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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 23.07.2003
Aktenzeichen: 6 U 203/01
Rechtsgebiete: BGB, InsO, GmbHG


Vorschriften:

BGB § 393
InsO § 135 Nr. 2
InsO § 53
InsO § 55 Abs. 1 Nr. 2
GmbHG § 32 a
1. Entzieht der Gesellschafter der Gesellschaft existenznotwenige Liquidität durch verdeckte oder wie hier offene Ausschüttungen und gefährdet damit die Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit nachhaltig, so ist gegen den hieraus resultierenden Ersatzanspruch wegen schuldhafter Treuepflichtverletzung die Aufrechnung des Gesellschafters mit Ansprüchen auf Auszahlung des restlichen Geschäftsführergehalts nach § 393 BGB unzulässig.

2. Die Aufrechnung des Gesellschafters unterliegt im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft der Anfechtung des Insolvenzverwalters nach 135 Nr. 2 Ins0, weil die stehen gelassenen Geschäftsführergehälter des Gesellschafters nach Kapitalersatzregeln gebundenes Gesellschaftsvermögen sind, § 32 a Abs.1 und Abs. 3 GmbHG.

3. Die Befugnis zur Aufrechnung mit Geschäftsführervergütungsansprüchen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, die Masseverbindlichkeiten sind, gegen den Geldanspruch der Insolvenzmasse greift nach § 53 InsO nicht mehr, wenn Masseunzulänglichkeit durch den Verwalter angezeigt ist und die Masse zur Befriedigung der Massegläubiger nicht ausreicht. Der Gesellschafter müsste zunächst zur Masse leisten, ehe er gegebenenfalls als Massegläubiger (Teil-) Befriedigung erhielte.


OBERLANDESGERICHT KARLSRUHE Im Namen des Volkes Urteil

6 U 203/01

Verkündet am: 23.07.2003

In Sachen

wegen Forderung

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 09.07.2003 durch

Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. Lippok Richter am Oberlandesgericht Dr. Schnauder Richter am Landgericht Dr. Kircher

für Recht erkannt:

Tenor:

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mosbach vom 28. November 2001 - 1 O 77/01 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen dem Beklagten zur Last.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung des Klägers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 80.000 € abwenden, wenn nicht der Kläger vor Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der T.-Immobilien GmbH (Gemeinschuldnerin). Der Beklagte war und ist Geschäftsführer und alleiniger Gesellschafter der durch Gesellschaftsvertrag vom 25.04.1996 mit einem Stammkapital von DM 50.000,00 gegründeten Gemeinschuldnerin; sein jährliches Geschäftsführergehalt beträgt ausweislich des Anstellungsvertrages DM 70.000,00 brutto (Amtsgericht Mosbach IN 70/00, As. 201, 203). Das Insolvenzverfahren wurde am 16.02.2001 eröffnet, der Kläger hat am 06.03.2001 Masseunzulänglichkeit angezeigt.

Im Jahre 1998 nahm der Beklagte aus dem Gesellschaftsvermögen die Summe von DM 141.977,38, die er im Kontennachweis zur Bilanz zum 31.12.1998 als "Forderungen gegen Gesellschafter" verbuchte und deren Rückzahlung er, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, schuldet. Der Fehlbetrag für das Wirtschaftsjahr 1998 wurde mit DM 34.585,22 ausgewiesen, der Personalaufwand mit DM 0,00 angegeben; zusammen mit dem Verlustvortrag aus dem Vorjahr in Höhe von DM 12.556,25 wurde für das Wirtschaftsjahr 1999 ein Bilanzverlust von DM 47.141,47 vorgetragen.

Der Beklagte hat gegen die Rückzahlungsforderung des Klägers mit Ansprüchen auf restliche Zahlung des Geschäftsführergehaltes aus den Jahren 1999 und 2000 in Höhe von DM 140.603,65 zuzüglich Verzugszinsen für rückständige Vergütungen sowie mit Ansprüchen auf Fortzahlung der Geschäftsführervergütung ab Verfahrenseröffnung die Aufrechnung erklärt (Schriftsatz des Beklagten vom 23.07.2001, I 45/47 ff.).

Das Landgericht hat der Zahlungsklage stattgegeben und den Aufrechnungseinwand zurückgewiesen.

Dagegen richtet sich die Berufung des Beklagten. Er habe seinerzeit entgegen der Annahme des Landgerichts den Betrag der Hauptforderung nicht rechtsgrundlos entnommen, vielmehr habe es sich um eine "Leihe des Geldes" gehandelt. Mit Rücksicht hierauf habe er sich in den Folgejahren nur einen Teil des Geschäftsführergehaltes ausbezahlt. Es sei unrichtig, dass der Grund hierfür eine Krise der GmbH gewesen sei. Für eine entsprechende Feststellung (LGU 6) fehle es an der Sachkunde des Landgerichts. Daher scheide auch die vom Kläger geltend gemachte Anfechtung der Aufrechnung aus. Ohnehin bestehe sein Anstellungsverhältnis zur Gemeinschuldnerin mangels Kündigung des Klägers fort, so dass ihm für die Zeit ab Verfahrenseröffnung Masseforderungen zustünden, die er seiner Aufrechnung - für den Kläger unanfechtbar - zugrunde legen könne.

