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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 15.06.2001
Aktenzeichen: 2 (16) WF 7/01
Rechtsgebiete: ZPO, FGG, KostO, GBO


Vorschriften:

ZPO § 621 a Abs. 1 S. 1
FGG § 19
FGG § 13 a Abs. 1 S. 1
KostO § 131 Abs. 3
KostO § 131 Abs. 2
KostO § 30 Abs. 3 S. 1
KostO § 30 Abs. 2 S. 2
GBO § 18 Abs. 1
In Analogie zu den nach allgemeiner Auffassung rechtsanwaltsgebührenfähigen Beschwerdeverfahren betreffend andere ebenfalls im Gesetz nicht vorgesehene vorläufige Anordnungen ist auch die anwaltliche Tätigkeit im Beschwerdeverfahren gegen eine vorläufige Anordnung im isolierten familiengerichtlichen Verfahren nach dem FGG vergütungsfähig.

(Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung in OLG-Report 2000, 206)


2 (16) WF 7/01 2 (16) WF 27/01

OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE

wegen Umgangsregelung hier: vorläufige Anordnung

Beschluß

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin werden die Beschlüsse des Amtsgerichts - Familiengericht - Wiesloch vom 22.12.2000 sowie vom 3.1.2001 hinsichtlich der Änderung der Person der Umgangspflegerin ( 1 F 135/00 UG) aufgehoben.

2. Die Anträge des Antragsgegners, für ausgefallene Umgangstermine Ersatztermine zu bestimmen und die Antragstellerin zur Ermöglichung von Telefonkontakten zu verpflichten, werden zurückgewiesen.

3. Die Beschwerdeverfahren sind gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

4. Der Beschwerdewert wird für beide Verfahren auf jeweils 1.000 DM festgesetzt.

5. Der Antragstellerin wird für die Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwältin B., H., Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.

Gründe:

I.

Die Ehe der Parteien ist durch Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - W. vom 13.5.1998 geschieden worden; in diesem Verfahren wurde die elterliche Sorge für die am 10.10.1993 geborene gemeinsame Tochter J. auf die Antragstellerin übertragen.

Zwischen den Parteien hatte es seit der im Juli 1996 erfolgten Trennung immer wieder Streitigkeiten über das Sorge- und Umgangsrecht bzgl. der Tochter J. gegeben. In dem beim Amtsgericht W. geführten Verfahren 1 F 16/97 wurde von der Antragstellerin erstmals der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs des Kindes durch den Antragsgegner erhoben. Dieser hat einen Missbrauch von J. bestritten. Nach Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Psychologen B. wurde ein betreutes Umgangsrecht an 10 Terminen, danach 14-tägig ein Umgangsrecht des Vaters an den Sonntagen angeordnet (Beschluss vom 20.8.1997). In dem gegen den Antragsgegner eingeleiteten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren wurde ein Gutachten der Psychologin O. L. v. 15.4.1997 zur Aussagetüchtigkeit von J. eingeholt, welches zu dem Ergebnis kam, dass es zwar gewisse Anhaltspunkte für einen Missbrauch gebe, diese jedoch nicht ausreichend seien, zumal das Kind J. noch nicht als aussagetüchtig angesehen werden könne. Der Umgang des Kindes J. mit dem Vater fand zunächst in begleiteter Form statt, dann entsprechend dem Beschluss des Familiengerichts vom 20.8.1997, wobei die Parteien einen zusätzlichen Tag pro Monat vereinbart hatten.

Mit am 4.8.2000 beim Familiengericht eingegangenem Antrag hat die Antragstellerin die Aufhebung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - W. vom 20.8.1997 und gleichzeitig im Wege der einstweiligen Anordnung die Aussetzung der Vollziehung dieses Beschlusses beantragt.

