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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 10.02.2000
Aktenzeichen: 2 UF 68/99
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1601
BGB § 1603 Abs. 2 Satz 1
Leitsatz:

Der notwendige Selbstbehalt eines Unterhaltspflichtigen kann geringer als mit 1.500 DM angesetzt werden, wenn dieser mit einem neuen Partner zusammenlebt und der auf ihn entfallende Anteil an Miet- und Nebenkosten unter dem in der Düsseldorfer Tabelle (Anm. 5 zur Tabelle, Stand 1.7.1998) enthaltenen Betrag von 650 DM für Miete einschließlich Heizungskosten liegt.


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 2. Zivilsenat - Senat für Familiensachen -

Im Namen des Volkes Urteil

2 UF 68/99 2 F 203/98

Verkündet am: 10. Februar 2000

Bergdolt als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

In Sachen

hat der 2. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 20.01.2000 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Riedel,

Richter am Oberlandesgericht May,

Richterin am Oberlandesgericht Großmann

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung der Beklagten/Berufungsklägerin wird das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 1.4.1999 (2 F 203/99) unter Aufhebung im Kostenpunkt in Ziff. 1 und 2 wie folgt abgeändert:

1. Die Beklagte wird verurteilt, für das am 27.12.1983 geborene Kind für den Zeitraum April 1999 bis März 2000 einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von 244.- DM sowie ab April 2000 einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von 225.- DM zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, für das am 13.4.1988 geborene Kind für den Zeitraum April 1999 bis März 2000 einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von 206.- DM sowie ab April 2000 einen monatlichen Unterhaltsbetrag in Höhe von 225.- DM zu zahlen.

II. Die weitergehende Klage sowie die weitergehende Berufung werden zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen die Beklagte 25 % sowie der Kläger 75 %.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien sind seit Januar 1998 getrenntlebende und seit 21.10.1999 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Aus der Ehe sind die Kinder, geb. am 27.12.1983, und geb. am 13.4.1988, hervorgegangen. Seit der Trennung leben die Kinder beim Kläger. Die Beklagte hatte sich um das Sorgerecht bemüht; durch Beschluß des Familiengerichts vom 16.9.1998 wurde die elterliche Sorge für beide Kinder auf den Kläger übertragen. Im Haushalt des Klägers lebt ein weiteres volljähriges Kind der Beklagten. Die Beklagte ist zwischenzeitlich wieder verheiratet.

Die Beklagte hat den Beruf der medizinisch-technischen Assistentin erlernt, aber rund 18 Jahre nicht mehr gearbeitet. Der Kläger war bis Januar 1998 mit einem Bruttogehalt von etwa 20.000.- DM monatlich erwerbstätig. Seit Januar 1999 erhält er Arbeitslosengeld in Höhe von rund 3.066.- DM monatlich. Er hat ferner eine Abfindung in Höhe von ca. 133.000.- DM netto erhalten. Im Dezember 1999 hat er mit zwei Kollegen eine Unternehmensberatungsgesellschaft gegründet, aus der bisher keine Einkünfte bezogen werden; vom Arbeitsamt erhält der Kläger seit Februar 2000 für 6 Monate Überbrückungsgeld etwa in gleicher Höhe wie das Arbeitslosengeld. Beide Parteien sind gemeinsam Eigentümer von 2 hochbelasteten Immobilien. Das frühere ehegemeinsame Haus wird vom Kläger und den Kindern bewohnt, dieser zahlt allein die Lasten für beide Immobilien. Das Haus steht seit längerem zum Verkauf. Bzgl. der Wohnung in Dresden laufen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen.

Der Kläger macht für die beiden gemeinschaftlichen Kinder Kindesunterhalt geltend. Dies geschah zunächst im vereinfachten Unterhaltsverfahren; nachdem die Beklagte Leistungsunfähigkeit eingewandt hatte, wurde antragsgemäß in das streitige Verfahren übergeleitet.

