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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 04.02.2002
Aktenzeichen: 3A W 89/01
Rechtsgebiete: ZPO
Vorschriften:
ZPO § 104 Abs. 2 Satz 3 |
Etwas anderes gilt jedoch ausnahmsweise dann, wenn sich der Anteil am Gegenstand, der auf den privaten Bereich des Beklagten entfällt, ohne weiteres und ohne Mühe aus der Akte entnehmen lässt, sich also gleichsam aufdrängt.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Beschluss
Karlsruhe, den 04. Februar 2002
In Sachen
wegen Forderung hier: sofortige Beschwerde
Tenor:
1. Auf die sofortige Beschwerde des Zweitklägers wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Heidelberg vom 25. Oktober 2001 - 1 O 139/01 - wie folgt abgeändert:
Aufgrund des vorläufig vollstreckbaren Urteils des Landgerichts Heidelberg vom 27.09.2001 sind von dem Zweitkläger an den Beklagten (1.667,77 DM =) 852,72 Euro nebst 4 % Zinsen seit dem 01.10.2001 an Kosten zu erstatten.
Im übrigen wird die sofortige Beschwerde des Zweitklägers zurückgewiesen.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
3. Der Beschwerdewert wird für die Berechnung der außergerichtlichen Kosten auf 264,- DM und für die Berechnung der Gerichtskosten auf 17,77 DM festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Kläger sind Steuerberater. Sie nahmen den Beklagten, einen Architekten, auf rückständiges Honorar in Anspruch, da er "für sein Gewerbe" und auch privat Steuerberaterleistungen erhalten hatte.
Nach der Kostengrundentscheidung im Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 27. September 2001 trägt der Zweitkläger die Kosten des Rechtsstreits. Mit Ergänzungsurteil vom 15. November 2001 ist bestimmt, dass der Zweitkläger zwar die Kosten des Rechtsstreits trägt, nicht jedoch die durch die Säumnis des Beklagten bedingten Kosten, die der Beklagte zu tragen hat.
Aufgrund des vorläufig vollstreckbaren Urteils vom 27.09.2001 bestimmte die Rechtspflegerin, dass der Zweitkläger an den Beklagten 1.914 DM nebst Zinsen an Kosten zu erstatten hat. Hierin sind 16 % Mehrwertsteuer enthalten, da der Beklagte erstinstanzlich erklärte, die Umsatzsteuerbeträge nicht als Vorsteuer abziehen zu können.
Gegen diesen Kostenfestsetzungsbeschluss hat der Zweitkläger "Erinnerung" eingelegt. Er verweist darauf, dass der Beklagte selbständiger Architekt und damit vorsteuerabzugsberechtigt ist.
Im Beschwerdeverfahren erklärt der Beklagte, er sei "hinsichtlich seiner privaten Einkommenssteuererklärung nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit die Einkünfte aus seiner freiberuflichen Architektentätigkeit betroffen seien, hingegen schon".
II.
Die als sofortige Beschwerde geltende Erinnerung des Zweitklägers gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Heidelberg vom 25.10.2001 ist zulässig und in der Sache überwiegend begründet.
1. Der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25.10.2001 ist durch die mit "Ergänzungsurteil" vervollständigte Kostengrundentscheidung nicht gegenstandslos geworden. In ihm sind Prozessgebühr, Verhandlungsgebühr und Entgelte für Post- und Telekomdienste berücksichtigt, die der Beklagte auch nach der Kostengrundentscheidung im "Ergänzungsurteil" ersetzt verlangen kann. Das Ergänzungsurteil hat den Kostenfestsetzungsbeschluss lediglich als unvollständige Kostenfestsetzung offenbart; es dürfte auf Antrag eine Nachliquidation geboten sein (vgl. Zöller/Herget, ZPO-Kommentar, 22. Aufl., §§ 103, 104 Rn. 21, Stichwort "Nachliquidation").
2. Nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO genügt zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen im Kostenfestsetzungsverfahren die Erklärung des Antragstellers, dass er diese Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann. Der Beklagte hat in der Beschwerdeinstanz seine Erklärung vom 28.09.2001 richtig gestellt. Danach ist er hinsichtlich seiner freiberuflichen Architektentätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt. Die Beschwerdeinstanz ist Tatsacheninstanz; sie gestattet neues Vorbringen (vgl. § 570 ZPO). Deshalb ist nunmehr von der Erklärung des Beklagten vom 08. Januar 2002 auszugehen.
3. Die Erklärung nach § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO muss in den Fällen, in denen der Streitgegenstand teilweise dem privaten und teilweise dem beruflichen Lebensbereich der Partei zugehört, substantiiert sein. Die fehlende Vorsteuerabzugsberechtigung stellt nämlich ein präjudizielles Rechtsverhältnis zwischen Kostenerstattungsgläubiger und Finanzverwaltung dar. Dieses Rechtsverhältnis hat weder der Kostenfestsetzungsbeamte zu prüfen noch erfolgt eine solche Prüfung im Beschwerdeverfahren. Erklärtes Ziel der Regelung des § 104 Abs. 2 S. 3 ZPO ist, das zivilprozessuale Erstattungsverfahren von sachlich in eine andere Gerichtsbarkeit gehörenden materiellen Fragen freizuhalten (s. Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert, Komm. zur BRAGO, 14. Aufl., § 25 Rn. 7 a.). Deshalb hat das Oberlandesgericht Karlsruhe auch ausdrücklich entschieden, dass es im Verantwortungs- und Risikobereich des Kostengläubigers und seines Vertreters liegt, sich zur Vermeidung strafrechtlicher Konsequenzen davor zu hüten, leichtfertig eine falsche Behauptung hinsichtlich der Vorsteuerabzugsberechtigung abzugeben (OLG Karlsruhe, 3. Senat, MDR 1994, 1252).
Gibt der Kostenerstattungsgläubiger nicht substantiiert und beziffert an, inwieweit sich der Streitgegenstand auf den privaten und inwieweit er sich auf den beruflichen Bereich bezieht, ist der Kostenfestsetzungsbeamte aus den dargelegten Gründen nicht gezwungen, dieses Versäumnis des Antragstellers zu beheben; sein Antrag müsste im Kostenfestsetzungsverfahren als unsubstantiiert unbeachtet bleiben, so dass Umsatzsteuer nicht festgesetzt würde.
Auch die Erklärung des Beklagten vom 08.01.2002 genügt diesen Anforderungen an eine substantiierte Darlegung eigentlich nicht. Im vorliegenden Falle kommt jedoch ausnahmsweise hinzu, dass sich der Anteil am Streitgegenstand, der auf den privaten Bereich des Beklagten entfällt, ohne weiteres und ohne Mühe aus der Akte entnehmen lässt, sich also gleichsam aufdrängt. In der Akte sind nämlich die (unbestrittenen) Gebührenabrechnungen der Kläger enthalten, welche auf die (privat veranlasste) Einkommenssteuererklärungen entfallen und die für das Jahr 1997 521,- DM und für 1998 331,50 DM ausweisen,. Dieser Anteil von insgesamt 852,50 DM macht vom gesamten Streitgegenstand (netto 12.664,95 DM) gerade 6,73 % aus. Damit sind auch 6,73 % der im Kostenfestsetzungsantrag vom 18.09.2001 enthaltenen Mehrwertsteuer über 264,- DM, also 17,77 DM, erstattungsfähig. Dementsprechend ist der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 25.10.2001 abzuändern und der festzusetzende Betrag in Euro umzurechnen.
4. Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 ZPO. Der Gegenstandswert für die Beschwerdegebühr richtet sich allein nach dem Betrag, hinsichtlich dessen die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen wird (KV-Nr. 1953). Bei der Festsetzung des Beschwerdewerts ist die Übergangsvorschrift des § 73 GKG beachtet.
Ende der Entscheidung
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