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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 03.12.2003
Aktenzeichen: 22 U 2/02 Baul
Rechtsgebiete: BauGB, ZPO, VwGO, WertV


Vorschriften:

BauGB § 221
ZPO § 531
VwGO § 128 a
WertV § 5
1. Die Zulassung neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel unterliegt auch im Berufungsverfahren vor den Senaten für Baulandsachen Einschränkungen. § 531 ZPO ist hier jedenfalls dann anwendbar, wenn auch die Voraussetzungen für eine Zurückweisung im Verwaltungsprozess gem. § 128 a VwGO vorliegen würden.

2. Bei der Verkehrswertermittlung sind vorhandene Schadstoffbelastungen durch einen Abzug zu berücksichtigen, da deren Vorhandensein die Beschaffenheit und die tatsächlichen Eigenschaften des Grundstückes (§ 5 Abs. 5 WertV) mit prägt. Die Wertermittlung erfolgt in diesen Fällen regelmäßig in der Weise, dass vom fiktiven Wert ohne Kontaminationen die Kosten der Erfassung, Gefährdungsabschätzung, Sanierung und Überwachung in Abzug gebracht werden.


Oberlandesgericht Karlsruhe Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 22 U 2/02 Baul

Verkündet am 03. Dezember 2003

In Sachen:

Entschädigungsfestsetzung nach § 27 Abs. 3 Landesenteignungsgesetz für das Grundstück Flst. Nr. 1813 der Gemarkung A.

hat der Baulandsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 04. November 2003 unter Mitwirkung von

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Beteiligten Ziffer 1 gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 15.03.2002 - 16 O 14/00 Baul - wird - unter gleichzeitiger Abweisung der in der Berufung gestellten Hilfsanträge als unzulässig - zurückgewiesen.

2. Der Beteiligte Ziffer 1 trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist hinsichtlich Ziffer 2 vorläufig vollstreckbar. Dem Beteiligten Ziffer 1 wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe erbringt.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

I.

Zum Parteivorbringen in erster Instanz und zu den dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Redaktionelle Anmerkung:

Auszug aus dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils:

Der Antragsteller begehrt die Aufhebung der Entscheidung des Regierungspräsidiums F., Enteignungsbehörde, mit dem Ziel, einen höheren Entschädigungsbetrag für die ehemals auf der von ihm an die Beteiligte Ziff. 3 veräußerte Teilfläche des Grundstückes Flst.-Nr. 1813 der Gemarkung A. aufstehende Gebäude und Anlagen zu erreichen.

Der Antragsteller hat im Jahr 1981 ein Grundstück mit Fabrikgebäuden auf der Gemarkung A. gekauft, um ein Sport- und Freizeitzentrum zu errichten. Auf diesem Grundstück befand sich zuvor die Sitzmöbelfabrik M. Durch einen Planfeststellungsbeschluss vom 21.05.1991 wurde die Inanspruchnahme einer Teilfläche dieses Grundstückes mit der Flst.-Nr. 1813 auf der Gemarkung A. für den Neubau der Umgehung A. im Zuge der neuen B 3 festgesetzt. Aufgrund dessen hat der Antragsteller sich entschlossen, an die Beteiligte Ziff. 3 per notariellem Kaufvertrag vom 29.08.1991, modifiziert durch eine Änderung vom 21.10.1991, einen Teil seines Grundstückes zu veräußern. Die Beteiligte Ziff. 3, die Bundesrepublik Deutschland, Bundesstraßenverwaltung, wurde hinsichtlich des neugebildeten Flst.-Nr. 1813/3 am 31.10.1991 als Eigentümerin eingetragen.

Im notariellen Kaufvertrag vom 29.08.1991 haben die Kaufvertragsparteien vereinbart, dass der Kaufpreis für das Grundstück DM 827.000,00 betragen soll. Hinsichtlich des Kaufpreises für die Gebäude und Anlagen auf diesem Teilbereich des Grundstückes haben die Kaufvertragsparteien unter § 3 Nr. 1b vereinbart:

Der weitere Kaufpreisanteil für die auf der veräußerten Teilfläche aufstehenden Gebäude und die dort sich befindlichen Anlagen wird durch ein Wertermittlungsgutachten ermittelt werden, dessen Erstellung die Käuferin bereits bei der Oberfinanzdirektion F. beantragt hat.

Wird das noch zu erstellende Wertermittlungsgutachten von beiden Vertragsparteien akzeptiert, hat die Käuferin den daraus sich ergebenden Betrag als weiteren Kaufpreisanteil zu zahlen.

Wird hingegen das Ergebnis des Wertermittlungsgutachtens von den Parteien nicht akzeptiert, zahlt die Käuferin 80 % des aus dem Gutachten sich ergebenden Betrages als Abschlagszahlung auf den zweiten Kaufpreisanteil aus. Beiden Parteien bleibt es dann vorbehalten, in einem Verfahren gemäß § 27 Abs. 3 des Landesentschädigungsgesetzes die Enteignungsbehörde anzurufen zum Zwecke der Festsetzung des Gebäude- und Anlagenwertes durch die Entschädigungsbehörde.

