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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 24.08.2000
Aktenzeichen: 3 W 76/00
Rechtsgebiete: ZPO, BRAGO


Vorschriften:

ZPO § 91
BRAGO § 31
BRAGO § 32
BRAGO § 40
Zur Erstattungsfähigkeit einer 5/10-Prozeßgebühr, die durch das Einreichen einer Schutzschrift ausgelöst wird.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 3. Zivilsenat

3 W 76/00 7 O 148/00

Karlsruhe, den 24. August 2000

In Sachen

wegen einstweiliger Verfügung

hier: Kostenbeschwerde

Beschluß

Tenor:

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß des Landgerichts Heidelberg vom 27. Juli 2000 - 7 O 148/00 - aufgehoben.

Aufgrund des Beschlusses des Landgerichts Heidelberg vom 07. Mai 2000 - 7 O 148/00 - sind an Kosten zu erstatten: DM 1.032,50 nebst 4 % Zinsen seit 15. Mai 2000 von dem Antragsteller an die Antragsgegnerin.

2. Der Antragsteller hat die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

3. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren wird auf DM 1.032,50 festgesetzt.

Gründe:

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß der Rechtspflegerin des Landgerichts Heidelberg vom 27.07.2000, durch den der Antrag der Antragsgegnerin auf Festsetzung der Kosten vom 10.05.2000 zurückgewiesen wurde, ist zulässig und begründet.

I.

Der Antragsteller hat beim Landgericht Heidelberg den Erlaß einer einstweiligen Verfügung beantragt, durch die der Antragsgegnerin aufgegeben werden sollte, Räumlichkeiten unverzüglich zu räumen und an den Antragsteller herauszugeben. Der Verfügungsantrag ist beim Landgericht Heidelberg am 04.05.2000 eingegangen. Am selben Tag erging per Telefax (und danach per Schriftsatz) eine Schutzschrift der "möglichen Antragsgegnerin" ein, mit der beantragt wurde, über einen etwaigen Antrag des Antragstellers auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung durch Zurückweisung, jedenfalls aber nicht ohne vorhergehende mündliche Verhandlung zu entscheiden.

Mit Beschluß vom 05.05.2000 wurde der Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen und dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auferlegt. In den Gründen der Entscheidung wird ausgeführt, der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung sei unzulässig, da die erforderliche besondere Eilbedürftigkeit nicht ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht worden sei; darüber hinaus würde die vom Antragsteller begehrte Räumung bereits zur Befriedigung des Antragstellers und damit zu einer im Eilverfahren unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsacheentscheidung führen. Der Streitwert wurde auf DM 87.000,00 festgesetzt.

Die Vertreter der Antragsgegnerin haben gegen den Antragsteller die Festsetzung zunächst einer 10/10 Prozeßgebühr zuzüglich Auslagenpauschale, insgesamt eines Betrages in Höhe von DM 2.025,00 beantragt. Dem Hinweis der Rechtspflegerin, daß (wenn überhaupt) allenfalls eine 5/10 Gebühr für die Einreichung der Schutzschrift entstanden sein könne, haben die Vertreter der Antragsgegnerin zugestimmt.

Mit dem angefochtenen Beschluß vom 27.07.2000 wurde der Antrag der Antragsgegnerin auf Festsetzung der Kosten zurückgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt: Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung sei als unzulässig zurückgewiesen worden; im Zurückweisungsbeschluß vom 05.05.2000 habe die Schutzschrift auch keine Erwähnung gefunden. Die Schutzschrift sei somit für die Abweisung der einstweiligen Verfügung nicht ursächlich geworden.

II.

Dagegen wendet sich die Antragsgegnerin mit Erfolg.

Für die von ihren Verfahrensbevollmächtigten eingereichte Schutzschrift kann die Antragsgegnerin eine 5/10 Gebühr gemäß § 32 BRAGO erstattet verlangen.

