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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 09.10.2002
Aktenzeichen: 6 U 16/02
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 97 Abs. 1
ZPO § 259
ZPO § 708 Nr. 10
ZPO § 712
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Im Namen des Volkes Urteil

6 U 16/02

Verkündet am: 09.10.2002

In Sachen

wegen Auskunftserteilung (PatG)

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 25.09.2002 durch

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts Mannheim vom 11.01.02 (7 O 102/01) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage insgesamt als unzulässig abgewiesen wird.

II. Die Kosten der Berufung fallen dem Kläger zur Last.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 4.000 abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger verlangt wegen Patentverletzung von Beklagten im Wege der Stufenklage Auskunft und Rechnungslegung sowie die eidesstattliche Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit dieser Auskunft. Der Kläger ist Inhaber des Deutschen Patents DE 3 240 773 C 2 betreffend eine elektronische Überwachungsvorrichtung für die vom Fahrer eines Kraftfahrzeugs, insbesondere Lastkraftwagen oder Bus, abgeleistete Fahrzeit. Anspruch 1 des Klagepatents lautet (ohne Bezugsziffern):

Elektronische Überwachungsvorrichtung für die vom Fahrer eines Kraftfahrzeuges, insbesondere Lastkraftwagens oder Busses abgeleistete Fahrzeit, mit einem Betätigungselement und mit einer Einrichtung zur Abschaltung der Zündeinrichtung des Kraftfahrzeuges beim Überschreiten der höchstzulässigen Fahrzeit, dadurch gekennzeichnet, dass das Betätigungselement als Codierkarte ausgebildet ist, auf welcher die für den Fahrer in einem bestimmten Zeitraum zulässige Fahrzeit gespeichert ist, und dass ein Lese- und Schreibgerät zum Einlesen der zulässigen Fahrzeit und zum Abspeichern der in dem bestimmten Zeitraum noch zulässigen Rest-Fahrzeit vorgesehen ist.

Die Beklagte Ziff. 1, deren Geschäftsführer der Beklagte Ziff. 2 ist, vertreiben unter der Bezeichnung "H... electronic" Taxameter bei denen mittels einer "FahrerCARD" eine automatische Aufzeichnung, Fahrtdaten- und Arbeitszeiterfassung und Auswertung im Personalcomputer ermöglicht wird. Hinsichtlich der "FahrerCARD" und eines sog. "Fahrer-Key" gibt die Beklagten Ziff. 1 werbend an, diesen komme eine Ausweisfunktion zu, da diese zur Inbetriebnahme des Taxameters notwendig seien. Die Beklagte Ziff. 3, deren Geschäftsführerin die Beklagte Ziff. 4 ist, entwickelt und verkauft Hard- und Software. Von ihr stammt die Abrechnungssoftware für die von der Beklagten Ziff. 1 vertriebenen Taxameter-Systeme. Die Beklagten Ziff. 3 und 4 haben darüber hinaus ein Taxameter-System der Beklagten Ziff. 1 und 2 auf dem Taxi-Tag in Köln im Jahr 1987 vorgestellt. Mit rechtskräftigem Urteil des Kammergerichts auf die mündliche Verhandlung vom 10.11.1992 wurde ein Urteil des Landgerichts Berlin bestätigt, mit dem den Beklagten das Anbieten, in Verkehrbringen, Gebrauchen, und der Beklagten Ziff. 3 darüber hinaus das Einführen zu den genannten Zwecken und Besitzen eines Taxameter-Systems verboten worden ist, das durch Codierkarten betätigt wird, auf denen die Anzahl der zulässigen Fahrer-Schichten speicherbar ist und bei dem durch ein Lese- und Schreibgerät die noch zulässigen Rest-Schichten eingelesen und abgespeichert werden können. In dem genannten Urteil wurden die Beklagten auch zur Auskunft und Rechnungslegung verurteilt und in Ziff. 3 der Tenors wurde festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger als Gesamtschuldner allen Schaden zu ersetzen, der diesem durch die unter Ziff. 1 des Urteils (Unterlassung) bezeichneten Handlungen entstanden ist und noch entstehen wird. Auf der Grundlage des Urteils des Kammergerichts hat der Kläger wegen Nichterteilung einer ergänzenden Auskunft Zwangsmittel beantragt, diesen Antrag hat das Landgericht Berlin zurückgewiesen. Die Beschwerde des Klägers wurde hat das Kammergericht zurückgewiesen, da sich der Auskunftstitel nur auf den Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung im Erkenntnisverfahren vor dem Kammergericht beziehe.

