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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 19.07.1999
Aktenzeichen: 2 WF 64/99
Rechtsgebiete: FGG


Vorschriften:

FGG § 50
FGG § 19
FGG § 20
Leitsatz

1. Die Bestellung eines Verfahrenspflegers für ein Kind gemäß 50 FGG kann von einem sorgeberechtigten Elternteil mit der unbefristeten Beschwerde angefochten werden.

2. Die Entscheidung über die Verfahrenspflegerbestellung bedarf grundsätzlich keiner Begründung.

OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 2. Zivilsenat - Senat für Familiensachen -

2 W F 63/99 - 2 W F 64/99 - 2 W F 65/99 2 F 220/98 (UG)


Karlsruhe, 19. Juli 1999

Familiensache

wegen Regelung des Umgangs mit dem Kind u.a.

Beschluß

Tenor:

1. Die Beschwerden der Antragsgegnerin gegen Nr. 1, 2 und 3 des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Baden-Baden vom 07. Mai 1999 (2 F 220/98 UG) werden zurückgewiesen.

2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten der Beschwerdeverfahren.

3. Der Wert der Beschwerdeverfahren wegen vorläufiger Anordnung betreffs Umgangsrecht, wegen Zwangsgeldandrohung und wegen Bestellung eines Verfahrenspflegers wird auf jeweils 1.000 DM festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien sind seit Ostern 1998 getrennt lebende Ehegatten. Aus ihrer Ehe ist der am 04.11.1991 geborene Sohn hervorgegangen. Zur Familie gehört ferner der am 13.05.1989 geborene Sohn der Mutter (Antragsgegnerin) aus einer früheren Verbindung.

Mit Antrag vom 26.08.1998 im isolierten Verfahren suchte der Antragsteller in der Hauptsache und im Wege der vorläufigen Anordnung um eine gerichtliche Umgangsregelung mit den beiden Kindern und nach. Die Mutter trat dem entgegen.

Nachdem das Familiengericht mit Beschluß vom 30.09.1998 entsprechend dem gemeinsamen Vorschlag der Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Sohn im Wege der einstweiligen Anordnung der Mutter übertragen hatte, schlossen die Eltern in der Sitzung des Familiengerichts vom 30.09.1998 hinsichtlich des Umgangsrechts für die beiden Kinder eine Vereinbarung. Nach dieser wurde dem Antragsteller ein Umgangsrecht mit den Kindern an den Wochenenden von 10./11.10.1998 und 24./25.10.1998 von jeweils Samstag 11.00 Uhr bis Sonntag 18.00 Uhr zugebilligt. Weiter einigten sich die Eltern dahin, daß der Antragsteller grundsätzlich an zwei Wochenenden im Monat, etwa am ersten und dritten Wochenende, einen Besuchskontakt mit den Kindern im vorgenannten Umfange haben solle. Im Protokoll der Sitzung vom 30.09.1998 heißt es weiter, daß im übrigen der Bericht des Jugendamts und der Verlauf der nunmehr geregelten Umgangskontakte abgewartet werden solle; neuer Termin werde von Amts wegen bestimmt.

In einer weiteren Sitzung des Amtsgerichts vom 18.12.1998, an der auch der Sachbearbeiter des Amtes für Familien, Soziales und Jugend der Stadt Baden-Baden teilnahm, erklärte dieser nach Anhörung der Parteien, er könne ein bis zwei betreute Umgangskontakte unter seiner Begleitung anbieten. Die Mutter erklärte hierauf, es bestehe bei ihr keine Bereitschaft zu einem Umgang in irgendeiner Art. In einer in dieser Sitzung übergebenen Stellungnahme des Sozial- und Jugendamts vom 18.12.1998 wird ausgeführt, daß aufgrund einer Vielzahl persönlicher Kränkungen und Enttäuschungen in der hochkonfliktbeladenen Situation der Parteien derzeit kein gemeinsames Gespräch möglich sei. Ein genereller Ausschluß des persönlichen Umgangs zwischen dem Antragsteller und den Kindern und werde nicht für gerechtfertigt gehalten. Zur Wahrung der Rechte der Kinder werde der Einsatz eines Verfahrenspflegers empfohlen.

Mit Beschluß vom 30.12.1998 ordnete das Familiengericht die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zur Regelung des Umgangs des Antragstellers mit den Kindern und und zur elterlichen Sorge für an. Weiter erließ es mit Beschluß vom selben Tage eine einstweilige Anordnung, mit der dem Antragsteller am 11.01.1999 und am 20.01.1999, jeweils von 14.00 bis 16.30 Uhr ein Umgangsrecht mit den Kindern in Begleitung des Sachbearbeiters des Stadtjugendamts Baden-Baden, Herrn und ab Samstag 30.01.1999 ein Umgangsrecht alle 14 Tage von Samstag 11.00 bis Sonntag 18.00 Uhr eingeräumt wurde; insoweit sollte der Antragsteller die Kinder jeweils bei der Mutter abholen und dorthin wieder zurückbringen.

