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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 17.12.2003
Aktenzeichen: 6 U 141/03
Rechtsgebiete: BGB


Vorschriften:

BGB § 812
BGB § 131
BGB § 157
1. Unter einer Leistung im Rechtssinne ist eine bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen. Die bloße Zweckbestimmung allein begründet keine Leistungsbeziehung; als Leistender kommt vielmehr nur in Betracht, wer die Zuwendung entweder selbst oder mit Hilfe eines Dritten (Leistung kraft Anweisung) bewirkt.

2. Der so genannte Empfängerhorizont des Zahlungsempfängers vermag weder die fehlende Tilgungs- und Zweckbestimmung des vermeintlich Anweisenden im Valutaverhältnis (vgl. BGHZ 147, 145; BGHZ 152, 73) noch eine Leistung kraft Anweisung des Zuwendenden gegenüber dem vermeintlich Anweisenden herbeizuführen.

3. Die bereicherungsrechtliche Lehre vom Empfängerhorizont verfehlt die allgemeinen Auslegungsregel der §§ 133, 157 BGB, so weit sie Umstände und Sonderwissen aus der Perspektive des Zuwendungsempfängers für maßgeblich hält, die dem Erklärenden unerkennbar sind und ihm auch nicht zugerechnet werden können.


Oberlandesgericht Karlsruhe 6. Zivilsenat

Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 6 U 141/03

Verkündet am 17. Dezember 2003

In dem Rechtsstreit

wegen Forderung

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2003 durch

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 25. Juni 2003 - 5 O 215/02 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsrechtszuges fallen der Beklagten zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Zwangsvollstreckung der Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 12.000 € abwenden, wenn nicht diese vor Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe:

A.

Der - inzwischen wegen Betrugs in Tateinheit mit Untreue in 104 Fällen verurteilte - Zeuge K. war bis Februar 2002 beim Kreiswehrersatzamt in K. als so genannter Kostenfestsetzer für Auszahlungsanordnungen der Bundeskasse nach dem Soldatenversorgungsgesetz zuständig. In dieser Eigenschaft bewirkte er im Zeitraum von 1998 bis Anfang 2002 Überweisungen über insgesamt 2,35 Millionen DM an Verwandte und Bekannte, denen Ansprüche gegen der Klägerin nicht zustanden. Die von der Klägerin auf Rückzahlung in Anspruch genommene Beklagte erhielt durch vom Zeugen K. manipulierte Überweisungsvorgänge insgesamt 8.191,96 €. Sie wendet gegen die Rückzahlungsklage ein, sie habe nicht gewusst, dass der Zeuge K. die Zahlungen in unrechtmäßiger Weise zu Lasten der Klägerin veranlasst habe. Vielmehr habe sie die Geldbeträge als Entgelt für die von ihr dem Zeugen K. erbrachten Prostitutionsleistungen erhalten. Demgegenüber beruft sich die Klägerin auf den von der Bundeskasse auf dem Überweisungsträger mit "Gebühr" angegebenen Zahlungstatbestand.

Das Landgericht hat die Beklagte unter dem Gesichtspunkt der Leistungskondiktion zur Rückzahlung der Überweisungsbeträge verurteilt.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit der Berufung. Aus ihrer maßgeblichen Sicht als Zuwendungsempfängerin habe sie das Geld als Leistung des Zeugen K. auf unstreitig bestehende Verbindlichkeiten auf Grund ihrer Dienstleistungen verstehen dürfen. Sie habe daher die Überweisungssumme mit Rechtsgrund empfangen.

Die Klägerin tritt der Berufung entgegen und verteidigt das angefochtene Urteil des Landgerichts.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die im landgerichtlichen Urteil getroffenen Feststellungen sowie darüber hinaus auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

B.

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.

I.

Das Landgericht hat nicht geprüft, ob für die vorliegende Klage auf Rückzahlung von Leistungen der Klägerin nach dem Soldatenversorgungsgesetz der Weg zu der ordentlichen streitigen Gerichtsbarkeit eröffnet ist. Das Berufungsgericht wird daher erstmals mit der Rechtswegfrage befasst. Gleichwohl braucht das Vorabverfahren gem. § 17 a GVG hier nicht durchgeführt werden, da die Zulässigkeit des bestrittenen Rechtsweges zu den ordentlichen Gerichten nicht in Zweifel steht (BGHZ 132, 24).