Der Kläger hat vorgetragen,

die Beklagten stellten her und vertrieben in Deutschland ein Taxameter-System, das eine Vorrichtung zur Fahrerüberwachung sei und damit das Klagepatent verletze. Zweck dieser Überwachungsvorrichtung sei es, sicher zu stellen, dass der Taxifahrer nach einer vorgegebenen Anzahl von Schichten sich bei dem Taxiunternehmer melde und abrechne. Zu diesem Zweck habe jeder Fahrer eine Codierkarte, mittels derer er u. a. zu Beginn jeder Schicht das Taxameter in Betrieb setzen könne. Auf dieser Codierkarte sei eine Zahl speicherbar, die eine zulässige Anzahl von Schichten vorgebe. Diese Zahl werde mittels eines Lese- und Schreibgerätes in das Taxameter eingelesen und gestatte, wenn die Zahl größer als 1 sei, die Inbetriebnahme des Taxameters. Nach jeder Schicht werde die gespeicherte Zahl über das Lese- und Schreibgerät um 1 vermindert. Werde die Zahl auf 0 herabgesetzt, lasse sich das Taxameter nicht mehr in Betrieb nehmen. Der Fahrer sei gezwungen, den Taxiunternehmer aufzusuchen, abzurechnen und seine Codierkarte wieder aufladen zu lassen. Die Beklagten hätten auch nach Rechtskraft des Urteils des Kammergerichts solche Taxameter-Systeme hergestellt und angeboten. So seien Herr S. und Frau Sch. in W. im März 1995 von einem Vertreter der Fa. F...-F.-E.-Service GmbH, P., Herrn B., zwecks Vorführung eines H...-Taxameter-Systems aufgesucht worden. Herr B. habe dieses System anhand eines mitgebrachten Musters erklärt und dabei angegeben, dass auf die Fahrerkarten eine bestimmte Anzahl von Fahrerschichten zur Anmeldung am Taxameter gespeichert werden könne, diese würden dann mit jeder Anmeldung am Taxameter von der Fahrerkarte heruntergezählt. Wenn durch An- und Abmeldung die Schichten auf der Fahrerkarte verbraucht würden, könne danach das Taxameter nicht mehr in Betrieb genommen werden. Somit sei der Fahrer dann gezwungen, seine Fahrerkarte zur Abrechnung im Büro auswerten zu lassen.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagten zu verurteilen,

a) dem Kläger darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang

aa) die Beklagten zu 1) und 2) ab dem 17.10.90

bb) die Beklagte zu 3) im Zeitraum vom 01.12.90 bis einschließlich 1994

cc) die Beklagten zu 4) im Zeitraum vom 01.12.90 bis einschließlich Februar 1995 ein Taxametersystem angeboten und/oder in den Verkehr gebracht und/oder gebraucht haben und etwa noch anbieten werden, das durch Codierkarten betätigt wird, auf denen die Anzahl der zulässigen Fahrerschichten speicherbar ist und bei dem durch ein Lese- und Schreibgerät die noch zulässigen Restschichten eingelesen und abgespeichert werden können, und zwar unter Angabe der Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreisen und der Abnehmer, ferner der Zahl und des Inhalts von Angeboten, sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger, einschließlich der Gestehungskosten und einschließlich sämtlicher Kostenfaktoren und des erzielten Gewinns, ferner unter Angabe der Art und des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, Bundesländern und Werbeträgern:

b.) die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides Statt zu versichern.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben vorgetragen,

sie hätten seit Herbst 1990 das als verletzend angesehene Taxameter mit der darin enthaltenen Software nicht mehr vertrieben und auch nicht angeboten. Alle wesentlichen Merkmale, die die damalige Verurteilung getragen hätten, seien bei der nach 1990 in Verkehr gebrachten Ausstattung der Taxameter nicht mehr vorhanden. Das Fahrzeug könne auch benutzt werden, wenn keine gültige Fahrkarte in das Taxameter eingeschoben werde, das Taxameter schalte sich nicht ab, wenn eine bestimmte Schichtzahl mit einer Speicherkarte gefahren worden sei, die Benutzung des Taxameters als Apparat zur Berechnung und Darlegung des Fahrpreises, des Taxifahrerentgelts, sei auch im Hinblick auf die Speicherkapazität des internen Speichers des Taxameters und der Fahrerkarte nicht beschränkt. Das Taxameter besitze keine Funktion, die die Fahrertätigkeit begrenze; weder Fahrzeit, noch Uhrzeit, noch Schichtdauer seien begrenzt. Lediglich eine zu große Informationsmenge könne dann nicht mehr auf der Karte gespeichert werden. Bei der (geänderten) Ausführungsform handle es sich um ein Abrechnungssystem und nicht um ein System zur Überwachung des Fahrers und der Einhaltung des gesetzlichen Fahrzeiten und -pausen.

