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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 21.02.2002
Aktenzeichen: 2 Ws 213/01
Rechtsgebiete: StGB, b.-w. UBG


Vorschriften:

StGB § 109
StGB § 63
UBG § 15 Abs. 3
1. Handlungen der Vollzugsbehörde als Verfahrensbeteiligte innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens vor der Strafvollstreckungskammer sind keine selbständig nach § 109 StVollzG anfechtbaren Maßnahmen.

2. Ein unbeschränkter Anspruch des nach § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus Untergebrachten auf Einsicht in die Krankenunterlagen ohne Rücksicht auf öffentliche Belange und berechtigte Interessen Dritter kommt nicht in Betracht. Zu den öffentlichen Belangen gehört insbesondere auch der Schutz der Allgemeinheit vor den Gefahren, die von dem Untergebrachten ausgehen.

3. Ist die Gewährung von Lockerungen von der Vollzugsbehörde mündlich widerrufen worden, so hat die Strafvollstreckungskammer im hiergegen gerichteten Verfahren nach § 109 StVollzG den Inhalt des angegriffenen Bescheides umfassend mit den die Entscheidung tragenden Gründen festzustellen, um diesen dann einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen.

4. Die gerichtliche Nachprüfung von Prognoseentscheidungen der Vollzugsbehörde i.S.v. § 15 Abs. 3 Satz 1 b.-w. UBG hat sich darauf zu beschränken, ob sich die Beurteilung oder Prognose in dem gezogenen rechtlichen Rahmen hält; eigene Erwägungen zur Missbrauchsgefahr sind der Strafvollstreckungskammer verwehrt.


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 2. Strafsenat

2 Ws 213/01

Maßregelvollzugssache

hier: Rechtsbeschwerden gem. § 116 StVollzG

Beschluss vom 21. Februar 2002

Tenor:

Die Rechtsbeschwerden des Antragstellers gegen die Beschlüsse des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - X. vom 06. Juli 2001 und 24. Juli 2001 werden als unbegründet verworfen (§ 119 Abs. 3 StVollzG).

Der Antragsteller hat die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

Der Gegenstandswert wird auf 1000 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer befindet sich seit 10.09.1991 gem. § 63 StGB im Maßregelvollzug im Zentrum für Psychiatrie Y. (ZfP).

1. Nachdem die Verteidigerin des Untergebrachten sich in einem persönlichen Gespräch am 14.11.2000 und noch einmal schriftlich am 19.12.2000 bei der Maßregelvollzugsanstalt um Einsicht in die gesamten Krankenakten des Untergebrachten bemüht hatte, lehnte das ZfP es mit Schreiben vom 29.12.2000 ab, ihr über die objektiven Untersuchungsbefunde hinaus Einblick in die vorhandenen Behandlungsunterlagen zu gewähren.

Am 29.01.2001 ersuchte auch der Berichterstatter der Strafvollstreckungskammer im Verfahren 7 StVK 353/00 zur Überprüfung der Fortdauer der Maßregel die Anstalt um Vorlage sämtlicher Krankenakten. Mit der Verteidigerin des Untergebrachten am 23.03.2001 nachrichtlich übersandter Stellungnahme vom 19.03.2001 lehnte das ZfP - anwaltlich beraten - die Herausgabe der Akten - über die objektiven Befunde hinaus - unter Berufung auf im einzelnen dargelegte entgegenstehende Interessen des in die Behandlung des Untergebrachten involvierten ärztlichen und therapeutischen Pflegepersonals sowie aus Sicherheitsbedenken ab.

Mit Schriftsatz vom 04.04.2001 ließ der Untergebrachte nunmehr durch seine Verteidigerin beantragen,

a. den nachrichtlich übersandten "negativen Bescheid" des ZfP vom 19.03.2001 aufzuheben,

b. die Anstalt zu verpflichten, der Verteidigerin Einsichtnahme in sämtliche Krankenakten zu gewähren, und

c. hilfsweise die Anstalt zur erneuten Entscheidung zu verpflichten.

Gegen die Zurückweisung seiner Anträge durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 24.07.2001 (7 StVK 108/01) wendet der Untergebrachte sich mit seiner am 31.08.2001 erhobenen Rechtsbeschwerde, mit der er seine Anträge weiter verfolgt und die Rüge der Verletzung materiellen Rechts erhebt.