Mit Gutachten vom 11.12.1991 ermittelte die Oberfinanzdirektion F. einen Wert für die Gebäude und Anlagen auf der entsprechenden Teilfläche des Grundstückes des Antragstellers in Höhe von DM 334.000,00. Beide Parteien haben dieses Gutachten nicht akzeptiert. Am 20.12.1991 hat die Beteiligte Ziff. 3 an den Antragsteller 80 % dieses Betrages, mithin DM 267.200,00, bezahlt. In der Folge kam es zu Gesprächen zwischen den Kaufvertragsparteien über die Wertansätze im Gutachten der Oberfinanzdirektion F. Am 16.06.1992 kam man überein, dass eine Überarbeitung des Gutachtens durch die Oberfinanzdirektion F. erfolgen solle. Dieses überarbeitete Gutachten wurde von der Oberfinanzdirektion F. am 09.07.1992 erstellt. Für die Gebäuden und Anlagen auf der maßgeblichen Teilfläche ergab sich ein Wert in Höhe von 343.350,00 DM. Mit Schreiben vom 14.08.1992 teilte die Beteiligte Ziff. 3 dem Antragsteller mit, dass weitere Zahlungen nicht erfolgen würden, da beim Ortstermin vom 16.06.1992 der Verdacht von Altlasten erkennbar geworden sei und bis zur Klärung dieser Frage weitere Zahlungen nicht erfolgen würden.

Im weiteren Verlauf kam es zu einer Auseinandersetzung zwischen den Parteien unter anderem darüber, ob Altlasten zu berücksichtigen wären und darüber, ob man sich auf das überarbeitete Gutachten geeinigt hätte.

Der Antragsteller hat zum Landgericht Baden-Baden Klage erhoben mit dem Antrag, die Beteiligte Ziff. 3 zu verurteilen, an den Antragsteller DM 66.800,00 und DM 2.063,40 jeweils nebst Zinsen zu bezahlen. In diesem Verfahren hat die Beteiligte Ziff. 3 die Fälligkeit der vom Kläger geltend gemachten Forderung bestritten und hilfsweise aufgerechnet mit Schadensersatzansprüchen wegen arglistigen Verschweigens von Altlasten bzw. einem Minderungsanspruch. Widerklagend hat die Beteiligte Ziff. 3 beantragt, festzustellen, dass der Antragsteller verpflichtet sei, der Beteiligten Ziff. 3 jeden Schaden zu ersetzen, der der Beteiligten Ziff. 3 durch die auf der durch notariellen Kaufvertrag vom 29.08.1991 erworbenen Teilfläche vom Antragsteller arglistig verschwiegenen Altlasten entstanden sei und noch entstehen werde; hilfsweise festzustellen, dass die Beteiligte Ziff. 3 berechtigt sei, den Kaufpreis hinsichtlich des Grundstückes wegen der dort befindlichen Altlasten zu mindern. Das Landgericht Baden-Baden hat den Rechtsstreit an das Landgericht Freiburg verwiesen. Nach Urteil durch das Landgericht Freiburg und Berufung hat das Oberlandesgericht Karlsruhe die Klage des Antragstellers als derzeit unbegründet abgewiesen und die weitergehende Berufung, mit der die Beteiligte Ziff. 3 die Klagabweisung der Widerklage durch das Landgericht Freiburg angegriffen hatte, zurückgewiesen. Hinsichtlich der Einzelheiten des Urteils des OLG Karlsruhe vom 06.06.94, Az. 13 U 74/93, wird auf die vorgelegte Ausfertigung, K 1, BH 1 ff, verwiesen.

Die Beteiligte Ziff. 3 beantragte eine Entscheidung der Antragsgegnerin als Enteignungsbehörde über die Höhe des Wertes der auf der streitgegenständlichen Teilfläche des Grundstücks Flst.-Nr. 1813 befindlichen Gebäude und Anlagen. Die Antragsgegnerin entschied am 06.04.2000 wie folgt:

1. Die Entschädigung für die ehemals auf der veräußerten Teilfläche des Grundstücks Flst.-Nr. 1813 (nach Vermessung 1813/3) der Gemarkung A. aufstehende Gebäude und Anlagen wird auf DM 0 festgesetzt.

2. Der vorherige Eigentümer/Verkäufer Herr Otto Rolf Walter hat den bereits ausbezahlten Betrag in Höhe von DM 267.200,00 zurückzuerstatten.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Entscheidung der Antragsgegnerin wird auf diese Entscheidung, BH 57 ff, verwiesen.

Im Zusammenhang mit der Ermittlung und Beseitigung etwaiger Altlasten auf den Gebäuden und Anlagen auf der streitgegenständlichen Teilfläche des Grundstückes sind der Beteiligten Ziff. 3 folgende Kosten entstanden:

...

Insgesamt DM 401.116,29

Auf Veranlassung der Antragsgegnerin äußerte sich der öffentlich bestellt und vereidigte Sachverständige für die Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken, S., mit Schreiben vom 21. Oktober 1996 dahingehend, dass Altlasten Barwerte seien, die von dem ermittelten Verkehrswert in Abzug zu bringen seien. Dabei richte sich die Höhe dieses Abschlages im konkreten Fall nach den Entsorgungskosten, die festzustellen seien. Dabei äußerte sich Herr S. nicht darüber, ob im konkreten Fall ein Abzug berechtigt sei, da er nicht ermitteln konnte, wann die Tatsache der Altlasten bekannt wurde. Hinsichtlich der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf die vorgelegte Anlage, A 2, BH 53 f, verwiesen.

Der Antragsteller behauptet, die Kaufvertragsparteien hätten sich auf das überarbeitete Gutachten der Oberfinanzdirektion F. vom 09.07.1992 geeinigt. Der Antragsteller meint, Altlasten dürften bei der Wertermittlung der Gebäude und Anlagen nicht berücksichtigt werden, da zum Zeitpunkt des Eigentumsübergangs diese den Parteien nicht bekannt gewesen seien. § 5 Abs. 5 Wertermittlungsverordnung vom 06.12.1998 sehe zwar eine Berücksichtigung von Altlasten vor, es müsse dabei jedoch der Wert ex nunc und nicht ex post festgestellt werden. Die Enteignungsbegünstigte, die Beteiligte Ziff. 3, habe keinen Anspruch auf Rückerstattung der Kaufpreisanzahlung, insoweit stünde auch die rechtskräftige Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe entgegen. Jedenfalls stünden einer Rückforderung die Grundsätze von Treu und Glauben entgegen. Zwischen der Kaufpreisanzahlung am 20.12.1991 und dem Schreiben der Antragsgegnerin vom 14.08.1992, in dem erstmals auf Altlasten verwiesen wurde, lägen 8 Monate, so dass die Beteiligte Ziff. 3 durch die Auszahlung gebunden sei.

