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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 30.05.2000
Aktenzeichen: 2 WF 60/00
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 606 a
Leitsatz:

Bei einem geschiedenen Ehepaar bosnisch-herzegowinischer Staatsangehörigkeit ist eine internationale Zuständigkeit im Sinne einer Annexzuständigkeit gemäß § 606 a ZPO für die - gegen den nach Bosnien-Herzegowina verzogenen Beklagten - erhobene (isolierte) Zugewinnausgleichsklage nur gegeben, wenn und solange eine Ehesache vor einem deutschen Gericht anhängig ist. Die Zuständigkeit nach § 23 ZPO bedingt ebenfalls die internationale Zuständigkeit.


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 2. Zivilsenat - Senat für Familiensachen -

2 WF 60/00 3 F 271/98

Karlsruhe, 30. Mai 2000

Familiensache

wegen Zugewinnausgleich

Beschluß

Tenor:

Die Beschwerde der Klägerin gegen den ihr Prozeßkosten versagenenden Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht - K. vom 2. 12. 1999 (3 F 271/98) wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Parteien sind bosnisch-herzegowinische Staatsangehörige. Sie lebten seit 16. 4. 1992 als Bürgerkriegsflüchtlinge in der Bundesrepublik Deutschland. Am 31. 7. 1998 wurde ihre Ehe durch Urteil des Familiengerichts K. geschieden. Im Oktober 1998 kehrte der Beklagte nach Bosnien u. Herzegowina zurück. Die Klägerin begehrt mit Schriftsatz vom 13.11.1998, Prozeßkostenhilfe für ihre Klage auf Zugewinnausgleich. Während der Ehezeit hätten die Parteien ein Guthaben von DM 65.047,75 angespart, welches sich auf verschiedenen Konten bei der Sparkasse Karlsruhe befunden habe, bevor der Beklagte das Geld im wesentlichen in den Jahren 1993 bis 1995, abgehoben habe. Der Beklagte sei verpflichtet, ihr die Hälfte dieses Betrages, also DM 32.523,88 auszubezahlen.

Das Amtsgericht - Familiengericht - K. hat die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe versagt, weil die Klägerin zur internationalen Zuständigkeit und zum anzuwendenden Recht nichts vorgetragen habe. Für die Anwendung deutschen Rechts genüge die Klageschrift gleichfalls nicht den Anforderungen, weil zum jeweiligen Endvermögen nichts vorgetragen sei. Schließlich sei im bosnisch u. herzegowinischen Gesetz über die Familie v. 29.5.1979 idF vom 20.12.1989 ein von der Klägerin begehrter Zugewinnausgleich nicht vorgesehen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.

Das Amtsgericht - Familiengericht - K. hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Die Beschwerde ist gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässig, aber unbegründet. Das Familiengericht hat der Klägerin zu Recht Prozeßkostenhilfe versagt, da die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Erfolgsaussicht bietet, § 114 ZPO.

Für das vorliegende Verfahren fehlt es an der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte. Gemäß § 606 a ZPO sind in Ehesachen deutsche Gerichte international zuständig, wenn einer der dort genannten Anknüpfungspunkte gegeben ist. Vorliegend könnte sich die Zuständigkeit aus § 606 a Abs.1 Nr. 4 ZPO ergeben. Danach ist die internationale Zuständigkeit gegeben, wenn einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, es sei denn, daß die zu treffende Entscheidung offensichtlich nach dem Recht keines der Staaten anerkannt würde, zu dem einer der Ehegatten gehört. (Zöller/Geimer, ZPO, 21. Aufl. § 606 a Rn 8). Unabhängig von der Frage, ob die Entscheidung eines deutschen Gerichts im vorliegenden Verfahren in Bosnien-Herzegowina anerkannt würde (vgl. Johannsen/Henrich, Eherecht, 3. Aufl., § 606 a Rn 36 Stichwort: Bosnien-Herzegowina; OLG Stuttgart, FamRZ 1997, 1161f.) ist hier jedoch keine internationale Zuständigkeit gegeben, da es sich bei dem geltend gemachten Zugewinnausgleich nicht um eine Ehesache, sondern um eine andere Familiensache i.S.v. § 621 ZPO handelt und eine sog. Annexzuständigkeit nach § 606 a ZPO nicht besteht (Zöller/Geimer, ZPO, 21 Aufl. § 606 a Rn 19). Eine Annexzuständigkeit wäre zwar für eine isolierte Klage auf Zugewinnausgleich denkbar, jedoch nur wenn und solange eine Ehesache vor einem deutschen Gericht anhängig ist (Zöller/Geimer, ZPO, 21. Aufl., § 606 a Rn 19; BGH IPRax 1993, 189 = FamRZ 1993, 176; a.M.:Soergel/Schurig BGB, 12. Aufl., Art 17 EGBGB Rn 55, Fn 22). Vorliegend ist jedoch das Scheidungsverfahren, also die Ehesache schon abgeschlossen gewesen, bevor der Antrag auf Prozeßkostenhilfe gestellt wurde. Bei derartigen nachgeschalteten isolierten Klagen in anderen Familiensachen richtet sich die Zuständigkeit, da der Annexzusammenhang zur Ehesache gelöst ist, nach den allgemeinen Regeln (Soergel/Schurig, Art. 17 EGBGB Rn 55).Dementsprechend könnte sich aufgrund des Wegzugs des Beklagten vor Einreichung des PKH-Antrages eine Zuständigkeit nur nach § 23 ZPO ergeben, der ebenfalls die internationale Zuständigkeit bedingt (Zöller a.a.O., § 23 Rn 5a). Dann müßte aber entweder die Lage der Sache, wenn man auf die Geldscheine in Natur abstellen würde oder der Sitz des Drittschuldners, wenn man auf eine Forderung gegenüber einer Bank abstellen würde, schlüssig dargetan sein (Zöller/Vollkommer, ZPO, 21. Aufl., § 23 Rn 9f.). Dies ist jedoch nicht der Fall. Nach dem Vortrag der Klägerin ist völlig offen, wo sich die Geldscheine oder die Bank befinden könnten. Ein schlüssiger Vortrag dürfte auch deshalb schwierig sein, weil die Mehrzahl der behaupteten Abbuchungen in den Jahren 1993-1995 erfolgt sind.

Die Prozeßkostenhilfe wurde daher mangels Zuständigkeit der deutschen Gerichte zu Recht verweigert.

Eine Kostenentscheidung ist im Beschwerdeverfahren nicht veranlaßt, § 127 Abs. 4 ZPO.

Ende der Entscheidung

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