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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 20.09.2007
Aktenzeichen: 5 UF 140/07
Rechtsgebiete: BGB, FGG, ZPO, KostO


Vorschriften:

BGB § 1631 b
BGB § 1666
BGB § 1684
BGB § 1697 a
BGB § 1800
FGG § 20 Abs. 1
FGG § 64 Abs. 3 S. 1
FGG § 70 ff.
FGG § 70 d
FGG § 70 m Abs. 1
FGG § 70 m Abs. 2
FGG § 70 e
ZPO § 621 e
ZPO § 621 e Abs. 2 Nr. 1
KostO § 30 Abs. 2
KostO § 128 b
KostO § 131 Abs. 2
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

1. Die befristete Beschwerde der Kindesmutter Frau Roswitha D. gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Freiburg vom 30.05.2007 (43 F 17/07) wird zurückgewiesen.

2. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei, außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I. Frau Roswitha D. und Herr Fritz D. sind die miteinander verheirateten Eltern des Kindes Katrin D. (geboren am ...1994). Die Eltern von Katrin leben mittlerweile seit 2006 von einander getrennt. Mit Beschluss des Familiengerichtes Freiburg vom 29.11.2006 (43 F 385/06) wurde den Kindeseltern die elterliche Sorge für Katrin entzogen und insoweit Vormundschaft angeordnet. Als Vormündin ausgewählt und bestellt wurde Frau Sandra K..

Mit Schriftsatz vom 17.01.2007 hatte die Vormündin Frau Sandra K. beim Familiengericht Freiburg den Antrag zur Genehmigung der geschlossenen Unterbringung von Katrin nach § 1631 b BGB i. V. m. § 1800 BGB gestellt. Der Grund für den Antrag waren die fortgeschrittenen Verhaltensauffälligkeiten von Katrin. Katrin hatte bis November 2006 die Hauptschule in M. besucht. Während dieser Zeit des Schulbesuches hat es immer wieder verschiedentlich Inobhutnahmen des Kindes durch das Jugendamt und Aufenthalte in Pflegefamilien gegeben. Insbesondere in der Zeit von Dezember 2005 bis Mai 2006 hatte sich Katrin in einer Pflegefamilie aufgehalten. Bis November 2006 hatte das Jugendamt sich um ambulante Hilfen für die Eltern von Katrin bemüht, etwa die Einrichtung einer sozialpädagogischen Familienhilfe oder die Vermittlung von "sozialer Gruppenarbeit für Mädchen" in M. für Katrin. Nachdem diese Hilfen alle gescheitert und Katrin sich wiederholt um Inobhutnahme an das Jugendamt gewandt hatte, kam Katrin am 14.12.2006 in eine vollstationäre Hilfe zur Erziehung in das SOS-Kinderdorf nach S.. Katrin hatte vorher die Hauptschule in M. nicht mehr besucht. Auch die Unterbringung im SOS-Kinderdorf scheiterte, nachdem Katrin wiederholt entwichen war und seit den Weihnachtsferien 2006/2007 nicht mehr zur Schule gegangen ist. Seit dem 06.02.2007 hat sich Katrin dann in der Inobhutnahmestelle der Evangelischen Jugendhilfe "K..." in M. aufgehalten. Die Vormündin hält angesichts dieser Entwicklung nun eine geschlossene Unterbringung von Katrin für erforderlich. Katrin sei am 15.01.2007 bei der Kinder- und Jugendpsychiaterin Frau Dr. B. in M. vorgestellt worden. In einer Stellungnahme vom 17.01.2007 (As. I, 7 - 11) habe Frau Dr. B. auch die Unterbringung von Katrin in einer geschlossenen Einrichtung befürwortet. Die Vormündin hat weiter ausgeführt, dass Katrin sich an keinerlei Absprachen halte, nicht zur Schule gehe und die Wohngruppe abends verlasse und nachts teilweise erst nach 22:00 Uhr zurückkehre. Seit etwa 3 Jahre rauche Katrin auch 5 bis 6 Zigaretten täglich und trinke Alkohol. Auch Drogen habe sie konsumiert.