Die Kosten einer Schutzschrift sind - wenn der Verfügungsantrag bereits eingegangen ist oder noch eingeht - verfahrensbezogen und somit grundsätzlich erstattungsfähig (ganz h.M. vgl. KG-Report 1999, 353 m.w.N.; OLG Karlsruhe Beschluß vom 01.10.1982 - 6 W 95/82 -).

Ausnahmsweise sind Anwaltsgebühren für eine eingereichte Schutzschrift als Kosten des Verfahrens der einstweiligen Verfügung dann nicht erstattungsfähig, wenn sich die vorbeugende Rechtsverteidigung gegen eine andere erwartete Rechtsverfolgung richtet, als die dann tatsächlich erfolgte (unterschiedlicher Streitgegenstand: Senat Beschluß vom 15.05.1997 - 3 W 40/97 -). Der Senat hat ferner die Erstattungsfähigkeit von Gebühren, die durch das Einreichen einer Schutzschrift ausgelöst wurden, in einem Falle abgelehnt, in dem es überhaupt nicht zum Stellen eines Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung und somit auch nie zu einem Prozeßrechtsverhältnis zwischen möglichem Antragsteller und möglichem Antragsgegner gekommen war (Beschluß vom 05.05.2000 - 3 W 29/00 -).

Generell gilt jedoch: Das Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist im Ausgangspunkt ein einseitiges, nur vom Antragsteller betriebenes Verfahren, denn das Gericht kann die einstweilige Verfügung gemäß § 937 Abs. 2 ZPO ohne vorhergehende Anhörung des Antragsgegners und ohne mündliche Verhandlung erlassen. Mit der - gesetzlich nicht geregelten - Schutzschrift will sich der Antragsgegner vor dem Erlaß einer gerichtlichen Entscheidung rechtliches Gehör verschaffen, um zu erreichen, daß nicht ohne mündliche Verhandlung gegen ihn entschieden wird. Dies ist ihm auch nicht verwehrt. Die Schutzschrift ist insoweit das einzige Verteidigungsmittel des Antragsgegners in einem ihn rechtlich unmittelbar betreffenden gerichtlichen Verfahren. Unerheblich ist es, ob der Antragsgegner vor dem Einreichen einer Schutzschrift vom Antragsteller abgemahnt worden ist. Ebensowenig steht der Kostenerstattung entgegen, daß das Landgericht die Schutzschrift nicht erkennbar zugunsten der Antragsgegnerin in das Verfahren einbezogen hat, sondern den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung bereits als unzulässig erachtet und deshalb durch Beschluß zurückgewiesen hat. Bei der Frage, ob eine verfahrensbezogene Handlung notwendig i.S.d. § 91 Abs. 1 ZPO war, ist unter Zugrundelegen einer objektiven Betrachtungsweise auf die Sicht der Partei bei der Vornahme dieser Handlung abzustellen (vgl. KG a.a.O. m.w.N.). Ob das Gericht bei Zurückweisen eines Antrages zu denselben Überlegungen auch ohne Schutzschrift gelangt, ist für den Antragsgegner nicht vorauszusehen; insoweit gilt letztlich nichts anderes als für eine Klagerwiderung in einem normalen Prozeßverfahren.

Danach sind im vorliegenden Fall die Voraussetzungen für die Erstattungsfähigkeit von Kosten einer Schutzschrift dem Grunde nach gegeben.

Für das Einreichen der Schutzschrift ist nicht eine volle Gebühr nach § 31 Abs. 1 Ziffer 1 BRAGO, sondern nur eine halbe Gebühr nach § 32 Abs. 1 BRAGO erstattungsfähig (OLG München JurBüro 1993, 154; KG a.a.O. m.w.N.). Mehr fordert die Antragsgegnerin mit ihrer sofortigen Beschwerde auch nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Gerichtskosten für die erfolgreiche Beschwerde fallen nicht an (vgl. KV Nr. 1953).

Ende der Entscheidung

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