Der Antragsteller beantragt:

1. Die Antragsgegnerin, das Regierungspräsidium F., wird verurteilt, an den Antragsteller einen Entschädigungsbetrag in Höhe von DM 76.150,00 nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontzinssatz der Deutschen Bundesbank ab dem 21. Mai 1991 zu bezahlen;

2. Der von der Antragsgegnerin geltendgemachte Rückerstattungsanspruch in Höhe von DM 267.200,00 wird zurückgewiesen;

mit der Maßgabe, dass beantragt werde, den Beschluss des Regierungspräsidiums F. vom 06.04.2000 aufzuheben und den weiteren, an den Antragsteller zu erbringenden Entschädigungsbetrag auf DM 76.150,00 nebst 2 % Zinsen über dem jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank ab 21.05.1991 festzusetzen.

Die Beteiligte Ziff. 3 beantragt den Antrag des Beteiligten Ziff. 1 auf gerichtliche Entscheidung kostenpflichtig zurückzuweisen.

Die Beteiligte Ziff. 3 meint, durch das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe sei rechtskräftig festgestellt, dass zwischen den Kaufvertragsparteien keine Einigung auf das zweite Gutachten der Oberfinanzdirektion F. erfolgt sei. Die Entscheidung der Enteignungsbehörde sei auch hinsichtlich der Rückforderung richtig. Ein Rückforderungsanspruch ergäbe sich aus Bereicherungsrecht, nachdem 80 % des im ersten Gutachtens der Oberfinanzdirektion F. festgestellten Verkehrswertes entsprechend dem Kaufvertrag bezahlt worden sei und der Wert der Gebäude und Anlagen tatsächlich 0 DM betrage, bestünde nunmehr keine Rechtsgrundlage für die Zahlung. Treu und Glauben stünde einer Rückforderung nicht entgegen, da der Antragsteller gewusst habe, dass die 80 %-ige Zahlung nur erfolgt sei, weil gerade keine Einigung auf das erste Gutachten der Oberfinanzdirektion F. erfolgt sei.

Die Kammer für Baulandsachen hat den Antrag auf gerichtliche Entscheidung, soweit der Beteiligte Ziffer 1 die Festsetzung einer höheren Entschädigung begehrt, zurückgewiesen. Auszug aus den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils:

Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig, jedoch nur teilweise begründet. Die Enteignungsbehörde hat den Verkehrswert der Gebäude und Anlagen zu Recht auf 0 DM festgesetzt. Allerdings durfte die Enteignungsbehörde eine Rückerstattung der Kaufpreisanzahlung nicht anordnen, da diese seitens der Beteiligten Ziff. 3 zivilrechtlich erfolgt ist und dementsprechend nicht durch Verwaltungsakt zurückgefordert werden kann. I. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Entschädigungsbetrages in Höhe von DM 76.150,00 aufgrund einer Einigung des Antragstellers und der Beteiligten Ziff. 3 auf das zweite Gutachten der Oberfinanzdirektion F..

Ein Anspruch auf Zahlung eines Entschädigungsbetrages gegenüber der Antragsgegnerin, wie vom Antragsteller geltend gemacht, besteht unter keinen Umständen. Allenfalls kann ein Entschädigungsbetrag von der Beteiligten Ziff. 3 begehrt werden, insoweit hat der Antragsteller seinen Antrag in der mündlichen Verhandlung präzisiert bzw. umgestellt.

Durch den Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Entscheidung der Enteignungsbehörde vom 06.04.2000 kann der Antragsteller keinen zivilrechtlichen Anspruch auf Zahlung eines privatrechtlich vereinbarten Kaufpreises geltend machen. Soweit der Antragsteller behauptet, die Kaufvertragsparteien hätten sich darüber geeinigt, dass die Wertermittlung des zweiten Gutachtens der Oberfinanzdirektion F. akzeptiert werde, könnte dem Antragsteller ein zivilrechtlicher Anspruch auf Zahlung des noch fehlenden Kaufpreises zustehen. Ein solcher Anspruch müsste im Zivilrechtswege geltend gemacht werden. Dies hat der Antragsteller durch seine Klage zum Landgericht Baden-Baden, die mit der Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22.06.1994, AZ.: 13 U 74/93, endete, versucht. In diesem Urteil hat das Oberlandesgericht Karlsruhe rechtskräftig festgestellt, dass eine Einigung zwischen den Kaufvertragsparteien auf das zweite Wertermittlungsgutachten der Oberfinanzdirektion F. nicht erfolgt ist. Unabhängig davon, dass der nunmehrigen Behauptung des Antragstellers, es habe doch eine Einigung stattgefunden, das rechtskräftige Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe entgegensteht, wäre ein solcher Zahlungsanspruch aber nach zivilrechtlichen Grundsätzen zu beurteilen, da dieser Zahlungsanspruch auf der Vereinbarung im notariellen Kaufvertrag beruhen würde und nicht auf einer Entscheidung der Enteignungsbehörde.

II.

Die Entscheidung der Enteignungsbehörde vom 06.04.2000 ist rechtmäßig, soweit darin die Entschädigung für die ehemals auf der veräußerten Teilfläche des Grundstücks des Antragstellers aufstehenden Gebäude und Anlagen auf DM 0 festgesetzt wird.

Formelle Einwendungen gegen die Entscheidung der Enteignungsbehörde sind nicht geltend gemacht und nicht ersichtlich.

Die Entscheidung der Enteignungsbehörde ist auch materiell rechtmäßig.