Das Familiengericht Freiburg hatte mit Beschluss vom 26.01.2007 Herrn Peter Ba., Pro Familia F., als Verfahrenspfleger bestellt und zugleich die Einholung eines kindespsychiatrischen Sachverständigengutachtens nach § 70 e FGG angeordnet. Mit Datum vom 23.03.2007 hat dann die Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universitätsklinik F. ein Sachverständigengutachten vorgelegt (As. I, 51 - 121), das auch zur Grundlage des angefochtenen Beschlusses wurde. In seiner Zusammenfassung führte der Sachverständige aus, dass es sich bei Katrin D. um ein 13-jähriges Mädchen mit einer beginnenden Störung des Sozialverhaltens handele, die sich in Schuleschwänzen und Sich-nicht-an-Regeln-Halten äußere. Es bestehe die Gefahr einer Verwahrlosung und einer weiteren Akzentuierung der sozialen Auffälligkeiten. Katrin sei bereits aus verschiedenen Einrichtungen, insbesondere auch aus dem Heim K..., mehrmals weggelaufen, es habe mittlerweile die vierte Inobhutnahme des Kindes stattgefunden. Ursächlich und das Störungsbild aufrechterhaltend seien die schwierigen psychosozialen Umstände mit einer von einer Alkoholerkrankung gezeichneten Mutter, die entgegen der eigenen Beteuerung nach wie vor Alkohol konsumiere. In der körperlichen Untersuchung sei auch eine deutliche Adipositas von Katrin aufgefallen, die einer dringenden Behandlung bedürfe, da sonst eine Gefährdung der Gesundheit bestehe. Eine Wiederherstellung des Kindes im häuslichen Umfeld erscheine dem Sachverständigen nicht erfolgversprechend, da Katrin sich sehr um die Kindesmutter sorge, die ihrerseits an ihrer Alkoholerkrankung leide und immer wieder Bedrohungen durch den Kindesvater ausgesetzt sei. Aus diesem Grunde sei in der Vergangenheit eine offene Unterbringung immer wieder gescheitert. Dem Sachverständigen erscheint deshalb auch eine ortsnahe Unterbringung von Katrin in einem offenen Rahmen nicht erfolgversprechend, er empfiehlt eine mit Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung des Kindes für die Dauer eines Jahres.

Das Familiengericht Freiburg hatte mit dem angefochtenen Beschluss vom 30.05.2007 die Unterbringung des Kindes in einem geschlossenen Wohnbereich einer stationären Einrichtung der Jugendhilfe bis längstens zum 29.05.2008 genehmigt und auch zugleich die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung angeordnet. Das Familiengericht hat sich dabei der Auffassung des Sachverständigen, der Vormündin und des Kreisjugendamtes angeschlossen. Nach Auffassung des Gerichtes sei Katrin im Rahmen einer offenen Unterbringung mittlerweile erzieherisch nicht mehr erreichbar, auch der Umstand, dass die Kontakte zur Mutter mehr oder minder regelmäßig eskalieren, rechtfertige nicht den nochmaligen Versuch einer ortsnahen offenen Unterbringung von Katrin. Zwar dränge es Katrin immer wieder zur Mutter, der gelinge es jedoch nicht, ihr die Sorge zu nehmen und sie psychisch zu entlasten, sondern die Kindesmutter gehe - je nach ihrer Befindlichkeit - bisweilen dazu über, Katrin emotional zurückzuweisen und körperlich unangemessen zu züchtigen. Für das Kind entstehe dadurch eine Situation, dass sie sich in einem ständigen Wechselbad der Gefühle befindet, einerseits von der Mutter dringend benötigt zu werden und diese nicht im Stich lassen zu dürfen, andererseits von dieser zurückgewiesen und als Tochter verstoßen zu werden. Aus diesem Grunde sei nun eine geschlossene Unterbringung von Katrin nötig, um wieder einen notwendigen erzieherischen Kontakt zu Katrin herstellen zu können. Im Übrigen wird Bezug genommen auf die Ausführungen in dem angefochtenen Beschluss des Familiengerichtes Freiburg vom 30.05.2007.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die befristete Beschwerde der Kindesmutter im Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 08.06.2007. Die Kindesmutter weist darauf hin, dass dem erstinstanzlichen Gericht anlässlich des Termins zur Anhörung der Verfahrensbeteiligten am 24.05.2007 nicht die ausführliche Stellungnahme der Einrichtung "K..." vom 17.05.2007 (As. II, 27, 29) vorgelegen habe. In dieser Stellungnahme werde deutlich gemacht, dass seit Mitte April 2007 eine deutliche Verbesserung in Katrins Verhalten eingetreten sei. Katrin sei über einen Zeitraum von 3 Wochen überhaupt nicht mehr aus der Gruppe entwichen und halte sich weitgehend an die bestehenden Gruppenregelungen. Die Einrichtung der Evangelischen Jugendhilfe in M. könnte sich vorstellen, weiterhin mit Katrin zu arbeiten, da eine deutliche Verbesserung des Verhaltens und eine positive Entwicklung ersichtlich seien. Katrin integriere sich erheblich besser und besuche nun auch regelmäßig die Heimschule. Sie fühle sich in der Einrichtung heimisch und habe dort mehr Vertrauen gefasst.