2. Nachdem dem Beschwerdeführer am 27.09.2000 im Rahmen einer "Teambesprechung" mitgeteilt worden war, dass ihm bisher genehmigte Lockerungen (Ausgänge und Urlaube mit der Schwester bzw. den Eltern) nicht mehr gewährt würden, stellte er bei der Strafvollstreckungskammer mit am 02.10.2000 eingekommenen Schreiben vom 28.09.2000 neben einem (später zurückgewiesenen) Eilantrag in der Hauptsache Anträge auf

a. Aufhebung des Widerrufs der Lockerungen

b. Feststellung der Rechtswidrigkeit des Widerrufs

c. Verpflichtung der Anstalt auf Gewährung der zuvor genehmigten Lockerungen "unter den vor Juni 2000 geltenden Auflagen"

d. hilfsweise die Verpflichtung der Anstalt zur Neubescheidung hinsichtlich der Lockerungen

Sämtliche Anträge wurden durch Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 06.11.2000 abgelehnt. Auf die hiergegen erhobene Rechtsbeschwerde hob der Senat diesen mit Beschluss vom 22.03.2001 auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung zurück. Mit Beschluss vom 06.07.2001 (7 StVK 287/00) hat die Strafvollstreckungskammer die Anträge des Untergebrachten abermals zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich der Untergebrachte mit seiner am 09.08.2001 erhobenen Rechtsbeschwerde, mit der er das Verfahren beanstandet und die Verletzung sachlichen Rechts rügt.

3. Die erhobenen Rechtsmittel, deren Zulässigkeit gem. § 116 StVollzG zur Fortbildung des Rechts (Rechtsbeschwerde vom 31.08.2001) bzw. zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (Rechtsbeschwerde vom 09.08.2001) zu bejahen war, erwiesen sich in der Sache als erfolglos.

II.

1. Die Entscheidung über den erhobenen Anspruch auf Einsichtnahme in die - gesamten - Krankenakten durch die Verteidigerin hat Verwaltungscharakter und ist nach §§ 109 ff. StVollzG gerichtlich angreifbar (OLG Celle NStZ 1982, 304; Weichert in AK-StVollzG 4. Aufl. § 185 Rdnr. 18; Volckart ebenda § 138 Rdnr. 30; Calliess/Müller-Dietz, StVollzG 9. Aufl. § 138 Rdnr. 2 und § 185 Rdnr. 7; Schmid in Schwind/Böhm, StVollzG 3. Aufl. § 185 Rdnr. 26; OLG Hamm NStZ 1993, 255).

Soweit der Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des nachrichtlich übersandten "negativen Bescheids" des ZfP vom 19.03.2001 infrage steht (oben I. 1. a.), ist dieser entgegen der Ansicht des Landgerichts allerdings bereits unzulässig. Nach § 109 Abs. 1 StVollzG, der gem. § 138 Abs. 2 StVollzG für die Unterbringung entsprechend gilt, kann gegen eine Maßnahme zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiete des Strafvollzugs (hier entsprechend der Unterbringung) gerichtliche Entscheidung beantragt werden. Die vorliegend zum Gegenstand der Anfechtungsklage gemachte, der Verteidigerin nachrichtlich zugesandte Stellungnahme des ZfP vom 19.03.2001 wurde im Verfahren 7 StVK 353/00 abgegeben, nachdem die Anstalt - als Verfahrensbeteiligte - durch die Strafvollstreckungskammer um Übersendung der Krankenakten ersucht worden war. Handlungen eines Verfahrensbeteiligten innerhalb eines gerichtlichen Verfahrens sind aber keine selbständig nach § 109 StVollzG anfechtbaren Maßnahmen, so dass die Aufhebung der Erklärung vom 19.03.2001 schon zulässigerweise nicht beantragt werden konnte. Die am 29.12.2000 erfolgte Ablehnung durch das ZfP wurde hingegen nicht angefochten.

