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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 23.08.2007
Aktenzeichen: 20 WF 101/07
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 114 | |
ZPO § 119 | |
ZPO § 121 |
Oberlandesgericht Karlsruhe 20. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - Beschluss
Geschäftsnummer: 20 WF 101/07
23. August 2007
Familiensache
wegen Ehescheidung
hier: Prozesskostenhilfe
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners wird ihm in Abänderung des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Bruchsal vom 30. Juli 2007 - 1 F 229/05 - mit Wirkung ab 22. Mai 2007 für die erste Instanz Rechtsanwältin Freudrich zu den Bedingungen eines am Sitz des Amtsgerichts Bruchsal ansässigen Rechtsanwalts beigeordnet.
Tatbestand:
Dem Antragsgegner wurde mit Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Bruchsal vom 3. November 2006 ratenfreie Prozesskostenhilfe für die Ehesache (Scheidungsverfahren auf Antrag beider Ehegatten) nebst Folgesache Versorgungsausgleich (§ 624 Abs. 2 ZPO) bewilligt. In diesem Beschluss hat das Amtsgericht die Beiordnung der im Bezirk des Amtsgerichts und Landgerichts Heilbronn ansässigen Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners unter Hinweis auf § 121 Abs. 3 ZPO abgelehnt. Es hat zugleich darauf hingewiesen, dass ggfls. ein Verzicht hinsichtlich der Mehrkosten des auswärtigen Rechtsanwalts erklärt werden möge. Gegen diesen Beschluss wurde zunächst kein Rechtsmittel eingelegt.
Nach Abschluss der Instanz durch Urteil vom 22. Mai 2007 hat der Antragsgegner erneut die Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten beantragt. Das Amtsgericht hat dies mit Beschluss vom 30. Juli 2007 abgelehnt, weil die Beiordnung nach Beendigung der Instanz nicht mehr möglich sei.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsgegners, der weiterhin die Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten erstrebt. Seine Prozessbevollmächtigte hat inzwischen ausdrücklich auf die Vergütung von Mehrkosten i. S. d. § 121 Abs. 3 ZPO verzichtet. Der Antragsgegner macht geltend, eine derartige Erklärung sei von vornherein stillschweigend abgegeben gewesen. Gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 3. November 2006 sei kein Rechtsmittel eingelegt worden, weil die Zurückweisung des Beiordnungsantrags übersehen worden sei.
Gründe:
I.
Dem Antragsgegner wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Bruchsal vom 3. November 2006 ratenfreie Prozesskostenhilfe für die Ehesache (Scheidungsverfahren auf Antrag beider Ehegatten) nebst Folgesache Versorgungsausgleich (§ 624 Abs. 2 ZPO) bewilligt. In diesem Beschluss hat das Amtsgericht die Beiordnung der im Bezirk des Amtsgerichts und Landgerichts Heilbronn ansässigen Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners unter Hinweis auf § 121 Abs. 3 ZPO abgelehnt. Es hat zugleich darauf hingewiesen, dass ggfls. ein Verzicht hinsichtlich der Mehrkosten des auswärtigen Rechtsanwalts erklärt werden möge. Gegen diesen Beschluss wurde zunächst kein Rechtsmittel eingelegt.
Nach Abschluss der Instanz durch Urteil vom 22. Mai 2007 hat der Antragsgegner erneut die Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten beantragt. Das Amtsgericht hat dies mit Beschluss vom 30. Juli 2007 abgelehnt, weil die Beiordnung nach Beendigung der Instanz nicht mehr möglich sei.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragsgegners, der weiterhin die Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten erstrebt. Seine Prozessbevollmächtigte hat inzwischen ausdrücklich auf die Vergütung von Mehrkosten i. S. d. § 121 Abs. 3 ZPO verzichtet. Der Antragsgegner macht geltend, eine derartige Erklärung sei von vornherein stillschweigend abgegeben gewesen. Gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 3. November 2006 sei kein Rechtsmittel eingelegt worden, weil die Zurückweisung des Beiordnungsantrags übersehen worden sei.
II.
Die gem. §§ 127 Abs. 2, 567 ff. zulässige sofortige Beschwerde des Antragsgegners ist begründet.
