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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 13.11.2000
Aktenzeichen: 2 Ws 305/00
Rechtsgebiete: StGB


Vorschriften:

StGB § 67 a Abs. 3
StGB § 67 e
StGB § 67 a Abs. 3, 67 e

Zum erneuten Beginn der zweijährigen Überprüfungsfrist im Fall der Rücküberweisung eines Verurteilten aus einem psychiatrischen Krankenhaus in den weiteren Vollzug der Sicherungsverwahrung.


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 2. Strafsenat

2 Ws 305/00 XII StVK 500/00

Strafsache gegen

wegen sexueller Nötigung

hier: Überprüfung nach § 67 e StGB

Beschluss vom 13. November 2000

Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Verurteilten gegen den Beschluß des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - Freiburg vom 4. Oktober 2000 wird kostenpflichtig als unbegründet verworfen.

Gründe:

Der seinerzeit erheblich und vor allem einschlägig vorbestrafte Beschwerdeführer wurde durch Urteil des Landgerichts Rottweil vom 20. März 1990 wegen sexueller Nötigung in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren sechs Monaten verurteilt; ferner wurde seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet. Nachdem eine - schon im Erkenntnisverfahren von einem psychiatrischen Sachverständigen für erforderlich gehaltene - Sozialtherapie im Jahre 1991 binnen kurzer Zeit gescheitert und ein neuerlicher Therapieversuch wegen der mangelnden Kooperationsbereitschaft des Verurteilten nicht unternommen worden war, verbüßte er die Strafe bis zum 12. September 1996 vollständig. Anschließend wurde die Maßregel in der Justizvollzugsanstalt Freiburg vollstreckt. Zuletzt ordnete das dortige Landgericht durch Beschluß vom 18. November 1998 die Fortdauer der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung an. Mit Beschluß vom 26. Juli 1999 überwies die Strafvollstreckungskammer nach Einholung eines kriminalprognostischen Gutachtens des psychiatrischen Sachverständigen Dr. den Verurteilten - in der Erwartung, daß dessen Resozialisierung dadurch besser gefördert werden könne - gem. § 67 a Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 StGB in den Vollzug der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft hat der Senat mit Beschluß vom 17. September 1999 - 2 Ws 196/99 - als unbegründet verworfen. Seit dem 29. September 1999 wurde die Maßregel im Zentrum für Psychiatrie in vollzogen. Nachdem ein Therapieversuch auch dort gescheitert war, hob das Landgericht - Strafvollstreckungskammer - Tübingen mit seit dem 15. Juni 2000 rechtskräftigem Beschluß vom 17. April 2000 die Überweisung des Verurteilten in den Vollzug der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus auf und überwies ihn in den weiteren Vollzug der Sicherungsverwahrung (§ 67 a Abs. 3 Satz 2 StGB). Diese wird seit dem 19. Juni 2000 wieder in der Justizvollzugsanstalt Freiburg vollstreckt.

Auf Anregung des Leiters der Justizvollzugsanstalt beantragte die Staatsanwaltschaft unter dem 18. September 2000 beim Landgericht Freiburg zur Klärung des Zeitpunkts des nächsten Prüfungstermins i.S.v. § 67 e StGB, die Fortdauer der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung zu beschließen. Mit Beschluß vom 4. Oktober 2000 hat die Strafvollstreckungskammer entschieden, daß angesichts des erst zum 17. April 2002 anstehenden nächsten Prüfungstermins eine Entscheidung über die Fortdauer der Sicherungsverwahrung derzeit nicht veranlaßt ist. Hiergegen wendet sich der Verurteilte mit seiner ersichtlich auf eine Sachentscheidung nach §§ 67 e, 67 d Abs. 2 StGB gerichteten sofortigen Beschwerde.

Das gem. §§ 463 Abs. 1, Abs. 3 Satz 1, 454 Abs. 1 und Abs. 3 StPO zulässige Rechtsmittel hat in der Sache keinen Erfolg. Die Strafvollstreckungskammer hat zu Recht eine Entscheidung, ob die weitere Vollstreckung der Unterbringung zur Bewährung auszusetzen ist, als verfrüht abgelehnt.