Die Vormündin Frau Sandra K. ist mit Schreiben vom 14.06.2007 diesem Eindruck entgegengetreten. Sie weist darauf hin, dass Katrin nach wie vor in großer Gefahr sei, da sie nach wie vor unerlaubt aus der Einrichtung entweiche und auch Alkohol konsumiere. Die Begegnungen mit der Mutter setzen Katrin emotional unter Druck, nicht selten enden die Treffen zwischen Mutter und Tochter mit Streit und Katrin kehrt wieder enttäuscht in die schützende Einrichtung zurück. Aus Sicht der Vormündin sei nun die Unterbringung notwendig, da das Kind sonst nicht mehr zu führen sei. Auch die Einrichtung selber wünsche nunmehr umgehend eine entsprechende gerichtliche Entscheidung. Katrin befindet sich nach Mitteilung der Vormündin nun seit dem 25.06.2007 in der sozialpädagogischen Einrichtung N..

Der Senat hat Katrin im Termin vom 13.09.2007 angehört (As. II, 141 - 145). Sämtliche Verfahrensbeteiligten, insbesondere die Eltern von Katrin, die Mitarbeiterin der Einrichtung K..., der Mitarbeiter des Jugendamtes, der Verfahrenspfleger und die Vormündin wurden ausführlich im Termin vom 19.09.2007 angehört (II, 155 - 159).

II. Die zulässige und auch statthafte befristete Beschwerde der Kindesmutter gegen den Beschluss des Familiengerichtes Freiburg vom 30.05.2007 ist als unbegründet zurückzuweisen.

1. Das Rechtsmittel der Kindesmutter ist als befristete Beschwerde nach § 621 e ZPO statthaft und auch form- und fristgerecht eingelegt worden. Nach Auffassung des Senates ist gegen eine Endentscheidung, mit der die Unterbringung eines minderjährigen Kindes nach § 1631 b BGB familiengerichtlich genehmigt wird, mit der befristeten Beschwerde gemäß § 621 e ZPO anzufechten und nicht mit dem Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde nach § 70 m Abs. 1 FGG. Das dortige Rechtsmittel bezieht sich ersichtlich auf die dem Vormundschaftsgericht übertragenen Unterbringungsmaßnahmen. Für die dem Familiengericht obliegende Unterbringung nach § 1631 b BGB verbleibt es bei dem allgemeinen Rechtsmittel der befristeten Beschwerde nach § 621 e ZPO. Dies ergibt sich nach Ansicht des Senates insbesondere aus der Bestimmung des § 64 Abs. 3 S. 1 FGG. Diese Bestimmung nimmt Bezug insbesondere auf das Rechtsmittel der befristeten Beschwerde in allen Angelegenheiten, "die vor das Familiengericht gehören" (ebenso das Rechtsmittel der befristeten Beschwerde bejahend Staudinger/Salgo, § 1631 b BGB, Rdn. 46; MünchKomm/Huber, § 1631 b BGB, Rdn. 19).

