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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 26.03.2007
Aktenzeichen: 2 Ws 322/06
Rechtsgebiete: GG


Vorschriften:

GG Art. 2 Abs. 1
Zum Recht des gemäß § 63 StGB im Maßregelvollzug Untergebrachten auf Einsicht in die ihn betreffenden Krankenakten der Maßregelvollzugseinrichtung.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 2. Strafsenat

2 Ws 322/06

Maßregelvollzugssache

hier: Rechtsbeschwerde nach §§ 138, 116 StVollzG

Beschluss vom 26. März 2007

Tenor:

Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers werden der Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer - H. vom 8. August 2006 und der Bescheid des Zentrums für Psychiatrie Nordbaden vom 19. März 2001 aufgehoben.

Das Zentrum für Psychiatrie Nordbaden wird verpflichtet, der Verteidigerin des Antragstellers Einsicht in die ihn betreffenden Patientenakten zu gewähren. Das Krankenhaus darf unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats Eintragungen von der Einsicht ausnehmen, die Rückschlüsse auf die Persönlichkeit oder die persönlichen Verhältnisse der behandelnden Therapeuten oder Dritter zulassen.

Die Kosten des gerichtlichen Verfahrens sowie die dem Antragsteller entstandenen notwendigen Auslagen trägt die Staatskasse.

Der Gegenstandswert wird auf 3000 € festgesetzt (§ 65 GKG).

Gründe:

Mit am 4.4.2001 beim Landgericht H. eingekommenem Schriftsatz hat der Antragsteller, der nach § 63 StGB im Zentrum für Psychiatrie Nordbaden untergebracht ist, bei der Strafvollstreckungskammer die Verpflichtung der Anstalt begehrt, seiner Verteidigerin Einsicht in seine Krankenakten zu gewähren, die ihm vom Zentrum für Psychiatrie mit Schreiben vom 19.3.2001 versagt worden war. Nachdem die Anstalt mit am 20.7.2001 eingegangenem Schreiben hierzu Stellung genommen hatte, wies das Landgericht H. mit Beschluss vom 24.7.2001 den Antrag zurück. Die Rechtsbeschwerde wurde mit Beschluss des Senats vom 21.2.2002 verworfen. Mit Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 9.1.2006 wurden die Beschlüsse des Landgerichts H. vom 24.7.2001 und des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 21.2.2002 aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. Nach einer neuerlichen Stellungnahme der Anstalt vom 16.2.2006 hat die Strafvollstreckungskammer mit der angegriffenen Entscheidung den Antrag, die Anstalt zu verpflichten, der Verteidigerin des Antragstellers Einsicht in sämtliche Krankenunterlagen zu gewähren, erneut zurückgewiesen, die Anstalt aber zur Neubescheidung unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung der Kammer verpflichtet. Die auf die Sachrüge gestützte und zur Fortbildung des Rechts zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers, zu der sich das Ministerium für Arbeit und Soziales Baden-Württemberg nicht geäußert hat, hat den aus dem Tenor ersichtlichen teilweisen Erfolg.

Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (NJW 2006, 1116) steht dem Maßregelpatienten - unabhängig von der verfassungsgerichtlich noch nicht geklärten Frage, ob das nur auf gesetzlicher Grundlage einschränkbare Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung (vgl. BVerfGE 65, 1 ff.) auch einen Anspruch auf Zugang zu über die eigene Person gespeicherten bzw. Dritten bekannten, die eigene Person betreffenden Daten enthält - ein aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG abgeleitetes Recht auf - auch informationsbezogene - Selbstbestimmung und personale Würde zu. Hieraus erwächst ihm ein Anspruch auf Einsicht in seine Krankenunterlagen (vgl. schon BVerfG NJW 1999, 1777), der eine abwägende Berücksichtigung seines Informationsinteresses verlangt, dem ein besonderes verfassungsrechtliches Gewicht zukommt. Denn die in den Krankenunterlagen enthaltenen Angaben über Anamnese, Diagnose und therapeutische Maßnahmen betreffen unmittelbar seine Privatsphäre und haben erhebliche Bedeutung für selbstbestimmte Entscheidungen. Hat deshalb schon jeder Patient ein generell geschütztes Interesse daran zu erfahren, wie mit seiner Gesundheit umgegangen wurde, welche Daten sich ergeben haben und wie man die weitere Entwicklung einschätzt, so gilt dies in gesteigertem Maße für Informationen über die psychische Verfassung und noch mehr für Patienten im Maßregelvollzug, da diese sich den Therapeuten weder auswählen noch diesen bei einem Vertrauensverlust wechseln können und die grundrechtliche Gefährdungslage wegen des Machtgefälles zwischen den Beteiligten größer ist. Akteneinträge können zudem in vielfältiger Weise Auswirkungen auf den Unterbringungsalltag haben. Auch beeinflussen die in den Krankenunterlagen enthaltenen Informationen die Entscheidungen über eine Entlassung in die Freiheit und Lockerungen, zumal sie auch als Tatsachengrundlage für Prognosegutachten herangezogen werden. Schließlich hat der Inhalt der Krankenakten auch Bedeutung für die Effektivität des Rechtsschutzes in Vollzugs- und Vollstreckungsangelegenheiten, da er die richterliche Überprüfung der Qualität von Prognosegutachten ermöglichen kann. Somit kommt dem Einsichtsrecht, das damit auch die Grundrechte der Art. 2 Abs. 2 S. 2 und 19 Abs. 4 GG betreffende gerichtliche Entscheidungen tangiert, ein hoher Stellenwert im Rahmen der geforderten Abwägung zu, so dass Einschränkungen nur wegen gewichtiger gegenläufiger Belange erfolgen dürfen (BVerfG NJW 2006, 1116, 1118 f.).

Die Strafvollstreckungskammer vertritt in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung, dass sie die vom Bundesverfassungsgericht geforderte Abwägung zwischen dem Recht des Antragstellers auf Akteneinsicht und anderen wesentlichen Belangen ohne Einblick in die Akten nicht vornehmen könne, der ihr wegen der Weigerung des Antragstellers, das Zentrum für Psychiatrie von der Schweigepflicht gegenüber der Strafvollstreckungskammer zu entbinden, jedoch versagt sei. Diese Begründung hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Denn die in de Entscheidung der Strafvollstreckungskammer eingestellte Tatsachengrundlage, insbesondere die Stellungnahmen des Zentrum für Psychiatrie Nordbaden, lassen jedenfalls eine Teilentscheidung in der Sache zu, weshalb die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer insoweit aufzuheben (§§ 138 Abs. 3 i.V.m. 119 Abs. 4 S. 2 StVollzG) und - soweit Spruchreife vorliegt - die Anstalt zu der beantragten Amtshandlung zu verpflichten (§§ 138 Abs. 3 i.V.m. 114 Abs. 4 S. 1 StVollzG) war.

Auch ohne Einsicht in die Patientenakten sind im vorliegenden Fall das Informationsrecht des Antragstellers überwiegende Interessen, die eine Versagung des Akteneinsichtsrechts insgesamt rechtfertigen könnten, nicht zu erkennen.

Soweit von Seiten des Zentrums für Psychiatrie eingewandt wird, ein Einsichtsrecht des Maßregelpatienten sei kontraproduktiv, da es unweigerlich den Verzicht auf im Interesse des Patienten wichtige Aufzeichnungen bzw. "eine doppelte Buchführung" zur Folge hätte, vermag dies eine Verweigerung der Akteneinsicht vorliegend im Ergebnis nicht zu rechtfertigen. Zwar können zu erwartende ungünstige Rückwirkungen der Eröffnung des Informationszugangs grundsätzlich geeignet sein, Beschränkungen zu rechtfertigen (BVerfG NJW 2006, 1116, 1120). Doch verlangt dies nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts eine ausreichende Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer solchen Rückwirkung. Auch bei näher begründeter Erwartung negativer Folgen ist zudem die verfassungsrechtliche Abwägung geboten.