Das Landgericht hat die Klage für die Zeit vor dem 11.11.92 (letzte mündliche Verhandlung beim Kammergericht am 10.11.92) als unzulässig und im übrigen als unbegründet abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger die Ansprüche auf Auskunft, Rechnungslegung und eidesstattliche Versicherung seit dem 11.11.92 weiter.

Der Kläger trägt vor,

der geltend gemachte Anspruch habe schon aus Rechtsgründen zugesprochen werden müssen, denn der Schadenersatzanspruch dessen Bezifferung die begehrte Rechnungslegung diene, setze nur eine einzige nachgewiesene Verletzungshandlung voraus. Der Einwand des Verletzers, er habe die Verletzungshandlungen eingestellt, sei unbeachtlich. Die Feststellung der Schadenersatzpflicht durch das Kammergericht umfasse daher keineswegs nur frühere und spätere Folgen der einen Verletzung, sondern alle Folgen aller Verletzungshandlungen, mögen diese zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung auch noch in der Zukunft liegen. Dem lasse sich nicht entgegenhalten, für zukünftige Verletzungshandlungen habe das Gericht die Frage der Patentverletzung nicht geprüft. Denn es gehe nur um die alte, ausdrücklich nicht um eine andere Verletzungsform. Die vorliegende Klage sei nur aus prozessualen Gründen erforderlich geworden, weil die Berliner Gerichte in neuer Besetzung überraschend einen von der bisherigen Praxis abweichenden Standpunkt zur zeitlichen Reichweite des Auskunftsantrags und -tenors eingenommen hätten. Nur vorsorglich trägt der Kläger weiter zu Verletzungshandlungen nach dem 11.11.92 vor. Insoweit wird auf die Berufungsbegründung verwiesen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Landgerichts dahin abzuändern, dass die Beklagten verurteilt werden,

a) dem Kläger darüber Rechnung zu legen, in welchem Umfang

aa) die Beklagten zu 1) und 2) ab dem 11.11.92

bb) die Beklagte zu 3) im Zeitraum vom 11.11.92 bis 31.12.94 und

cc) die Beklagte zu 4) im Zeitraum vom 11.11.92 bis 28.02.95 ein Taxametersystem angeboten und/oder in den Verkehr gebracht und/oder gebraucht haben und etwa noch anbieten werden, das durch Codierkarten betätigt wird, auf denen die Anzahl der zulässigen Fahrerschichten speicherbar ist und bei dem durch ein Lese- und Schreibgerät die noch zulässigen Restschichten eingelesen und abgespeichert werden können, und zwar unter Angabe der Liefermengen, Lieferzeiten, Lieferpreisen und der Abnehmer, ferner der Zahl und des Inhalts von Angeboten, sowie der Namen und Anschriften der Angebotsempfänger, einschließlich der Gestehungskosten und einschließlich sämtlicher Kostenfaktoren und des erzielten Gewinns, ferner unter Angabe der Art und des Umfangs der betriebenen Werbung, aufgeschlüsselt nach Kalendervierteljahren, Bundesländern und Werbeträgern;