Das prozessuale Begehren des Untergebrachten auf Verpflichtung der Anstalt, seiner Verteidigerin Einsicht in seine vollständigen Krankenakten zu gewähren (I. 1. b.), das als allgemeine Leistungsklage einzustufen ist (BVerwGE 82, 45 = StV 1989, 445 = NJW 1989, 2960 = R&P 1989, 114), ist nicht begründet, da es an einer Anspruchsvoraussetzung für ein eigenständiges unumschränktes Einsichtsrecht eines Verteidigers in die Gesundheitsakten der Maßregelvollzugsanstalt fehlt. Das Einsichtsrecht des Verteidigers beurteilt sich vielmehr nach dem Umfang, der nach ärztlicher Entscheidung dem betroffenen Untergebrachten selbst zugestanden wird.

Das Einsichtsrecht eines nach § 63 StGB in einem psychiatrischen Krankenhaus Untergebrachten in die ihn betreffenden Krankenunterlagen ist spezialgesetzlich nicht geregelt. Der durch das 4. StVollzÄndG geschaffene § 185 StVollzG, der im Vollzug des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum informationellen Selbstbestimmungsrecht (BVerfGE 65, 1) ergangen ist, hat lediglich eine bereichsspezifische Grundlage für das Akteneinsichtsrecht eines Strafgefangenen geschaffen und ist mangels ausdrücklicher Verweisung in § 138 Abs. 2 StVollzG nicht unmittelbar auf den Maßregelvollzug anwendbar.

Der Anspruch eines im Maßregelvollzug nach § 63 StGB Untergebrachten auf Einsicht in die Krankenunterlagen ergibt sich aber, ohne dass es einer ausdrücklichen Regelung bedarf, aus einem ungeschriebenen Nebenanspruch aus dem öffentlich-rechtlichen Unterbringungsverhältnis (VGH Baden-Württemberg VersR 1985, 373). Ein derartiger Nebenanspruch muss grundsätzlich angenommen werden, wenn er Interessen eines Beteiligten zu dienen bestimmt ist, die von den Grundrechten geschützt werden. Der Anspruch auf Einsicht in die Patientenakten ist als Ausprägung des Rechts auf Selbstbestimmung und der personalen Würde in Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG gewährleistet. Dieses Recht besteht aber nicht uneingeschränkt. Für den Bereich des privatrechtlichen Behandlungsverhältnisses hat die Rechtsprechung - verfassungsrechtlich unbedenklich (BVerfG NJW 1999, 1777) - den Ärzten gerade im Rahmen der Psychiatrie und Psychotherapie einen "therapeutischen Vorbehalt" (vgl. hierzu auch Deutsch NJW 1980, 1305) zugestanden. Das Einsichtsrecht bezieht sich regelmäßig nur auf Aufzeichnungen über objektive Befunde und Berichte über Behandlungsmaßnahmen (BGHZ 85, 339, 341), kann sich in Einzelfällen aber auch auf den Bereich nicht objektivierter Befunde erstrecken. Insbesondere bei psychiatrischen Behandlungen wird hierbei der Entscheidung des Arztes, ob eine Aushändigung der Krankenunterlagen an den Patienten verantwortbar ist, besonderes Gewicht beigemessen. Im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Unterbringungsverhältnisses kommt ein unbeschränkter Anspruch des nach § 63 StGB Untergebrachten auf Einsicht in die Krankenunterlagen ohne Rücksicht auf öffentliche Belange und berechtigte Interessen Dritter, die auch Grundrechtsschutz genießen, ebenso wenig in Betracht. Der Anspruch auf Einsicht in die Behandlungsunterlagen kann vielmehr nur grundsätzlich, d.h. unter dem Vorbehalt gewährt werden, dass dem Selbstbestimmungsrecht des Untergebrachten gleichwertige Rechtsgüter Dritter oder öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die zu wahren das Grundgesetz gebietet oder zumindest voraussetzt (VGH Baden-Württemberg VersR 1985, 373, 375). Zu den öffentlichen Belangen gehören im Maßregelvollzug insbesondere der Schutz der Allgemeinheit gegenüber den Gefahren, die von dem Untergebrachten ausgehen.