Zur Begründung hat sie vorgetragen, der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von J. sei für sie nie ganz ausgeräumt gewesen. J. habe sich trotz anfänglichen Wehrens in das Schicksal der angeordneten Umgangskontakte gefügt. Allerdings zeige J. erhebliche Verhaltensauffälligkeiten, so schlafe sie schlecht, habe teilweise die Zerstörungswut und zeige ein distanzloses, teilweise sexualisiertes Verhalten. J. habe seit einiger Zeit angefangen, sich im Bad einzusperren und der Antragstellerin das Betreten des Badezimmers zu verbieten, insbesondere wenn sie von Besuchen bei ihrem Vater gekommen sei. Dann habe sie auch ihre Unterwäsche versteckt. Die von ihr an einer Unterhose des Kindes nach dem Besuch beim Vater am 23.7.2000 festgestellten Spuren seien von der Polizei als Spermaspuren eingeordnet worden. Auch bei einer zuvor von ihr sichergestellten Unterhose J's habe die Polizei entsprechende Spuren gefunden. Aufgrund des erneuten Missbrauchsverdachts sei der Umgang unverzüglich auszusetzen. Einer Umgangspflegschaft ist sie entgegen getreten, solange nicht der Missbrauchsverdacht ausgeräumt sei. Zudem sei Frau L. immer gegen sie eingenommen gewesen. Der Antragsgegner habe sich schon während der Zeit des Zusammenlebens nicht kindgerecht verhalten, sondern J. nicht genügend beaufsichtigt und sie geschlagen. Seit der Aussetzung der Umgangskontakte hätten sich die Verhaltensauffälligkeiten gebessert.

Durch Beschluss vom 4.8.2000 wurde die Vollziehung des Umgangsregelungsbeschlusses bis zur Entscheidung in der Hauptsache ausgesetzt.

Der Antragsgegner hat die Aufhebung der Aussetzung der Vollziehung des Umgangsregelungsbeschlusses vom 20.8.1997, hilfsweise die Anordnung eines betreuten Umgangsrechts und im übrigen in der Hauptsache eine Ausdehnung seines bisherigen Umgangsrechts beantragt.

Der Antragsgegner bestreitet den Vorwurf sexuellen Missbrauchs von J. und weist darauf hin, dass die Antragstellerin ihn schon mehrfach unbegründet angezeigt habe, auch jetzt seien ihre Angaben widersprüchlich. Der Umgang mit J. sei harmonisch gewesen. Auch während des früher betreuten Umgangsrechts bis März 1999 habe sich Frau L. hiervon überzeugen können. Bei dem letzten Umgangskontakt am 23.07.2000, den die Antragstellerin als Anlass für ihre Anzeige genommen habe, sei J. bereits bei ihrer Abholung am Morgen erkrankt gewesen. Er habe immer dafür gesorgt, dass seine Lebensgefährtin bei den Umgangskontakten die ganze Zeit dabei gewesen sei, um erneute Vorwürfe zu vermeiden. Die Verhaltensauffälligkeiten von J. stünden nicht im Zusammenhang mit dem Umgang mit dem Vater. J. habe nach dem letzten Umgang am Telefon noch gefragt, wann er sie wieder abhole. Die Antragstellerin wolle den Kontakt mit J. auf Dauer verhindern. Daher sei die Anordnung einer Umgangspflegschaft notwendig und ggf. die Frage des Sorgerechts neu zu überdenken.

Frau S. vom Jugendamt R.-Kreis sprach sich in ihrer Stellungnahme vom 27.9.2000 (I, 54) für einen betreuten Umgang unter Einschaltung von Frau L. aus, die die früheren Umgangskontakte begleitet und ein gutes Verhältnis zu J. habe. Nach den Beobachtungen von Frau L. seien die Kontakte mit dem Vater problemlos und harmonisch verlaufen.

Die von der Antragstellerin aufgesuchte Dipl.-Psychologin Frau B. von der Psychologischen Beratungsstelle der Stadt M. hat in ihrer Stellungnahme vom 12.12.2000 dargelegt, dass ein Missbrauch nicht ausgeschlossen werden könne, aber auch keine sicheren Anhaltspunkte vorlägen. Im Interesse des Kindeswohls läge aufgrund der sonstigen Verhaltensauffälligkeiten des Kindes, die sich nach dem Aussetzen der Umgangskontakte reduziert hätten, die Aussetzung des Umgangsrechts, auch in betreuter Form, nahe (I, 69).

Das staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren gegen den Antragsgegner wurde mit Verfügung vom 1.12.2000 mangels ausreichender Beweise eingestellt; die zunächst als Sperma angesehenen Spuren konnten bei einer Untersuchung im Landeskriminalamt letztlich nicht als Sperma identifiziert werden. Da das Kind J. keine belastenden Angaben gemacht, die gynäkologische Untersuchung keine Spermaspuren ergeben und der Antragsgegner den Tatvorwurf bestritten habe, sei nicht mit einer Verurteilung zu rechnen (I, 71).