Die Enteignungsbehörde ging in ihrer Entscheidung davon aus, dass der Verkehrswert der streitgegenständlichen Gebäude und Anlagen ohne die Berücksichtigung von Altlasten entsprechend dem überarbeiteten Gutachten der Oberfinanzdirektion F. DM 343.350,00 beträgt. Die Beteiligten im hiesigen Verfahren wenden sich hiergegen nicht. Insoweit geht auch das Gericht von diesem fiktiven (unterstellt Altlasten bestünden nicht) Verkehrswert der Gebäude und Anlagen aus.

Von diesem Verkehrswert ohne Berücksichtigung etwaiger Altlasten ist ein Abschlag dergestalt zu machen, dass die Kosten für die Ermittlung und Beseitigung dieser Altlasten in Abzug zu bringen sind. Hiervon gehen die Beteiligten übereinstimmend aus. Streit besteht zwischen den Parteien lediglich darüber, ob dann, wenn den Kaufvertragsparteien zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses Altlasten nicht bekannt sind, diese ebenfalls zu berücksichtigen sind. Nach Angaben des Antragstellers waren die Altlasten im vorliegenden Fall bei Vertragsabschluss nicht bekannt. Entgegen der Auffassung des Antragstellers kommt es jedoch auf eine Kenntnis der Kaufvertragsparteien nicht an.

Bei der Wertermittlung eines Grundstückes kommt es nicht auf die subjektiven Vorstellungen der konkreten Vertragsparteien an. Vielmehr ist vom objektiven Verkehrswert auszugehen. Es ist zu überprüfen, wie der gewöhnliche Grundstücksverkehr zum Stichtag den Wert des Grundstückes bewertet hätte. Zum Zeitpunkt des Kaufvertrages und des Eigentumsübergangs war dem allgemeinen Grundstücksverkehr durchaus erkennbar, dass es sich bei den streitgegenständlichen Gebäuden und Anlagen um Teile einer Fabrikanlage gehandelt hatte. Aufgrund dessen hätte der allgemeine Grundstücksverkehr durchaus mit ins Kalkül gezogen, dass etwaige Altlasten bestehen könnten. Dementsprechend wäre auf dem freien Grundstücksmarkt dieser Umstand maßgeblich für die Bildung des Kaufpreises gewesen. Ob die hier handelnden Kaufvertragsparteien, der Antragsteller und die Beteiligte Ziff. 3, sich über Altlasten bereits Gedanken gemacht hatten oder nicht, ist insoweit nicht von Bedeutung. Da der allgemeine Grundstücksverkehr bereits zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses bzw. des Eigentumsübergangs Altlasten berücksichtigt hätte, sind bei der Ermittlung des Verkehrswerts der Gebäude und Anlagen diese Altlasten zu berücksichtigen.

Im konkreten Fall hatte die Beteiligte Ziff. 3 unstreitig die im Tatbestand aufgeführten Kosten im Zusammenhang mit der Beseitigung der Altlasten auf den maßgeblichen Gebäuden und Anlagen. Einwendungen gegen diese Kosten werden insbesondere vom Antragsteller nicht geltend gemacht und sind nicht ersichtlich.

Insoweit geht auch das Gericht davon aus, dass Kosten in Höhe von insgesamt 401.116,29 DM im Zusammenhang mit der Beseitigung der Altlasten der Gebäude und Anlagen entstanden sind. Nachdem dieser Betrag vom fiktiven Verkehrswert der Gebäude und Anlagen ohne Berücksichtigung dieser Altlasten abgezogen wird, verbleibt ein Verkehrswert unter Berücksichtigung der Altlasten für die Gebäude und Anlagen nicht. Insoweit ist die Entscheidung der Antragsgegnerin, den Verkehrswert der Gebäude und Anlagen auf 0 DM festzusetzen, nicht zu beanstanden.

III.

Soweit die Antragsgegnerin in ihrer Entscheidung vom 06.04.2000 die Rückerstattung der Kaufpreisanzahlung bestimmt hat, ist die Entscheidung rechtswidrig.

Die Entscheidung der Enteignungsbehörde unter Ziff. 2 der Entscheidung vom 06.04.2000 stellt sich als Verwaltungsakt in Form eines Leistungsbescheides dar. Dieser Verwaltungsakt ist rechtswidrig, da er einer gesetzlichen Ermächtigung entbehrt. ...

Der Beteiligte Ziffer 1 hat gegen dieses Urteil form- und fristgerecht Berufung eingelegt.

Er hält daran fest, dass als Entschädigung für die auf der veräußerten Teilfläche seines Grundstücks seinerzeit aufstehenden Gebäude und Anlagen ein Betrag von 343.350,00 DM (= 175.552,06 Euro) festzusetzen sei entsprechend dem zweiten Wertermittlungsgutachten der Oberfinanzdirektion F. vom 09.07.1992. Der Beteiligte Ziffer 1 und die Beteiligte Ziffer 3 hätten sich seinerzeit rechtswirksam auf dieses Wertermittlungsgutachten geeinigt.

Dieses Wertermittlungsgutachten bleibe hinter dem wirklichen Wert sogar noch zurück, der wahre Wert betrage 250.000,00 Euro. Insoweit bleibe Klageerweiterung vorbehalten, der jetzige Antrag umfasse lediglich einen Teilbetrag.

Ein Wertabzug wegen Altlasten (Schadstoffbelastung) dürfe nicht erfolgen. Nach §§ 2, 7 des notariellen Kaufvertrages habe allein die Beteiligte Ziffer 3 als Käuferin das Risiko verborgener Schadstoffbelastungen zu tragen. Ohnehin sei davon auszugehen, dass bei der Beteiligten Ziffer 3 schon bei Vertragsschluss ein allgemeiner Altlastverdacht vorgelegen habe; der Kenntnis hiervon habe sie sich jedenfalls vorsätzlich verschlossen. Somit folge aus § 460 BGB a. F. ebenfalls, dass der Beteiligte Ziffer 1 für etwa vorhandene Schadstoffe nicht einzustehen habe. Schließlich seien etwaige Ansprüche der Beteiligten Ziffer 3 verjährt (§ 477 BGB a. F.).

