Judicialis Rechtsprechung

Mit der integrierten Volltextsuche, die vom Suchmaschinenhersteller "Google" zur Verfügung gestellt wird, lassen sich alle Entscheidungen durchsuchen. Dabei können Sie Sonderzeichen und spezielle Wörter verwenden, um genauere Suchergebnisse zu erhalten:

Zurück

Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 10.01.2003
Aktenzeichen: 2 WF 122/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 256
ZPO § 620
ZPO § 620f
Im Verfahren der negativen Feststellungsklage des Unterhaltspflichtigen gegen eine einstweilige Anordnung nach § 620 ZPO kann der Unterhaltsberechtigte jederzeit Leistungs(wider)klage erheben, um in einem ordentlichen Rechtsstreit seinen Unterhaltsanspruch feststellen zu lassen.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE

2 WF 122/02

Karlsruhe, 10. Januar 2003

wegen Ehegattenunterhalt

Beschluss

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der (für ihre Widerklage vom 21.10.2002) Prozesskostenhilfe versagende Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Sinsheim vom 31.10.2002 (20 F .....) abgeändert.

Der Beklagten wird (auch) für ihre Widerklage vom 21.10.2002 Prozesskostenhilfe bewilligt und ihr Rechtsanwältin C. M., 69117 Heidelberg, beigeordnet. Die Beklagte hat keine Raten auf die Prozesskosten zu zahlen.

Gründe:

I.

Der Kläger wurde in einer im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens der Parteien ergangenen einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts Sinsheim vom 23.02.2001 (20 F .....) erlassenen einstweiligen Anordnung verpflichtet, an die Beklagte, seine geschiedene Ehefrau ab 01.08.2000 einen monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.926 DM zu zahlen.

Mit seiner negativen Feststellungsklage vom 05.08.2002 möchte der Kläger die Feststellung erreichen, dass er aus dieser einstweiligen Anordnung ab dem 01.07.2002 der Beklagten keinen Unterhalt mehr schuldet.

Der auf behauptete fehlende Leistungsfähigkeit gestützten Klage tritt die Beklagte entgegen.

Sie hat ihrerseits Widerklage erhoben, mit der sie Verurteilung des Klägers begehrt, an sie ab 01.07.2002 einen monatlichen Nachehelichenunterhalt in Höhe von 985 € zu zahlen.

Die von der Klägerin für ihre Widerklage nachgesuchte Prozesskostenhilfe hat das Familiengericht in seinem Beschluss vom 31.10.2002 mit der Begründung abgelehnt, eine Partei, die die Prozesskosten selbst tragen müsste, würde eine solche Widerklage nicht erheben, zumal sie schon habe (1.926 DM seien 985 €), was sie mit der Widerklage begehre. Es fehle für diese folglich auch das Rechtsschutzinteresse.

Gegen diesen Beschluss hat die Beklagte Beschwerde eingelegt.

Sie habe ihre Leistungsklage erhoben, um den Bestand ihres Anspruchs auf Nachehelichenunterhalt endgültig feststellen zu lassen. Eine Erhöhung des Gegenstandswertes der negativen Feststellungsklage trete im übrigen nicht ein (§ 19 GKG).

Am 12.11.2002 hat das Familiengericht der Beschwerde nicht abgeholfen.

Der Unterhaltsanspruch werde schon im Rahmen der negativen Feststellungsklage überprüft.

Mit Beschluss vom 27.12.2002 hat das Familiengericht der Beklagten "ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt unter Beiordnung von Rechtsanwältin M.".

II.

Die gem. § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist auch in der Sache gerechtfertigt.

Der Beklagten war auch für ihre Widerklage Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wobei der Senat davon ausgeht, dass das Familiengericht mit seinem Beschluss vom 27.12.2002 (obwohl dort nicht ausdrücklich formuliert) entsprechend ihrem in der mündlichen Verhandlung vom 20.12.2002 gestellten Antrag der Klägerin lediglich für ihre Rechtsverteidigung gegen die Klage des Klägers Prozesskostenhilfe bewilligt hat.

Ebenso wie der aus einer einstweiligen Anordnung nach § 620 ZPO Unterhaltsverpflichtete die Möglichkeit hat, als Hauptverfahren eine negative Feststellungsklage anhängig zu machen, um die einstweilige Anordnung außer Kraft zu setzen (§ 620 f ZPO), kann der Unterhaltsberechtigte jederzeit Leistungsklage erheben, um in einen ordentlichen Rechtsstreit den Unterhaltsanspruch feststellen zu lassen (Wendl/Thalmann, Unterhaltsrecht, 5. Aufl., § 8 Rn. 233 mit weiteren Nachweisen). Fehlt danach der (Leistungs-) Widerklage der Beklagten nicht das Rechtsschutzinteresse "weil sie hat, was sie mit der Widerklage begehrt" (so das Familiengericht), so bestehen auch im übrigen die vom Familiengericht angeführten Zulässigkeitsbedenken gegen die Widerklage nicht. Es ist anerkannt, dass eine nach der Leistungsklage erhobene negative Feststellungsklage über den selben Anspruch, da ihr Streitgegenstand von der Leistungsklage umfasst wird, unzulässig ist. Dies gilt wegen des weitergehenden Rechtsschutzziels nicht für den umgekehrten Fall, dass zunächst negative Feststellungsklage und anschließend Leistungsklage erhoben wird (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 256 Rn. 16). Vielmehr besteht in einem solchen Fall das ursprünglich vorliegende Feststellungsinteresse für die negative Feststellungsklage nur so lange fort, bis über die Leistungsklage streitig verhandelt wurde, diese Klage also gem. § 269 ZPO nicht mehr einseitig zurückgenommen werden kann (Zöller/Greger, a. a. O., Rn. 7 d unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs). Danach erscheint die Widerklage der Beklagten (wovon das Familiengericht offenbar ausgeht) auch nicht mutwillig, zumal ihr nicht verwehrt werden kann, eine materielle Prüfung ihres Unterhaltsanspruchs durch das Gericht unabhängig von der im Rahmen der negativen Feststellungsklage des Klägers vorgenommenen herbeizuführen. Auch im übrigen kann der Widerklage die hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO nicht abgesprochen werden, denn es ist noch offen, ob der Kläger mit seinem Vorbringen fehlender Leistungsfähigkeit durchdringen wird.

Die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für die Prozesskostenhilfebewilligung sind ebenfalls gegeben.

Es besteht kein Anlass, eine Kostenentscheidung zu treffen.

Ende der Entscheidung

Zurück