Zwar wird in der Literatur zum Maßregelvollzug vertreten, dass der Verteidiger im Vollstreckungsverfahren ein unbeschränktes Recht auf Akteneinsicht habe, da der Fortschritt der Behandlung und die damit verbundene Legalprognose zu jeder Zeit im Rahmen des § 67 d Abs. 2 StGB "akut" seien (Volckart, Maßregelvollzug 5. Auflage S. 169). Hierfür besteht jedoch keine rechtliche Grundlage (vgl. Schmid in Schwind/Böhm a.a.O. § 185 Rdnr. 13; OLG München ZfStrVo 1980, 124). Im Rahmen privatrechtlicher Behandlungsverhältnisse steht die verfassungsrechtlich anerkannte ärzliche Entscheidungskompetenz (BVerfG NJW 1999, 1777) einem unbeschränkten Einsichtsrecht entgegen. Für öffentlich-rechtlich begründete Behandlungsverhältnisse kann nichts anderes gelten. Die persönliche Einbeziehung des behandelnden Arztes wie auch dritter Personen spielt allgemein bei psychiatrischer und psychotherapeutischer Behandlung, in der die notwendig erachtete Einflussnahme auf die geistig-seelische Person des Patienten den Schwerpunkt der Behandlung bildet, eine besondere Rolle, so dass subjektive Beurteilungselemente in den Vordergrund treten (BGHZ 85, 339, 342). Von der Entscheidung auf Einsicht in die subjektiven Beurteilungselemente sind daher unter Umständen nicht allein das Persönlichkeitsrecht des untergebrachten Patienten berührt, sondern auch schützenswerte Interessen des behandelnden Arztes, der Therapeuten oder betroffener Dritter. Würde einem Verteidiger ein unbeschränktes Recht auf Einsicht in die Krankenunterlagen zuerkannt werden, so wäre die oben erwähnte Entscheidungskompetenz des Arztes ausgehöhlt.

Für ein uneingeschränktes Einsichtsrecht des Verteidigers besteht auch entgegen dem Rechtsbeschwerdevorbringen kein zwingendes Bedürfnis. Soweit gerichtliche Entscheidungen, sei es über Lockerungen, sei es nach § 67 e StGB, auf ärztliche Gutachten über den Untergebrachten gestützt werden, erfordert das Gutachten eine umfassende und in sich nachvollziehbare Darstellung des Erkenntnis- und Wertungsprozesses des Begutachtenden. Hierzu gehört die Mitteilung der herangezogenen und ausgewerteten Erkenntnismittel sowie der hierdurch erlangten Informationen, soweit diese nicht aktenkundig und daher dem Gericht bekannt sind (KG NStZ 1999, 319). Soweit subjektive Befunde für die Diagnose des Sachverständigen von Relevanz sind, sind diese im Gutachten kenntlich zu machen, um dem Gericht eine Nachprüfung zu ermöglichen. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG gebietet es, dass auch der Verteidiger zu allen entscheidungs- und verfahrensrelevanten Tatsachen und Wertungen Stellung nehmen kann. Damit ist gewährleistet, dass er Einblick in die subjektiven Erhebungen insoweit erhält, als sie Gegenstand eines Gutachtens sind, und er denselben Wissensstand wie das Gericht hat. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist der Untergebrachte mithin keinem "Geheimprozess" ausgesetzt, da er Einsicht in alle entscheidungserheblichen Befunde erhält. An einem weitergehenden Einsichtsrecht in "subjektive" Inhalte der Krankenakte besteht schon grundsätzlich kein rechtlich schützenswertes Interesse. Insoweit kann die Einsicht allenfalls der Ausforschung dienen.

In diesem Zusammenhang ist auch zu sehen, dass eine Dokumentationspflicht der Anstalt hinsichtlich subjektiver Befunde nicht besteht (vgl. Volckart a.a.O. S. 168). Diese bezieht sich nur auf objektive Erhebungen. Bei psychiatrischer und psychologischer Untersuchung und Behandlung, bei denen die emotionale Seite eines Gesprächs mit dem Patienten einen besonderen Raum einnimmt, kommt der Dokumentation subjektiver Befunde dennoch nicht unbeträchtliche Bedeutung zu. Der Therapeut braucht diese Unterlagen nicht nur, um später die Entwicklung seiner eigenen Erkenntnisse nachvollziehen zu können, sondern auch zur Kontrolle der Interaktion zwischen ihm selbst und seinem Patienten (vgl. Volckart a.a.O. S. 168). Unterläge die Entscheidung, ob die - erweitert - geführten Krankenakten entgegen anzuerkennender ärztlicher Vorbehalte bzw. Geheimhaltungsinteressen dem Untergebrachten mitgeteilt werden, ausschließlich der Beurteilung durch den Verteidiger, so wäre der Verzicht des Arztes bzw. Therapeuten auf die im Interesse des Patienten wichtige Anfertigung schriftlicher Unterlagen unweigerlich die Folge (vgl. OLG Frankfurt NStZ 1989, 198). Eine Pflicht zur unumschränkten Herausgabe der Krankenakten wirkte sich damit kontraproduktiv aus.