Die Beurteilung des Streitfalles richtet sich nach privatrechtlichem Bereicherungsausgleich, da die Zahlungen der öffentlichen Hand an eine nicht versorgungsberechtigte Empfängerin gingen, sodass ein öffentlich-rechtliches Leistungsverhältnis nicht bestanden hat und die Klägerin die Zahlungen nicht einseitig durch Leistungsbescheid wieder hätte zurückfordern können (vgl. BGHZ 71, 180, 183 f ; 73, 202, 203; Zöller/Gummer, ZPO, 24. Aufl., § 13 GVG Rdnr. 33; vertiefend zu diesem Problemkreis W. Lorenz, Festschrift Lerche, 1993, Seite 929, 936 ff.).

II.

In der Sache hat das Landgericht die Beklagte mit Recht zur Rückzahlung der von der Klägerin empfangenen Beträge unter bereicherungsrechtlichen Gesichtspunkten verurteilt. Für einen deliktsrechtlichen Anspruchsgrund fehlt es an den erforderlichen tatsächlichen Feststellungen.

Das Anspruchsbegehren der Klägerin findet in § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB eine gesetzliche Stütze. Die Beklagte hat die Überweisungsbeträge durch Leistungen der Klägerin ohne rechtlichen Grund erlangt.

Nach ständiger und gefestigter Rechtsprechung setzt eine Leistung im zivilrechtlichen Sinne eine bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens voraus (seit BGHZ 40, 272, 277 bis heute). Das bedeutet in objektiver Hinsicht, dass der Leistende eine Zuwendung erbringen muss, der er außerdem, damit die Vermögensverschiebung zur Leistung im Rechtssinne wird, einen (Leistungs-) Zweck bestimmen muss (subjektives Tatbestandselement). Im Streitfall fehlt es nicht an einer bewussten und gewollten Mehrung des Vermögens der Beklagten durch die für die Klägerin handelnde Bundeskasse. Allerdings bestehen über die Personen des Leistenden zwischen den Parteien unterschiedliche Ansichten. Die Beklagte will über die Zahlungen bereicherungsrechtlich allein mit dem Zeugen K. abrechnen, den sie von Rechts wegen als Leistenden erblickt. Demgegenüber macht die Klägerin geltend, sie habe gegenüber der Beklagten eine rechtsgrundlose Leistung erbracht. Die Streitfrage ist zu Gunsten der Rechtsansicht der Klägerin zu entscheiden.

1. Die Beklagte will die Zahlungen als Leistung des Zeugen K. verstehen. Dieser habe mit den Überweisungen seine Verbindlichkeiten erfüllt, die aus den von ihr zuvor erbrachten Prostitutionsleistungen resultieren. Aus ihrer maßgeblichen (objektivierten) Sicht hätten sich daher die Überweisungsvorgänge, wie auch die Beweisaufnahme vor dem Landgericht ergeben habe, als Erfüllungsleistungen des Zeugen K. dargestellt. Den Bekundungen des Zeugen zufolge habe dieser regelmäßig ihre Dienstleistungen in Anspruch genommen und seine Zahlungen seien eine Anerkennung, also die Bezahlung der sexuellen Handlungen gewesen. Sie selbst habe seinerzeit auf Grund der Angaben des Zeugen K. angenommen, bei den Überweisungen der Bundeskasse handele es sich Gehaltsbestandteile des Zeugen. Dieser habe die Zahlungen ihr gegenüber jeweils vorher angekündigt, sodass aus der Sicht eines objektiven Dritten in ihrer Situation auch insoweit kein Anlass zum Misstrauen bestanden habe, als auf den Überweisungsträgern ein entsprechender Zahlungszweck nicht vermerkt gewesen sei. Der Grund der Zahlungen sei zwischen ihr und ihrem Schuldner, dem Zeugen K., jeweils hinreichend bekannt und klar gewesen.

Damit macht die Beklagte unter Hinweis auf ihre Gutgläubigkeit abstrakten Vertrauensschutz im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Beurteilung des Streitfalles geltend und beansprucht Freistellung von der Direktkondiktion auf der Grundlage der Lehre vom Vorrang der Leistungsbeziehung (Durchgriffsverbot). Zur Begründung beruft sie sich darauf, dass sich aus ihrem, nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung maßgeblichen Blickwinkel der Zahlungsvorgang so darstelle, als läge eine Anweisungssituation vor und der Zeuge K. hätte ihr gegenüber eine Leistung kraft Anweisung (der Bundeskasse) bewirkt.