Der Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger tritt der Berufung entgegen. Er stellt die Gegenansprüche des Beklagten in Abrede und bestreitet bereits, dass der Beklagte, wie er behauptet, in den Jahren 1999 und 2000 nur ein reduziertes Geschäftsführergehalt erhalten habe. Das könne er nicht nachvollziehen, da der Beklagte entgegen seiner Verpflichtung als Geschäftsführer keine Bücher geführt und sich damit auch strafbar gemacht habe. Ein Gehaltsanspruch stehe ihm daher nicht zu. Selbst wenn er sein Geschäftsführergehalt zum großen Teil habe stehen lassen, könne er nach den Grundsätzen des Kapitalersatzrechts mit den offenen Forderungen nicht aufrechnen. Denn die GmbH habe sich seinerzeit offenkundig in der Krise befunden.

Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Beklagten ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat den Beklagten mit Recht gemäß dem Zahlungsantrag des Klägers verurteilte. Der hiergegen vorgebrachte Berufungsangriff ändert an der rechtlichen Beurteilung nichts.

1. Aufrechenbare Hauptforderung

Gegen die Rückzahlungsforderung des Klägers ist eine Aufrechnung mit (Gehaltsforderungen) bereits unzulässig, § 393 BGB. Denn dieser liegt eine pflichtwidrige Entnahme aus dem Gesellschaftsvermögen zugrunde, aufgrund deren der Beklagte als geschäftsführender Alleingesellschafter wegen Verletzung seiner Treuepflicht im Sinne des § 266 StGB der Gesellschaft deliktisch nach § 823 Abs. 2 BGB haftet.

Die 1996 gegründete Gesellschaft wurde von Anfang an mit Verlusten geführt, die das Reinvermögen der Gesellschaft rasch aufzehrten. Das ergibt sich aus dem Jahresabschluss 1998 (Amtsgericht Mosbach IN 70/00, Anlage). Dieser weist für die Jahre 1997 und 1998 jeweils einen erheblichen Fehlbetrag von über DM 28.000,00 (1997) bzw. DM 34.000,00 (1998) aus. Der Beklagte selbst räumt ein (Schriftsatz vom 17.01.2002, II 21), dass durch die Entnahmen 1998 eine Unterbilanz entstanden sei. Das allein begründet schon in deren Höhe die Pflicht zur Rückerstattung der zur Wiederherstellung der Deckung des Stammkapitals erforderlichen Liquidität, §§ 30 f. GmbHG. Unabhängig von diesen Kapitalschutzregeln besteht jedoch die - nach § 266 StGB strafbewehrte - Pflicht auch eines Alleingesellschafters, selbst jenseits der Stammkapitalziffer nachteilige Einwirkungen auf das Gesellschaftsvermögen dann zu unterlassen, wenn die Existenz der Gesellschaft auf dem Spiel steht. Entzieht der Gesellschafter der Gesellschaft existenznotwendige Liquidität durch verdeckte oder wie hier offene Ausschüttungen und gefährdet damit die Fortsetzung der Unternehmenstätigkeit nachhaltig, so haftet er der Gesellschaft aus dem Gesichtspunkt der schuldhaften Treupflichtverletzung. Das gilt auch für den alleinigen Gesellschafter einer GmbH (OLG Karlsruhe, OLGR 1997, 79, 82 m. Nachw. zu der abweichenden Rspr. des II. Zivilsenats des BGH; Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 3. Aufl., 1997, § 37 III 7; § 9 IV 4 c; M. Winter, Mitgliedschaftsrechtsrechtliche Treubindungen im GmbH-Recht, 1988, Seite 203; ders. ZGR 1994, 570, 581).