Der Kläger trägt vor, die Beklagte sei zur Leistung von Kindesunterhalt verpflichtet. Sie habe keine ausreichenden Bemühungen um eine Arbeitsstelle nachgewiesen. Hinsichtlich des Unterhalts minderjähriger Kinder seien gesteigerte Anforderungen an die Bemühungen zu stellen. Sie müsse zudem eine Nebentätigkeit ausüben, um den Unterhalt der Kinder zu sichern. Die Beklagte wohne mietfrei bei ihrem neuen Partner und müsse sich fiktives Einkommen in Höhe von mindestens 500.- DM für Haushaltsleistungen zugunsten ihres Partners anrechnen lassen.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, für die Tochter für die Zeit vom 1.3.1998 bis zum 30.6.1998 monatlich 378,67 DM Unterhalt sowie ab 1.7.1998 den jeweiligen Regelbetrag der 3. Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergelds von derzeit 110.- DM zu zahlen;

2. die Beklagte zu verurteilen, für den Sohn für die Zeit vom 1.3.1998 bis zum 30.6.1998 monatlich 300,67 DM Unterhalt sowie ab 1.7.1998 den jeweiligen Regelbetrag der 2. Altersstufe abzüglich des hälftigen Kindergelds von derzeit 110.- DM und ab 1.4.2000 den Regelbetrag der 3. Altersstufe abzüglich anteiligem Kindergeld zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt sie vor, sie sei zur Leistung von Kindesunterhalt nicht in der Lage. Sie habe lediglich eine Aushilfstätigkeit mit einem monatlichen Verdienst von 500.- DM. Trotz zahlreicher Bemühungen habe sie aufgrund ihres Alters und der fehlenden Berufserfahrung keine andere Arbeit gefunden. Erst seit 1.4.1999 könne sie in der Firma ihres jetzigen Ehemannes mit einem Nettoeinkommen von 1.530.- DM arbeiten, nachdem dieser 2 Kräften gekündigt habe. Fiktive Einkünfte für Haushaltsleistungen seien ihr nicht anzurechnen, da Herr selbst Unterhaltsverpflichtungen habe. Im übrigen sei der bisher gut verdienende Kläger in der Lage und verpflichtet, im Hinblick auf die bisherige Aufgabenverteilung in der Ehe den Unterhalt der Kinder weiter zu erbringen. Sie habe sich auch nach der Trennung bemüht, das Sorgerecht für die Kinder zu erhalten.

Durch das Urteil des Familiengerichts vom 1.4.1999 wurde die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Das Familiengericht führt zur Begründung im wesentlichen an, die Beklagte habe nicht ausreichend dargelegt, daß sie nicht in der Lage sei, den Mindestunterhalt für die beiden Kinder zu zahlen. Ihre Anstellung ab 1.4.1999 zeige, daß sie grundsätzlich in der Lage sei, eine Erwerbstätigkeit zu finden, mit der sie unter Berücksichtigung des notwendigen Selbstbehalts leistungsfähig sei.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie die Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils begehrt, soweit sie zu höheren Unterhaltszahlungen als 98.- DM monatlich für und 82.-DM monatlich für ab April 1999 verurteilt wurde.

Zur Begründung trägt die Beklagte vor, im Hinblick auf ihre schlechten Vermittlungschancen dürften die Anforderungen an die Stellensuche nicht so hoch angesetzt werden. Aufgrund ihrer bescheidenen finanziellen Mittel sei es ihr nicht möglich gewesen, sich bundesweit zu bewerben. Ihr jetziger Mann habe sie nun ab November 1999 mit 38,5 Stunden wöchentlich angestellt. Eine zusätzliche Tätigkeit sei ihr darüberhinaus nicht zumutbar. Nach der Trennung sei ihr eine Erwerbstätigkeit zunächst auch im Hinblick auf das hohe Einkommen des Klägers nicht zuzumuten gewesen, eine Unterhaltspflicht bestehe daher frühestens ab April 1999. Unter Berücksichtigung ihres Mietanteils von nur 500.- DM sei sie bereit, sich einen um 150.- DM niedrigeren Selbstbehalt anrechnen zu lassen, so daß sie anteilig für 98.- DM monatlich sowie für 82.-DM monatlich zählen werde. Die Eintragung eines Freibetrages für die Immobilien sei nicht möglich, da der Kläger allein die Belastungen zahle. Ab dem Jahr 2000 habe sie nach ihrer Wiederverheiratung die Steuerklasse V.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - vom 1.4.1999 dahingehend abzuändern, daß sie ab April 1999 für das gemeinschaftliche Kind 98.- DM sowie für das Kind 82.- DM monatlich zu zahlen hat und im übrigen die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung wiederholt er seinen erstinstanzlichen Vortrag und trägt ergänzend vor, daß die erhaltene Vergütung keine ausreichende Entlohnung sei. Bei ausreichendem bundesweitem Bemühen hätte die Beklagte schon früher eine besser dotierte Stelle finden können. Ggf. sei sie zu Nebentätigkeiten verpflichtet. Daß die Beklagte sich tatsächlich an den Miet- und Lebenshaltungskosten beteilige, sei nicht nachgewiesene Der Kläger sei zu Unterhaltszahlungen nicht verpflichtet, da er die erheblichen gemeinsamen Verbindlichkeiten allein tilge. Die Beklagte sei zudem verpflichtet, sich Freibeträge für die Immobilien eintragen lassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Parteien wurden im Senatstermin am 20.1.2000 ergänzend angehört (II, 197 ff.).

