkaufsprospekt lagen und denen schon deshalb ein erhebliches Gewicht zukam, weil sie von der Filiale stammten, von der auch der Zeuge H. ausgehen musste, dass sie mit den örtlichen Gegebenheiten wesentlich besser vertraut war, als er selbst. Dann durften diese Angaben den Kunden nicht vorenthalten werden.

Damit aber hat die Beklagte der Verpflichtung zur umfassenden und vollständigen Aufklärung im Rahmen des mit der Klägerin und ihrem Ehemann abgeschlossenen Beratungsvertrages nicht genügt und ist daher aus positiver Forderungsverletzung zum Ersatz des der Klägerin und ihrem Ehemann entstandenen Schadens verpflichtet (ohne dass es darauf ankommt, ob der Zeuge H. hinreichend über den Wegfall von Steuervorteilen nach 10 Jahren aufgeklärt oder sich zunächst genügend über das Anlageziel der Eheleute S. erkundigt hatte, und ob er hinsichtlich der Finanzierung durch eine Kapitallebensversicherung die Vor- und Nachteile genügend erläutert hat). Hätte die Beklagte gehörig über die erkennbaren Risiken hinsichtlich des auch ohne die nachträglich eingetretenen Verschlechterungen im Objekt Bergedorf erzielbaren Mietzinses aufgeklärt, ist auch davon auszugehen, dass die Klägerin und ihr Ehemann die Wohnung in H. nicht erstanden hätten (vergl. Palandt-Heinrichs aaO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Ende der Entscheidung

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