Indessen darf die Einsichtnahme in die Krankenunterlagen durch den Verteidiger nicht pauschal unter Hinweis auf ärztliche Bedenken verweigert werden. Entgegenstehende Gründe sind vielmehr nach Art und Richtung nachvollziehbar zu kennzeichnen, allerdings ohne Verpflichtung, dabei ins Detail zu gehen (BVerfG NJW 1999, 1777; BGHZ 106, 146,150).

Die Weigerung des ZfP wird diesen Maßstäben gerecht. Dem Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 24.07.2001 kann insoweit - noch hinreichend - entnommen werden, dass gegen die Herausgabe der Gesundheitsakten vornehmlich Sicherheitsbedenken geltend gemacht werden. Nach Einschätzung der behandelnden Ärzte bestünde im Falle der Kenntnisnahme u.a. der dokumentierten Bemerkungen des Psychotherapeuten, die auch Übertragungs- und Gegenübertragungsphänomene enthalten, durch den Untergebrachten die Gefahr, dass dieser seine Verhaltensweisen zukünftig gezielt auf die für eine positive Entwicklung vorausgesetzten Erwartungen ausrichtet und somit positive Ansätze oder Therapieerfolge vortäuscht. Aufgrund seiner außerordentlichen Intelligenz sei der Untergebrachte auch in der Lage, auf diese Weise eine Beurteilung der Auswirkungen der Therapie und damit seines Gesundheitszustandes unmöglich zu machen. Diese Befürchtung ist beachtlich und bedarf keiner spezielleren Darlegung von Anknüpfungspunkten. Sie ist auch naheliegend, da der Untergebrachte anhand von Erkenntnissen aus den Gesundheitsakten ihm verweigerte Lockerungen durchsetzen will. Der Vollzug der Maßregel dient dem Zweck, die Allgemeinheit vor weiteren erheblichen rechtswidrigen Taten zu schützen (§§ 63, 67 d Abs. 2 StGB). Durch die ungerechtfertigte Bewilligung von Lockerungen würde angesichts der generellen Gefährlichkeit des Beschwerdeführers, deren Fortbestehen das im Verfahren nach § 67 e StGB eingeholte externe Gutachten ergeben hat, der Schutz der Allgemeinheit in nicht hinzunehmender Weise gefährdet. Die vom ZfP erwogenen Sicherheitsinteressen haben demnach gegenüber dem Interesse des Untergebrachten an informationeller Selbstbestimmung ein Gewicht, das dem geltend gemachten Anspruch zwingend entgegensteht.

2. Die hinsichtlich des Beschlusses der Strafvollstreckungskammer vom 06.07.2001 erhobenen Verfahrensrügen sind bereits unzulässig, da sie nicht in der nach § 118 Abs. 2 StVollzG vorgeschrieben Form vorgetragen wurden. Die Überprüfung des Beschlusses aufgrund der Sachrüge hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Beschwerdeführers ergeben.