Entscheidungsgründe

I.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig, aber nur zum Teil begründet. Die Beklagte ist den gemeinschaftlichen minderjährigen Kindern gegenüber gem. §§ 1601, 1603, 1610 BGB zum Unterhalt verpflichtet, soweit sie leistungsfähig ist oder ihr zumindest fiktive Einkünfte angerechnet werden müssen, mit denen eine Leistungsfähigkeit besteht.

Der Kläger kann die Unterhaltsansprüche gem. § 1629 Abs. 3 BGB auch nach der Scheidung bis zum Ende des Unterhaltsverfahrens weiterhin im Wege der gesetzlichen Prozeßstandschaft geltend machen, da keine Sorgerechtsänderung erfolgt ist, er also weiterhin Sorgerechtsinhaber ist (BGH FamRZ 1990, 283, 284; Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 3. Aufl., § 1629 BGB, Rn. 11; Palandt/Diederichsen, BGB, 59. Aufl., § 1629, Rn. 54).

Der Kläger verlangt für die gemeinschaftlichen Kinder nur den Mindestunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle, die Bedarfshöhe ist daher nicht näher darzulegen. Daß die Beklagte finanziell nicht in der Lage ist, den Mindestbedarf zu befriedigen, hat sie darzulegen und zu beweisen (BGH FamRZ 1998, 357, 359).

1. Solange die Beklagte sich unstreitig in dem beim Familiengericht geführten Sorgerechtsverfahren um die Erlangung der elterlichen Sorge für die gemeinsamen Kinder und damit um deren Aufenthalt bei ihr bemüht hat, ist ihr eine Erwerbstätigkeit nicht zuzumuten. Die Beklagte hätte durch die Aufnahme einer solchen Tätigkeit möglicherweise ihre Chancen im Sorgerechtsverfahren verschlechtert. Würden sich die Kinder in ihrem Haushalt aufhalten, bestünde im übrigen keine Unterhaltspflicht und damit auch keine Verpflichtung, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.

Unter dem Gesichtspunkt eines Ehegattenunterhaltsanspruchs wäre die Beklagte aufgrund der günstigen ehelichen Lebensverhältnisse und ihrer langjährigen Hausfrauentätigkeit zum Zeitpunkt der Trennung noch nicht zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit verpflichtet gewesen.

Die Arbeitsplatzsuche wäre im übrigen auch durch den Umstand einer möglicherweise alsbald erfolgenden Aufgabe der Arbeit nach Übertragung der elterlichen Sorge erheblich erschwert gewesen.

Die Beklagte war somit erst nach Bekanntwerden des Beschlusses des Familiengerichts vom 16.9.1998 verpflichtet, sich intensiv um eine Arbeitsstelle zu bemühen, also ab Ende September 1998.

2. Da die Beklagte Unterhalt für minderjährige Kinder schuldet, trifft sie gemäß § 1603 Abs. 2 BGB eine verstärkte Erwerbsobliegenheit. Dies bedeutet, daß sie sich nicht darauf berufen kann, daß ihr nach den ehelichen Lebensverhältnissen eine Erwerbstätigkeit überhaupt nicht oder nur bestimmte Tätigkeiten zugemutet werden könnten. Sie ist vielmehr verpflichtet, alle zumutbaren Erwerbsmöglichkeiten auszuschöpfen, um den Mindestunterhalt der Kinder zu sichern. Insoweit sind hohe Anforderungen an ausreichende Bemühungen um eine Arbeitsstelle zu stellen, es sind auch Gelegenheitsarbeiten oder berufsfremde Arbeiten unterhalb der gewohnten Lebensstellung anzunehmen, dem Elternteil werden ggf. auch Nebenbeschäftigungen zugemutet (vgl. hierzu im einzelnen Wendl/Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 4. Aufl., § 2, Rn. 248 ff.; BGH FamRZ 1994, 372 ff.; OLG Hamm FamRZ 1996, 303, 304). Andererseits muß aber auch eine reale Vermittlungschance unter Berücksichtigung des Alters, der Fähigkeiten und des Gesundheitszustandes der Beklagten bestehen (Wendl/Gerhardt, aaO., § 1, Rn. 429; BGH FamRZ 1994, 372, 374). Hieran sind in Zeiten der Vollbeschäftigung höhere Anforderungen zu stellen als in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit.

