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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 21.11.2003
Aktenzeichen: 2 VAs 8/03
Rechtsgebiete: GVG, StPO


Vorschriften:

GVG §§ 23 ff
StPO § 119
Die gemeinsame Unterbringung eines Untersuchungsgefangenen mit anderen Gefangenen ist gegen seinen Willen nur aufgrund haftrichterlicher Anordnung gemäß § 119 Abs. 6 StPO zulässig. Wendet sich der Gefangene gegen die Doppelbelegung eines -aus seiner Sicht zu kleinen- Haftraums, ist deshalb der subsidiäre Rechtsweg nach den §§ 23 ff GVG nicht eröffnet. Dies gilt auch für die nachträgliche Feststellung einer möglichen Grundrechtsverletzung.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 2. Strafsenat

2 VAs 8/03

Beschluss vom 21. November 2003

Tenor:

Der Antrag des R.M. auf gerichtliche Entscheidung wird kostenpflichtig als unzulässig zurückgewiesen.

Der Geschäftswert wird auf 1500 Euro festgesetzt.

Gründe:

Der Antragsteller war vom 28.5.2002 bis zum 23.8.2002 als Untersuchungsgefangener in der Justizvollzugsanstalt K. inhaftiert. Mit am 7.2.2003 eingegangenem Schriftsatz beantragte er - vertreten durch den in der Justizvollzugsanstalt H, a. H.einsitzenden Strafgefangenen S., der damit möglicherweise gegen das Rechtsberatungsgesetz verstößt (vgl. Hans.OLG Hamburg ZfStrVO 2003, 311) - im Verfahren gem. §§ 23 ff. EGGVG die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Unterbringung in einem mit zwei Gefangenen belegten Haftraum mit einer Grundfläche von rund 8 qm und unverkleidetem, nicht gesondert entlüfteten Klosett, da diese entwürdigenden Haftbedingungen gegen Art. 1 Abs. 1 GG verstoßen hätten.

Der Antrag war als unzulässig zurückzuweisen, weil der Rechtsweg nach den §§ 23 ff. EGGVG nicht eröffnet ist. Zur Entscheidung über den Antragsgegenstand ist vielmehr der Haftrichter bzw. - nach Anklageerhebung - das mit der Sache befasste Gericht (§§ 119 Abs. 6 S. 1 i.V.m. 126 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 StPO) berufen.

Anordnungen, mit denen aufgrund der Regelung des § 119 StPO in die Rechte von Untersuchungsgefangenen eingegriffen wird, sind gem. § 119 Abs. 6 i.V.m. § 126 Abs. 1 S.1 StPO dem Haftrichter vorbehalten (vgl. BVerfG NStZ 1995, 253 f.). Die subsidiäre Zuständigkeit des Oberlandesgerichts (vgl. § 23 Abs. 3 EGGVG) nach den §§ 23 ff. EGGVG gilt nur für solche Maßnahmen der Vollzugsanstalt, die den äußeren Bereich der Anstaltsordnung betreffen und nicht in Bezug auf einen einzelnen Untersuchungsgefangenen ergehen (KK-Boujong zu § 119 Rn 92, 103; LR-Hilger zu § 119 Rn 133; BGHSt 29, 135; vgl. ausf. zur Abgrenzung Cassardt, NStZ 1994, 523 f.; OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 365 f.) Hierzu wird zwar regelmäßig die Zuweisung von Hafträumen sowie deren Größe und Ausstattung gezählt (KK-Boujong zu § 119 Rn 103; KK-Schoreit § 23 EGGVG Rn 104; LR-Hilger zu § 119 Rn 161; Cassardt, NStZ 1994, 523, 524). Dies gilt aber nicht, wenn wie hier die Doppelbelegung des Haftraums in Frage steht. Eine gemeinsame Unterbringung des Untersuchungsgefangenen mit anderen ist gegen seinen Willen nur unter den Voraussetzungen § 119 Abs. 2 S. 3 StPO aufgrund haftrichterlicher Anordnung gem. § 119 Abs. 6 StPO zulässig. Der subsidiäre Rechtsweg nach den §§ 23 EGGVG (KK-Schoreit § 23 EGGVG Rn 102; LR-Hilger zu § 119 Rn 160; OLG Frankfurt NStZ-RR 1996, 365 f.; OLG Karlsruhe Justiz 1997, 87) ist vorliegend also nicht eröffnet.

Dies gilt auch für die nachträgliche Feststellung einer möglichen Grundrechtsverletzung (vgl. BVerfG StV 2002, 661 f.). Auch wenn die nachträgliche Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Maßnahme anders als in § 28 Abs. 1 S. 4 EGGVG in der Strafprozessordnung nicht geregelt ist, vermag dies die einmal begründete sachliche Zuständigkeit des Haftrichters nicht zu ändern, der als sachnäheres Gericht für die Entscheidung über den Feststellungsantrag zuständig bleibt (OLG Stuttgart NStZ-RR 2003, 191; KK-Boujong zu § 119 Rn. 101).

Eine Verweisung an den Haftrichter findet im Verfahren nach den §§ 23 ff. EGGVG nicht statt. Vielmehr war der Antrag als unzulässig zu verwerfen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 30 Abs. 1 EGGVG, 2 Nr. 1 KostO. Der Geschäftswert wurde nach den §§ 30 Abs. 3 EGGVG, 30 Abs. 2 KostO festgesetzt.

Ende der Entscheidung

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