Auf die Gründe dieses Beschlusses wird Bezug genommen.

Am 08.03.1999 erstattete der vom Familiengericht beauftragte Sachverständige Dipl.-Psychologe ein schriftliches psychologisches Sachverständigengutachten. Dieses empfiehlt den Verbleib des Lebensschwerpunktes der Kinder bei der Mutter, wobei die elterliche Sorge für von beiden Eltern gemeinsam ausgeübt werden könne. Gleichzeitig - so das Gutachten sollte eine Umgangsregelung den Kontakt der Kinder zum Vater vierzehntägig am Wochenende erlauben; eine Terminsregelung sollten die Beteiligten in selbständigen Absprachen erarbeiten. Das Gutachten, auf dessen Einzelheiten verwiesen wird, führt aus, daß bei Fortbestehen des Verfahrens zum Umgang auch die Bestellung eines Verfahrenspflegers erwägenswert wäre; dieser könnte in Zusammenarbeit mit den Eltern vor Ort Wege und Möglichkeiten des Beziehungserhalts erkunden.

Am 13.04.1999 wurden die Kinder und vom Familienrichter persönlich angehört (vgl. Vermerk vom 13.04.1999).

Beide erklärten, sie wollten keine Besuche des Antragstellers.

Mit Beschluß vom 07.05.1999 ordnete das Familiengericht an, daß die vorläufige Anordnung vom 30.12.1998 fortgelte. Die nächsten Besuchswochenenden seien am 08./09.05. und am 22./23.05.1999. Es gebe keinen Anlaß, diese vorläufige Umgangsregelung abzuändern (Nr. 1 des Beschlusses). In Nr. 2 des Beschlusses wird der Mutter für den Fall, daß sie der vorläufigen Anordnung weiterhin nicht Folge leistet, gem. § 33 FGG ein Zwangsgeld in Höhe von bis zu 50.000 DM angedroht. Nach Nr. 3 des Beschlusses wird gem. § 50 FGG für die Kinder und zur Wahrung ihrer Interessen eine Verfahrenspflegerin bestellt; deren Ladung war zu dem vom Familiengericht vorgesehenen Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung am 23.06.1999 veranlaßt.

Mit Schriftsatz vom 25.05.1999 legte die Mutter beim Oberlandesgericht gegen Nr. 1 bis 3 des Beschlusses des Amtsgerichts vom 07.05.1999 Beschwerde ein.

Das Familiengericht habe die vorläufige Anordnung vom 30.12.1998 zu Unrecht aufrechterhalten. Es habe u.a. nicht zwischen den Kindern und unterschieden, obwohl der Antragsteller nicht der leibliche Vater ist. Für die Androhung eines Zwangsgelds wäre erforderlich gewesen, konkrete Verstöße der Mutter gegen die einstweilige Anordnung festzustellen; zudem hätte zwischen der Weigerung der Kinder, das Umgangsrecht wahrzunehmen und dem Willen der Kindesmutter unterschieden werden müssen. Die Beiordnung eines Verfahrenspflegers, insbesondere für den nicht leiblichen Sohn des Antragstellers, habe das Familiengericht nicht begründet. Die Mutter tritt den Beschwerden entgegen. Sie verteidigt den angefochtenen Beschluß.

II.

1. Die Beschwerden sind zulässig, § 19 Abs. 1 FGG. Dies gilt insbesondere auch für die Beschwerde gegen die Androhung eines Zwangsgelds (vgl. Keidel/Zimmermann, FGG, 14. Aufl., § 33 Rn. 25; Senatsbeschluß vom 29.01.1990, 2 WF 13/90) sowie die gegen die Bestellung eines Verfahrenspflegers nach § 50 FGG. Zwar handelt es sich bei letzterer um keine die Instanz abschließende, sondern um eine Zwischenentscheidung (so Keidel/Engelhardt, a.a.O., § 50 Rn. 26). Sie kann gleichwohl angefochten werden, denn durch sie wird in die Rechte der am Verfahren beteiligten Beschwerdeführerin eingegriffen (§ 20 Abs. 1 FGG). Durch die Bestellung eines Verfahrenspflegers wird das Elternrecht, das grundsätzlich die Wahrnehmung sämtlicher Belange und Interessen umfaßt, berührt (so zutreffend OLG Hamm, FamRZ 1999, 41; für die Anfechtbarkeit auch Fam-RefK-Maurer, § 50 FGG, Rn. 35; OLG München, FamRZ 1999, 667; a.A. Keidel/Engelhardt a.a.O.).

2. Nach Sachlage hielt es der Senat nicht für geboten, die beim Beschwerdegericht eingelegten Rechtsmittel dem Familiengericht zur Äußerung mitzuteilen, ob es diesen abhelfen wolle (vgl. Keidel/Kahl, a.a.O., § 21 Rn. 3).

