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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 26.04.2006
Aktenzeichen: 5 WF 142/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 127 Abs. 2 S. 2
ZPO § 256
ZPO § 328
ZPO § 328 Abs. 1 Nr. 1
ZPO § 328 Abs. 1 Nr. 2
ZPO § 328 Abs. 1 Nr. 3
ZPO § 328 Abs. 1 Nr. 4
ZPO § 328 Abs. 1 Nr. 5
ZPO § 640
ZPO § 640 Abs. 2
ZPO § 640 Abs. 2 Nr. 1
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Tenor:

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den ihm Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Emmendingen vom 26.04.2005 (4 F 113/05) wird zurückgewiesen.

Gründe:

I. Der Antragsteller ist durch vollstreckbares Urteil des Amtsgerichts Gliwice (Gleiwitz/Polen) vom 10.06.2003 u. a. zu Unterhaltszahlungen für den Antragsgegner mit der Begründung verurteilt worden, er sei der nichteheliche Vater des Antragsgegners. Dies bestreitet der Antragsteller. Er wendet Mehrverkehr ein und trägt vor, dass er während der Empfängniszeit zwar mit der Mutter des Antragsgegners Geschlechtsverkehr gehabt habe, diese aber in dem Zeitraum auch mit anderen Männern intime Kontakte ausgetauscht habe, so dass er nicht der Vater des Kindes sein könne.

Das Amtsgericht Gliwice hat mit Urteil vom 10.06.2003 festgestellt, dass der Antragsteller der Vater des Antragsgegners sei. Zu dieser Feststellung ist das Gericht ohne Einholung eines Blutgruppengutachtens allein auf Grund der Aussage der Mutter des Antragsgegners gelangt. Darüber hinaus wurde die Unterhaltspflicht des Antragstellers festgestellt und er zu monatlichen Unterhaltszahlungen verurteilt. Rechtsmittel in Polen hat der Antragsteller hiergegen nicht eingelegt.

Mit seinem Klageentwurf vom 04.04.2005 beabsichtigt der Antragsteller, vor dem Familiengericht Emmendingen feststellen zu lassen, dass er nicht der Vater des Antragsgegners ist. Für diesen Klageentwurf hat er um Prozesskostenhilfe nachgesucht.

Das Familiengericht hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 26.04.2005 Prozesskostenhilfe versagt, da im polnischen Urteil die Vaterschaft des Antragstellers gerichtlich festgestellt worden sei. Der Beschwerdeführer hätte dagegen Rechtsmittel einlegen müssen, wenn er meine, nicht der Vater des Antragsgegners zu sein. Auf Grund des gegebenen polnischen Rechtsmittelweges sei er jedenfalls daran gehindert, mit vorliegendem Verfahren in Deutschland eine Vaterschaftsanfechtungsklage zu erheben.

Hiergegen hat der Antragsteller form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingereicht und u.a. vorgetragen, verfahrensrechtliche Verstöße des polnischen Gerichts (mangelndes rechtliches Gehör des Antragstellers, Verurteilung ohne Einholung eines Blutgruppengutachtens) würden einen so schwerwiegenden Verstoß gegen den ordre public des § 328 Abs. 1 Nr. 2 u. 4 ZPO beinhalten, dass ihm für ein beabsichtigtes inländisches Vaterschaftsanfechtungsverfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen sei.

Das Familiengericht hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und es dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II. Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das Familiengericht hat dem Antragsteller zu Recht Prozesskostenhilfe mangels hinreichender Erfolgsaussicht seines Klageentwurfs versagt.

Von der überwiegenden Rechtssprechung und Literaturmeinung wird vertreten, das Vorliegen einer rechtskräftigen ausländischen Entscheidung führe in einem inländischen Rechtsstreit zwischen denselben Parteien über denselben Streitgegenstand zur Klageabweisung als unzulässig (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 24. A., § 328, Rn. 30). Insoweit berufen sich diese Stimmen auf das Prinzip der unzulässigen Doppelanhängigkeit eines Streitgegenstandes mit der Gefahr unterschiedlicher Sachentscheidungen.

