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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 28.06.2007
Aktenzeichen: 3 Ss 119/07
Rechtsgebiete: BtMG


Vorschriften:

BtMG § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13
Die Geldübergabe im Rahmen eines vom Abnehmer angestrebten Umsatzgeschäfts an den Betäubungsmittellieferanten erfüllt regelmäßig nicht den Tatbestand des Bereitstellens von Geldmitteln nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 BtMG.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE

Beschluss

vom 28. Juni 2007

3 Ss 119/07

wegen Bereitstellens von Geldmitteln zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln

Tenor:

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts M. vom 15. März 2007 aufgehoben,

a) soweit der Angeklagte wegen Bereitstellens von Geldmitteln zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln verurteilt worden ist (Fall III. 1. der Urteilsgründe); insoweit wird der Angeklagte freigesprochen;

b) im Ausspruch über die Gesamtstrafe mit der Maßgabe, dass eine nachträgliche gerichtliche Entscheidung über die Gesamtstrafe nach §§ 460, 462 StPO zu treffen ist.

2. Soweit der Angeklagte freigesprochen worden ist, trägt die Staatskasse die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten.

Gründe:

I.

Das Amtsgericht M. verurteilte den Angeklagten mit Urteil vom 30.11.2006 wegen Diebstahls in drei Fällen und wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln unter Einbeziehung der Strafe aus dem Urteil des Amtsgerichts vom 19.04.2006 zu zwei Gesamtfreiheitsstrafen von neun und sieben Monaten. Auf die Berufung des Angeklagten hat das Landgericht M. das amtsgerichtliche Urteil aufgehoben und den Angeklagten wegen Diebstahls in drei Fällen und wegen Bereitstellens von Geldmitteln zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln unter Einbeziehung der durch Urteil des Amtsgerichts M. vom 04.01.2007 festgesetzten Freiheitsstrafe von drei Monaten zu der Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr verurteilt. Mit seiner auf die Sachrüge gestützten Revision wendet sich der Angeklagte ausschließlich gegen seine Verurteilung wegen Bereitstellens von Geldmitteln zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln. Die Nichtanwendung des § 64 StGB hat er von seinem Rechtsmittelangriff in zulässiger Weise ausgenommen.

Das zulässige Rechtsmittel hat in der Sache Erfolg.

II.

Nach den Feststellungen des Landgerichts vereinbarte der Angeklagte am 13.09.2005 mit dem Mitangeklagten Z. noch für denselben Tag ein Geschäft über 10 Gramm Kokain üblicher Qualität für 500 €. Käufer sollte der Angeklagte, Verkäufer der Mitangeklagte Z. sein. Vereinbarungsgemäß übergab der Angeklagte gegen Abend in einer Gaststätte in M. dem Z. 500 €. Hiervon stammten 150 € vom Angeklagten. Die weiteren 350 € hatte der Angeklagte von zwei Bekannten erhalten, die gleichfalls Kokain erwerben wollten und den Angeklagten mit der Beschaffung beauftragt hatten. Der Angeklagte ging davon aus, dass Z. sich das Kokain im Laufe des Tages beschaffen würde. Da ihm bekannt war, dass beim Erwerb größerer Mengen Betäubungsmittel ein für den Käufer günstigerer Preis zu erzielen ist, übergab er dem Z. auch den von seinen Bekannten stammenden Betrag in der Erwartung, Z. werde in der Lage sein, damit in größerem Umfang und günstiger Kokain zur Weitergabe an ihn zu erwerben. Nach Übergabe des Kokains durch Z. sollten die 10 Gramm Kokain entsprechend den eingesetzten Geldbeträgen zwischen dem Angeklagten und seinen beiden Bekannten aufgeteilt werden. Einen über den entsprechend der größeren Menge günstigeren Kaufpreis hinausgehenden eigennützigen Gewinn strebte der Angeklagte nicht an. Zu der vereinbarten Übergabe des Kokains kam es nicht, da Z. von vornherein weder willens noch in der Lage war, das Kokain zu beschaffen. Er hatte dem Angeklagten lediglich vorgespiegelt, er werde die vereinbarte Kokainmenge beschaffen und entsprechend den getroffenen Verabredungen an ihn übergeben.