Ein solcher Verständnishorizont der Zahlungsadressatin lässt sich nicht, wie das Landgericht das tut, ohne weiteres von der Hand weisen. Auch wenn der Beklagten jedenfalls für die Zahlungen im August und November 2001 noch kein rechtlich anerkannter Entgeltsanspruch gegen ihren Freier K. zustand, weil § 1 ProstG (Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten vom 20.12.2001, BGBl I 3983) noch nicht galt, kann die Beklagte dennoch darauf verweisen, der K. habe sie für ihre Dienstleistungen bezahlen wollen. Das ist ein objektiver Umstand, der nicht mit dem Argument auszuräumen ist, ein objektiver Dritter in der Lage der Beklagten wisse, dass die öffentlichen Kassen keine Kreditinstitute seien, die sich fremder Weisung unterordneten, weil andernfalls das öffentlichen Haushaltswesen gänzlich durcheinander geriete (LGU 5). Ein solches juristisches Vorverständnis kann nicht zur Grundlage der Auslegung im Sinne eines objektivierten Empfängerhorizonts gemacht werden. Auf der anderen Seite vermag die Beklagte auch eine plausible Erklärung dafür zu liefern, dass die Zahlungen aus ungeraden Geldbeträgen bestanden haben. Sie hat sich offenbar vorgestellt, der Zeuge K. habe jeweils eine gerade Summe seines Gehaltes sich und den ungeraden Restbetrag ihr zur Zahlung angewiesen oder anweisen lassen (vgl. die entsprechenden Angaben des Zeugen H., Protokoll des Landgerichts vom 25.6.2003, S. 4, I 139, 145).

3. Die bloße Vorstellung der Beklagten allein entscheidet jedoch unter keinen denkbaren Umständen über die Person des Leistenden und die Lage der Leistungsbeziehungen.

a) Der gute Glaube der Beklagten bezüglich der Herkunft der Leistung und ihr Vertrauen darauf, sie habe die Zahlungen kraft Anweisung des Zeugen K. erhalten, werden bereicherungsrechtlich nicht geschützt. Der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat erst jüngst die so genannte Lehre vom Empfängerhorizont, nach der die Bestimmung der Person des Leistenden aus der Sicht des Zuwendungsempfängers erfolgen soll, für die Fälle der fehlerhaften (BGHZ 147, 145 = ZIP 2001, 781 = WM 2001, 954 = NJW 2001, 1855) und der fehlenden Anweisung (BGHZ 152, 306 = ZIP 2003, 69 = WM 2003, 14 = NJW 2003, 582) für unbeachtlich erklärt und den abstrakten Vertrauensschutz des Zuwendungsempfängers verworfen. Damit ist die (seit BGHZ 50, 227, 229; 61, 289, 291; 66, 372, 375; 88, 232, 236; 89, 386, 379, 380) vom Bundesgerichtshof offen gehaltene Frage, wie die Kollision von Vertrauensschutz und Veranlassungs- bzw. Zurechnungsgrundsatz aufgelöst werden soll, definitiv entschieden. Für den Bereicherungsausgleich kommt es auf den Empfängerhorizont bei derartigen Fallgestaltung nicht an: "Der sog. Empfängerhorizont des Zahlungsempfängers vermag deshalb (sc. wegen fehlender Zurechenbarkeit des Rechtsscheins anweisungsgemäßer Zahlung) die fehlende Tilgungs- und Zweckbestimmung des (vermeintlich Anweisenden) nicht zu ersetzen" (BGHZ 147, 145 unter II 3 c der Gründe). Der auf eine Leistung seines Schuldners vertrauende Zuwendungsempfänger werde durch die Regeln des § 818 Abs. 3 BGB vor den rechtlichen Folgen dieser Direktkondition im allgemeinen hinreichend geschützt.

Damit hat der XI. Zivilsenat in der gültigen Anweisung den Zurechnungsgrund bezüglich der anweisungsgemäßen Zuwendung erblickt. Das hat nicht nur Bedeutung für die Zweckbestimmung im Valutaverhältnis, sondern auch für das Deckungsverhältnis, in dem die Anweisung für die Umleitung der gegenüber dem Empfänger bewirkten Zuwendung auf den Anweisenden ebenso unverzichtbar ist, wie im Valutaverhältnis für die Weiterleitung der Zuwendung an den Anweisungsempfänger. Der Anweisende kann nämlich die fremde Zuwendung (des Angewiesenen) nur dann als eigene Leistung (gegenüber dem Empfänger) erscheinen lassen, wenn die jeweiligen Leistungsbeziehungen nach dem übereinstimmenden Willen aller Beteiligten und damit nach der getroffenen, allseits richtig verstandenen Zweckbestimmung festgelegt werden (BGHZ 61, 289, 291; 66, 362, 363; 87, 246, 249; 87, 393, 395; 89, 376, 381). An einer solchen Zuweisung der Zahlungen von der Klägerin an den Zeugen K. und von diesem an die Beklagte fehlt es jedoch im Streitfall.