Die Nachteile, die die künftig zu erwartende zweifache Aktenführung für das Therapiegeschehen mit sich bringen kann, sind im vorliegenden Fall nicht so gravierend, dass sie das Interesse des Antragstellers an einer Einsicht überwögen. Dabei hat der Senat darauf verzichtet, grundsätzlich der Frage nachzugehen, welchen Stellenwert die Dokumentation der Interaktion von Therapeut und Patient für die objektive Nachvollziehbarkeit von Gang und Ergebnis der Therapie hat und ob bei der Anfertigung schriftlicher Unterlagen Differenzierungen etwa dergestalt möglich sind, dass bestimmte Informationen den Dienstakten vorbehalten bleiben. Denn jedenfalls stellt vorliegend die Erwartung, künftig würden bestimmte Umstände der Eintragung in die persönlichen Aufzeichnungen der Therapeuten vorbehalten, keine das verfassungsrechtlich geschützte Informationsinteresse des Betroffenen überwiegenden Belang dar. Das Zentrum für Psychiatrie hat in seiner am 16.2.2006 abgegebenen Stellungnahme darauf hingewiesen, dass im Falle einer Gewährung eines Einsichtsrechts künftig eine "doppelte Buchführung" notwendig werde, weshalb die entsprechenden Aufzeichnungen damit nicht mehr dem gesamten Behandlungsteam zur Verfügung stünden. Da die Krankengeschichte - auch vorläufige - differenzialdiagnostische Überlegungen und subjektive sowie situativ gebundene Wertungen des Therapiegeschehens beinhalte, würde ein jederzeitiges Akteneinsichtsrecht zudem die "notwendige Prämisse eines geschützten Therapieraumes" ad absurdum führen. Diesen Hinweisen ist zu entnehmen, dass das Zentrum für Psychiatrie Nordbaden einerseits vermeiden möchte, dass bei einer Akteneinsicht dem Patienten -insbesondere vorläufige - differenzialdiagnostische Überlegungen sowie subjektive und situationsabhängige Wertungen des Therapiegeschehens zur Kenntnis gelangen, dass es aber andererseits möglich erscheint, die entsprechenden Vermerke den Aufzeichnungen des Behandlers vorzubehalten (vgl. BVerfG NJW 2006, 1116, 1120). Des Weiteren ist dieser Stellungnahme zu entnehmen, dass die Herausnahme dieser Eintragungen aus den Patientenakten Maßregelpatienten gewisse Nachteile für das Therapiegeschehen nach sich ziehen könnte, nicht aber, dass die Therapie damit entscheidend erschwert würde. Zwar wird von Seiten der Einrichtung auf die mögliche Beeinträchtigung des für das Gelingen der Therapie sicher wichtigen "geschützten Therapieraums" verwiesen. Doch ist nicht ersichtlich, inwieweit ein Akteneinsichtsrecht diesen Therapieraum beeinträchtigen könnte, an dem sowohl der Akteneinsicht begehrende Patient als auch der behandelnde Therapeut teilhat und dessen Schutz regelmäßig nur gegenüber Dritten gefordert ist. Soweit die Einrichtung darauf verweist, dass das therapeutische Team bei einer Nichtaufnahme bestimmter Aufzeichnungen in die Patientenakten davon keine Kenntnis mehr erhielte, lässt sich dem Vortrag nicht entnehmen, dass die Kenntnis des therapeutischen Teams von vorläufigen Bewertungen und subjektiv gefärbten Reaktionen zur Behandlung des Patienten in hohem Maße erforderlich, wenn nicht gar unentbehrlich wäre. Dem Interesse des psychiatrischen Krankenhauses, dass auch künftig vorläufige differenzialdiagnostische Überlegungen sowie subjektive und situationsabhängige Wertungen des Therapiegeschehens den Patientenakten überlassen bleiben, steht das Recht des Patienten an - auch informationsbezogener - Selbstbestimmung gegenüber, dem gerade hinsichtlich solcher möglicherweise spontanen und subjektiv gefärbten Aufzeichnungen ein großes Gewicht zukommt. Denn diese Bewertungen gelangen, obgleich nur subjektiver und vorläufiger Natur, durch Eintragung in die Krankenakte Dritten zur Kenntnis, die möglicherweise ihr Verhalten gegenüber dem Patienten daran ausrichten, und können darüber hinaus durch ihre Festschreibung für lange Zeit - etwa auch für künftige Prognosegutachten - Wirkung entfalten. Damit kommt gerade hinsichtlich solcher Eintragungen dem Informationsrecht des Patienten ein hohes Gewicht zu, das verhindern soll, dass dieser im Stationsalltag wie bei der Frage der Prognose nicht abschätzen kann, was andere, denen - als Behandlungsteam oder späterer Gutachter - die Akten zugänglich sind, über ihn wissen. Die Abwägung ergibt damit gerade im Hinblick auf die Möglichkeit getrennter Aufzeichnungen, die eine Therapie ersichtlich nicht in hohem Maße erschweren und mit denen sowohl den Belangen des Therapeuten, möglicherweise subjektiv gefärbte Bewertungen und ungesicherte Diagnosen dem Patienten nicht zur Kenntnis zu bringen, als auch denen des Patienten an einer Einsicht in seine Krankenakten Genüge getan werden kann, einen Vorrang des Informationsinteresses des Patienten. Da der Senat jedoch nicht verkennt, dass die Kenntnis des Patienten von solchen Umständen das Verhältnis des Antragstellers zu seinen Therapeuten belasten und damit die Therapie auch jetzt noch jedenfalls erschweren kann, wird es dem Zentrum für Psychiatrie unbenommen bleiben, die entsprechenden Aufzeichnungen, die in Unkenntnis des Einsichtsrechts in die Patientenakten aufgenommen wurden, von einer Akteneinsicht auszunehmen.