III.

Der Schuldspruch wegen Bereitstellens von Geldmitteln zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln (Fall III. 1. der Urteilsgründe) hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Die Geldübergabe im Rahmen eines vom Abnehmer angestrebten Umsatzgeschäfts an den (vermeintlichen) Betäubungsmittellieferanten erfüllt regelmäßig nicht den Tatbestand des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 BtMG.

Nach der Bestimmung des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 BtMG macht sich strafbar, wer Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem Anderen u. a. für eine rechtswidrige Tat nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG bereitstellt. Durch diese Vorschrift, welche nach den Vorstellungen des Gesetzgebers dem Zweck dienen soll, Drahtzieher und Finanziers des illegalen Rauschgifthandels, die, ohne selbst aktiv in Erscheinung zu treten, den illegalen Verkehr mit zusätzlichen Geldmitteln versorgen, als Täter zu bestrafen (vgl. BT-Drucks. 12/3533 S. 17 f; BT-Drucks. 8/3551 S. 36), ist eine Beihilfehandlung zu einer selbstständigen strafbaren Handlung erhoben worden (vgl. BGH NStZ 1995, 140, 141 insoweit in BGHSt 40, 208 nicht abgedruckt; BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 4 Bereitstellen 1; Kotz in MünchKomm StGB § 29 BtMG Rdnr. 1362; Körner BtMG 5. Aufl. § 29 Rdnr. 1525; BT-Drucks. 12/3533 S. 18). Es handelt sich um einen Auffangtatbestand, der sicherstellen soll, dass die Versorgung des illegalen Rauschgiftverkehrs mit zusätzlichen Geldmitteln auch dann strafrechtlich geahndet werden kann, wenn die Haupttat nicht begangen oder nicht versucht wird oder sonst die Voraussetzungen eines Schuldspruchs wegen Beihilfe zu einer der in § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 BtMG bezeichneten rechtswidrigen Taten nicht nachgewiesen werden können (vgl. BGH NStZ 1995, 140, 141; Weber BtMG 2. Aufl. § 29 Rdnr. 1312, 1321; Körner aaO Rdnr. 1525, 1531). Die Tatbestandsverwirklichung setzt voraus, dass sich das Bereitstellen von Geldmitteln oder Vermögensgegenständen für einen Anderen auf eine rechtswidrige Tat nach den in § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 BtMG aufgeführten Strafvorschriften bezieht, auf deren Förderung im Sinne der Teilnahmegrundsätze die Tathandlung abzielt. Der Täter muss gerade die Tat eines Anderen durch das Bereitstellen von Geldmitteln oder anderen Vermögensgegenständen fördern wollen. Das bedeutet, dass der Andere nach den Vorstellungen des Täters Straftaten der im Gesetz angegebenen Art begehen will und die Bereitstellung der Mittel diesem Zweck dient (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 4 Bereitstellen 1; Schoreit NStZ 1992, 496, 497).

