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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 23.05.2000
Aktenzeichen: 2 WF 45/00
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 1375 Abs. 2
BGB § 1379
BGB § 242
Leitsatz

1. Eine Auskunftspflicht bzgl. Vermögenswerten, bei denen eine Zurechnung zum Endvermögen gem. § 1375 Abs. 2 BGB in Betracht kommt, ergibt sich nicht aus § 1379 BGB, sondern nur aus § 242 BGB.

2. Wird eine Lebensversicherung mit einem 5-stelligen Rückkaufswert ca. 7 Monate vor dem Stichtag für das Endvermögen ausgezahlt und über deren Verwendung keine oder widersprüchliche Angaben gemacht, kann sich ein Auskunftsanspruch aus § 242 BGB ergeben.


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 2. Zivilsenat - Senat für Familiensachen -

Karlsruhe, 23. Mai 2000

2 WF 45/00 2 F 155/99 (ES)

Familiensache

wegen Ehescheidung u.a.

hier: Prozeßkostenhilfe

Beschluß

Tenor:

1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - B.-B. vom 15.3.2000 (2 F 155/99 ES) dahingehend abgeändert, daß ihr für den Auskunftsantrag Ziff. 1 in der Folgesache Zugewinnausgleich vom 15.2.2000 hinsichtlich der Lebensversicherung des Antragstellers bei der ÖVA Prozeßkostenhilfe bewilligt wird.

2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Zwischen den Parteien ist beim Familiengericht B.-B. ein Scheidungsverfahren rechtshängig, in dem die Antragsgegnerin vom Antragsgegner u.a. im Verbund Zugewinnausgleich begehrt. Insoweit macht sie zunächst im Wege der Teilklage die Zahlung von 20.000 DM geltend. Die Antragsgegnerin trägt hierzu vor, daß ihr die endgültige Bezifferung noch nicht möglich sei, da der Antragsteller zu der Verwendung eines von einem gemeinsamen Depot bei der D.-Bank abgehobenen Betrages von 6.669,91 DM sowie zur Verwendung einer nach seinen Angaben am 6.11.1998; somit vor dem Stichtag für das Endvermögen 4.6.1999, gekündigten Lebensversicherung bei der ÖVA keine oder zumindest keine ausreichenden Angaben gemacht habe. Sie hat daher mit Antrag vom 15.2.2000 um Prozeßkostenhilfe für einen entsprechenden Auskunftsantrag bzgl. dieser beiden Positionen nachgesucht.

Der Antragsgegner ist dem Auskunftsantrag entgegen getreten. Die Verwendung der Gelder vom D.-Bank-Depot für die Kommunion der Tochter K., Anschaffung eines Fahrrades und Anlage eines Restbetrages für die Tochter sei bereits vorgetragen und nachgewiesen. Die ÖVA-Lebensversicherung sei vor dem Stichtag verbraucht gewesen bzw. in sein Vermögen, welches er zum Stichtag angegeben habe, eingeflossen.

Das Familiengericht hat durch Beschluß vom 15.3.2000 das Prozeßkostenhilfegesuch zurückgewiesen, da keine konkreten Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Tatbestands nach § 1375 Abs. 2 BGB vorgetragen worden seien und daher keine Auskunftspflicht des Antragsgegners nach § 242 BGB bestehe.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin vom 29.3.2000, mit der sie geltend macht, an die Darlegungslast dürften keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Insbesondere hinsichtlich der Lebensversicherung müsse es sich aufgrund der mehr als 10 Jahre lang erfolgten Prämienzahlungen um einen 5-stelligen Betrag handeln, der nicht innerhalb weniger Monate verbraucht worden sei. Im Vermögen des Antragstellers fände sich kein entsprechender Wert. Hinsichtlich der Verwendung der Depot-Gelder wird die Darstellung des Antragstellers von ihr bestritten.

Das Familiengericht hat der Beschwerde durch begründeten Beschluß vom 6.4.2000 nicht abgeholfen und die Beschwerde dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Nichtabhilfebeschluß verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig und zum Teil begründet. Der Antragsgegnerin war für ihren Auskunftsantrag hinsichtlich der Verwendung der ausgezahlten Lebensversicherungssumme Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung insoweit ausreichende Erfolgsaussicht bietet, § 114 ZPO. Die weitergehende Beschwerde war hingegen zurückzuweisen.