Nach Ansicht des Senates verfügt die Kindesmutter auch über eine Beschwerdeberechtigung ungeachtet des Umstandes, dass ihr mit Beschluss des Familiengerichtes Freiburg vom 29.11.2006 (43 F 385/06) die elterliche Sorge für Katrin entzogen und insoweit Vormundschaft angeordnet worden ist (entgegen OLG Hamm, FamRZ 2007, 1577). Dabei kann es dahinstehen, ob die Beschwerdeberechtigung sich bereits aus § 70 m Abs.2 FGG i.V.m. § 70 d FGG ergibt (insoweit wohl zutreffend verneinend OLG Hamm, aaO.). Mit der Genehmigung der Unterbringung von Katrin wird trotz der Entziehung der elterlichen Sorge die Kindesmutter jedenfalls gemäß § 20 Abs. 1 FGG in ihrem Recht materiell beeinträchtigt (anders ebenfalls OLG Hamm, aaO.; auch FamRZ 2004, 887).

Die Zulässigkeit einer Beschwerde - auch derjenigen nach § 621 e ZPO (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 20 FGG, Rdn. 109) - setzt nach § 20 Abs. 1 FGG voraus, dass ein Recht des Beschwerdeführers durch die angefochtene Verfügung beeinträchtigt ist. Beschwerdeberechtigt ist danach nur derjenige, der durch die angefochtene Verfügung in seinem subjektiven Recht (Rechtsstellung) negativ betroffen ist, für den die angefochtene Entscheidung also eine materielle Beschwer begründet. Erforderlich, aber auch genügend ist ein unmittelbarer, nachteiliger Eingriff in ein dem Beschwerdeführer zustehendes Recht (vgl. Keidel/Kuntze/Winkler/Kahl, § 20 FGG, Rdn. 12), wobei jede ungünstige Beeinflussung, Verminderung, Beschränkung oder Schlechterstellung genügt. Nicht für die Anfechtung ausreichend ist es, dass eine Person tatsächlich lediglich formell am Verfahren beteiligt ist.

An der formellen Beteiligung der Beschwerdeführerin im familiengerichtlichen Verfahren besteht angesichts der Sachbehandlung durch das Familiengericht (Aufführung als Beteiligte im Rubrum des Beschlusses, Zustellung des Beschlusses, Zuleitung des gesamten Schriftwechsels und Anhörung) kein Zweifel (vgl. OLG Karlsruhe, FamRZ 2007, 746, das für diesen Fall die Bewilligung von Prozesskostenhilfe bejaht). Trotz der Entziehung der elterlichen Sorge hat der Senat jedoch auch keinen Zweifel an der materiellen Beschwerdeberechtigung der Kindesmutter. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass durch die geschlossene Unterbringung des Kindes die Kindesmutter in ihrem Umgangsrecht nach § 1684 BGB faktisch beeinträchtigt wird, da die bislang engen Umgangskontakte der Kindesmutter zu Katrin durch die geschlossene Unterbringung von Katrin eingeschränkt bzw. gänzlich aufgehoben wurden. Bereits hierin sieht der Senat eine materielle Rechtsbeeinträchtigung und damit eine Beschwerdeberechtigung der Kindesmutter. Der Senat weist weiter darauf hin, dass jede Maßnahme nach § 1666 BGB dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unterfällt (vgl. § 1666 a BGB) und vom Grundsatz her nur als eine vorübergehende Maßnahme anzusehen ist, die unter dem Vorbehalt regelmäßiger Überprüfungen durch das Familiengericht steht (vgl. § 1696 Abs. 3 BGB). Hierbei ist stets zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Maßnahme nach § 1666 BGB fortbestehen und ob die weitere Entziehung der elterlichen Sorge mit dem Endziel einer Wiedervereinigung der natürlichen Eltern mit dem Kind vereinbar ist (vgl. das Urteil der Großen Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 12.07.2001, NJW 2003, 809). Hieraus wird deutlich, dass trotz einer Entziehung der elterlichen Sorge materielle Elternrechte der leiblichen Eltern gegenüber ihrem Kind nach wie vor fortbestehen, die auch im Rahmen eines Unterbringungsverfahrens zur Geltung kommen müssen. Sofern eine Unterbringung des Kindes gegen den Willen der vormals sorgeberechtigten leiblichen Eltern geschieht, sind diese hierdurch in ihren latent fortbestehenden Elternrechten beeinträchtigt, mit der Folge, dass den Eltern und insbesondere der Kindesmutter das Beschwerderecht für eine befristete Beschwerde nach § 621 e ZPO gegen die Anordnung der Unterbringung zusteht.