b.) die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben an Eides Statt zu versichern.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres in erster Instanz gehaltenen Vortrags. Ergänzend tragen sie vor, der neue Vortrag des Klägers zu Patentverletzungen nach dem 11.11.92 sei verspätet und falsch. Im einzelnen wird auf die Berufungserwiderung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die auf Auskunft für die Zeit nach dem 10.11.92 gerichtete Klage im Ergebnis zutreffend abgewiesen. Allerdings war die Klage auch in diesem, in der Berufungsinstanz angefallenen Umfang, nicht erst unbegründet, sondern schon unzulässig. Der hier streitgegenständliche Anspruch auf Auskunft über Verletzungshandlungen hinsichtlich derselben angegriffenen Ausführungsform, die bereits dem Auskunftsbegehren im Rechtsstreit vor den Berliner Gerichten zugrundegelegen hat, ist identisch mit dem Streitgegenstand des Vorprozesses. Daher ist ein Fall der res iudicata gegeben. Dem neuen Verfahren steht als negative Prozessvoraussetzung das Verfahrenshindernis der Rechtskraft entgegen. Die bereits vorliegende Verurteilung der Beklagten zur Auskunft durch das Landgericht Berlin und das Kammergericht, die sich nach dem eigenen Vortrag des Klägers auf die selbe Vorrichtung bezieht, die auch im vorliegenden Rechtsstreit als patentverletzend angegriffen wird, macht ein neues Verfahren und eine weitere Entscheidung daher schlechthin unzulässig (BGHZ 93, 289; 123, 34).

In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, wie in Patentverletzungsprozessen ein Antrag auf Auskunft und eine entsprechende Verurteilung in zeitlicher Hinsicht auszulegen sind. Nach einer vom Oberlandesgericht Düsseldorf vertretenen Ansicht (Mitt. 2001, 424, 429 - Längenverstellbares Trageelement), die das Landgericht im vorliegenden Fall teilt, ist die Verurteilung zur Auskunft auf den Zeitraum bis zur letzten mündlichen Verhandlung begrenzt, weil es an den Voraussetzungen für eine Verurteilung zu zukünftiger Leistung nach § 259 ZPO fehle. Diese Vorschrift setze einen in seinen Grundlagen bereits bestehenden Anspruch voraus. Ein Anspruch auf Auskunft für die Zeit nach der letzten mündlichen Verhandlung hänge aber ebenso wie der ihm zugrundeliegende Schadenersatzanspruch davon ab, ob der Beklagte nach Verhandlungsschluss neue Benutzungshandlungen begehe. Dies sei aber gänzlich ungewiss. Demgegenüber wird auch vertreten (Busse 5. Aufl. § 140b PatG Rdnr. 56; Meier-Beck GRUR 1998, 276, 280) der Antrag (und dem entsprechend der Tenor eines Urteils) sei mangels abweichender Anhaltspunkte als auch auf künftige Rechnungslegung gerichtet auszulegen.