Hier sind die Bemühungen der Beklagten um die Erlangung einer Arbeitsstelle im Zeitraum Oktober 1998 bis März 1999 nicht ausreichend. Verlangt werden insoweit neben der erfolgten Meldung beim Arbeitsamt und der Aufgabe von eigenen Stellenanzeigen eine Vielzahl von Bewerbungen aus Eigeninitiative, wobei der Senat eine Anzahl von 20 - 30 Bewerbungen pro Monat für einen Arbeitslosen als zumutbar angesehen hat (vgl. Urteil vom 5.5.1994 - 2 UF 271/93). Die von der Beklagten getätigten Bewerbungen liegen weit unter dieser Zahl, so daß die Bemühungen nicht als ausreichend angesehen werden können.

Andererseits sieht der Senat erst nach ca. einem halben Jahr auch intensiver Bemühungen um eine Arbeitsstelle eine reale Vermittlungschance der Beklagten. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die Beklagte zum Trennungszeitpunkt rund 50 Jahre alt und unstreitig seit 18 Jahren nicht mehr erwerbstätig war. Sie hat zwar eine Berufsausbildung als medizinisch-technische Assistentin, die aber auch mehr als 18 Jahre zurückliegt. Unter Beachtung der seither erfolgten Änderungen in diesem Berufsbild ist nicht unmittelbar mit einer Anstellung im erlernten Beruf zu rechnen. Für alle anderen Tätigkeiten ist die Beklagte als ungelernte Kraft mit entsprechend eingeschränkten Chancen einer Anstellung und geringeren Verdienstmöglichkeiten anzusehen. Bei der bekanntermaßen angespannten Arbeitsmarktlage stehen zudem jüngere berufserfahrene Kräfte in großer Anzahl zur Verfügung, weshalb im vorliegenden Fall ein Zeitraum von einem halben Jahr für eine erfolgversprechende Arbeitssuche angemessen erscheint. Hierbei ist davon auszugehen, daß die Beklagte sich nicht nur im unmittelbaren Bereich ihres Wohnortes, sondern auch in der weiteren Umgebung zu bewerben hat. Eine bundesweite Arbeitssuche dürfte ihr hingegen unter Berücksichtigung ihrer eingeschränkten Möglichkeiten (kein Pkw, bis zur Aufnahme der jetzigen Tätigkeit nur sehr geringe Einkünfte und damit verbunden geringe Mittel für Bewerbungen) nicht zuzumuten sein.

Der Beklagten sind daher für den Zeitraum bis März 1999 keine fiktiven Einkünfte in einer Höhe zuzurechnen, die die Zahlung von Kindesunterhalt erlaubt. Dies gilt auch bei Annahme einer weiteren Aushilfstätigkeit in diesem Zeitraum, da dann auch Steuern und Sozialabgaben hätten gezahlt werden müssen. Auch unter Berücksichtigung von fiktiven Einkünften für Haushaltstätigkeiten für den neuen Partner ist der Selbstbehalt nicht gewahrt, da dann ein mietfreies Wohnen - nach der Arbeitsaufnahme bei ihrem jetzigen Ehemann wurde ein Mietkostenanteil vereinbart (II, 17) - nicht mehr hätte angenommen werden können. Daß die Beklagte entgegen der vorgelegten Vereinbarung vom 22.2.1999 sich tatsächlich nicht an den Kosten beteiligt, ist nicht ersichtlich.

3. Ab April 1999 ist der Beklagten neben ihrem tatsächlich erzielten Einkommen von rund 1.530.- DM netto ein weiterer Betrag durch zumutbare Nebentätigkeit anzurechnen, da sie nur 35 Stunden pro Woche gearbeitet hat, obwohl nach dem Tarifvertrag, an den sich der Arbeitsvertrag anlehnt, eine Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden vorgesehen ist. Gleiches gilt auch in eingeschränktem Maß nach der Erhöhung der Arbeitsstundenzahl ab November 1999.