Vielmehr handelt es sich hierbei um anweisungslose Zahlungsvorgänge der Bundeskasse, die sich fremder Zahlungsanweisung (z. B. der des Zeugen K.) nicht unterwirft (anders die Post im sog. Postanweisungsfall RGZ 60, 24). Die Versorgungsleistungen nach dem Soldatenversorgungsgesetz erfolgen auf Grund einer lediglich behördeninternen Auszahlungsanordnung, für dessen rechnerische Richtigkeit seinerzeit der Kostenfestsetzer (hier der Zeuge K.) verantwortlich zeichnete. Die Bundeskasse bewirkt daher die Auszahlungen zum Zwecke der Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen der Klägerin und stellt die Zahlungen nicht wie ein Angewiesener zur Zweckdisposition eines Anweisenden gegenüber dem Zahlungsempfänger. Die Klägerin will daher mit der Überweisung der Gelder nicht auf ein Deckungsverhältnis, also für fremde Rechnung leisten (anders als die Post in RGZ 60, 24; unklar insoweit aber BGHZ 152, 306 wegen der Angabe eines Zahlungszwecks auf dem Überweisungsträger, vgl. II 1 c aa). Daher kann im Streitfall noch nicht einmal von einem (mangels gültiger Anweisung) bloßen Leistungsversuch (vgl. dazu BGH NJW 1994, 2357 unter III 1 a bb der Gründe) der Bundeskasse in Bezug auf ein Deckungsverhältnis gesprochen werden. Ein solches Rechtsverhältnis besteht hier weder tatsächlich noch in der Vorstellung des handelnden Auszahlungsbeamten der Klägerin (Scheinanweisung, vgl. BGHZ 152, 306). Die bloße Vorstellungskraft und der Eindruck der Beklagten vermögen an diesem objektiven Befund nichts zu ändern, sie können insbesondere nicht zu der von ihr gewünschten Annahme einer anweisungsgemäßen Simultanleistung führen.

Der Empfängerhorizont hilft dem Zahlungsempfänger nicht über die vermögensmäßige Wirklichkeit hinweg, er vermag weder die Tilgungs- und Zweckbestimmung im imaginären Valutaverhältnis (BGHZ 147, 145; 152, 306) noch das nicht existierende Deckungsverhältnis, genauer den fehlenden objektiven Vermögensbezug der Zahlung in Bezug auf den vermeintlich Anweisenden (hier den Zeugen K.) zu ersetzen. Damit wäre der vorliegende Rechtsstreit dahin zu entscheiden, dass die Beklagte sich gegenüber der Klägerin auf einen Behaltensgrund nicht berufen kann und die Zahlungen auf jeden Fall gem. § 812 Abs. 1 BGB - entweder nach den Regeln der Leistungskondiktion oder der Nichtleistungskondiktion - zurückgewähren muss. Jedoch hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass sich auch außerhalb von Anweisungslagen die Leistungsbeziehungen mittels der bereicherungsrechtlichen Lehre vom Empfängerhorizont nach dem Standpunkt des Zuwendungsempfängers bestimmen sollen.

c) Im Streitfall steht damit auch die bereicherungsrechtliche Einordnung der sog. irrtümlichen Eigenleistung zur Entscheidung. Dabei geht der Zuwendende davon aus, eine gegenüber dem Empfänger bestehende eigene Verpflichtung zu erfüllen (Münch Komm - Lieb, BGB, 3. Aufl., § 812 Rdnrn. 90 ff.). Diese Konstellation war Ausgangspunkt für die Begründung der objektiven Lehre vom Empfängerhorizont (BGHZ 40, 272). Es besteht jedoch auch bei dieser Fallkonstellation kein Grund, eine Leistung des Zuwendenden unter Heranziehung des angeblich bereicherungsrechtlich relevanten Empfängerhorizonts zu verneinen und ihm von vornherein die Leistungskondiktion zu versagen. Vielmehr ergibt die Auslegung nach allgemeinen rechtsgeschäftlichen Regeln (§§ 133, 157 BGB) im vorliegenden Fall, dass die Zahlungen der Klägerin als (rechtsgrundlose Erfüllungs-) Leistungen an die Beklagte im Sinne des § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zu qualifizieren sind.