Soweit in der ablehnenden Entscheidung des Zentrums für Psychiatrie sowie den dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vorangegangenen Gerichtsentscheidungen darauf verwiesen wurde, dass eine Akteneinsicht es dem - intelligenten - Antragsteller ermöglichen könnte, Therapieerfolge vorzutäuschen und damit möglicherweise unberechtigt Lockerungen zu erhalten, kann der Senat es vorliegend dahinstehen lassen, inwieweit eine solche Erwartung einem Einsichtsrecht in die Patientenakten entgegenstehen kann. Insbesondere kann er hier offenlassen, ob sich diese Einschätzung - wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert - auf konkrete und substantiiert vorgetragene Anhaltspunkte stützen kann oder nur eine allgemein gehaltene Befürchtung, die eine Beschränkung des Informationsrechts nicht zu rechtfertigen geeignet ist, darstellt (vgl. BVerfG NJW 2006, 1116, 1121). Denn nach der Stellungnahme der Anstalt vom 16.2.2006 hat der Antragsteller, der bislang kein Einsichtsrecht hatte, inzwischen erhebliche Therapieerfolge aufzuweisen und erhält weitgehende Lockerungen. Insofern kann mit dem Hinweis auf die Gefahr eines Vortäuschens von Therapieerfolgen die Einsicht in die Krankenunterlagen jedenfalls nicht mehr versagt werden.

Auch eine mögliche Beeinträchtigung der Persönlichkeitsrechte des Therapeuten muss vorliegend in der Abwägung insoweit hintanstehen, als sie eine völlige Versagung der Akteneinsicht nicht zu rechtfertigen vermag. Zwar kommt den mit der Akteneinsicht möglicherweise berührten Persönlichkeitsrechten des Therapeuten ihrerseits verfassungsrechtlicher Rang zu, wobei der Senat allerdings ausschließen kann, dass die Akteneinsicht das Recht der behandelnden Therapeuten auf informationelle Selbstbestimmung berührt. Dabei kann die verfassungsrechtlich bislang nicht geklärte Frage, ob die persönlichen Daten eines öffentlich Bediensteten - zu denen auch die Angestellten eines psychiatrischen Krankenhauses zählen, die im Maßregelvollzug öffentliche Aufgaben erfüllen -, die im Zusammenhang mit Dienstgeschäften erhoben werden, überhaupt dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung unterfallen (vgl. BVerfG NJW 2006, 1116, 1119 f.). Denn die hier in Frage stehenden Informationen sind - auch bei Hinwegdenken des dienstlichen Zusammenhangs - nicht vom Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung geschützt. Diesem Grundrecht unterfallen zwar nicht nur intime Vorgänge. Vielmehr kann im Hinblick auf die modernen Datenverarbeitungssysteme mit ihren Möglichkeiten der Verknüpfung "belangloser" Daten zu einem Persönlichkeitsbild jede die Person betreffende Information persönlichkeitsrechtliche Bedeutung erlangen. Entscheidend für die Frage, welche Daten vom Recht auf informationelle Selbstbestimmung geschützt sind, ist deshalb, zu welchem Zweck die Angaben erhoben werden und welche Verknüpfungs- und Verwendungsmöglichkeiten bestehen (BVerfGE 65, 1, 45). Insbesondere dann, wenn die erhobenen persönlichen Lebenssachverhalte zu einem teilweise oder weitgehend vollständigen Persönlichkeitsbild zusammengefügt werden können, ohne dass der Betroffene dessen Richtigkeit und Verwendung kontrollieren kann (vgl. BVerfGE 65, 1, 42), ist die informationelle Selbstbestimmung berührt. Hiernach unterfallen die personenbezogenen Daten in einer Krankenakte schon wegen des überschaubaren Umfangs und weil sie naturgemäß auf persönliche Einstellungen und Bewertungen des konkreten Falls und der Beziehung zu dem konkreten Patienten beschränkt sind, nicht dem Schutz des Grundrechts. Hinzu kommt, dass - worauf bereits das Bundesverfassungsgericht hingewiesen hat (BVerfG NJW 2006, 1116, 1119) - die Daten von ihrer Funktion her durchaus auch auf die Kenntnisnahme durch Dritte - nachbehandelnde Therapeuten, externe Gutachter, Aufsichtsbehörden - angelegt sind und dass die Eintragungen vom Behandelnden selbst vorgenommen werden, so dass er abschätzen kann, wem welches Wissens über seine Person vermittelt werden kann (vgl. BVerfG 65, 1, 43).