Da das Gelände bis zum Abbruch im Jahre 1995 im hinteren Bereich nicht eingezäunt gewesen sei, müsse vorgetragen werden, dass Müll und Schutt von Unbekannten abgelagert worden seien.

Die von der Beteiligten Ziffer 3 geltend gemachten Kosten für die Ermittlung und Beseitigung der schadstoffbelasteten Bauteile in Höhe von 401.116,29 DM (= 205.087,50 Euro) würden nunmehr bestritten (im Einzelnen wird insoweit auf die Berufungsbegründungsschrift vom 06.08.2002, S. 6 ff. - AS II 93 ff. - Bezug genommen). In den Rechnungen enthaltene, das Grundstück (den Boden) betreffende Positionen dürften ohnehin nicht berücksichtigt werden, da es nur um die Entschädigung für Aufbauten gehe. Mehrkosten für die Entsorgung der Bauteile könnten nur abgesetzt werden, wenn eine Verseuchung so stark sei, dass auch für den bisherigen Eigentümer sinnvollerweise nur ein Abbruch der Gebäude und nicht mehr eine Weiternutzung in Betracht gekommen wäre.

Der Beteiligte Ziffer 1 beantragt:

Die Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe - 16. Kammer für Baulandssachen - vom 15.03.2002 - 16 O 14/00 Baul - wird unter Aufrechterhaltung im Übrigen insoweit abgeändert, als der Antrag auf gerichtliche Entscheidung zurückgewiesen wurde:

Die Entschädigung für die ehemals auf der veräußerten Teilfläche des Grundstücks Flst. Nr. 1813 (nach Vermessung 1813/3) der Gemarkung A. aufstehenden Gebäude und Anlagen wird auf 175.552,06 Euro (= 343.350,00 DM) festgesetzt.

Hilfsweise:

Die Beteiligte Ziffer 3 - höchst hilfsweise die Beteiligte Ziffer 2 - wird verurteilt, an den Antragsteller einen Entschädigungsbetrag in Höhe von 38.934,88 Euro (= 76.150,00 DM) nebst 2 % Zinsen über den jeweiligen Diskontsatz der Deutschen Bundesbank ab 21.05.1991 zu bezahlen.

Die Beteiligte Ziffer 2 stellt keinen Antrag.

Die Beteiligte Ziffer 3 beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beteiligte Ziffer 3 verteidigt das angegriffene Urteil. Eine Einigung der Parteien auf eines der beiden Wertermittlungsgutachten der Oberfinanzdirektion F. sei nicht erfolgt. Insoweit sei auf das rechtskräftige Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe im Vorprozess zu verweisen. Die Entschädigungshöhe sei von der Enteignungsbehörde im Verfahren gem. § 27 Abs. 3 Landesenteignungsgesetz (LEntG) zutreffend festgesetzt worden. Bei der Beteiligten Ziffer 3 habe weder beim Vertragsschluss noch beim Eigentumsübergang hinsichtlich des Teilgrundstücks Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis vom Vorhandensein von Altlasten vorgelegen. Die Schadstoffbelastungen hätten schon bei Eigentumsübergang vorgelegen. Das Bestreiten des Beteiligten Ziffer 1 hinsichtlich der Entsorgungskosten sei als verspätet zurückzuweisen. Die tatsächlichen Kosten des Rückbaus einschließlich der Untersuchungsarbeiten hätten 662.146,17 DM (= 338.549,96 Euro) betragen, hiervon entfielen auf Mehrkosten für den Abbruch der Gebäude wegen Schadstoffbelastung - wie im Rahmen der Entschädigungsfestsetzung von der Enteignungsbehörde bereits zu Grunde gelegt - 401.116,29 DM (= 205.087,50 Euro) (im Einzelnen wird insoweit auf die Berufungserwiderung vom 16.10.2002, S. 4 ff. - AS II 121 ff. - Bezug genommen). Die von der Schadstoffbelastung betroffenen Gebäude seien so stark verseucht gewesen, dass diese nur abgerissen werden und in diesem Zustand keiner anderen Nutzung hätten zugeführt werden können.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrages wird auf die in beiden Instanzen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen. Die Akten des Regierungspräsidiums F. - Enteignungsbehörde -, Az.: 1064/562, sowie des Landgerichts Freiburg, Az.: 1 O 496/92, und des Oberlandesgerichts Karlsruhe, Az.: 13 U 74/93, waren beigezogen und zu Informationszwecken Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

II.

Die zulässige Berufung des Beteiligten Ziffer 1 ist nicht begründet.

1. Der mit dem Hauptantrag in der Berufungsinstanz weiter verfolgte Antrag auf gerichtliche Entscheidung ist zulässig gem. §§ 41 LEntG, 232 BauGB. Er ist aber, soweit ihm nicht bereits durch das angegriffene Urteil stattgegeben wurde, nicht begründet. Die Festsetzung der Entschädigung für die aufstehenden Gebäude und Anlagen auf 0,00 DM durch das Regierungspräsidium F. - Enteignungsbehörde - war rechtmäßig. Eine höhere Entschädigung steht dem Beteiligten Ziffer 1 nicht zu.