aa) Der Bundesgerichtshof stellt allerdings, was die Person des Leistenden angeht, in ständiger Rechtsprechung seit der Ausgangsentscheidung BGHZ 40, 272 bei irrtümlicher Eigenleistung entscheidend auf die Sicht des Empfängers ab. Es sei maßgebend, "als wessen Leistung sich die Zuwendung bei objektiver Betrachtungsweise in den Augen des (Empfängers) darstellt. Nicht auf den inneren Willen des Leistenden, sondern auf die Erkennbarkeit der Person des Leistenden `aus der Sicht des ZuwendungsempfängersŽ kommt es an" (BGHZ 40, 272, 277 f).

Mit dieser Begründung versagte der VII. Zivilsenat dem Kläger (Lieferanten) einen Bereicherungsanspruch nach §§ 951, 812 Abs. 1 BGB und begründete zugleich das im vorausgegangenen Fall BGHZ 36, 30 gefundene Ergebnis unter dem Gesichtspunkt der Leistungskondiktion, indem er den Dissens der Parteien über die Person des Leistenden (und die Richtung der Leistung) aus dem Blickwinkel des für schützenswert gehaltenen Empfängers (Bauherr) löste. Entscheidend sei nicht der Leistungswille des Zuwendenden, vielmehr müsse "zum Schutze des Bauherrn, wenn von seinem Vertragspartner Dritte bei der Errichtung des Baus zugezogen werden, darauf abgestellt werden, als wessen Leistung sich die Zuwendung bei objektiver Betrachtungsweise in den Augen des Bauherrn darstellt" (BGHZ 40, 272, 278). Dieser Gedankengang ist ganz offenbar von der Vorstellung beeinflusst, die zur Annahme einer Leistungsbeziehung nach der (seinerzeit) neuen Lehre von der Leistungskondiktion erforderliche Zweckbestimmung könne einseitig aus der Sicht des Zuwendungsempfängers festgelegt werden. Die Maßgeblichkeit des Eindrucks aus dem Empfängerhorizont dient damit dem Bundesgerichtshof dazu, eine Willenserklärung (Zweckbestimmung) des Vertragspartners des Zuwendungsempfängers zu schaffen, die nicht vorhanden ist; allein dessen Glaube soll im Zweifelsfall eine solche Erklärung im Wege der bereicherungsrechtlichen Zurechnung hervorbringen.

Die zu Grunde liegende Vorstellung, der Empfänger dürfe auf Grund seiner Vertragsbeziehung zu einem Dritten darauf vertrauen, er erhalte das, was ihm vertraglich zustehe (suum recepit), geht auf eine beiläufige Bemerkung Essers (Fälle und Lösungen zum Schuldrecht, 1963, S. 128 Fußn. 19) zurück, die Esser allerdings - von der weiteren Rechtssprechung nicht beachtet - später wieder zurückgenommen hat (Esser, Schuldrecht II, 3. Aufl., 1968, S. 530 f, unter dem Eindruck der Kritik von Caemmerers in der Festschrift für Dölle, 1963, S. 159). Die bereicherungsrechtliche Zurechnungslehre hat der VII. Zivilsenat seinerzeit durch den ebenfalls aus der Sicht des Empfängers bestimmten Grundsatz der Subsidiarität der Eingriffskondition ergänzt und flankiert: Nach dem Ausschluss einer Leistungsbeziehung kommt es für den angestrebten Schutz des Empfängers weiter darauf an, auch einen Anspruch des Zuwendenden wegen Bereicherung in sonstiger Weise zu verneinen. Der BGH löst das Problem der Konkurrenz von Bereicherung durch Leistung und in sonstiger Weise gleichfalls im Anschluss an Esser (Fälle und Lösungen zum Schuldrecht, 1963, S. 127 f; auch diese Ansicht hat Esser später aufgegeben, vgl. Esser Schuldrecht II, 4. Aufl., 1971, § 104 vor I, S. 362 f): Ein Anspruch auf Bereicherung in sonstiger Weise "kann nach der neueren Lehre nur dann entstehen, wenn der Bereicherungsgegenstand dem Empfänger überhaupt nicht, also von niemandem geleistet worden ist" (BGHZ 40, 272, 278). Damit steht und fällt diese Abgrenzungsformel mit der bereicherungsrechtlichen Zurechnung der Leistungsbeziehung aus dem Empfängerhorizont.

