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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 23.08.2007
Aktenzeichen: 3 Ws 267/07
Rechtsgebiete: RVG, RVG VV, StPO


Vorschriften:

RVG § 13 Abs. 1
RVG § 33 Abs. 2
RVG § 33 Abs. 6
RVG § 33 Abs. 8 Satz 2
RVG § 49
RVG § 56 Abs. 2
RVG VV Nr. 4142
StPO § 442
Für seine nach Aktenlage gebotene Beratung des Beschuldigten, die sich auf Einziehung und ihr gleichstehende Rechtsfolgen bezieht, steht dem Verteidiger eine als Wertgebühr ausgestaltete Verfahrensgebühr zu. Die für die Wertgebühr maßgebende Höhe der Einziehungs- bzw. Verfallsanordnung richtet sich nach den zum Zeitpunkt der Beratung erkennbaren Anhaltspunkten in der Verfahrensakte.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE 3. Strafsenat

3 Ws 267/07

wegen Verstoßes gegen das BtMG

hier: weitere Beschwerde gegen die Festsetzung der Vergütung

Beschluss vom 23. August 2007

Tenor:

1. Auf die weitere Beschwerde des Verteidigers wird der Beschluss des Landgerichts M. vom 03. Juli 2007 aufgehoben und der Beschluss des Amtsgerichts M. vom 04. Juni 2007 dahin abgeändert, dass die dem Verteidiger aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf den weiteren Betrag von € 161,00 zuzüglich 16% Umsatzsteuer, insgesamt € 186,76 festgesetzt wird.

2. Das Verfahren über die weitere Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I.

Der Beschwerdeführer wurde der Angeklagten in dem beim Amtsgericht M. anhängigen Verfahren mit Verfügung vom 06.06.2006 - nach vorangegangener Tätigkeit als Wahlverteidiger - gerichtlich bestellt. Mit Antrag vom 10.08.2006 begehrte er eine Pflichtverteidigervergütung nach VV Nr. 4142 RVG (Verfahrensgebühr für Verfall) in Höhe von € 526,--. Das Amtsgericht M. setzte die Vergütung insoweit auf € 85,00 zuzüglich 16% Umsatzsteuer fest. Die hiergegen erhobene Beschwerde des Verteidigers wies das Landgericht M. mit Beschluss vom 03.07.2007 als unbegründet zurück, ließ aber wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache die weitere Beschwerde zu. Gegen diese Entscheidung erhob der Verteidiger am 20.07.2007 weitere Beschwerde mit der Maßgabe, dass lediglich die Festsetzung einer Gebühr nach §§ 49, 13 Abs. 1 RVG i. V. m. VV Nr. 4142 RVG aus einem Gegenstandswert von € 12.000,00 in Höhe von € 246,00 erstrebt wird.

II.

Dem Gebührenanspruch liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Staatsanwaltschaft M. klagte die Heranwachsende S. am 08.05.2006 wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln u. a. beim Amtsgericht - Jugendschöffengericht - M. an, wobei sie ausführte: "Gemäß den §§ 33 BtMG, 73 ff StGB ist in Höhe eines Betrages von 12.000,-- EUR der Verfall des Wertersatzes anzuordnen". Nach unveränderter Zulassung der Anklage führte das Amtsgericht am 10.08.2006 die Hauptverhandlung unter Verlesung des Anklagesatzes durch. In den Schlussvorträgen beantragte der Vertreter der Staatsanwaltschaft, den Verfall des Wertersatzes in Höhe von mindestens € 1.000,-- anzuordnen, während der Verteidiger auf Absehen vom Wertersatzverfall antrug. Das Amtsgericht erkannte gegen die Angeklagte auf eine Jugendstrafe von 14 Monaten unter Bewilligung von Strafaussetzung zur Bewährung und ordnete bezüglich eines Betrags von € 200,00 den Verfall des Wertersatzes an. Das Urteil wurde durch beiderseitigen Rechtsmittelverzicht sogleich rechtskräftig.

III.

Der Senat entscheidet in der Besetzung mit drei Richtern, da der Einzelrichter das Verfahren wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache an ihn übertragen hat (§§ 56 Abs. 2 Satz 1, 33 Abs. 8 Satz 2 RVG).

Der nach §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 6 RVG statthaften und auch im Übrigen zulässigen weiteren Beschwerde, für die das Erfordernis der Einhaltung eines Mindestbeschwerdewerts nicht gilt (Hartung/Römermann RVG 2004 § 33 Rdnr. 89), kann der Erfolg nicht versagt werden.

Dem Beschwerdeführer, der einen fälligen Anspruch auf Vergütung (§ 33 Abs. 2 Satz 1 RVG) hat, steht eine volle Gebühr nach VV Nr. 4142 zuzüglich der darauf entfallenden Umsatzsteuer zu. Eine solche Verfahrensgebühr entsteht für eine rechtsanwaltliche Tätigkeit für den Beschuldigten, die sich auf die Einziehung und ihr gleichstehende Rechtsfolgen i. S. v. § 442 StPO bezieht. Sie findet ihren Sinn darin, dass der besondere Einsatz des Rechtsanwalts mit dem Ziel der Bewahrung des Eigentums des Mandanten wegen der sich häufig aufwändig und umfangreich gestaltenden Tätigkeit abgegolten werden soll (KG NStZ-RR 2005, 358). Die Gebühr ist freilich - unabhängig vom Umfang der entfalteten Bemühungen des Rechtsanwalts - als reine Wertgebühr ausgestaltet, die sich für den Pflichtverteidiger nach §§ 49, 13 Abs. 1 RVG bemisst.

Die Beratung der Angeklagten durch den Verteidiger, wie sie sich gegen die in der Anklageschrift benannte Anordnung des Wertersatzverfalls verteidigen könne, löste die Gebühr aus. Diese Beratung war nach Aktenlage geboten, denn es musste mit einem entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung gerechnet werden (vgl. LG Berlin RVGReport 2005, 395; LG Essen B. v. 02.06.2006 - 23 Qs 74/06 - bei iuris, LG Kiel StraFo 2007, 307). Die für die Wertgebühr maßgebende Höhe des Verfalls des Wertersatzes kann sich nur nach den zum Zeitpunkt der Beratung erkennbaren Anhaltspunkten in der Verfahrensakte, nicht jedoch nach dem in der Hauptverhandlung gestellten Schlussantrag der Staatsanwaltschaft richten. Denn die Verfahrensgebühr entsteht auch, wenn keine Hauptverhandlung stattfindet oder in der Verhandlung von der Staatsanwaltschaft keine Verfallanordnung beantragt wird. Außerdem hat der in der zugelassenen Anklage enthaltene Hinweis auf die in Betracht kommende Rechtsfolge der Verfallsanordnung immerhin die rechtliche Bedeutung, dass durch sie ein rechtlicher Hinweis in der Hauptverhandlung entbehrlich wird (vgl. für die Einziehung: BGH StV 1984, 453).

Der Gegenstandswert beträgt sonach € 12.000,00. Hieraus errechnet sich bei einem Satz von 1,0 für den Pflichtverteidiger die Gebühr von € 246,00. Die dem Beschwerdeführer im ersten Rechtszug bereits zuerkannten € 85,00 sind davon in Abzug zu bringen, sodass ihm ein weiterer Betrag von € 161,00 zuzüglich 16 % Umsatzsteuer, insgesamt € 186,76 zugesprochen wird.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 56 Abs. 2 Sätze 2 und 3 RVG.

Ende der Entscheidung

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