So liegt es im Streitfall. Der Beklagte hat sich eine Geschäftsführervergütung im Jahre 1998 nicht ausgezahlt, sondern Liquiditätsmittel der GmbH als Privatentnahmen umgebucht, weil er nach Überzeugung des Senats eine bilanzielle Überschuldung der GmbH vermeiden wollte. Durch den Buchungsvorgang (aufschlussreich ist insoweit die Bemerkung im Anhang zum Jahresabschluss 1998 unter 3. b, Blatt 10) konnte der Beklagte die tatsächliche Verschuldung der GmbH verschleiern. Ohne den Aktivposten "Forderung gegen Gesellschafter" hätte der tatsächliche Fehlbetrag über DM 175.000,00 betragen. Da stille Reserven nicht vorhanden waren (vgl. Bericht des Insolvenzverwalters zu den Vermögensverhältnissen der Gemeinschuldnerin, AG Mosbach, IN 70/00, As. 265 - 269), überstiegen seinerzeit die Verbindlichkeiten der Gesellschaft bereits deren Aktivvermögen, so dass von einer rechnerischen Überschuldung gesprochen werden muss. In einer solchen Lage besteht die Pflicht eines ordnungsgemäß handelnden Gesellschafters, der zusätzliches Eigenkapital nicht mehr aufbringen und der Gesellschaft zuführen will, darin, auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens anzutragen. Keinesfalls darf er sich aus eigennützigen Motiven über das Eigen- bzw. Bestandsinteresse der GmbH hinwegsetzen und deren Vermögen auf sich übertragen. Der die Existenz der GmbH gefährdende Kapitalabzug des Beklagten in Höhe von über DM 140.000,00 in der kritischen Zeit stellt sich strafrechtlich als Untreuehandlung dar. Der Entzug von liquiden Mitteln ist aber zugleich als deliktische Treupflichtverletzung zu qualifizieren, die einen Haftungstatbestand gegenüber dem ungetreuen Geschäftsführer/Gesellschafter auslöst.

Der Beklagte kann deswegen nicht gegen die aus einem solchen Verhalten resultierende Ersatzforderung aufrechnen, § 393 BGB. Diese Bestimmung greift auch ein, wenn mit dem deliktischen Anspruch andere Anspruchsgrundlagen, wie z.B. ein Darlehensvertrag, der hier in Rede steht, konkurrieren (Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 393 Rdn. 3 m.w.Nachw.).

2. Gegenforderungen

Die Aufrechnung des Beklagten hat aber materiell-rechtlich auch schon aus den nachfolgend angeführten Gründen keinen Erfolg, die mit der Aufrechnungsforderung zusammen hängen, sei es dass entsprechende Zahlungsansprüche nicht bestehen bzw. der Bindung nach Eigenkapitalersatzregeln unterliegen (a), oder dass ihrer Geltendmachung eine peremptorische Einrede entgegensteht, die sie entkräftet, so dass sich der Aufrechnungseinwand jeweils als unbegründet erweist (b).

a) Vergütungsansprüche vor Verfahrenseröffnung

Soweit Vergütungsansprüche des Beklagten aus der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Gegenstand der Aufrechnungsforderung sind, scheitert die Aufrechnung schon daran, dass solche Ansprüche nicht nachgewiesen sind. Der Kläger bestreitet den Vortrag des Beklagten, er habe in den Jahren 1999 und 2000 lediglich Teilleistungen auf seine Gehaltsforderungen erhalten. Das Bestreiten darf dabei mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) erfolgen, weil der Kläger - wie er geltend macht - wegen der unterbliebenen Buchführung des Beklagten über Gehaltszahlungen der Gemeinschuldnerin an den Beklagten keine Kenntnis hat.

Selbst wenn man, wie es das Landgericht tut, die Behauptung des Beklagten als richtig unterstellt und annimmt, dem Beklagten stünden noch Vergütungsansprüche (einschließlich Zinsen) in Höhe von DM 143.824,47 aus der Zeit vor Verfahrenseröffnung zu, führt die erklärte Aufrechnung nicht zum Ziel.

Der Aufrechnung stünde nämlich die Anfechtung des Klägers gemäß § 135 Nr. 2 InsO entgegen. Danach ist eine Rechtshandlung, die für die Forderung eines Gesellschafters auf Rückgewähr eines kapitalersetzenden Darlehens oder für eine gleichgestellte Forderung Befriedigung gewährt hat, anfechtbar, wenn die Handlung im letzten Jahr vor dem Eröffnungsantrag oder nach diesem Antrag vorgenommen worden ist. Der Beklagte hat die Aufrechnungserklärung nach Insolvenzeröffnung abgegeben. Zur Aufrechnung waren restliche Vergütungsansprüche gestellt, deren Befriedigung die Anfechtungserklärung entgegenwirken soll. Denn diese Zahlungsforderungen des Beklagten betreffen nach Kapitalersatzregeln gebundenes Gesellschaftsvermögen, § 32 a Abs. 1 und Abs. 3 GmbHG. Auch das für eine Dienstleistung vereinbarte Entgelt kann Eigenkapitalersatz sein (Karsten Schmidt in: Scholz, GmbHG, 9. Aufl., §§ 32 a, 32 b Rdn. 116 m.w.Nachw.).