Als begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann die Gewährung von Lockerungen nach §§ 15 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 3 b.-w. UBG widerrufen werden, wenn neue Tatsachen auftreten, die zur Versagung der Lockerungen berechtigten. Bei der Frage, ob eine der in § 15 Abs. 3 b.-w. UBG genannten Gefahren den Widerruf rechtfertigt, steht der Krankenhausleitung ein Beurteilungsspielraum zu, der allerdings - wenn auch beschränkter - gerichtlicher Nachprüfung unterliegt. Der Senat hat deshalb bereits mit Beschluss vom 22.03.2001 darauf hingewiesen, dass die Vollstreckungskammer aus diesem Grunde den - in der Entscheidung vom 06.11.2000 nur rudimentär mitgeteilten - Inhalt des angegriffenen mündlichen Bescheides umfassend mit den die Entscheidung tragenden Gründen festzustellen hat, um diesen dann einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen. Zwar hat die Strafvollstreckungskammer dessen ungeachtet im weiteren Verfahren nunmehr vom ZfP nicht eine inhaltliche Klarstellung des mündlichen Bescheides, sondern eine - hiervon zu unterscheidende - Stellungnahme der Anstalt zu diesem eingeholt, jedoch kann dieser - gerade noch hinreichend - der Gegenstand der Entscheidung der Anstalt entnommen werden. Danach war in der "Team-Besprechung" vom 27.09.2000 "sehr deutlich" geworden, dass der Untergebrachte nicht bereit oder fähig ist, von sich aus ein Thema über seine Entwicklungsphasen, eventuelle Widersprüche in denselben, konfliktbehaftete Beziehungsauseinandersetzungen und Widersprüchlichkeiten, sowie Wünsche und Phantasien vorbehaltlos zu besprechen. Den Feststellungen der Strafvollstreckungskammer in der Entscheidung vom 06.07.2001 kann ferner noch entnommen werden, dass eine anlässlich der Teambesprechung vom 27.09.2000 vor diesem Hintergrund vorgenommene Neubewertung der Persönlichkeit und des Krankheitsbildes des Beschwerdeführers zu dem Ergebnis geführt hat, dass eine für die Fortführung der Lockerungen hinreichend günstige Legalprognose nicht mehr gestellt werden kann, da es dem Untergebrachten an der notwendigen Offenheit fehlt, er gewissermaßen seine Aussagen (gegenüber Ärzten und Therapeuten) selbst filtert, indem er für die Therapie möglicherweise wichtige Gegebenheiten ausblendet, woraus im Zusammenhang mit nur unwesentlichen Therapiefortschritten auf eine unveränderte Grundgefährlichkeit geschlossen wurde. Nach Sachlage hat die Maßregelvollzugsanstalt ihren Widerruf damit auf Missbrauchsgefahr gestützt. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Soweit Prognoseentscheidungen in Frage stehen, hat sich die gerichtliche Nachprüfung darauf zu beschränken, ob sich die Beurteilung oder Prognose durch das ZfP in dem gezogenen rechtlichen Rahmen hält (Rennert in Eyermann, VwGO 11. Aufl. § 114 Rdnr. 83). Dies hat die Strafvollstreckungskammer freilich verkannt, indem sie eigene Erwägungen ("Auch nach Ansicht der Kammer ...") dazu angestellt hat, ob bei dem Untergebrachten Mißbrauchsgefahr anzunehmen ist. Dass sie damit den der Anstalt zustehenden Spielraum übergangen hat, beschwert den Beschwerdeführer allerdings infolge gleichlautender Ergebnisse nicht. Die Annahme künftiger Entwicklungen ist nur daraufhin zu überprüfen, ob die Behörde von einer vollständigen und zutreffenden Prognosebasis ausgegangen ist und ob die Prognose sachangemessen und methodisch einwandfrei erarbeitet wurde. Vorliegend ist zu sehen, dass die neue prognostische Einschätzung ausweislich der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer von dem dafür zuständigen "Behandlerteam" des Untergebrachten unter Leitung des Chefarztes getroffen wurde. Grundlage der Prognose waren die aus den wegen der revisionsähnlichen Ausgestaltung des Rechtsmittels den Senat bindenden Feststellungen der Strafvollstreckungskammer ersichtlichen Anknüpfungspunkte. Dass bei der Entscheidung des ZfP unberücksichtigt geblieben sein sollte, dass der Untergebrachte die ihm bis dahin erteilten Lockerungen nicht missbraucht hat, ist nach Sachlage auszuschließen. Nach den den Senat im Rahmen der Rechtsbeschwerde ebenso bindenden Feststellungen der Strafvollstreckungskammer ist demgegenüber dem nachträglichen Vorbringen des Untergebrachten, seine Äußerung gegenüber dem Chefarzt sei dahin zu verstehen, dass er lediglich nicht gewillt gewesen sei, mit den Behandlern über "Pippifax" zu reden, kein realer Hintergrund beizumessen. Neue Beweiserhebungen finden im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht statt. Anhaltspunkte für eine fachliche Inkompetenz der Gutachter oder für ein fehlerhaftes methodisches Vorgehen finden sich in der Entscheidung der Strafvollstreckungskammer nicht. Das gewonnene Ergebnis ist auch plausibel. Die bisherigen therapeutischen Bemühungen haben bei dem Beschwerdeführer noch zu keinem relevanten Erfolg geführt. Mit Beschluss vom 23.01.1999 hat die Strafvollstreckungskammer, wie ihrer Entscheidung vom 24.07.2001 zu entnehmen ist, einen anstaltsfremden psychiatrischen Sachverständigen mit einem prognostischen Gutachten beauftragt. Dieser kam in seinem schriftlichen Gutachten zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung des Beschwerdeführers nach wie vor vorliegen und insbesondere weiterhin eine negative Legalprognose gestellt werden muss.