Die zweijährige Prüfungsfrist nach § 67 e Abs. 2 StGB beginnt aufgrund der Regelung des § 67 e Abs. 4 Satz 2 StGB, die der Verfahrensökonomie dient (vgl. nur Horstkotte in LK 10. Aufl. § 67 e Rdnr. 13), mit jeder eine Aussetzung ablehnenden gerichtlichen Entscheidung von neuem. Letzte Prüfungsentscheidung in diesem Sinne war der Beschluß des Landgerichts Tübingen vom 17. April 2000, mit dem die Strafvollstreckungskammer nicht nur die Rücküberweisung des Verurteilten in den Vollzug der Sicherungsverwahrung, sondern damit selbstverständlich zugleich auch - unausgesprochen - die Fortdauer derselben unter Ablehnung einer Aussetzung zur Bewährung angeordnet hat. Da der Verurteilte nur bei Fortbestehen einer Gefahr i.S.d. § 66 Abs. 1 Nr. 3 StGB in die Sicherungsverwahrung zurückzuüberweisen ist (vgl. nur Horstkotte a.a.O. § 67 a Rdnr. 25), stellt sich auch bei einer Entscheidung nach § 67 a Abs. 3 Satz 2 StGB zunächst stets die Frage, ob eine Aussetzung der weiteren Vollstreckung der Sicherungsverwahrung gem. § 67 d Abs. 2 StGB möglich ist. Dies hat die Strafvollstreckungskammer im Beschluß vom 17. April 2000 unmißverständlich abgelehnt. Schon ihre auf eine fundierte Stellungnahme des Zentrums für Psychiatrie (sowie auf das Ergebnis der mündlichen Anhörung vom 14. April 2000) gestützten Ausführungen, daß mit dem Vollzug der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus mangels therapeutischen Zugangs zum Verurteilten kein Erfolg erzielt werden könne und es für eine andere Maßnahme als die Rücküberweisung in den Vollzug der Sicherungsverwahrung keine Ansatzpunkte gebe, zeigen, daß eine Aussetzung der weiteren Vollstreckung der Sicherungsverwahrung mangels einer günstigen Täterprognose auf keinen Fall in Betracht kam. Dies muß zudem vor dem Hintergrund der letzten Fortdauerentscheidung vom 18. November 1998 sowie der Beschlüsse des Landgerichts Freiburg vom 26. Juli 1999 und des Senats vom 17. September 1999 gesehen worden, wo durchweg die Notwendigkeit einer - erfolgreichen - therapeutischen Aufarbeitung der Persönlichkeitsproblematik des Verurteilten vor einer möglichen Entlassung aus dem Maßregelvollzug betont wurde. Das zum Beschluß vom 17. April 2000 führende Verfahren entsprach schließlich auch den für eine Überprüfung nach § 67 e StGB geltenden Bestimmungen der §§ 463 Abs. 1 und Abs. 3, 454 StPO. Eine ausreichende Ermittlung und Würdigung der für eine Prüfungsentscheidung bedeutsamen Umstände (vgl. nur Horstkotte a.a.O. § 67 e Rdnr. 13) war gewährleistet. Nach alledem würde es vorliegend eine sachlich nicht gerechtfertigte Förmelei bedeuten, allein wegen der im Beschluß vom 17. April 2000 fehlenden ausdrücklichen Anordung der Fortdauer des Maßregelvollzugs (unter Ablehnung einer Aussetzung) für die Berechnung des nächsten Prüfungstermins auf den 18. November 1998 zurückzugreifen und damit innerhalb von sieben Monaten seit der Entscheidung des Landgerichts Tübingen erneut umfangreiche Ermittlungen für eine - zweite - Prüfung anzustellen. Der nächste Prüfungstermin nach § 67 e StGB steht daher erst zum 17. April 2002 an. Die Strafvollstreckungskammer ist damit nicht gehindert, jederzeit zu prüfen, ob im Verlauf der Unterbringung Umstände eingetreten sind, aufgrund derer die weitere Maßregelvollstreckung zur Bewährung ausgesetzt werden kann (§ 67 e Abs. 1 Satz 1 StGB).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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