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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Beschluss verkündet am 18.11.1999
Aktenzeichen: 5 WF 178/99
Rechtsgebiete: BRAGO


Vorschriften:

BRAGO § 128 Abs. 4
BRAGO § 131
Leitsatz:

Allein die Einholung von Auskünften im Versorgungsausgleichsverfahren löst keine Beweisgebühr des Anwalts aus. Denn hierbei handelt es sich nur um eine sonst erforderliche Stellungnahme der Verfahrensbeteiligten, der lediglich informativer Charakter zukommt.

Nur wenn die Höhe mitgeteilter Anrechte zwischen den Parteien streitig ist und durch Beweismittel abgeklärt werden soll, fällt im Versorgungsausgleichsverfahren eine Beweisgebühr an.


Geschäftsnummer: 5 WF 178/99 2 F 219/95

Oberlandesgericht Karlsruhe - Zivilsenate in Freiburg -

Beschluss vom 18. November 1999

In der Familiensache

-Antragsteller-

Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwalt

gegen

- Antragsgegnerin -

Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte

wegen Ehescheidung

hier: Festsetzung der Vergütung des Rechtsanwalts

hat der 5. Zivilsenat - Senat für Familiensachen des Oberlandesgerichts Karlsruhe beschlossen:

Tenor:

Die Beschwerde von Rechtsanwalt gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengericht-Offenburg vom 14.09.1999 - 2 F 219/95 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Mit Einreichung des Scheidungsantrags des Antragstellers am 10.8.1995 bat Rechtsanwalt um eine schriftliche Anforderung der erforderlichen Gerichtskosten. Nach einer Aufforderung, einen Kostenvorschuß in Höhe von 355,00 DM zu zahlen, wurde ein entsprechender Vorschuß am 16.8.1995 entrichtet. Am 6.11.1995 beantragte Rechtsanwalt dem Antragsteller für das Ehescheidungsverfahren mit Folgesachen Prozeßkostenhilfe ohne Ratenzahlungsverpflichtung unter seiner Beiordnung zu bewilligen. Mit Beschluß vom 8.3.1996 hat das Familiengericht dem Antragsteller für die erste Instanz einschließlich der Folgesachen Sorgerecht und Versorgungsausgleich ratenfreie Prozeßkostenhilfe bewilligt und ihm Rechtsanwalt beigeordnet. Im November 1996 übernahm Rechtsanwalt die Vertretung des Antragstellers. Der Prozeßkostenhilfebeschluß vom 8.3.1996 wurde insoweit aufrecht erhalten, als für Rechtsanwalt bereits Anwaltsgebühren im Rahmen des Ehescheidungsverfahrens nebst Folgesachen angefallen waren (siehe Beschluß vom 22.5.1997).

Aufgrund der Kostenentscheidung im das Verfahren abschließenden Urteil vom 27.8.1998 hat der Antragsteller 1/4 der Kosten des Rechtsstreit zu tragen.

Die Rechtsanwalt aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung hat die Rechtspflegerin mit Kostenfestsetzungsbeschluß vom 22.2.1999 auf 540,56 DM festgesetzt. Dabei wurden vom Kostenfestsetzungsantrag Kosten für 30 Kopien und die Beweisgebühr für die Folgesache Versorgungsausgleich in Abzug gebracht. Den Antrag von Rechtsanwalt den Kostenfestsetzungsbeschluß dahingehend abzuändern, daß Kosten für weitere 39 Kopien, eine Beweisgebühr für die Folgesache Versorgungsausgleich und eine Verhandlungsgebühr für den Termin vom 8.2.1996 sowie die vorausbezahlten Gerichtskosten erstattet werden sollten, legte die Rechtspflegerin dem Bezirksrevisor vor. Dieser stellte anheim, dem eine Erinnerung darstellenden Abänderungsantrag insoweit stattzugeben, als die Erstattung der Kosten für 35 weitere Ablichtungen und eine Verhandlungsgebühr für die Wahrnehmung des Termin am 8.2.1996 verlangt worden war. Im übrigen trat er der Erinnerung entgegen.

Daraufhin hat die Rechtspflegerin mit Beschluß vom 1.9.1999 eine weitere an Rechtsanwalt zu zahlende Vergütung auf 40,60 DM für 35 Kopien festgesetzt. Eine Verhandlungs/Erörterungsgebühr wurde nicht gewährt, mit dem Hinweis darauf, daß in dem Termin vom 8.2.1996 nur in der Folgesache Kindes- und Ehegattenunterhalt verhandelt worden sei, für die eine Beiordung von Rechtsanwalt nicht vorgenommen worden wäre.

Der gegen diesen Beschluß eingelegten Erinnerung hat das Familiengericht mit Beschluß vom 14.09.1999 nicht abgeholfen. Hiergegen wendet sich Rechtsanwalt mit seiner Beschwerde, mit der er Festsetzung weiterer Gebühren in Höhe von 951,24 DM anstrebt.

II.

Die Beschwerde des Rechtsanwalts ist gemäß § 128 Abs. 4 BRAGO zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.

a.)

Der Anspruch auf Nachliquidation einer Gebühr für die Wahrnehmung des Termins am 8.2.1996 ist nicht begründet, da Rechtsanwalt nur für das Ehescheidungsverfahren mit den Folgesachen elterliche Sorge und Versorgungsausgleich dem Antragsteller als Prozeßbevollmächtigter beigeordnet worden war. Der Termin vom 8.2.1996 war ausdrücklich nur für die Folgesache Unterhalt anberaumt worden. Es wurde ausweislich des Protokolls auch nur über diese Folgesache verhandelt. Ein Anspruch gegenüber der Staatskasse, kann Rechtsanwalt deshalb nicht für die Wahrnehmung dieses Termins in Ansatz bringen.

b.)