Unter den gegebenen Umständen war es rechtlich zulässig, dass die Vollzugsbehörde nach Erkennen bisher nicht gesehener Risiken die bisher eingeräumten Lockerungen widerruft. Bei der Frage, ob Lockerungen vom Vollzug der Maßregel (weiter) zu gewähren sind, ist ein strenger Maßstab anzulegen. In dem Spannungsfeld zwischen dem aus dem Bestreben um weitgehenden Erhalt bzw. Wiedererhalt seiner Freiheitsrechte resultierenden Interesse des Untergebrachten an einer breiten Palette möglichst weitgehender Vollzugslockerungen einerseits und dem Interesse der Bevölkerung an einem wirksamen Schutz auch ihrer Grund- und Freiheitsrechte vor Übergriffen aus dem Kreis der im Maßregelvollzug nach § 63 StGB Untergebrachten andererseits darf im Konfliktsbereich die Lösung nicht durch eine auch nur zeitweilige Zuweisung eines erhöhten Risikos an die Bevölkerung gesucht werden, deren Schutz mit der Maßregel ebenso bezweckt wird (OLG Hamm NStZ 1995, 358).

Nach alledem hat die Strafvollstreckungskammer den Antrag auf Anfechtung des Widerrufs der Lockerungen (I. 2. a.) zu Recht als unbegründet zurückgewiesen. Freilich hat sie verkannt, dass der Feststellungsantrag (I. 2. b.) mangels Feststellungsinteresse sowie der Verpflichtungsantrag in Ermangelung eines zuvor bei der Vollzugsbehörde gestellten Antrages bereits unzulässig sind, dies beschwert den Beschwerdeführer jedoch nicht.

III.

Nach alledem waren beide Rechtsmittel als unbegründet zu verwerfen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 StVollzG, die Festsetzung des Gegen- standswerts auf §§ 13, 48 a GKG.

Das Verfahren gibt dem Senat Anlass zu folgenden Hinweisen:

Die Rechtsbeschwerde nach § 116 StVollzG richtet sich weitgehend nach Revisionsgrundsätzen (vgl. nur Volckart in AK-StVollzG 4. Aufl. § 118 Rdnr. 1). Die Beschwerdeanträge unterliegen der Formvorschrift des § 118 Abs. 2 StVollzG, folglich revisionsrechtlichen Anforderungen (Calliess/Müller-Dietz a.a.O. § 118 Rdnr. 2). Beschlussfremdes Vorbringen wird bei der Entscheidung des Senats, bei der lediglich eine rechtliche Überprüfung der angefochtenen Entscheidung (vgl. nur Schuler in Schwind/Böhm a.a.O. § 116 Rdnr. 9), hingegen keine Überprüfung der durch die Strafvollstreckungskammer getroffenen tatsächlichen Feststellungen stattfindet, nicht berücksichtigt. Verweisungen sind in der Rechtsbeschwerdebegründung ebenso unzulässig wie in Beschlüssen der Strafvollstreckungskammer. Der Antragsteller kann sich nur in der in § 118 Abs. 3 StVollzG vorgeschriebenen Form äußern.

Ende der Entscheidung

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