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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 25.02.2008
Aktenzeichen: 22 W 1/08 BSch
Rechtsgebiete: BinSchG, SVertO, ZPO


Vorschriften:

BinSchG § 5d
SVertO § 3
SVertO § 34
ZPO § 97
ZPO § 99
ZPO § 567
1. § 99 Abs. 1 ZPO, wonach die Anfechtung einer Kostenentscheidung grundsätzlich unzulässig ist, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird, steht der Zulässigkeit einer sofortigen Beschwerde nicht entgegen, wenn das Ausgangsgericht (nach einer vorausgegangenen Übertragung durch das Rechtsmittelgericht) eine "isolierte" Kostengrundentscheidung getroffen hat.

2. Bei der Kostenentscheidung hinsichtlich einer sofortigen Beschwerde gegen ein die Eröffnung des Binnenschifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahrens ablehnenden Beschluss sind die am Beschwerdeverfahren tatsächlich und rechtlich zulässigerweise Beteiligten, also nicht nur die Antragstellerin, sondern auch die Gläubiger als Antrags- und Beschwerdegegner zu berücksichtigen und es kann von der in § 97 Abs. 2 ZPO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht werden, Kosten eines Rechtsmittelverfahrens (ganz oder) teilweise der obsiegenden Partei aufzuerlegen, wenn diese auf Grund neuen Vorbringens obsiegt hatte, das im ersten Rechtszug sie geltend zu machen im Stande gewesen war.


Oberlandesgericht Karlsruhe Schifffahrtsobergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 22 W 1/08 BSch

25. Februar 2008

In dem schifffahrtsrechtlichem Verteilungsverfahren

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Schifffahrtsgericht - Mainz vom 19.12.2007 - 281 SVR 1/07 (77 H 68/06 BSchRh) - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Am 13.09.2006 hat die Antragstellerin den Antrag auf Einleitung eines Verteilungsverfahrens gemäß der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung (SVertO) beim Schifffahrtsgericht Mainz gestellt. Mit Beschluss vom 29.06.2007 hat das Schifffahrtsgericht diesen Antrag zurückgewiesen. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde, der die Antragsgegner entgegen getreten sind.

Das Schifffahrtsobergericht hat mit Beschluss vom 1.10.2007 - 22 W 1/07 BSch - auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin den Beschluss des Schifffahrtsgericht vom 29.06.2007 aufgehoben und die Sache zur Entscheidung über die Haftungssumme, die zur Errichtung des Fonds einzuzahlen ist, sowie zur weiteren Sachbehandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens - an das Schifffahrtsgericht Mainz zurückverwiesen. Daraufhin hat das Schifffahrtsgericht festgestellt, dass die Formalien des Antrags gegeben seien und mit Beschluss vom 30.10.2007 die Haftungssumme festgesetzt. Nach deren Einzahlung hat es mit Beschluss vom 11.12.2007 die Eröffnung des Binnenschifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahrens angeordnet, einen Sachwalter bestellt und einen Termin zur Prüfung der angemeldeten Forderungen bestimmt.

Mit Beschluss vom 19.12.2007 hat das Schifffahrtsgericht entschieden:

Die im Beschwerdeverfahren entstandenen Gerichtskosten fallen der Antragstellerin zur Hälfte, der Antragsgegnerin zu 1) zu 17%, der Antragsgegnerin zu 2) zu 10,5%, der Antragsgegnerin zu 3) zu 22,5% zur Last.

Die im Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin fallen dieser zur Hälfte, der Antragsgegnerin zu 1) zu 17%, der Antragsgegnerin zu 2.) zu 10,5%, der Antragsgegnerin zu 3) zu 22,5% zur Last.

Die außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerinnen zu 1) bis 3) fallen jeweils zur Hälfte der Antragstellerin und jeweils zur Hälfte den Antragsgegnerinnen zu 1) bis 3) zur Last.

Zur Begründung wird in der Entscheidung auf §§ 97 Abs. 2, 100 ZPO verwiesen.

Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit der sofortigen Beschwerde, zu der sie im Wesentlichen ausführt:

Eine Mitwirkung der Gläubiger sei bis zur Eröffnung eines schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahrens nicht vorgesehen. Im Übrigen habe die Antragstellerin in vollem Umfang obsiegt.

Die Antragsgegner sind der sofortigen Beschwerde unter Hinweis auf ihre Beteiligung am Eröffnungs- und Beschwerdeverfahren entgegengetreten. Das Schifffahrtsgericht erachtet die sofortige Beschwerde für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet, hat ihr deshalb nicht abgeholfen und sie dem Schifffahrtsobergericht zur Entscheidung vorgelegt.

Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen die ergangene isolierte Kostengrundentscheidung des Schifffahrtsgerichts hinsichtlich des vorausgegangenen Beschwerdeverfahrens ist zulässig, §§ 3 Abs. 2, 34 Abs. 2 SVertO, §§ 567, 569 ZPO.

§ 99 Abs. 1 ZPO, wonach die Anfechtung einer Kostenentscheidung grundsätzlich unzulässig ist, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird, steht der Zulässigkeit der sofortigen Beschwerde nicht entgegen. Diese Vorschrift ist nämlich nicht anzuwenden, wenn - wie vorliegend - eine reine ("isolierte") Kostengrundentscheidung ergangen ist, die dem Ausgangsgericht vom Rechtsmittelgericht übertragen worden war (vgl. dazu auch OLG Zweibrücken, FamRZ 1983, 1154; OLG Karlsruhe FamRZ 2002, 682; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 66. Aufl. § 99 Rdnr5 m.w.N.).

2. In der Sache hat die sofortige Beschwerde keinen Erfolg.

Für die Entscheidung darüber, wem die Kosten eines Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen sind, gelten gemäß §§ 3 Abs. 2, 34 Abs. 2 SVertO die Vorschriften der ZPO, insbesondere § 97 ZPO.

Bei dem Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahrens handelt es sich um ein teilweise dem Insolvenzverfahren vergleichbares, besonders ausgestaltetes Vollstreckungsverfahren, das nicht der freiwilligen, sondern der streitigen Gerichtsbarkeit angehört (vgl. Rittmeister, Das Seerechtliche Haftungsbeschränkungsverfahren nach neuem Recht, S. 74; v. Waldstein/Holland, Binnenschifffahrtsrecht, 5. Aufl. § 5 d BinSchG Rdnr. 5 jeweils m.w.N.). Die Funktion des Verteilungsverfahren besteht darin, die Haftungssumme in möglichst gerechter Weise auf die Gläubiger zu verteilen und - anders als das Insolvenzverfahren - den Zugriff der Gläubiger auf das übrige Vermögen des Schuldners zu verhindern. Das Verteilungsverfahren gliedert sich in ein Eröffnungsverfahren, ein Feststellungsverfahren und ein Verteilungsverfahren im engeren Sinne. Das Verfahren beginnt mit der Antragsstellung durch den Schuldner, worauf das Gericht die Höhe der einzuzahlenden Höhe der Haftungssumme festsetzt und das Verteilungsverfahren eröffnet. Der Eröffnungsbeschluss bewirkt materiell-rechtlich die Haftungsbeschränkung. Nach Eröffnung des Verfahrens erlässt das Gericht ein Aufgebot, um die teilnahmeberechtigten Gläubiger festzustellen. In einem Prüfungstermin werden die angemeldeten Forderungen auf ihre Berechtigung hin überprüft und gegebenenfalls festgestellt. Anschließend erfolgt die Verteilung der Haftungssumme anteilig auf die festgestellten Ansprüche (vgl. Rittmeister und v. Waldstein/Holland, jeweils a.a.O.). Soweit die Vorschriften der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung keine besondere Regelung enthalten, ist auf die Bestimmungen der ZPO zurückzugreifen.

Bei der Kostengrundentscheidung, die das Schifffahrtsobergericht in der Entscheidung über die Aufhebung des die Eröffnung des Verteilungsverfahrens ablehnenden Beschluss und die Zurückverweisung der Sache zur weiteren Behandlung dem Schifffahrtsgericht übertragen hatte, hat dieses rechtsfehlerfrei einerseits die am Beschwerdeverfahren tatsächlich und rechtlich zulässigerweise Beteiligten, also nicht nur die Antragstellerin, sondern auch die Gläubiger als Antrags- und Beschwerdegegner berücksichtigt, und andererseits von der in § 97 Abs. 2 ZPO eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht, Kosten eines Rechtsmittelverfahrens (ganz oder) teilweise der obsiegenden Partei - hier der Antragstellerin - aufzuerlegen, nachdem diese - jedenfalls u.a. - auf Grund neuen Vorbringens obsiegt hatte, das im ersten Rechtszug sie geltend zu machen im Stande gewesen war.

In dem früheren Beschwerdeverfahren ist keine Gerichtsgebühr entstanden, KV Nr. 2440 (§ 3 Abs. 2 GKG Anlage 1).

3. Die Kosten des vorliegenden sofortigen Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin gemäß § 97 Abs.1 ZPO zu tragen.

An Gerichtskosten ist gemäß KV Nr. 2440 (§ 3 Abs. 2 GKG Anlage 1) eine Festgebühr von 50,00 Euro angefallen.

Ende der Entscheidung

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