Eine Beweisgebühr für die Folgesache Versorgungsausgleich ist für Rechtsanwalt nicht angefallen. Allein die Einholung von Auskünften über den Versorgungsausgleich löst keine Beweisgebühr aus. Nach der ganz überwiegenden Meinung in der Rechtsprechung handelt es sich bei der Einholung von Auskünften nur um eine sonst erforderliche Stellungnahme der Verfahrensbeteiligten, der lediglich informativer Charakter zukommt (Göttlich/Mümmler, BRAGO, 17. A., Stichwort: Familiensachen D 2.223 mit Rechtssprechungsnachweisen; anderer Ansicht: Riedel/Sußbauer/Keller, BRAGO, 7. A., § 31 Rz 144 und Gerold/Schmidt/v. Eicken, BRAGO, 14. A. § 31 Rz 121). Grundsätzlich wird durch die Einholung der Auskünfte der Sachverhalt ermittelt, den die Parteien auch substantiiert hätten vortragen können, nämlich durch Darlegung der entsprechenden Unterlagen. Dies gilt auch im FGG-Verfahren des Versorgungsausgleichs. Ob hier nicht nur Informationen eingeholt, sondern eine Beweisaufnahme gewollt ist, richtet sich nach den Umständen des einzelnen Falles. Hierbei ist maßgebend, ob die Auskunft in Form eines Beweisbeschlusses oder erkennbar zu Beweiszwecken eingeholt oder als Beweis verwertet wird (OLG Karlsruhe, Anwaltsblatt, 1980, 370). Es müssen besondere Umstände vorliegen, die darauf hindeuten, daß über die schriftliche Anhörung oder die Einholung von Informationen bei den beteiligten Rentenversicherungsträgern hinaus Beweis erhoben worden ist. Davon ist z.B. dann auszugehen, wenn die Höhe mitgeteilter Anrechte zwischen den Parteien streitig ist und durch Beweismittel abgeklärt werden soll. Hierfür sind vorliegend keine Anhaltspunkte vorhanden, da lediglich Auskunftsersuchen an die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung gerichtet worden sind.

c.)

Rechtsanwalt sind über die zugesprochenen Fotokopierkosten hinaus nicht noch Kosten für weitere vier Fotokopien zu vergüten. Schreibauslagen, die dem beigeordneten Anwalt nach § 27 BRAGO für zusätzlich gefertigte Ablichtungen zustehen, sind ihm zu vergüten, wenn die Fertigung der Ablichtungen zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen der Parteien erforderlich war (OLG Stuttgart, Die Justiz 1983, 79). Ein Vergütungsanspruch ist daher nur gegeben, wenn es sich um zusätzlich gefertigte Ablichtungen handelt. Unabhängig von der Frage, ob Ersatz dieser Ablichtungen überhaupt gefordert werden kann, weil die Ablichtungen vor der Antragstellung gefertigt worden sind, sind die Ablichtungen der Prozeßkostenhilfeerklärung keine - zusätzlichen - Abschriften, weil es zur festen Übung gehört, daß ein Rechtsanwalt außer der Urschrift für das Gericht für die eigenen Akten, für die eigene Partei und für die Gegenpartei Abschriften und Ablichtungen fertigt, so daß diese Ablichtungen nicht gesondert erstattungsfähig sind (vgl. zum Ersatz von Ablichtungen bei mehr als 3 Beteiligten: § 27 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO; Gerold/Schmidt/ v. Eicken, a.a.O., § 27 Rn 6).

d.)

Rechtsanwalt kann den Gerichtskostenvorschuß, der bereits gezahlt worden ist, nicht zurückfordern. Wie das Familiengericht und auch der Bezirksrevisor in seinem Schreiben vom 16.7.1999 ausgeführt haben, gilt die befreiende Wirkung des § 122 Abs. 1 Nr. 1 a ZPO nicht für einen Kostenvorschuß, der bereits gezahlt worden ist. Werden bei Antragstellung Gerichtskosten eingezahlt, können diese Kosten später nicht zurückverlangt werden, wenn mit späterem Wirkungszeitpunkt Prozeßkostenhilfe bewilligt wird (Zöller/Philippi, ZPO, 21. A., § 122 Rz 4; OLG Düsseldorf, FamRZ 1990, 299). Zahlt eine Partei vor Stellung eines Antrags auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe Gerichtskosten ein, so war sie zu diesem Zeitpunkt offensichtlich nicht bedürftig. Sollte mit der Einzahlung eine Beschleunigung der Antragzustellung erfolgen, so wäre dieser Effekt auch mit einem Antrag auf Zustellung ohne Vorschußeinzahlung gemäß § 65 Abs. 7 GKG zu erreichen gewesen (Zimmermann, Prozeßkostenhilfe in Familiensachen, Rz 545).

Soweit Rechtsanwalt sich auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts 1 BvR 984189 beruft, ist diese Entscheidung im vorliegenden Fall nicht einschlägig. In dieser Entscheidung wird eine Rückerstattungspflicht der Staatskasse hinsichtlich schon verauslagter Gerichtskostenvorschüsse gegenüber einem durch gerichtliche Entscheidung obsiegenden Kläger in verfassungskonformer Auslegung von § 58 Abs. 2 Satz 2 GKG festgestellt. Hier handelt es sich jedoch nicht um eine obsiegende Partei, da dem Antragsteller 1/4 der Prozeßkosten auferlegt worden sind und die von ihm zu tragenden Kosten sich auf einen höheren Betrag als den von ihm eingezahlten Vorschuß belaufen.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlaßt, denn das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 128 Abs. 5 BRAGO).

Ende der Entscheidung

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