Das Familiengericht hat am 19.12.2000 das Kind J. angehört. J. sprach sich deutlich gegen Besuche beim Vater aus, ohne dass sie hierfür einen Grund nennen konnte oder wollte (I, 75). Ferner wurden die Eltern und Frau S. vom Jugendamt angehört (vgl. Protokoll vom 21.12.2000, I, 130 ff.). Die Antragstellerin gab an, dass sie sich nach Durchführung einer ab Januar 2001 vorgesehenen Therapie von J. begleitete Umgangskontakte vorstellen könne.

Durch Beschluss des Familiengerichts vom 22.12.2000 wurde die vorläufige Anordnung vom 4.8.2000 aufgehoben und im Wege einer neuen vorläufigen Anordnung der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - W. vom 20.8.1997 (1 F 16/97 UG) bis zur Entscheidung in der Hauptsache dahingehend abgeändert, dass jeweils 14-tägig samstags von 14.00 Uhr bis 18.00 Uhr ein betreutes Umgangsrecht mit dem Vater stattfinden soll, beginnend ab dem 5.1.2001. Als Umgangspflegerin wurde die Dipl.-Sozialpädagogin M.-S. in V. bestimmt. Nachdem der Verdacht des sexuellen Missbrauchs nicht erhärtet worden sei, komme ein Ausschluss des Umgangsrechts nicht mehr in Betracht. Da der Umgang des Vaters mit J. von der Begleitperson Frau L. als liebevoll bezeichnet worden und der Kontakt zwischen Kindern und dem nichtsorgeberechtigten Elternteil grundsätzlich für die Entwicklung von hohem Wert sei, müssten die Umgangskontakte wieder aufgenommen werden, zunächst allerdings in Anbetracht der verhärteten Fronten zwischen den Eltern in begleiteter Form. Durch Beschluss vom 5.1.2001 wurde anstelle von Frau M.-Sch. Frau L. als Umgangspflegerin bestimmt.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin mit am 5.1.2001 eingegangenem Schriftsatz Beschwerde eingelegt und dessen Aufhebung sowie die Aussetzung der Vollziehung des Beschlusses vom 22.12.2000 nebst der Aufhebung der Umgangspflegschaft beantragt. Mit am 19.1.2001 eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin Beschwerde gegen die Änderung der Person der Umgangspflegerin eingelegt.

Die Antragstellerin trägt vor, es entspreche nicht dem Kindeswohl, J. entgegen ihrem eindeutig bei der Anhörung geäußerten Willen zu Umgangskontakten zu zwingen. J. habe schon in der Vergangenheit unter den Kontakten gelitten und sich teilweise vehement gewehrt. Sie habe mit erheblichen Verhaltensauffälligkeiten und auch Selbstaggression (sie habe sich selbst mit dem Messer verletzt) reagiert. Seit der Aussetzung des Umgangsrechts hätten sich die Auffälligkeiten deutlich reduziert, andere Kinder würden nunmehr wieder mit J. Kontakt halten, während dies vorher nicht der Fall gewesen sei. J. verliere völlig das Vertrauen, wenn sie entgegen ihrer festen Überzeugung nach ihrer Anhörung in erster Instanz zu Besuchen gezwungen werde. Auch die behandelnde Psychologin von J. habe sich momentan gegen Umgangskontakte ausgesprochen. Das Jugendamt und Frau L. hätten eindeutig für den Vater Position bezogen und die Neutralitätspflicht verletzt.

Der Antragsgegner hat die Zurückweisung der Beschwerden der Antragstellerin beantragt und seinerseits den Antrag gestellt, die Antragstellerin zu verpflichten, ihm mittwochs zwischen 18.00 Uhr und 19.00 Uhr ein 10-minütiges Telefongespräch mit J. zu ermöglichen sowie für die ausgefallenen Umgangstermine Ersatztermine zu bestimmen. Er hat ferner angeregt, wegen jeder Zuwiderhandlung der Antragstellerin dieser ein Zwangsgeld anzudrohen und dieses ggf. zu verhängen.

Er verteidigt die angefochtenen Beschlüsse und wiederholt sein bisheriges Vorbringen. Wenn J. jetzt Kontakte zum Vater ablehne, sei dies nur auf die Beeinflussung der Mutter zurückzuführen, früher habe sie ihn gerne besucht. Es sei auch Aufgabe der Mutter, auf den Willen J's entsprechenden positiven Einfluss zu nehmen, wenn diese Kontakte tatsächlich ablehne. Die angeordneten Umgangskontakte habe die Antragstellerin wegen angeblicher eigener sowie Erkrankung des Kindes nicht wahrgenommen.