a) Zu Recht wurde antragsgemäß über die Höhe der dem Beteiligten Ziffer 1 zustehenden Entschädigung im Verfahren nach § 27 Abs. 3 LEntG entschieden. Der notariell beurkundete Kaufvertrag vom 29.08.1991 stellt eine Einigung der Beteiligten außerhalb des Enteignungsverfahrens gem. § 27 Abs. 3 LEntG dar. Da das im Vertrag vorgesehene Verfahren zur Einigung über den Kaufpreis ohne Ergebnis blieb, war in Übereinstimmung mit § 3 Nr. 1 b des Kaufvertrages das Entschädigungsfestsetzungsverfahren durchzuführen.

b) Für die Höhe der festzusetzenden Entschädigung hatte die Enteignungsbehörde gem. § 9 LEntG vom Verkehrswert auszugehen. Der Verkehrswertermittlung ist der Zustand im Zeitpunkt der Entscheidung über den Enteignungsantrag zu Grunde zu legen (§ 7 Abs. 4 LEntG); dem entspricht im Falle einer Einigung der Beteiligten der Zeitpunkt des notariell beurkundeten Vertragsschlusses. Da die Enteignungsentschädigung einen angemessenen, der erlittenen Einbuße entsprechenden Wertausgleich darstellen soll (Aust/Jacobs/Pasternak, Die Enteignungsentschädigung, 5. Auflage, Rdnr. 196), kann es für die Bemessung der Entschädigung nur auf den damaligen objektiven Zustand, nicht aber auf die subjektiven Kenntnisse und Vorstellungen der Beteiligten ankommen. Damals vorhandene Schadstoffbelastungen sind deshalb zu berücksichtigen, ohne dass es darauf ankäme, ob eine oder beide Seiten Kenntnis hiervon hatten.

c) Der Verkehrswert der aufstehenden Gebäude und Anlagen ist mit 0,00 DM anzunehmen.

(1) Bei der Wertermittlung sind vorhandene Schadstoffbelastungen durch einen Abzug zu berücksichtigen, da deren Vorhandensein die Beschaffenheit und die tatsächlichen Eigenschaften des Grundstückes (§ 5 Abs. 5 WertV - zur Maßgeblichkeit der Vorschriften der WertV auch für Bewertungsverfahren außerhalb des BauGB vgl. BGH, NJW-RR 2001, 732) mit prägt (Zimmermann/Heller, Der Verkehrswert von Grundstücken, 2. Auflage, A. 2 Rdnr. 48; Nolte, Der Einfluss von Altlasten auf die Wertermittlung, 2003; Kleiber/Simon/Weyers, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 2. Aufl. 1994, § 5 WertV Rdnr. 149; vgl. auch BGH, NJW-RR 2002, 1240 ff.). Die Wertermittlung erfolgt in diesen Fällen regelmäßig in der Weise, dass vom fiktiven Wert ohne Kontaminationen die Kosten der Erfassung, Gefährdungsabschätzung, Sanierung und Überwachung in Abzug gebracht werden (Kleiber/Simon/Weyers, § 5 WertV Rdnr. 150; Kleiber, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 5 WertV [Stand November 1990] Rdnr. 110).

(2) Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist davon auszugehen, dass bei Abschluss des notariellen Kaufvertrages Schadstoffbelastungen der Gebäude und Anlagen vorlagen, deren spätere Erkundung und Beseitigung für die Beteiligte Ziffer 3 Zusatzkosten in Höhe von 401.116,29 DM (= 205.087,50 Euro) verursacht hat.

Diese Tatsachen waren in erster Instanz unstreitig (S. 5 des Tatbestandes des angegriffenen Urteils). Da sich bei den Akten der Enteignungsbehörde (AS. 317 ff.) entsprechende detaillierte Belege befanden, bestand für die Kammer für Baulandsachen kein Anlass, insoweit gem. § 221 Abs. 2 BauGB von Amts wegen in eine Überprüfung einzutreten.

Das erstmalige Bestreiten des Beteiligten Ziffer 1 in der Berufungsinstanz ist gem. §§ 221 BauGB, 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen. Das Vorhandensein von Schadstoffbelastungen im Zeitpunkt des notariellen Vertragsschlusses und die Angaben zur Höhe der Erkundungs- und Beseitigungskosten der Beteiligten Ziffer 3 hätte der Beteiligte Ziffer 1 ohne weiteres schon im ersten Rechtszug streitig stellen können. Hinreichende Gründe dafür, warum dies nicht geschehen ist, sind nicht erkennbar. Es ist nicht ersichtlich, dass dies nicht auf einer Nachlässigkeit des Beteiligten Ziffer 1 oder seines Prozessbevollmächtigten (§ 85 Abs. 2 ZPO - auch unter der Geltung des Untersuchungsgrundsatzes anwendbar, vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 13. Auflage, § 60 Rdnr. 20) beruht.

Zwar sind die Vorschriften über die Zurückweisung verspäteten Vorbringens im Baulandverfahren, welches in beschränktem Umfang dem Untersuchungsgrundsatz unterliegt (§ 221 Abs. 2 BauGB), nicht uneingeschränkt anwendbar (Kalb, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 221 [Stand Februar 2000], Rdnr. 11). Soweit aber selbst im Verfahren nach der Verwaltungsgerichtsordnung eine Zurückweisung zu erfolgen hätte, steht der Untersuchungsgrundsatz einer Anwendung der Verspätungsvorschriften der ZPO im Baulandverfahren nicht entgegen.