Nach der Erhöhung der Stundenzahl ist bei Steuerklasse I und einem Kinderfreibetrag bei einem Bruttoeinkommen von 2.310.- DM von einem Nettoeinkommen in Höhe von ca. 1.658.- DM auszugehen (Lohnsteuer 168,25 DM, Kirchensteuer 1,30 DM, Rentenversicherung 225,23 DM, Arbeitslosenversicherung 75,08 DM, Krankenversicherung 161,70 DM, Pflegeversicherung 19,64 DM). In Höhe von weiteren 150.- DM netto ist der Beklagten eine Nebenbeschäftigung zuzumuten; hierfür genügt ein Umfang von 2-3 Stunden pro Woche. Insgesamt ist der Beklagten daher durch Arbeitseinkommen und Einkünfte aus einer Nebentätigkeit ein Einkommen von monatlich rund 1.800.- DM seit April 1999 anzurechnen. Daß das Erwerbseinkommen sich durch Urlaubs- und Weihnachtsgeld erhöht, ist nicht ersichtlich, nachdem die Beklagte eine Bescheinigung des Arbeitgebers (II, 177 f.) vorgelegt hat, wonach sie ein solches nicht erhält. Selbst wenn der Tarifvertrag ein solches vorsehen sollte, besteht keine Verpflichtung, der Beklagten entsprechende Zahlungen zu leisten, da die Versicherungsagentur, in der sie angestellt ist, dem Tarifvertrag nicht unterliegt und sich der Arbeitsvertrag nur hieran anlehnt (vgl. Arbeitsvertrag vom 18.2.1999, II, 119).

Soweit die Beklagte seit Januar 2000 tatsächlich ihr Einkommen nach der Steuerklasse V versteuert, ist dies unterhaltsrechtlich ohne Belang. Die Beklagte muß alle Anstrengungen unternehmen, den Mindestunterhalt der minderjährigen Kinder zu sichern, so daß sie nicht die ungünstige Steuerklasse V wählen darf. Ihr Einkommen ist vielmehr wie bisher fiktiv nach der Steuerklasse I zu berechnen (vgl. hierzu die Rechtsprechung zum Ehegattenunterhalt BGH FamRZ 1980, 984, 985; OLG Hamm FamRZ 1993, 1089, 1090, die eine schematische Anwendung der Steuerklasse IV - entspricht der Steuerklasse I - zwar vermeidet, aber eine Erhöhung des Einkommens um einen Betrag vornimmt, den sich der Unterhaltspflichtige dadurch entgehen läßt, daß er seine Einkünfte trotz Wiederverheiratung nach der Grundtabelle versteuert. Für den Unterhalt minderjähriger Kinder gilt dies in verstärktem Maß.).

Über die Einkünfte aus einer vollschichtigen Tätigkeit und einer Nebentätigkeit hinaus ist der Beklagten jedoch kein fiktives Einkommen zuzurechnen, insbesondere auch nicht für die Erbringung eventueller Haushaltsleistungen für den neuen Partner. Hierfür bleibt dann keine zumutbare Zeit mehr, zudem sind die aus der Partnerschaft sich ergebenden Vorteile schon durch die Herabsetzung des Selbstbehalts (s. unten) ausreichend berücksichtigt.

Es ist auch nicht ersichtlich, daß sich das Nettoeinkommen der Beklagten durch die Eintragung von Freibeträgen für die im Eigentum der Parteien stehenden Immobilien erhöhen könnte. Nach einer von der Berichterstatterin telefonisch beim Finanzamt Karlsruhe eingeholten Auskunft (II, 191) können die Schuldzinsen bei getrennter Veranlagung nur von dem Ehegatten geltend gemacht werden, der sie tatsächlich zahlt. Dies ist vorliegend unstreitig nur der Kläger. Lediglich die normale Hausabschreibung kann auch von dem keine Schuldzinsen zahlenden Ehegatten angesetzt werden.