Ist damit ein Eintrag, der Rückschlüsse auf die Persönlichkeit des Behandelnden erlaubt, zwar nicht dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung zuzurechnen, so kann seine Kenntnisnahme doch das allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG berühren, das mit dem Informationsinteresse des Maßregelpatienten abzuwägen ist (vgl. BVerfG NJW 2006, 1116, 1119 f.). Allerdings hat schon das Bundesverfassungsgericht darauf hingewiesen, dass möglicherweise rechtlich geschützte Belange des Therapeuten einer Einsicht in die Krankenakten nur insoweit entgegenstehen, als diese davon tatsächlich berührt sind, eine generelle Versagung der Einsicht also nicht rechtfertigen können. Ungeachtet der Abwägung im einzelnen sind zudem im Hinblick auf die Persönlichkeitsrechte des Therapeuten nur solche Eintragungen von einer Akteneinsicht auszunehmen, die dieses Recht tatsächlich tangieren. Dabei ist zu berücksichtigen, dass auch subjektive Bewertungen des Therapeuten grundsätzlich zur Kenntnisnahme durch Dritte bestimmt sind (s.o.) und deshalb durchweg von sachlichen Begründungen getragen sein werden. Auch hat es der Behandelnde selbst in der Hand hat, was er mit welchen Formulierungen in der Akte vermerkt. Deshalb sind von einer zu gewährenden Akteneinsicht im Schutzinteresse des Therapeuten nicht schon alle bewertungsabhängigen und subjektiven Beurteilungen, sondern nur solche auszunehmen, die - insbesondere weil es sachlich vorgegeben ist oder (was vorliegend der Fall sein kann) der Behandelnde darauf vertraut hat, dass sie nach herrschender Rechtsprechung dem Patienten nicht bekannt werden - Rückschlüsse auf seine Persönlichkeit zulassen. Dies betrifft insbesondere unsachliche Bewertungen oder solche, die der Patient als abwertend auffassen kann. Darüber hinaus können die im Rahmen der vom Zentrum für Psychiatrie angeführten Einträge zu Übertragung und Gegenübertragung u.U. das Persönlichkeitsrecht der Psychotherapeuten in einem relevanten Umfang betreffen. Dies gilt auch hinsichtlich solcher möglicher Eintragungen, die die Persönlichkeitsrechte Dritter - etwa von Mitpatienten - tangieren. Ob solche Einträge vorliegend vorhanden sind und in einem Maße das Persönlichkeitsrecht des jeweiligen Therapeuten bzw. berühren, dass das Informationsinteresse des Antragstellers in der Abwägung dahinter zurückstehen muss, kann bislang - da die Akten weder der Strafvollstreckungskammer noch dem Senat vorgelegt wurden - allein das Zentrum für Psychiatrie beurteilen, dem es deshalb nachgelassen wird, von der nun zu gewährenden Akteneinsicht unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Senats aus seiner Sicht die Persönlichkeit des Behandelnden betreffende Einträge - durch Schwärzung oder Überlassung unvollständiger Kopien der paginierten Akte - auszunehmen.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 121 Abs. 4 StVollzG, 467 Abs. 1 StPO.

Ende der Entscheidung

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