Die Antragstellerin tritt den Anträgen des Antragsgegners bzgl. der Einräumung von Ersatzterminen und Telefonkontakten entgegen.

Die behandelnde Psychologin S.-M. hat in ihrer Stellungnahme vom 6.3.2001 (II, 425) derzeit von Umgangskontakten des Kindes gegen dessen Willen wegen vorhandener Traumatisierungen abgeraten.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Durch Beschluss des Senats vom 9.2.2001 wurde die Vollziehung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - W. vom 22.12.2000 bis zur Entscheidung über die Beschwerden vorläufig ausgesetzt.

II.

Die Beschwerden der Antragstellerin sind gem. §§ 621 a Abs. 1 S. 1 ZPO, 19 FGG zulässig und begründet. Die vorläufige Anordnung eines betreuten Umgangsrechts war im Interesse des Kindeswohls nicht geboten. Gleichzeitig waren auch der Beschluss über die Änderung der Begleitperson aufzuheben und die Anträge des Antragsgegners auf Festlegung von Ersatzterminen sowie Telefonkontakten zurückzuweisen.

1. Nach allgemeiner Meinung, die auch der Senat in ständiger Praxis vertritt, sind in isolierten Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit vorläufige Anordnungen zulässig, wenn ein dringendes Bedürfnis für ein unverzügliches Einschreiten besteht, welches ein Abwarten bis zur endgültigen Entscheidung nicht gestattet, weil diese zu spät käme, die Kindesinteressen nicht mehr genügend gewahrt würden und eine Entscheidung im Sinne der vorläufigen Maßregel wahrscheinlich ist (Keidel/Kahl, FGG, 14. Aufl., § 19, Rn. 30).

Vorliegend war es aufgrund der bestehenden Verdachtsmomente zunächst geboten, im Wege der vorläufigen Anordnung zum Schutz des Kindes J. das Umgangsrecht bis zur weiteren Abklärung der Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs auszusetzen. Nachdem das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren eingestellt und die am Schlüpfer des Kindes festgestellten Spuren entgegen den Vortests nicht als Sperma identifiziert wurden, war der Verdacht zumindest nicht bestätigt. Andererseits hat die Antragstellerin - wie auch aus den vom Familiengericht beigezogenen früheren Verfahren ersichtlich - diesen Verdacht bereits früher geäußert, ohne dass dieser bestätigt werden konnte. Zudem waren bereits früher und auch jetzt im laufenden Verfahren eine Vielzahl von Verhaltensauffälligkeiten von J. geschildert worden, die u.a. in Schlafstörungen, Zerstörungswut, Distanzlosigkeit, sexualisiertem Verhalten, Selbstverletzungstendenzen und weiteren Beschwerden wie z.B. schlechtes Hören bzw. allgemein in einem labilen physischen und psychischen Zustand bestanden.

Im Hinblick auf das seit Jahren geschilderte auffällige Verhalten des Kindes, die nach Angaben der Mutter seit der Aussetzung der Umgangskontakte zurückgegangenen Auffälligkeiten und dem bei der Anhörung eindeutig geäußerten Willen des Kindes, keinen Kontakt zum Vater zu wünschen, andererseits auch die Stellungnahme der jetzt das Kind behandelnden Therapeutin, vorläufig im Interesse des Kindeswohls von Besuchen beim Vater abzusehen, erscheint es dem Senat geboten, ein psychologisches Sachverständigengutachten einzuholen. Mit Hilfe des Gutachtens wird zu klären und ggf. - je nach Ergebnis auch von der Antragstellerin zu akzeptieren sein -, ob das Kind nur die abwehrende Haltung der Mutter übernommen hat oder ob tatsächlich psychische Störungen vorhanden sind, die eine Aussetzung des Umgangsrechts gebieten, unabhängig davon, ob sie mit Ängsten vor dem Vater oder anderen männlichen Personen verbunden sind oder auf negativen Erlebnissen des Kindes mit dem Vater basieren. Nach jetzigem Stand des Verfahrens wird ohne sachverständige Hilfe nicht zu klären sein, ob J. nur vordergründig angibt, nicht mehr zum Vater zu wollen, sei es aufgrund von entsprechenden Äußerungen der Mutter, sei es aufgrund des Gefühls, der Mutter, bei der sie lebt, mit ihrer Weigerung einen Gefallen zu tun oder ob hierfür andere, dem Vater bisher nicht bekannte oder von diesem nicht erkannte Gründe eine Rolle spielen. Würde nun das Umgangsrecht - auch in betreuter Form - ohne diese Abklärung wieder aufgenommen, blieben letztlich bei beiden Elternteilen die bisher bestehenden gegenseitigen Vorwürfe und Vorbehalte bestehen, ohne dass für das Kind J. sich die Situation verbessern würde, da es weiterhin zwischen den Eltern aufgerieben wird.