Im Anschluss an diese Ausgangsentscheidung hat der Bundesgerichtshof den mit dem Rechtssatz vom bereicherungsrechtlich relevanten Empfängerhorizont begründeten abstrakten Vertrauensschutz auf weitere Fallkonstellation erstreckt und einen Dissens über den Leistungszweck (bei unterschiedlichen "Zweckvorstellungen") zwischen dem Zuwendenden und dem Zuwendungsempfänger zu Gunsten der Sichtweise des Empfängers entschieden (z. B. BGHZ 58,184, 188 = NJW 1972, 864; 72, 246, 249 = NJW 1979, 157; 105, 365, 369 = NJW 1989, 900). Eine von der Vorstellung des Empfängers abweichende "Zweckvorstellung" des Zuwendenden soll überhaupt nur dann ganz ausnahmsweise beachtlich sein, wenn der Leistende "unmissverständlich" zum Ausdruck gebracht hat, seiner Zuwendung "eine andere (sc. als die vom Empfänger angenommene) Zweckrichtung ... geben zu wollen" (BGHZ 72, 246, 249 = NJW 1979, 157; ebenso BGHZ 105, 365, 369 f = NJW 1989, 900: die Sicht der beklagten Zessionarin sei "zweifellos", eine abweichende Vorstellung der klagenden Versicherung nicht erkennbar). Die höchstrichterliche Rechtsprechung hat sich damit einseitig den Standpunkt des Zuwendungsempfängers zu eigen gemacht.

Kommt es auf die Maßgeblichkeit des Vorstellungsbildes des Empfängers von der Lage und der Richtung der Leistungsbeziehung an, so wäre die Rückzahlungsklage der Klägerin unbegründet. Im Streitfall müsste die entsprechende Zweckbestimmung des nach der Vorstellung der Beklagten leistenden Zeugen K. nicht einmal durch bereicherungsrechtliche Zurechnung geschöpft werden, es gibt sie tatsächlich, wie die Beweisaufnahme in erster Instanz ergeben hat. Denn dem Zeugen K. ist es durch Täuschung gelungen, sowohl die Bundeskasse in einer Vielzahl von Fällen zur Zahlung an Unberechtigte zu veranlassen als auch im konkreten Fall der Beklagten glauben zu machen, die überwiesenen Geldbeträge seien seine Leistung zum Zwecke der Bezahlung der "Gegenleistungen" der Beklagten. Dann aber müsste nach den bestehenden Rechtsprechungsgrundsätzen, wie der Berufung ohne weiteres einzuräumen ist, der abstrakte Vertrauensschutz mit dem Verbot der Durchgriffskondiktion zu Gunsten der Beklagten eingreifen.

bb) Der Senat vermag weder diesem Ergebnis noch seiner Begründung auf der Grundlage der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechungslinie zu folgen. Der damit erreichte abstrakte Vertrauensschutz des Zuwendungsempfängers ist in Anweisungslagen bereits als unrichtig erkannt (vgl. oben II 2 a). Das auf dem Empfängerhorizont beruhende bereicherungsrechtliche Zurechnungskonzept ist auch für die hier gegebene Fallkonstellation zu verabschieden. Der Lösungsvorschlag verfehlt den Rechtsbegriff der Leistung, weil er nicht nur dessen objektives Merkmal (1), sondern - mit dem Erklärungsverhalten des Zuwendenden - auch das subjektive Merkmal des Leistungsbegriffs außer Acht lässt und damit gegen allgemein anerkannte Auslegungsgrundsätze (§§ 133, 157 BGB) verstößt (2).

(2) Die bereicherungsrechtlich geprägte Lehre vom Empfängerhorizont ist im Ansatz durch die rechtliche Vorstellung beeinflusst, allein die gegenüber dem Empfänger einer Zuwendung getroffene Leistungszweckbestimmung begründe eine Leistungsbeziehung, auch wenn die Zuwendung selbst von einem Dritten stammt. Diese Auffassung liegt ganz offenbar schon der Ausgangsentscheidung BGHZ 40, 272 zu Grunde, wonach es für das Vorliegen einer Leistung des Bauunternehmers (Vertragspartner des Empfängers) nach der "neueren Lehre" neben dem objektiven Leistungselement (Lieferung des Elektrogerätehändlers) nur noch der mit der bereicherungsrechtlichen Zweckelehre gewonnenen Zweckbestimmung des Bauunternehmers bedürfe.