2. Die zulässige Beschwerde der Kindesmutter ist jedoch unbegründet. Die Unterbringung eines Kindes, die mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist, ist nur mit Genehmigung des Familiengerichtes zulässig (§ 1631 b Abs. 1 BGB). Diese Vorschrift regelt die familiengerichtliche Genehmigungspflicht der Unterbringung eines Kindes durch die sorgeberechtigten Eltern bzw. durch den Vormund (vgl. § 1800 BGB). Die elterliche Sorge umfasst die Personensorge, also das Recht und die Pflicht das Kind zu beaufsichtigen und seinen Aufenthalt zu bestimmen. Die mit einer Freiheitsentziehung verbundene Unterbringung ist jedoch für das Kind besonders einschneidend und soll deshalb auch von den Eltern/dem Vormund nicht ohne familiengerichtliche Kontrolle vorgenommen werden (Palandt/Diederichsen, 66. Aufl. 2007, § 1631 b BGB, Rdn. 1). Das Gesetz erwartet dabei vom Familiengericht eine inhaltliche Überprüfung der Unterbringungsentscheidung der Personensorgeberechtigten und nicht lediglich deren formale Bestätigung. Die Eltern bzw. der Vormund sollen das Kind nicht in ein geschlossene Einrichtung verbringen, wenn bei sinnvoller Wahrnehmung ihres Erziehungsrechtes eine Problemlösung auch auf weniger schwerwiegende Weise zu erreichen ist.