Wenn aber zunächst durch ein Gutachten zu klären ist, ob und in welcher Form das Umgangsrecht des Vaters mit dem Kind weiter ausgeübt wird, erscheint es zumindest nicht im Wege einer vorläufigen Anordnung im Interesse des Kindeswohls geboten, bereits jetzt die Wiederaufnahme - wenngleich betreuter - Kontakte gegen den erklärten Willen des Kindes anzuordnen.

Den Elternteilen muss allerdings bewusst sein, dass sie nach Erstattung des Gutachtens dessen Ergebnisse im Interesse des Kindeswohls auch akzeptieren und ggf. vom Sachverständigen vorgeschlagene Verhaltensweisen wie beispielsweise auch die Durchführung einer gemeinsamen Therapie annehmen sollten, um J. die Situation und ihre weitere Entwicklung zu erleichtern. Wenn das Gutachten zu dem Ergebnis kommt, dass Besuche im Interesse des Kindeswohls trotz Ablehnung durch J. durchgeführt werden sollten, so wird die Antragstellerin entsprechend auf das Kind einzuwirken haben.

2. Im Hinblick darauf, dass zur Zeit unsicher ist, ob und in welchem Umfang das Umgangsrecht des Antragsgegners mit dem Kind J. in Zukunft ausgeübt werden wird, erschien auch die Anordnung anderer Kontaktmöglichkeiten wie Telefonkontakte jedenfalls im Wege der vorläufigen Anordnung nicht geboten. Unbenommen bleibt dem Antragsgegner der schriftliche Kontakt mit J..

Aus den genannten Gründen kam auch die Anordnung von Ersatzterminen für ausgefallene Umgangskontakte und von Telefonkontakten nicht in Betracht. Auch der Anregung, der Antragstellerin ein Zwangsgeld anzudrohen, war gegenwärtig nicht nachzugehen.

Nachdem alle Beteiligten beim Familiengericht angehört wurden und es nur um vorläufige Maßnahmen geht, erachtet der Senat eine erneute Anhörung bzw. mündliche Verhandlung nicht als notwenig. Eine weitere Sachaufklärung ist hiervon nicht zu erwarten, diese ist vielmehr im Hauptsacheverfahren vorzunehmen.

3. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei, § 131 Abs. 3 KostO. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten erschien nicht billig, § 13 a Abs. 1 S. 1 FGG. Die Festsetzung des Beschwerdewerts beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 3 S. 1, Abs. 2 S. 2 KostO. In Rechtsanalogie zu den nach allgemein anerkannter Auffassung rechtsanwaltsgebührenfähigen Beschwerdeverfahren betreffend andere ebenfalls vorläufige Anordnungen wie den vom Gesetz nicht vorgesehenen Vorbescheid im Erbscheinsverfahren (vgl. dazu Palandt/Edenhofer, BGB, 60. Aufl., § 2353, Rn. 22) und die Zwischenverfügung nach § 18 Abs. 1 GBO ist auch die anwaltliche Tätigkeit im Beschwerdeverfahren gegen eine vorläufige Anordnung im isolierten familiengerichtlichen Verfahren nach dem FGG vergütungsfähig (im Ergebnis ebenso Hartmann, Kostengesetze, 30. Aufl., § 118 BRAGO, Rn. 4). Aus der Gerichtsgebührenfreiheit nach § 131 Abs. 3 KostO folgt nicht die Verpflichtung des Rechtsanwalts zur unentgeltlichen Tätigkeit im Beschwerdeverfahren, in dem im Gegensatz zum erstinstanzlichen Verfahren vor dem Familiengericht, in dem kumulativ die Hauptsache und - als Annex - deren vorläufige Regelungsbedürftigkeit Gegenstand gerichtlicher Tätigkeit sind, die angegriffene vorläufige Anordnung alleiniger Verfahrensgegenstand ist (im Anschluss an den 20.Zivilsenat des OLG Karlsruhe, Beschluss vom 13.12.2000 - 20 WF 130/00, unter Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung, OLG-Report 2000, 206).

4. Nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen war der Antragstellerin für die Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung von Rechtsanwältin Boeker zu bewilligen.



Ende der Entscheidung

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