Grundsätzlich hat der Antragsgegner auf Grund der bewilligten Prozesskostenhilfe einen Anspruch auf Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten gem. § 121 Abs. 1 ZPO. Denn im Hauptsacheverfahren - einer Ehesache - war eine anwaltliche Vertretung obligatorisch (§ 78 Abs. 2 BGB). In Anwaltsprozessen hat die Beiordnung gem. § 121 Abs. 1 ZPO von Amts zu geschehen, eines besonderen Antrags bedurfte es nicht (OLG München FamRZ 2002, 1196; Zöller/Philippi, ZPO, 26. Aufl., § 121 Rdnr. 3; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe, 4. Aufl., Rdnr. 528; die von Musielak/Fischer, ZPO, 5. Aufl., § 121 Rdnr. 5 zitierte Entscheidung des VGH Baden-Württemberg, JurBüro 1989, 124 betrifft die Beiordnung in Verfahren ohne Anwaltszwang). Die nach § 121 Abs. 1 ZPO erforderliche Benennung des Anwalts seiner Wahl war stillschweigend durch das Auftreten der von ihm bevollmächtigten Rechtsanwältin im Verfahren erfolgt.
Allerdings kann gem. § 121 Abs. 3 ZPO die Beiordnung nur eingeschränkt zu den Bedingungen eines ortsansässigen Rechtsanwalts erfolgen. Die Kanzlei der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners befindet sich im benachbarten Amts- und Landgerichtsbezirk Heilbronn. "Besondere Umstände" im Sinne des § 121 Abs. 4 ZPO, die u. U. auch die Beiordnung eines auswärtigen Prozessbevollmächtigten rechtfertigen würden (vgl. BGH FamRZ 2004, 1362), liegen nicht vor; insbesondere befindet sich die Kanzlei nicht am Wohnort des Antragsgegners.
Mit der eingeschränkten Beiordnung hat sich die Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners im Rahmen der Beschwerdeschrift vom 2. August 2007 ausdrücklich einverstanden erklärt; im Übrigen hätte es einer solchen ausdrücklichen Erklärung auch nicht bedurft (BGH FamRZ 2007, 37).
Dass das Amtsgericht im Rahmen des Prozesskostenhilfebeschlusses vom 3. November 2006 die Beiordnung der Prozessbevollmächtigten des Antragsgegners ausdrücklich gem. § 121 Abs. 3 ZPO abgelehnt hat, schadet nicht. Ablehnende Prozesskostenhilfebeschlüsse erwachsen nicht in materielle Rechtskraft, so dass spätere abweichende Entscheidungen nicht ausgeschlossen sind (Zöller/Philippi, § 127 Rdnr. 43).
Ebenfalls steht nicht entgegen, dass zwischenzeitlich durch das Urteil vom 22. Mai 2007 die Instanz beendet ist. Allerdings ist grundsätzlich nach Abschluss der Instanz eine rückwirkende Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht mehr möglich (Zöller/Philippi, § 117 Rdnr. 2 b). Denn nach Abschluss der Instanz findet eine Rechtsverfolgung oder -verteidigung, die die Prozesskostenhilfe ermöglichen soll, nicht mehr statt. Dieser Grundsatz steht aber in Anwaltsprozessen gem. § 78 ZPO der rückwirkenden Beiordnung des in der Hauptsache bereits tätig gewesenen Prozessbevollmächtigten auch nach Abschluss der Instanz nicht entgegen, sofern die Prozesskostenhilfebewilligung selbst rechtzeitig erfolgt ist.
Nach § 121 Abs. 1 ZPO ist in Anwaltsprozessen nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe die Beiordnung des gewählten Prozessbevollmächtigten - in den Grenzen des § 121 Abs. 3 ZPO - zwingend. Die Verpflichtung der Staatskasse zur Übernahme der im Verfahren entstehenden Rechtsanwaltsgebühren ergibt sich somit dem Grunde nach schon aus der Prozesskostenhilfebewilligung. Mit der ergänzend hierzu ausgesprochenen Anwaltsbeiordnung wird somit der ursprüngliche Prozesskostenhilfebeschluss umfangmäßig nicht erweitert, sondern lediglich hinsichtlich der Person des zu vergütenden Rechtsanwalts konkretisiert (ebenso OLG Karlsruhe - 17. Senat, FamRZ 2001, 1155).
Die Beiordnung erfolgt mit Wirkung ab Erlass des Prozesskostenhilfebeschlusses, da die Voraussetzungen für die von Amts wegen vorzunehmende Beiordnung bereits damals vorlagen.
Dieser Beschluss ergeht gerichtsgebührenfrei (Nr. 1812 Kostenverzeichnis). Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet (§ 127 Abs. 4 ZPO). Die Rechtsbeschwerde war nicht zuzulassen (§ 574 ZPO).
Ende der Entscheidung
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