Nachdem aber auch nach den Angaben des Klägers beide Immobilien wegen der hohen Schuldenbelastung verkauft werden sollen, erscheint es nicht zumutbar, insoweit Freibeträge eintragen zu lassen. Vielmehr ist auf die ggf. im Folgejahr erfolgende Steuerrückerstattung zu verweisen, die dann im Folgejahr das zur Verfügung stehende Einkommen entsprechend erhöht. Daß vorliegend der Steuererstattungsanspruch im Zuge der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen für die Immobilien gepfändet wurde, ist nicht vorwerfbar. Hiermit werden Schulden getilgt, für welche die Beklagte genauso wie der Kläger als Vater der Kinder haftet. Im übrigen wäre die Pfändungsmaßnahme nicht erfolgt, wenn der Kläger die Verbindlichkeiten wie unter 4. unterstellt - erfüllt hätte.

4. Die Beklagte kann nicht darauf verweisen, daß der Kläger mit einem höheren Einkommen den Kindesunterhalt erbringen müßte. Der Kläger erfüllt zum einen seine Unterhaltspflicht durch die Betreuung und Versorgung der Kinder, § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB. Zum anderen ist sein Einkommen während des streitgegenständlichen Zeitraums gesunken. Er bezieht ein Arbeitslosengeld in Höhe von rund 3.066.- DM, wohnt im früheren ehegemeinschaftlichen Anwesen und trägt sämtliche Schuldverbindlichkeiten der Parteien, die sich nach der Aufstellung des Klägers monatlich allein auf mind. 7.500.- DM belaufen. Damit ist sein Einkommen auch unter Berücksichtigung der Abfindung von netto rund 133.000.- DM nicht so viel höher als das der Beklagten, daß der Kläger ohne Gefährdung seines angemessenen Selbstbehalts noch den Unterhalt der Kinder erbringen könnte (BGH FamRZ 1998, 286, 288). Dies gilt auch vorläufig nach der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, da aus dieser noch keine nennenswerten Einkünfte erzielt werden.

5. Der Beklagten muß nach der Düsseldorfer Tabelle der notwendige Selbstbehalt verbleiben, der normalerweise mit 1.500.- DM angesetzt wird. Es erscheint hier jedoch gerechtfertigt, der Beklagten nur einen Selbstbehalt von 1.350.- DM zu belassen, da sie aufgrund ihres Zusammenlebens mit dem neuen Partner und eines verhältnismäßig geringen Anteils an den Mietkosten von nur 500.- DM günstiger als ein alleinlebender Unterhaltsverpflichteter steht. Im Selbstbehalt sind 650.- DM für Miete einschließlich Heizungskosten eingerechnet (vgl. Anm. 5 zur Düsseldorfer Tabelle, Stand 1.7.1998, FamRZ 1998, 534, 535), der Selbstbehalt ist um die Differenz zum tatsächlich gezahlten Mietanteil in Höhe von 150.- DM auf 1.350.- DM zu verringern. Für Unterhaltszwecke stehen somit 450.- DM (1.800.- DM I. 1.350.- DM) monatlich zur Verfügung.

Der Betrag ist im Rahmen einer Mangelfallberechnung auf die unterhaltsberechtigten Kinder aufzuteilen. Hiervon entfallen ausgehend von einem Regelbetrag von 502.- DM für die am 27.12.1983 geborene Tochter und 424.- DM für den am 13.4.1988 geborenen Sohn für den Zeitraum April 1999 bis Juni 1999 rund 244.- DM monatlich (502.- DM x 450.- DM Verteilungsmasse : 926.- DM Gesamtbedarf) auf und rund 206.- DM monatlich (424.- DM x 450.- DM : 926.- DM) auf.

Ab Juli 1999 beträgt der Regelbetrag 431.- DM für sowie 510.DM für entsprechend der Düsseldorfer Tabelle, Stand 1.7.1999. Der auf entfallende Anteil beläuft sich somit weiterhin auf rund 244.- DM (510.- DM x 450.- DM : 941.- DM Gesamtbedarf), der auf entfallende Anteil auf rund 206.- DM (431.- DM x 450.- DM : 941.- DM).

Ab April 2000 ist auch für, der dann das 12. Lebensjahr vollendet, der Regelbetrag von 510.- DM anzusetzen, so daß auf jedes Kind 225.- DM monatlich entfallen. Das staatliche Kindergeld findet gem. § 1612 b Abs. 5 BGB keine Anrechnung, da der Mindestunterhalt nicht erreicht wird.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 8 und 11, 713 ZPO.

Die Zulassung der Revision war nicht veranlaßt, § 546 Abs. 1 ZPO.

Ende der Entscheidung

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