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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 05.11.2003
Aktenzeichen: 2 WF 136/03
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 771
ZPO § 3
1. Der Streitwert einer Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO ist nicht nach § 6 ZPO, sondern nach § 3 ZPO zu bemessen.

2. Bei einem Grundstück ist der Streitwert mit 20% des Grundstückswerts anzusetzen

3. Das Affektionsinteresse ist mit einem 1/4 des so errechneten Streitwerts zusätzlich zu berücksichtigen


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 2. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - Beschluss

2 WF 136/03

Karlsruhe, 05. November 2003

wegen Drittwiderspruchsklage

hier: Streitwert

Tenor:

Auf die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Sinsheim vom 22.04.2003 (20 F 307/01) in der Fassung des Teilabhilfebeschlusses des Amtsgerichts vom 02.07.2003 abgeändert.

Der Streitwert für das Verfahren erster Instanz wird auf 27.500,00 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Mit seiner Klage vom 24.07.2001 hatte der Kläger beantragt, die Zwangsvollstreckung in das im hälftigen Miteigentum der Parteien stehende, im Grundbuch von Waibstadt Nr. 24 eingetragene Grundstück Flurstücknummer 2....., A. - Str. 2, durch das Teilungsversteigerungsverfahren 50 K ..... des Amtsgerichts Heidelberg für unzulässig zu erklären; gleichzeitig hatte er den Antrag gestellt die Zwangsvollstreckung einzustellen.

Sein Begehren hat er insbesondere damit begründet, dass die Einreichung des Teilungsversteigerungsantrags eine Verfügung im Sinne des § 1365 BGB darstelle.

Nach dem die Beklagte der Klage entgegen getreten war und das Grundstück inzwischen versteigert worden ist, hat der Kläger den Rechtstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Mit Beschluss vom 27.02.2003 hat das Familiengericht der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt und mit Beschluss vom 22.04.2003 den Streitwert für das Verfahren auf 13.416,00 DM festgesetzt.

Gegen die Streitwertfestsetzung haben die Verfahrensbevollmächtigten des Klägers Beschwerde mit dem Ziel eingelegt, dass der Wert in einem Bereich von 64.500,00 DM bis 86.000,00 DM festgesetzt werden möge.

Das Interesse des Klägers habe auch in der Vermeidung der Verschleuderung des Grundstücks durch die Teilungsversteigerung bestanden, in deren Rahmen sich in der Regel eine Verlustquote von 30 % ergebe. Weiter sei es ihm darum gegangen, das Grundstück als Sicherheit für etwaige Ansprüche aus der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung wenigstens vorübergehend zu behalten und es letztlich sogar für die Beklagte und die Kinder zu erhalten. Bei einem Bruchteilswert von 215.000,00 DM ergebe sich eine angemessene Spanne in einem Bereich von 64.500,00 DM bis 86.000,00 DM. Das Einstellungsverfahren sei selbstständig zu bewerten.

Die Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten hat geäußert, der Streitwert sei entsprechend dem nach Abzug der Verbindlichkeiten dem Kläger ausgekehrten Betrag von 60.000,00 € festzusetzen.

Mit Beschluss vom 02.07.2003 hat das Familiengericht der Beschwerde insoweit abgeholfen, als es den Streitwert auf 15.000,00 € festgesetzt hat.

Zwischen dem geschätzten Nettoverkehrswert von 300.000,00 DM und dem Zwangsversteigerungserlös von 240.000,00 DM bestehe eine Differenz von 60.000,00 DM, sodass ein Betrag von 30.000,00 DM auf den Kläger als Miteigentümer falle. Danach sei der Nachteil, den der Kläger mit der Drittwiderspruchsklage habe abwenden wollen, mit diesem Betrag, also mit 15.000,00 € zu bewerten.

II.

Die (einfache) Beschwerde ist gem. den §§ 9 Abs. 2 Satz 1 BRAGO, 25 Abs. 3 Satz 1 GKG zulässig. Durch Artikel 32 des Gesetzes zur Reform des Zivilprozesses vom 27.07.2001 (Bundesgesetzblatt I Nr. 40 Seite 1887 f) ist § 25 GKG nicht geändert worden.