Voraussetzung ist, dass die Unterbringung mit einer Freiheitsentziehung verbunden ist, sie liegt vor, wenn das betroffene Kind auf einem bestimmten beschränkten Raum festgehalten wird, der Aufenthalt ständig überwacht und die Aufnahme von Kontakten mit Personen außerhalb des Raumes durch Sicherungsmaßnahmen verhindert wird. Dies ist in der Regel bei einer Unterbringung in einem geschlossenen Heim oder in einer geschlossenen Anstalt oder in einer geschlossenen Abteilung eines solchen Heimes der Fall (Palandt/Diederichsen, § 1631 b BGB, Rdn. 2; MünchKomm/Huber, 4. Aufl. 2002, § 1631 b BGB, Rdn. 4; Staudinger/Salgo, 2002, § 1631 b BGB, Rdn. 12). Maßstab für die Entscheidung des Familiengerichts über die Genehmigung der Unterbringung ist das Kindeswohl, dies ergibt sich aus § 1697 a BGB (MünchKomm/Huber, § 1631 b BGB, Rdn. 11; Palandt/Diederichsen, § 1631 b BGB, Rdn. 5; Saage/Göppinger, "Freiheitsentziehung und Unterbringung", 3. Aufl. 1994, § 1631 b BGB, Rdn. 5; Staudinger/Salgo, § 1631 b BGB, Rdn. 22, nach dem die Unterbringung "im wohlverstandenen Interesse des Kindes" liegen muss). Die Genehmigung darf demnach nur dann erteilt werden, wenn die Unterbringung aus Gründen des Kindeswohles erforderlich ist. Dabei steht dem Familiengericht eine umfassende Kontrollbefugnis zu. Es hat seine Prüfung sowohl darauf zu erstrecken, ob angesichts der Kindesgefährdung eine Unterbringung mit Freiheitsentziehung unerlässlich ist oder ob minder eingreifende Mittel ausreichen. Aus Gründen des Kindeswohls kann eine Unterbringung dann geboten sein, wenn das Kind sich selbst gefährden würde und auch dann, wenn es andere gefährden würde (Eigengefährdung und Fremdgefährdung). Das Familiengericht hat bei der Entscheidung über die Erteilung der Genehmigung jedoch stets den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Das Ausmaß der drohenden Kindeswohlgefährdung ist mit den Nachteilen der Freiheitsentziehung abzuwägen, eine schärfere Unterbringungsform darf nicht genehmigt werden, wenn eine mildere ausreicht, um die Gefahren wirkungsvoll auszuschließen (im Einzelnen Staudinger/Salgo, § 1631 b BGB, Rdn. 24, 25)

Die vorliegende angefochtene Entscheidung des Familiengerichtes Freiburg vom 30.05.2007 erfüllt diese Vorgaben in jeder Hinsicht. Das Familiengericht hat die Vorgaben für das Unterbringungsverfahren nach den § 70 ff. FGG beachtet (Sachverständigengutachten, Beteiligung des Jugendamts, Anhörung der Verfahrensbeteiligten). Im Übrigen hat sich der Beschluss in zutreffender Weise auf die eindeutigen Ergebnisse des Sachverständigengutachtens vom 23.03.2007 gestützt. In der Tat erscheint eine offene ortsnahe Unterbringung von Katrin nicht erfolgversprechend. Entsprechende Versuche sind unternommen worden, Katrin war im Jahre 2006 in einer Pflegefamilie untergebracht, zudem in der vollstationären Einrichtung im SOS-Kinderdorf in S.. Daran schloss sich die Unterbringung der Einrichtung "K..." im Jahre 2007 an. Katrin hat sich in diesen offenen, ortsnahen Einrichtungen wiederholt nicht an Regeln gehalten und die Einrichtung unerlaubt verlassen, auch der Schulbesuch war nicht sichergestellt. Wie das Familiengericht zutreffend und überzeugend ausführt, ist das Verhältnis von Katrin zu ihrer Mutter ambivalent, einerseits sorgt sich Katrin um ihre Mutter, immer wieder drängt es sie zur Mutter, dieser gelingt es jedoch nicht, dem Kind seine Sorgen zu nehmen und es psychisch zu entlasten. Bisweilen weist die Mutter Katrin schroff zurück.