Die Übergabe der 500 € durch den Angeklagten an den Mitangeklagten Z., die im Rahmen eines vom Angeklagten gewollten Umsatzgeschäfts als Gegenleistung für die vereinbarte Betäubungsmittellieferung erfolgte, unterfällt demnach nicht dem Straftatbestand des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 BtMG, weil das Bereitstellen des Geldes nach den Vorstellungen des Angeklagten nicht darauf angelegt war, das Handeltreiben des Z. im Sinne der Teilnahmeregeln zu fördern. Bei Umsatzgeschäften mit Betäubungsmitteln wirken Käufer und Verkäufer zur Abwicklung des Geschäfts zwangsläufig zusammen, wobei sich beide allerdings als Geschäftspartner gegenüberstehen und gegenteilige Interessen verfolgen. Da das gemeinsame Tätigwerden allein durch die Art der Deliktshandlung notwendig vorgegeben ist, führt das Zusammenwirken zwischen Veräußerer und Erwerber von Betäubungsmitteln nicht zu einer Beteiligung des einen an der jeweiligen Tat des Anderen, sondern stellt sich grundsätzlich als jeweils selbstständige Täterschaft dar (vgl. BGHSt 42, 255, 259; BGH NJW 2002, 3486, 3487; OLG Karlsruhe NStZ-RR 1998, 314; Weber aaO vor §§ 29 ff Rdnr. 167, § 29 Rdnr. 328). Im vorliegenden Fall ergibt sich nichts Abweichendes. Die Aushändigung des Geldes an Z. diente aus Sicht des Angeklagten allein der Bezahlung der verabredeten Kokainlieferung und damit dem vom Angeklagten und seinen Bekannten gemeinsam verfolgten Erwerbsinteresse. Eine Förderung des Handeltreibens des Mitangeklagten Z., welche über das zur eigenen Deliktsverwirklichung notwendige Zusammenwirken mit Z. hinausging, war vom Angeklagten nicht gewollt. Da die Geldhingabe somit keine nach Teilnahmegrundsätzen relevante Förderung der vermeintlichen Tat des Z. nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG beinhaltet, scheidet eine Strafbarkeit nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 StGB aus.

Der Angeklagte hat sich im Fall III. 1. der Urteilsgründe auch nicht anderweitig strafbar gemacht. Auf der Grundlage der vom Tatrichter getroffenen tatsächlichen Feststellungen kommt - wie die Strafkammer zutreffend ausgeführt hat - weder eine Bestrafung wegen täterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (vgl. BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 1 Handeltreiben 33; BGH StV 1985, 235; StV 1992, 65; Rahlfs in MünchKomm StGB § 29 BtMG Rdnr. 324), noch wegen versuchten Erwerbs von Betäubungsmitteln (vgl. BGHSt 40, 208) in Betracht. Dass noch Feststellungen darüber getroffen werden können, ob das Kokain von Z. nicht nur zum Eigenkonsum des Angeklagten und seiner Bekannten, sondern auch zur gewinnbringenden Weiterveräußerung erworben werden sollte, ist auszuschließen. Der Senat hebt daher das angefochtene Urteil auf, soweit der Angeklagte wegen Bereitstellens von Geldmitteln zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln verurteilt worden ist, und spricht den Angeklagten insoweit frei.

Der Teilfreispruch führt zum Wegfall der Einzelstrafe und zur Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe. Hinsichtlich der Neufestsetzung der Gesamtstrafe macht der Senat von der Möglichkeit des § 354 Abs. 1 b Satz 1 StPO Gebrauch. Diese Regelung, die eine Verweisung auf das Beschlussverfahren zulässt, ist auch anwendbar, wenn im Revisionsverfahren eine Einzelstrafe infolge Teilfreispruchs wegfällt (vgl. BGH StV 2007, 82, 83). Besondere Umstände, welche im Rahmen der vom Revisionsgericht zu treffenden Ermessensentscheidung für eine Zurückverweisung und Durchführung einer neuerlichen Hauptverhandlung sprechen, sind im vorliegenden Fall nicht ersichtlich (vgl. Senat B. v. 19.06.2006 - 3 Ss 69/06). Die Entscheidung über die Gesamtstrafe und die Strafaussetzung zur Bewährung obliegt dem gemäß § 462 a Abs. 3 StPO zuständigen Gericht.

IV.

Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 467 Abs. 1 StPO. Eines gesonderten Ausspruchs über die Kosten und Auslagen der Revision bedarf es daneben nicht, weil sich das uneingeschränkt erfolgreiche Rechtsmittel ausschließlich auf den dem Teilfreispruch zu Grunde liegenden Verfahrensgegen-stand bezog.

Die Entscheidung ergeht einstimmig gem. § 349 Abs. 4 StPO.



Ende der Entscheidung

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