Nach den Vorstellungen der Beschwerdeführer über den Streitwert ist der Beschwerdewert zweifelsfrei erreicht.

Die Beschwerde ist teilweise in der Sache gerechtfertigt, denn der Streitwert war auf (rund) 27.500,00 € festzusetzen.

1. Der Streitwert einer sogenannten unechten Drittwiderspruchsklage nach § 771 ZPO, mit der - wie vorliegend - beantragt wird, die Zwangsversteigerung zur Aufhebung der Gemeinschaft für unzulässig zu erklären, ist nicht nach der begrifflich nicht in Betracht kommenden Vorschrift des § 6 ZPO zu bemessen, vielmehr hat die Festsetzung entsprechend § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu erfolgen. Maßgebend ist das Interesse des Klägers daran, dass die bestehende Gemeinschaft an dem Grundstück erhalten bleibt und eine Verschleuderung des Grundstücks vermieden wird (Schneider, Streitwertkommentar, 11. Aufl., Rn. 988 Stichwort Drittwiderspruchsklage; Göttlich/Mümmler, BRAGO, 19. Aufl., Stichwort Drittwiderspruchsklage Nr. 2; BGH, FamRZ 1991, 547 ff). Er ist daher nicht nach dem Gesamtwert, sondern allenfalls in Höhe eines Bruchteils daran zu bemessen und gegebenenfalls zusätzlich ein besonderes Affektionsinteresse an der Vermeidung der Versteigerung zur berücksichtigen (BGH, a. a. O.).

2. Nach dem es sachgerecht erscheint das Interesse der klagenden Partei an der Vermeidung einer Vermögensverschleuderung in Relation zum Grundstückswert und damit nach einem Bruchteil dieses Wertes zu bemessen, setzt der Senat nach den Gegebenheiten des vorliegenden Falles diesen mit 20 % an, vgl. zu diesem Prozentsatz Schneider, a. a. O., Rn. 989 und die dort zitierte Rechtsprechung. Diese konkreten Umstände sind maßgebend und nicht die von den Beschwerdeführern gesehene Verlustquote, die sich aus der statistischen Auswertung in Zwangsversteigerungsversteigerungsfällen "ergeben dürfte", wie sie ausführen. Es besteht kein rechtfertigender Grund, diesen Bruchteil bzw. Prozentsatz wegen der Berücksichtigung weiterer von den Beschwerdeführern angeführter Belange (neben dem Interesse einer Vermeidung einer Verschleuderung des Grundstücks) höher anzusetzen (BGH, a. a. O.). Andererseits erscheint es angemessen, das von den Beschwerdeführern angeführte sogenannte Affektionsinteresse mit etwa einem weiteren Viertel des sich zunächst ergebenden Wertes des auf den Kläger fallenden Grundstückswerts von 215.000,00 DM mal 20 % = 43.000,00 DM, somit mit einem weiteren Betrag von 10.750,00 DM (43.000,00 DM + 25 %) anzusetzen. Hieraus ergibt sich ein Gesamtwert von 53.750,00 DM bzw. gerundet 27.500,00 €. Ein höherer Ansatz ist nach der Einschätzung des Senats nicht gerechtfertigt, wobei er sich an den Erwägungen der Entscheidung des BGH vom 16.10.1991, a. a. O., orientiert, der in einem Ergebnis vergleichbaren Fall eine Erhöhung um fast 1/3 für unangemessen gehalten hat. Bei der deutlichen Erhöhung um ein Viertel ist in die Bewertung noch einbezogen, dass neben dem Antrag auf Unzulässigkeitserklärung zusätzlich das - hier stattgefundene - Einstellungsverfahren selbstständig zu bewerten war (Zöller/Hergeth, ZPO, 23. Aufl., § 3 Rn. 16, Stichwort Widerspruchsklage), worauf die Beschwerdeführer zutreffend hingewiesen haben.

Die Beschwerdeentscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei und Kosten werden nicht erstattet, § 25 Abs. 4 GKG.

Ende der Entscheidung

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