Der Senat folgt der zuletzt genannten Ansicht. Der Anspruch des Patentinhabers auf Auskunft für die Zeit nach der letzten mündlichen Verhandlung setzt entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht voraus, dass der Patentverletzer nach der mündlichen Verhandlung weitere patentverletzende Handlungen begeht. Vielmehr führt (jedenfalls im Patentrecht) bereits ein einziger in der Vergangenheit nachgewiesener Fall der Patentverletzung dazu, dass der Verletzer dem Patentinhaber ohne zeitliche Beschränkung für die gesamte Schutzdauer Rechnung zu legen hat. Einer zeitlichen Abgrenzung bedarf es dabei lediglich insoweit, als der Zeitraum, innerhalb dessen eine Benutzungshandlung erfolgt ist, für deren Kennzeichnung als schuldhaft rechtswidrige Verletzungshandlungen bestimmend ist. So muss, wenn das Patent bei Erlass des Urteils bereits abgelaufen sei, der Zeitpunkt des Erlöschens, und dann, wenn etwa die Benutzung erst von einem bestimmten Zeitpunkt ab als rechtswidrig und schuldhaft angesehen werden kann, dieser Zeitpunkt festgelegt werden. Abgesehen hiervon entbehrt aber sowohl die Feststellung der Schadensersatzpflicht als auch der Verurteilung zur Rechnungslegung jeder zeitlichen Beziehung (BGHZ 117, 264, 278 - Nicola). Daher hängt nach materiellem Recht zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz ein Anspruch auf Schadenersatz und damit auch der zu dessen Bezifferung dienende Hilfsanspruch auf Auskunft nicht von dem Eintritt eines ungewissen künftigen Ereignisses (neuer Patentverletzungen), sondern allein von dem vorhersehbaren weiteren künftigen Zeitablauf ab. Nur wenn der Verletzer die Verletzungshandlung bereits ernsthaft und endgültig aufgegeben hat, kommt eine zeitliche Grenze des Auskunftsanspruchs in Betracht. Für die Annahme einer endgültigen Beendigung der Verletzungshandlungen spricht aber im Regelfall nichts, weil - wie im vorliegenden Fall - bei einer gleichzeitigen Verurteilung zur (zukünftigen) Unterlassung stets eine Wiederholungsgefahr festgestellt worden ist. Die Annahme, die letzte mündliche Verhandlung habe für den Willen des Beklagten zur Patentverletzung eine Zäsurwirkung, erscheint auch deshalb verfehlt, weil diese Annahme mit der Tatsache, dass derselbe Verletzer sein Verhalten soeben in der letzten mündlichen Verhandlung noch als rechtmäßig verteidigt hat, nicht in Einklang zu bringen ist. Nichts spricht dafür, dass in einem solchen Fall der Beklagte allein unter dem Eindruck der mündlichen Verhandlung - regelmäßig noch vor Verkündung des Urteils - seinen Willen zu weiteren Patentverletzungen bereits endgültig aufgeben wird. Neben den materiellrechtlichen Voraussetzungen für einen Auskunftsanspruch sind auch die prozessualen Voraussetzungen nach § 259 ZPO damit im Regelfall ohne weiteres gegeben. Im übrigen vermag die Gegenmeinung nicht zu erklären, warum gerade der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Berufungsinstanz maßgebend sein soll, wenn - wie im vorliegenden Fall - nur der Beklagte gegen die Verurteilung Berufung eingelegt hat. Die Gegenmeinung müsste die von ihr aufgestellten Grundsätze konsequenterweise auch auf das Urteil des Landgerichts in erster Instanz anwenden und dem Kläger ohne Anschlussberufung keinen über die mündliche Verhandlung in erster Instanz zeitlich hinausgehenden Schadenersatz- und Auskunftsanspruch zuerkennen. Weiter sprechen gegen die Gegenansicht gewichtige Gründe der Prozessökonomie. Die prozessualen Bedenken gegen eine zeitlich nur durch die Schutzdauer des verletzten Rechts begrenzte Pflicht zur Auskunft würden dazu führen, dass jeder im Verletzungsverfahren erfolgreiche Patentinhaber spätestens dann, wenn ihm die endgültige Durchsetzung des Unterlassungstitels gelungen ist, gezwungen wäre, erneut Klage auf Auskunft für die Zeit von der letzten mündlichen Verhandlung bis zur endgültigen Einstellung der Patentverletzungen zu erheben. Dies würde zu einer unnötigen und wegen der Gefahr widersprechender Entscheidungen unerwünschten Verdopplung der Rechtsstreitigkeiten beitragen.

Der vorliegende Fall unterscheidet sich von dem vorstehend zu Grunde gelegten Regelfall nicht. Der Antrag und der Tenor des Urteils des Kammergerichts erfassen ausdrücklich auch erst zukünftig eintretende Schäden, so dass einer entsprechenden Auslegung des Auskunftstenors nichts entgegensteht. Aus der Tatsache, dass § 259 ZPO in den Entscheidungsgründen des Kammergerichts nicht ausdrücklich erwähnt wird, kann nicht geschlossen werden, das Kammergerichts habe diese Vorschrift nicht anwenden wollen und deshalb einen über die letzte mündliche Verhandlung hinausgehenden Auskunftsanspruch nicht zuerkennen wollen. Vielmehr liegen angesichts der festgestellten Wiederholungsgefahr die Voraussetzungen von § 259 ZPO so klar zu Tage, dass es keiner weiteren Begründung hierzu bedurfte. Schließlich darf auch keine ausschlaggebende Bedeutung haben, dass das Kammergericht als Beschwerdegericht im Verfahren der Zwangsvollstreckung (in anderer Besetzung als im Erkenntnisverfahren) die Ansicht vertreten hat, es fehle an einem Auskunftstitel für die Zeit nach der letzten mündlichen Verhandlung im Erkenntnisverfahren, denn darin liegt keine - gleichsam autorisierte - Interpretation des Titels, sondern lediglich eine von der Meinung des hier erkennenden Senats abweichende Beurteilung einer Rechtsfrage.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 712 ZPO. Die Revision war im Hinblick auf die grundsätzliche Frage der Reichweite einer Verurteilung zur Auskunft in Patentverletzungssachen zuzulassen.

Die zugelassene Revision ist unter dem Az. X ZR 234/02 erhoben.

Ende der Entscheidung

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