Damit hat die Rechtsprechung von Anfang an mit der Übernahme des zweckbestimmten Leistungsbegriffs den Rechtssatz zu Grunde gelegt, (allein) der Leistungszweck bestimme das Leistungsverhältnis und die Parteien der Leistungskondiktion (Esser, Schuldrecht, 2. Aufl., 1960, § 189, 7, S. 779). Von der apriorischen Richtigkeit dieses Satzes ist die Rechtsprechung in der Folgezeit stets ausgegangen: "Für die Beurteilung, wer bei Vorgängen, an denen mehrere Personen beteiligt sind, bereicherungsrechtlich als Leistender und wer als Leistungsempfänger zu gelten hat, kommt es auf die mit der Leistung verbundene Zweckbestimmung an" (BGHZ 105, 365, 369 = NJW 1989, 900).

Dieser Konstruktion nach Art einer mathematischen Gleichsetzung (Zuwendung der einen Person an eine zweite plus Leistungszweckbestimmung einer dritten Person ergeben eine Leistung des Dritten) liegt aber eine Überschätzung des Zweckelements (subjektives Tatbestandsmerkmal) und letztlich ein Missverständnis des zweckbestimmten Leistungsbegriffs zu Grunde. Dieser macht zwar die noch vom Reichsgericht verlangte Unmittelbarkeit der Vermögensverschiebung entbehrlich, aber die Funktion des Tatbestandsmerkmals "auf dessen Kosten" ist nicht ersatzlos entfallen, sondern in dem objektiven Merkmal der Zuwendung enthalten. Als Leistender kommt daher nur in Betracht, wer die Leistung entweder selbst oder mit Hilfe eines Dritten als sog. Leistungsmittler (Anweisungsfall) bewirkt. Dieser konkrete Vermögensbezug des Leistungsbegriffs (objektives Element) schließt es aus, dass über die Lage der Leistungsbeziehungen gleichsam in freier Wertung und Zurechnung entschieden wird. Die normative Kategorie der bereicherungsrechtlichen Zurechenbarkeit vermag nicht zu erklären, wie der "Leistende" die objektive Vermehrung des Empfängervermögens herbeigeführt hat, wenn die von einem anderen bewirkte Zuwendung seinem Vermögen nicht zugerechnet und daher auch nicht belastet werden kann. Eine solche Bewertung des Zuwendungsvorganges ist vielmehr nur auf der Grundlage einer gültigen Anweisung möglich. Daran fehlt es hier (vgl. oben II 2 a).

(2) Im Streitfall stellt sich daher lediglich noch die Frage, ob die Klägerin ihren Erfüllungswillen gegenüber der Beklagten in rechtsgeschäftlich wirksamer Weise nach allgemeinen Auslegungsgrundsätzen gem. §§ 133, 157 BGB zum Ausdruck gebracht hat. Auch diesen Anforderungen des zweckbestimmten Leistungsbegriffs wird die bereicherungsrechtliche Lehre vom Empfängerhorizont im Ergebnis nicht gerecht.

Das subjektive Merkmal des Leistungsbegriffs, also die Zweckbestimmung, ist nach zutreffender Ansicht eine empfangsbedürftige Willenserklärung des Leistenden, auf die die für Willenserklärungen maßgeblichen Regeln des allgemeinen Teils des BGB anzuwenden sind (BGHZ 106, 163, 166; 111, 382, 383). Praktische Konsequenzen ergeben sich hieraus für das Verständnis und die Auslegung solcher Erklärungen insbesondere in Fällen mit mehreren Beteiligten, die von der Verschiedenheit der Verständnishorizonte geprägt sind. Zutreffender Ansatz für die Auslegung kann nach der Funktion des Rechtsbegriffs der Leistung nur die Erklärung des Zuwendenden sein, mit welcher er den Zweck der von ihm vorgenommenen (oder veranlassten) Güterbewegung bestimmt. Diese muss der Adressat so gelten lassen, wie er sie nach seiner Verständnismöglichkeit vernünftiger- und redlicherweise verstehen durfte (Empfängerhorizont; vgl. Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, Band II 2, 13. Aufl., 1995, § 70 III 3, S. 219).