§ 531 ZPO ist deshalb im Baulandverfahren jedenfalls dann anwendbar, wenn auch die Voraussetzungen für eine Zurückweisung im Verwaltungsprozess gem. § 128 a VwGO vorliegen. Dies ist hier der Fall. Dem Beteiligten Ziffer 1 war mit Verfügung des Vorsitzenden der Kammer für Baulandsachen vom 15.08.2000 (AS. I 3) Frist zur Begründung seines Antrags auf gerichtliche Entscheidung gesetzt worden. Hierbei wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass Vorbringen, welches nach Ablauf der gesetzten Frist eingeht, nur berücksichtigt werden darf, wenn dadurch die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert wird oder die Verspätung genügend entschuldigt ist. Innerhalb der Frist hat der Beteiligte Ziffer 1 die dem Bescheid der Enteignungsbehörde zu Grunde gelegten Tatsachen zum Vorhandensein von Schadstoffbelastungen und zu den Kosten der Beteiligten Ziffer 3 für die Erkundung und Entsorgung nicht bestritten. Die Verspätung ist nicht genügend entschuldigt. Es ist nicht erkennbar, warum er oder sein Prozessbevollmächtigter sich mit dieser Frage nicht bereits in diesem Stadium des Rechtsstreits auseinandergesetzt hat, denn die maßgeblichen Informationen und Unterlagen lagen schon zum damaligen Zeitpunkt vor. Schließlich würde die Zulassung des neuen Vortrags in der Berufungsinstanz den Rechtsstreit verzögern, da dann über das Vorhandensein der damaligen Altlasten nicht nur der nunmehr von der Beteiligten Ziffer 3 angebotene Zeugenbeweis (Dr. G., Z. und Z.), sondern zu den Auswirkungen auf den Verkehrswert ein Sachverständigengutachten einzuholen wäre. Die Verzögerung war auch nicht durch zumutbare prozessleitende Maßnahmen des Senats zu vermeiden. Es ist nicht geboten, die Verspätung von Parteivorbringen durch Einholung eines umfangreichen Sachverständigengutachtens vor dem Verhandlungstermin auszugleichen (Prütting, in MünchKomm-ZPO, 2. Auflage, § 296 Rdnr. 119).

(3) Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist weiter davon auszugehen, dass die von der Beteiligten Ziffer 3 aufgewendeten schadstoffbedingten Abbruch- und Entsorgungsmehrkosten den Sanierungskosten entsprechen, wie sie im gewöhnlichen Geschäftsverkehr (vgl. § 9 Abs. 1 Satz LEntG) bei der Bewertung des Grundstücks berücksichtigt worden wären. Der in zweiter Instanz erstmals vorgebrachte Einwand des Beteiligten Ziffer 1, diese Kosten dürften nur als Abzug berücksichtigt werden, wenn - ohne Inanspruchnahme für den Straßenbau - eine weitere Nutzung des Gebäudes wegen der Schadstoffbelastungen wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll war, kann ebenfalls gem. § 531 Abs. 2 ZPO nach den oben dargestellten Grundsätzen keine Berücksichtigung mehr finden.

Schon im Festsetzungsbescheid der Enteignungsbehörde wurde davon ausgegangen, dass die Sanierungskosten für die Gebäude den von der Beteiligten Ziffer 3 geltend gemachten Mehrkosten entsprechen. Die Enteignungsbehörde folgte hiermit den Ausführungen des Sachverständigen S. im Schreiben vom 21.10.1996 (Akte der Enteignungsbehörde, AS 475), wonach die Höhe des Abschlags sich "im konkreten Fall nach den Entsorgungskosten" bemisst. Diese Annahme war auch plausibel, da es sich bei den Schadstoffbelastungen weitgehend um kontaminierte Bausubstanz (Bodenplatten, Putz, Bauholz) sowie Spritzasbestisolierung handelte, so dass sich eine Entsorgung der kontaminierten Bauteile auch im Fall der Weiternutzung der Gebäude geradezu aufdrängte. Dafür, dass die von der Beteiligten Ziffer 3 geltend gemachten Sanierungskosten rein abbruchbedingt waren, im Fall einer möglichen Weiternutzung der Gebäude somit nicht angefallen wären, sprach nichts. Dieser Einwand wurde im Entschädigungsfestsetzungsverfahren auch nicht erhoben.

Ausgehend hiervon durfte die Kammer für Baulandsachen ebenfalls die in erster Instanz unstreitigen schadstoffbedingten Mehrkosten der Beteiligten Ziffer 3 als die für die Anwendung der §§ 9 Abs. 1 Satz 2 LEntG, 4 Abs. 5, 24 WertV maßgeblichen Sanierungskosten zu Grunde legen, ohne gemäß § 221 Abs. 2 BauGB zur Amtsermittlung übergehen zu müssen. Das hiergegen gerichtete Bestreiten des Beteiligten Ziffer 1 erfolgt erstmals in der Berufungsinstanz und ist, da nicht entschuldigt, gemäß §§ 221 BauGB, 531 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

(4) Somit ist auszugehen von den Feststellungen der Baulandkammer, welche auf dem in erster Instanz unstreitigen Parteivortrag beruhen, dass nämlich die Gebäude und Anlagen mit Schadstoffen belastet waren und die hierdurch notwendigen Kosten der Sanierung (einschließlich Erkundung und Überwachung) 401.116,29 DM (= 205.087,50 Euro) betragen. Diese Sanierungskosten sind in Abzug zu bringen von dem in erster Instanz ebenfalls unstreitigen fiktiven (ohne Schadstoffbelastungen gedachten) Verkehrswert der Gebäude und Anlagen von 343.350,00 DM (= 175.552,06 Euro) (Kleiber/Simon/Weyers, Verkehrswertermittlung, § 5 WertV Rdnr. 150). Es ist offenkundig und ohne Sachverständigenhilfe festzustellen, dass Schadstoffbelastungen, deren Sanierung deutlich über dem fiktiven (ohne Schadstoffbelastung gedachten) Verkehrswert liegen, im Grundstücksverkehr einen Wertverlust auf 0 bewirken.

Dass die Sanierungskosten im vorliegenden Fall in vollem Umfang den Verkehrswert schmälern, weil die Sanierungslast den Grundstückseigentümer traf und nicht auf Dritte oder die öffentliche Hand verlagert war (vgl. hierzu Kleiber/Simon/Weyers, § 5 WertV Rdnr. 1455 ff.), wurde schon im Enteignungsbescheid zutreffend dargelegt. Hierauf wird Bezug genommen.