Auf eine Auskunftsverpflichtung hinsichtlich gemäß § 1375 Abs. 2 BGB dem Endvermögen hinzuzurechnender Vermögenswerte findet nicht § 1379 BGB, sondern § 242 BGB Anwendung (BGH FamRZ 1982, 27 f.; FamRZ 1997, 800, 803). Dies folgt zum einen daraus, daß § 1379 BGB in Absatz 1 und 2 genau zwischen dem Endvermögen und dem diesem zuzurechnenden Vermögen unterscheidet und die Auskunftspflicht gem. § 1379 BGB sich ausdrücklich auf den Bestand des Endvermögens bezieht, zu dem die nicht mehr vorhandenen Vermögenswerte gerade nicht gehören (BGH aaO., S. 28). Den Interessen des ausgleichsberechtigten Ehegatten, der - z.B. bei längerer Trennung - über die Vermögensverhältnisse des anderen Ehegatten nicht mehr informiert ist, wird im übrigen durch den Auskunftsanspruch genügt, der von der Rechtsprechung nach den Grundsätzen von Treu und Glauben bei den Rechtsverhältnissen angenommen wird, deren Natur es mit sich bringt, daß der Berechtigte entschuldbar über das Bestehen und den Umfang seines Rechts im Ungewissen ist und der Verpflichtete die Auskunft unschwer erteilen kann. Die Auskunftspflicht beschränkt sich dabei auf einen bestimmten Tatbestand. Der Auskunftsberechtigte muß konkrete Anhaltspunkte für ein Handeln im Sinne des § 1375 Abs. 2 BGB vortragen, wobei insoweit an das Vortragen ausreichender Verdachtsmomente, aus denen sich die naheliegende Möglichkeit unentgeltlicher Zuwendungen an Dritte, von Verschwendungen oder benachteiligenden Handlungen ergibt, keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen (BGH aaO., S. 28).

Hier hat die Antragsgegnerin für einen Auskunftsanspruch nach § 242 BGB genügend Anhaltspunkte vorgetragen, soweit es die Verwendung der Lebensversicherung betrifft. Hierzu hat der Antragsteller lediglich vorgetragen, daß diese mit Schreiben vom 6.11.1998 gekündigt und der Auszahlungsbetrag am Stichtag nicht mehr vorhanden gewesen sei, an anderer Stelle wird angegeben, der Betrag sei in das für den Stichtag des Endvermögens mitgeteilte Vermögen eingeflossen. Im Hinblick darauf, daß nach unbestrittenem Vortrag der Antragsgegnerin der Lebensversicherungsvertrag im Jahre 1987 geschlossen und hierauf monatliche Beiträge von zuletzt 253 DM gezahlt wurden, müßte der Rückkaufswert bei mindestens ca. 10.000 DM liegen. Da der Antragsteller auch nicht das Datum der Auszahlung mitgeteilt hat und aus seiner Vermögensaufstellung zumindest nicht ohne weiteres ersichtlich ist, wohin der Betrag geflossen sein könnte, liegen im Zusammenhang mit dem vom Antragsteller am 2.6.1999 eingereichten Scheidungsantrag jedenfalls für die Erfolgsaussicht eines Prozeßkostenhilfegesuchs ausreichende Verdachtsmomente vor, die einen Auskunftsantrag rechtfertigen.

Anders verhält es sich mit der Verwendung des auf dem Depot bei der D.-Bank vorhandenen Geldbetrages von 6.669,91 DM. Hierzu hat der Antragsteller vorgetragen, daß das Geld für die Feier der Kommunion der Tochter K., den Kauf eines Fahrrades und eine Geldanlage für die Tochter verwendet worden sei. Auch wenn die hierzu vorgelegten Belege nicht in vollem Umfang den ursprünglich vorhandenen Betrag erreichen und dieser im übrigen teilweise bereits im Januar 1999 abgehoben wurde, die Belege jedoch aus den Monaten April und Mai 1999 datieren, hat der Antragsteller hierzu eine Auskunft erteilt, selbst wenn diese von der Antragsgegnerin angezweifelt wird. Da die Ausgaben - wenn auch der Höhe nach zum Teil streitig - jedenfalls angefallen sind, ist die Auskunft des Antragstellers nachvollziehbar, da die Aufwendungen getätigt werden mußten und im Zweifel nicht vollständig aus dem laufenden Einkommen des Antragstellers erbracht werden konnten. Insoweit bestehen jedenfalls keine konkreten Anhaltspunkte für ein Handeln im Sinne des § 1375 Abs. 2 BGB, so daß eine weitere Auskunftsverpflichtung des Antragstellers nicht besteht. Ggf. könnte die Antragsgegnerin die Richtigkeit der erteilten Auskunft eidesstattlich versichern lassen, wenn sie weiter Zweifel hat.

Eine Kostenentscheidung ist im Beschwerdeverfahren entbehrlich, § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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