Selbstverständlich kann bei der Auslegung der vom Leistenden erklärten Zweckbestimmung nicht sein innerer Wille (die Zweckvorstellung) entscheiden, sondern nur das, was er rechtsgeschäftlich als seinen Willen erklärt hat. Es kann also für die Bezeichnung der Person des Leistenden weder auf die innere Willensrichtung des Zuwendenden selbst (so aber RGZ 98, 64; Flume, JZ 1962, 281 f) noch auf die bloße Zweckvorstellung des Zuwendungsempfängers (suum recepit) ankommen. Die Alternative zur Lehre vom Empfängerhorizont besteht nicht etwa, wie der Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung annimmt (BGHZ 40, 272, 277 f; 72, 246, 248 f; BGH NJW 1974, 1132; vgl. Lieb, a. a. O. § 812 Rdnr. 91) in der Privilegierung der einseitigen Sicht des Zuwendenden. Vielmehr kommt es ausschließlich auf das Erklärungsverhalten des Leistenden an. Dieser bewirkt die Leistung, um damit den von ihm angestrebten Zweck zu erreichen. Die Verfehlung des Leistungszwecks ist auch der Grund für die Leistungskondiktion, sodass die Ausgangsfrage nur lauten kann, welche Zweckbestimmung der Leistende seiner Zuwendung gegeben hat. Es ist daher allein zu prüfen, ob es ihm gelungen ist, seine Zweckvorstellung in rechtsgeschäftlich erheblicher Weise so zum Ausdruck zu bringen, dass sie für den Adressaten, den Zuwendungsempfänger als Leistungszweck erkennbar ist. Hierfür ist nach den allgemeinen Auslegungsregeln der objektive Erklärungswert des vom Leistenden zum Ausdruck Gebrachten zu ermitteln (zweifelhaft insoweit aber BGHZ 152, 306, wo unter II 1 c aa der Gründe der gegenüber dem Empfänger zum Ausdruck gebrachte Verwendungszweck nicht ausgelegt wird).

Allerdings zeigt das aus der Verschiedenheit der Verständnishorizonte von Erklärendem und Erklärungsadressaten resultierende Dissensproblem die Grenzen der Auslegung nach dem Empfängerhorizont auf. Es besteht nach allgemeiner Meinung in solchen Fällen Veranlassung zu einer Korrektur der rechtsgeschäftlichen Lehre vom Empfängerhorizont dahin, dass die normative Auslegung auch die Person des Erklärenden mitberücksichtigen muss. Das Vertrauen des Erklärungsempfängers wird er nur insoweit geschützt, als der (objektivierte) Sinn der Erklärung dem Erklärenden als Sinn seiner Erklärung auch zurechenbar ist (Flume, Allgemeiner Teil II, § 16, 3 c, S. 311 ; vgl. auch Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil, 8.Aufl., § 19 II a). Das führt zu dem Grundsatz, dass es in solchen Sonderfällen auf den Standpunkt eines mit den Verhältnissen vertrauten objektiven Beobachters ankommt, der keine Umstände berücksichtigen darf, die dem Erklärenden von vornherein unerkennbar sind. Zu Gunsten des Erklärenden müssen dabei solche Umstände außer Betracht bleiben, die diesem bei Abgabe seiner Erklärung verborgen sind, weil sie allein in der Sphäre des Erklärungsempfängers liegen (Medicus, Allgemeiner Teil des BGB, 5. Aufl., 1988, Rdnr. 326 mit Hinweis auf Canaris, Die Vertrauenshaftung im Deutschen PrivatR, 1971, S. 344 mit Fußn. 43).

3. Nach alledem gewährt im Streitfall der objektivierte Empfängerhorizont der Beklagten keinen Vertrauensschutz. Vielmehr kommt es für die Auslegung der Zweckerklärung der Klägerin auf dem Überweisungsträger nicht auf das Sonderwissen der Beklagten an, dass der Zeuge K. ihr die Zahlungen jeweils avisiert und als eigene Leistungen hingestellt hat. Das Vertrauen der Beklagten auf die Richtigkeit dieser Angaben wird rechtlich nicht geschützt. Die zu Grunde liegenden Umstände wurzeln allein in der Sphäre der Beklagten und sind von der Klägerin auch nicht zu vertreten.

Die Klägerin kann sich demzufolge auf den von ihr auf dem Überweisungsträger genannten Verwendungszweck berufen und geltend machen, sie habe zum Zwecke der Erfüllung von vermeintlichen Versorgungsansprüchen der Beklagten gezahlt. Damit liegen im Verhältnis der Parteien sämtliche Voraussetzungen für die Annahme einer Leistungsbeziehung vor. Da die Klägerin der Beklagten jedoch nichts schuldete, kann sie die Zahlungen wegen Verfehlung des Leistungszwecks zurückfordern.

III. Die Nebenentscheidungen beruhten auf §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Wegen der grundgesetzliche Bedeutung der Sache ist die Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO zuzulassen.

Ende der Entscheidung

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