(5) Nicht durchgreifend ist der Einwand des Beteiligten Ziffer 1, nach dem notariellen Kaufvertrag habe er für das Risiko etwa vorhandener Altlasten nicht einzustehen, weshalb diese auch bei der Entschädigungsfestsetzung unberücksichtigt bleiben müssten.

Insoweit kann offen bleiben, ob sich die Beteiligten im Rahmen einer Einigung außerhalb des Enteignungsverfahrens gem. § 27 Abs. 3 LEntG für die Entschädigungsfestsetzung bindend auf bestimmte Bemessungsgrundsätze einigen können. Denn die Vertragsparteien haben eine Freizeichnung des Beteiligten Ziffer 1 hinsichtlich Sachmängeln, insbesondere auch Schadstoffbelastungen, gerade nicht für den Fall der Entschädigungsfestsetzung vereinbart. Zwar wurde das Grundstück gem. § 2 des Vertrages verkauft "in seinem gegenwärtigen Zustand, wie er von der Käuferin besichtigt ist, bzw. besichtigt werden konnte", und nach § 7 haftet der Verkäufer bezüglich "Sachmängeln, Beschaffenheit und Flächenmaß des Grundstückes nur insoweit, als er auch im Falle einer Enteignung haften würde". Diese letztgenannte Einschränkung ist aber bei Anwendung der Auslegungsgrundsätze der §§ 133, 157 BGB dahin zu verstehen, dass die Rechte der Beteiligten Ziffer 3 gerade nicht über die ihr bei Durchführung eines Enteignungsverfahrens zukommende Rechtsposition hinaus geschmälert werden sollten. Da aber eine Schadstoffbelastung auch bei Durchführung eines Enteignungsverfahrens entschädigungsmindernd zu berücksichtigen war, gilt dies ohne Einschränkung auch für das Entschädigungsfestsetzungsverfahren.

(6) Schließlich beruft sich der Beteiligte Ziffer 1 ohne Erfolg auf Vorschriften des Gewährleistungsrechts (§§ 460, 477 BGB a. F.). Diese Vorschriften sind für die Bemessung der Enteignungsentschädigung ohne Relevanz, da diese auf einen Ausgleich für den wahren Wertverlust abzielt (Aust/Jacobs/Pasternak a. a. O.), weshalb sämtliche wertbildenden Faktoren auch Berücksichtigung finden müssen.

Die vom Beteiligten Ziffer 1 in der mündlichen Verhandlung zitierten Ausführungen von Kleiber (Kleiber/Simon/Weyers, § 5 WertV Rdnr. 173) betreffen Fälle der Wertermittlung, in denen die Sanierungslast auf Dritte verlagert sein kann, und sind vorliegend nicht einschlägig. Die Enteignungsentschädigung bemisst sich nach dem Verkehrswert des Grundstücks vor Enteignung (bzw. Veräußerung gem. § 27 Abs. 3 LEntG), so dass zu Lasten des Enteignungsbetroffen alle wertmindernden Faktoren Berücksichtigung finden.

d) Der Beteiligte Ziffer 1 kann sich zur Stützung seines Begehrens auch nicht darauf berufen, die Beteiligten hätten sich entsprechend § 3 Nr. 1 b Abs. 2 des notariellen Kaufvertrages auf das zweite Gutachten der Oberfinanzdirektion vom 09.07.1992 geeinigt. Zu Recht hat schon die Baulandkammer darauf hingewiesen, dass das Verfahren gem. §§ 41 LEntG, 232 BauGB nur im Hinblick auf eine Entschädigungsfestsetzung nach § 3 Nr. 1 b Abs. 3 des Vertrages eröffnet ist. Zur Begründung einer Entschädigungsfestsetzung, die nach dem Vertrag gerade nur im Falle einer Nichteinigung der Vertragsparteien stattfinden soll, kann sich der Beteiligte Ziffer 1 nicht auf eine angeblich erfolgte Einigung berufen.

Wenn der Beteiligte Ziffer 1 meint, ihm stehe ein Kaufpreis auf Grund Einigung nach § 3 Nr. 1 b Abs. 2 des Vertrages zu, so hat er diesen vor den Zivilgerichten einzuklagen. Eine solche Klage hat der Beteiligte Ziffer 1 auch bereits -erfolglos - erhoben, Streitgegenstand war der Zahlungsanspruch des Beteiligten Ziffer 1 gem. § 3 Nr. 1 b Abs. 2 des Kaufvertrages i. V. m. den Wertermittlungsgutachten der Oberfinanzdirektion.

2. Die in der Berufungsinstanz gestellten Hilfsanträge sind bereits unzulässig. Der vor der Kammer bzw. dem Senat für Baulandsachen zur Verhandlung stehende Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat sich ausschließlich gegen die angegriffene Entschädigungsfestsetzung zu richten. Diese bildet, sofern eine Entschädigung festgesetzt wird, einen Vollstreckungstitel gem. § 36 LEntG. Eine unmittelbare Zahlungsklage kann in diesem Verfahren nicht erhoben werden. (vgl. § 41 LEntG).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 228 BauGB, 97 Abs. 1 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 221 Abs. 1 BauGB, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Revision wird gem. §§ 221 Abs. 1 BauGB, 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zugelassen. Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen im Baulandverfahren neues Vorbringen in der Berufungsinstanz zurückzuweisen ist, wurde bisher - soweit ersichtlich - höchstrichterlich nicht entschieden. Es handelt sich um eine Rechtsfrage von Bedeutung, die sich auch künftig in einer Vielzahl von Baulandverfahren stellen kann.

Ende der Entscheidung

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