Demgegenüber geht der Bundesgerichtshof davon aus, dass insbesondere im Rahmen einer leugnenden Feststellungsklage gem. § 640 Abs. 2 Nr. 1 ZPO eine Sachentscheidung nicht im Hinblick auf die Rechtskraft eines ausländischen Urteils verwehrt sei. Daneben - und inzidenter i.R.d. materiell-rechtlichen Feststellungsklage nach § 640 Abs. 2 ZPO - könne mit der allgemeinen Feststellungsklage nach § 256 ZPO die Unwirksamkeit eines ausländischen Statusurteils wegen mangelnder Anerkennungsfähigkeit im Sinne des § 328 ZPO überprüft werden (BGH FamRZ 1997, 490). Soweit allerdings das ausländische Urteil anzuerkennen sei, habe dies zur Folge, dass im Inland eine inhaltlich übereinstimmende Sachentscheidung zu ergehen habe, weil dann nämlich die negative Feststellungsklage mangels Vorliegen der Voraussetzungen nach § 328 Abs. 1 Nr. 1 - 5 ZPO unbegründet sei (BGH FamRZ 1997, 490; FamRZ 1986, 565, 566). Soweit somit die Anerkennungsvoraussetzungen des deutschen ordre public nach dem Ausschluss des § 328 Abs. 1 Nr. 1 - 5 ZPO vorlägen, sei das ausländische Urteil mit der Folge anzuerkennen, dass ein angeblicher Kindesvater auch in der Bundesrepublik Deutschland als Vater des Kindes anzusehen ist.

Als Anerkennungsausschluss beruft sich der Antragsteller auf § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO. Dann müsste die ausländische Entscheidung den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechtes in einem solchen Maß widersprechen, dass das Urteil nach der deutschen Rechtsordnung nicht als in einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden könnte.

Ein solcher Verstoß gegen grundlegende rechtsstaatliche Prinzipien liegt aber nicht vor, wenn das Gericht - wie hier - der Aussage der als Partei vernommenen Kindesmutter soviel Gewicht beimisst, dass es sie als Grundlage einer Vaterschaftsfeststellung ausreichen lässt und auf die Einholung eines Abstammungsgutachtens verzichtet (BGH, aaO.). Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn sich der Kindesvater - wie hier - nicht am ausländischen Verfahren beteiligt hat und dadurch dem polnischen Gericht Anlass gegeben hat, von einem Abstammungsgutachten abzusehen (BGH, aaO.; OLG Naumburg, FamRZ 2001, 1013, 1015).

Daneben sieht der Senat auch keinen weiteren Verstoß gegen schwerwiegende prozessuale Rechte im Sinne des § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO.

Was das Erfordernis der Gegenseitigkeit gem. § 328 Abs. 1 Nr. 5 ZPO anbelangt, bedarf es dieser vorliegend im Hinblick auf das Verfahren als Kindschaftssache nach § 640 ZPO nicht (§ 328 Abs. 2 ZPO; BGH, NJW 1997, 1107).

Im übrigen hatte der Antragsteller - wie das Familiengericht zu Recht ausgeführt hat - die Möglichkeit, gegen das polnische Urteil Berufung einzulegen, in der Berufungsinstanz die Einholung eines Abstammungsgutachtens zu beantragen und zu erklären, dass der Beschwerdeführer bereit sei, bei der Erstellung eines solchen Gutachtens mitzuwirken. Von dieser Möglichkeit hat er keinen Gebrauch gemacht. Somit ist das polnische Urteil in der Bundesrepublik Deutschland mit der Folge anzuerkennen, dass hier gegebenenfalls eine inhaltlich übereinstimmende Sacheentscheidung getroffen werden müsste (BGH NJW 1964, 626; NJW 1987, 1146).

Dies bedeutet, dass der deutsche Vaterschaftsfeststellungskläger im vorliegenden Fall keine inländische Entscheidung herbeiführen kann, die im Gegensatz zum polnischen Urteil seine Vaterschaft verneint.

Da somit das beabsichtigte Begehren des Antragstellers bereits jetzt keine hinreichende Erfolgsaussicht besitzt, war ihm - wie geschehen - Prozesskostenhilfe zu versagen.

Eine Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren ist nicht veranlasst (vgl. § 127 Abs. 4 ZPO).

Ende der Entscheidung

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