3. Die Beschwerden sind jedoch in der Sache nicht gerechtfertigt.

a) Das Amtsgericht hat im angefochtenen Beschluß zu Recht seine vorläufige Anordnung vom 30.12.1998 über die einstweilige Regelung des Umgangsrechts des Antragstellers mit seinem leiblichen Sohn und dem Sohn der Mutter aufrechterhalten. Im Beschluß vom 30.12.1998 ist eingehend dargelegt, daß der Antragsteller auch ein Recht auf Umgang mit dem Kind hat, mit dem er längere Zeit in häuslicher Gemeinschaft gelebt hat (§ 1685 Abs. 2 BGB). Auch im übrigen schließt sich der Senat der Auffassung des Familiengerichts an, daß eine Einschränkung oder ein Ausschluß des Umgangsrechts des Vaters mit beiden Kindern nicht angezeigt ist. Dem steht auch nicht entgegen, daß die Kinder bei ihrer richterlichen Anhörung am 13.04.1999 Besuche des Vaters ablehnten. Hier ist die Mutter der Kinder aufgerufen, durch positive Einflußnahme auf beide Kinder einzuwirken (§ 1684 Abs. 2 BGB bzw. § 1685 Abs. 3 BGB in Verbindung mit dieser Vorschrift). Obwohl in § 1684 Abs. 2 BGB ausdrücklich nur eine Unterlassungspflicht normiert ist, ist nach dieser Vorschrift die Pflicht des betreffenden Elternteils zu aktivem Handeln dergestalt zu bejahen, daß er im Rahmen der Erfüllung seiner Erziehungsaufgabe auf die Kinder mit dem Ziel einwirkt, psychische Widerstände gegen den Umgang mit dem anderen Elternteil bzw. Umgangsberechtigten abzubauen und eine positive Einstellung zu gewinnen (Johannsen/Henrich/Jaeger, Eherecht, 3. Aufl., § 1684 BGB Rn. 14 m.w.N.).

b) Ohne Erfolg beanstandet die Beschwerdeführerin die Androhung eines Zwangsgelds. Diese steht für den Fall einer Zuwiderhandlung gegen eine gerichtliche Umgangsregelung (§ 33 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1 FGG) im pflichtgemäßen Ermessen des Familiengerichts. Sie setzt - anders als die endgültige Zwangsgeldfestsetzung - nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Beschluß vom 29.01.1990, 2 WF 13/90) nicht voraus, daß ein Verschulden des betreffenden Elternteils feststeht oder daß eine Zuwiderhandlung bereits erfolgt ist (so auch der 16. Zivilsenat - Familiensenat - des OLG Karlsruhe, FamRZ 1988, 1196, 1197 und dessen 20. Zivilsenat - Familiensenat - FamRZ 1998, 637 f; Keidel/Zimmermann, a.a.O., § 33 Rn. 22 a).

c) Das Amtsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß es zur Wahrung der Interessen der beiden Kinder erforderlich ist, ihnen einen Verfahrenspfleger für das vorliegende Umgangsverfahren zu bestellen, § 50 FGG. Dabei ist das Gericht offensichtlich davon ausgegangen, daß die Eltern bzw. der umgangsberechtigte Antragsteller und die Mutter wegen ihrer eigenen Interessen nicht in der Lage sind, die berechtigten Interessen der Kinder hinreichend wahrzunehmen und daß diese auch nicht anderweitig - etwa durch Anhörung der Kinder und des Jugendamts - sichergestellt werden können (vgl. Johannsen/Henrich/Brudermüller, a.a.O., § 50 FGG Rn. 3). Daß ein solcher Interessenkonflikt der sich als Antragsteller und Antragsgegner mit unterschiedlichen Auffassungen gegenüberstehenden Parteien (vgl. hierzu Bundestagsdrucksache 13/4899) besteht, liegt auf der Hand und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht in Frage gestellt. Im übrigen wurde die Bestellung eines Verfahrenspflegers vom beteiligten Jugendamt wie auch von dem Sachverständigen Dipl.-Psychologen angeregt bzw. empfohlen. Daß der amtsgerichtliche Beschluß keine nähere Begründung enthält, ist unschädlich. Einer solchen bedarf es grundsätzlich - so auch hier - nicht (Keidel/Engelhardt, a.a.O., § 50 Rn. 18).

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG. Soweit sich die Rechtsmittel gegen die vorläufige Anordnung wegen Umgangsrechts und die Pflegerbestellung richten, greift die Vorschrift des § 131 Abs. 3 KostO (Gerichtsgebührenfreiheit) ein. Hinsichtlich der Beschwerde gegen die Zwangsgeldandrohung liegt kein Fall des § 131 Abs. 3 KostO vor.

Die Festsetzung der Beschwerdewerte beruht auf §§ 131 Abs. 2, 30 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 KostO.



Ende der Entscheidung

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