Auch der weitere Gang des Beschwerdeverfahrens bestätigt diese Annahmen. Insbesondere das Verhalten beider Eltern im Zusammenhang mit der Verbringung des Kindes in die N. belegen deren fehlende Einsicht in die besondere Bedürftigkeit des Kindes: Zu nennen sind insbesondere die wiederholten Suizidversuche der Mutter und ihre Absicht, diese auch dem Kind mitzuteilen, was ohne Zweifel zu einer weiteren erheblichen Verunsicherung des Kindes beigetragen hätte. Sämtliche Verfahrensbeteiligten haben im Termin vom 19.09.2007 sich nunmehr für einen Verbleib von Katrin in der N. ausgesprochen, da nur dort der enge erzieherische Rahmen für Katrin gewährleistet ist. Besonders die Stellungnahme der N. zur aktuellen Entwicklung von Katrin vom 07.09.2007 (As. II, 131 - 139) belegt die besondere Betreuungsbedürftigkeit des Kindes. Zu nennen ist die Problematik des massiv auftretenden Einkotens von Katrin. Da Katrin die notwenigen hygienischen Maßnahmen, die durch das Einkoten bestehen, nicht mehr selbst ausführen kann, wird sie mittlerweile sehr eng durch die Einrichtung begleitet. Der konsiliarisch hinzugezogene Kinder- und Jugendpsychiater, der Katrin regelmäßig sieht, erachtet nun eine psychiatrische Abklärung dieser Einkotproblematik für erforderlich. Die Einrichtung sieht das Einkoten als einen Ausdruck dafür, dass aufgrund der erzwungenen und nicht mehr beeinflussbaren Distanz zur Mutter ein Kontrollverlust für Katrin entstanden sei, da ihr die Möglichkeit genommen sei, nunmehr noch Verantwortung und Sorge für die Mutter zu tragen. Damit ist davon auszugehen, dass diese Problematik in besonders engem Zusammenhang mit den ambivalenten Kontakten von Katrin mit der Mutter steht. Die Einrichtung wie auch die Vormündin und auch der Verfahrenspfleger selbst und auch das Jugendamt stehen zwar persönlichen Kontakten der Mutter zu Katrin nicht im Wege, erforderlich ist jedoch eine Begleitung des Besuches und vor allen Dingen als Voraussetzung ein nüchterner Zustand der Mutter. Bislang haben aufgrund dieser Bedingungen persönliche Kontakte der Mutter zu Katrin nicht stattfinden können. Gleichwohl zeigt die Problematik von Katrin, dass die auch durch das Familiengericht geschilderte ambivalente Beziehung des Kindes zur Mutter nach wie vor sich sehr nachteilhaft auf das Kind auswirkt. Die Beschwerdeführerin und Kindesmutter würde ihrer Tochter am ehesten helfen, wenn sie die Bemühungen um Katrin in der geschlossenen Einrichtung nunmehr akzeptieren könnte und dies auch Katrin vermitteln würde. Sollte die Kindesmutter nach wie vor an ihrer opponierenden Haltung und ihrer Ablehnung der Bemühungen aller Verfahrensbeteiligten um Katrin festhalten, stellt sich womöglich im Rahmen eines weiteren Umgangsverfahrens die Frage nach einem Umgangsausschluss (§ 1684 Abs. 4 S. 2 BGB). Ehe es soweit kommt, sollte die Kindesmutter ihre Rolle und Haltung überdenken und womöglich doch eine wohlwollendere Einstellung zu den Bemühungen um Katrin entwickeln.

Im Ergebnis muss es nach Ansicht des Senates somit bei der geschlossenen Unterbringung des Kindes verbleiben. Mildere Mittel sind nicht ersichtlich und haben in der Vergangenheit - wie ausgeführt - nicht zum gewünschten Erfolg geführt. Vor diesem Hintergrund war die unbegründete Beschwerde der Kindesmutter zurückzuweisen.

III. In Unterbringungssachen werden nach § 128 b KostO Gerichtsgebühren nicht erhoben, die Erstattung außergerichtlicher Kosten kommt nicht in Betracht (§ 13 a FGG).

Der Beschwerdewert wurde gemäß § 131 Abs. 2 KostO i. V. m. § 30 Abs. 2 KostO festgesetzt.

Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit der Entscheidung (entsprechend § 70 m Abs. 3, 69 g Abs. 5 S. 1, 70 g Abs. 3 S. 2 FGG) sowie die Anfügung einer Rechtsmittelbelehrung (entsprechend 70 m Abs. 3, 69 g Abs. 5 S. 1 FGG, § 70 f Abs. 1 Nr. 4 FGG) kommen im Hinblick auf die sofortige Rechtskraft des vorliegenden Beschlusses nicht in Betracht.

Für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 621 e Abs. 2 Nr. 1 ZPO besteht nach Ansicht des Senates kein Anlass.

Ende der Entscheidung

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