Es besteht im Hinblick auf die vorliegenden Unterlagen der vorangegangenen Wirtschaftsjahre und den daraus folgenden Daten der GmbH kein vernünftiger Zweifel daran, dass der Beklagte sich die Vergütung mangels Liquidität der Gesellschaft nicht ausgezahlt hat. Da der Beklagte über die Geschäftsvorgänge ab 1999 keine Bücher führte und im übrigen auch nichts dafür spricht, dass sich die wirtschaftliche Lage der GmbH nach dem 31.12.1998 verbessert haben könnte, kann eine dem Beklagten günstigere Feststellung nicht zugrunde gelegt werden. Ordentliche Kaufleute hätten der Gesellschaft, wenn sie, wie geschehen, als werbendes Unternehmen fortgeführt werden sollte, das erforderliche Eigenkapital zugeführt. Aus diesem Grund sind die stehengelassenen Geschäftsführergehälter als Kapitalersatz im Vermögen der Gemeinschuldnerin gebunden. Der Beklagte kann in der Insolvenz nicht Rückgewähr, das heißt hier Erfüllung der Vergütungsforderung beanspruchen. Damit unterliegt auch eine Aufrechnung mit dieser Forderung nach § 135 Nr. 2 InsO der Anfechtung.

b) Vergütungsansprüche ab Verfahrenseröffnung

Soweit der Beklagte Vergütungsansprüche des Beklagten ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Aufrechnung stellt, führt das ebenfalls nicht zum Erlöschen (eines Teiles) der Hauptforderung.

Diese Gegenforderung hat das Landgericht, wie dem Beklagten zu konzedieren ist, im angefochtenen Urteil nicht gesondert berücksichtigt. Sie teilt nicht das rechtliche Schicksal wie die als einfache Insolvenzforderung einzustufenden Gehaltsansprüche vor der Verfahrenseröffnung. Vergütungsansprüche nach der Insolvenzeröffnung sind Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 2 InsO und damit bis zur Beendigung des Vertrages zu erfüllen (§§ 108 Abs. 1, 113 Abs. 1 InsO). Die Zahlungspflicht besteht unabhängig davon, ob der Insolvenzverwalter den Dienstverpflichteten beschäftigen kann oder will. Kann der Verwalter die Dienstleistungen nicht mehr annehmen, etwa weil - was der Kläger hier geltend macht - der Insolvenzschuldner den Geschäftsbetrieb bereits eingestellt hatte, so bleibt der Verwalter gleichwohl unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs zur Zahlung der Vergütung aus der Insolvenzmasse verpflichtet, § 615 BGB (LAG Baden-Württ., DB 1982, 285; OLG Köln, ZIP 1987, 928). Mangels Kündigung des Klägers besteht dieser Zahlungsanspruch des Beklagten bis heute fort.

Seiner Durchsetzung steht allerdings ein durchgreifender Einwand der Gesellschaft und damit auch des Klägers aus der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht des Beklagten entgegen. Diese Pflicht geht dahin, das lediglich aus einem Anspruch gegen den Beklagten auf Rückzahlung einer Privatentnahme bestehende Massevermögen der Gemeinschuldnerin, deren Betrieb bei Verfahrenseröffnung bereits eingestellt war und die schon geraume Zeit vorher keine Geschäftsführervergütung mehr gezahlt hatte, nicht durch die Forderung des Geschäftsführergehalts weiter zu schmälern, wenn eine Dienstleistung in der fraglichen Zeit weder erforderlich war noch von dem Geschäftsführer erbracht worden ist.

Selbst wenn man den Beklagten schließlich in der Durchsetzung seiner Gehaltsforderung durch die spezifische Treuepflicht als Alleingesellschafter nicht gehindert sähe, hätte seine Rechtsverteidigung im vorliegenden Erkenntnisverfahren letztlich keinen Erfolg. Zwar könnte er als Massegläubiger mit seinem Zahlungsanspruch gegen einen Geldanspruch der Insolvenzmasse grundsätzlich wirksam aufrechnen. Die Aufrechnungsbefugnis von Massegläubigern wird durch das Insolvenzverfahren im Hinblick auf § 53 InsO prinzipiell nicht beschränkt; die §§ 95 f. InsO finden nur auf Insolvenzgläubiger und nicht für und gegen Massegläubiger Anwendung (Frotscher, in: Gottwald [Hrsg.], Insolvenzrechtshandbuch 2. Aufl., § 45 Rdn. 102 m.w.Nachw.). Die Aufrechnungsbefugnis greift jedoch nicht mehr ein, wenn wie hier Masseunzulänglichkeit durch den Verwalter angezeigt ist und die Masse zur Befriedigung der Massegläubiger nicht ausreicht. Der Gesetzgeber hat die Frage, ob die Aufrechnung mit Masseforderungen im Falle der Masseunzulänglichkeit Beschränkungen unterliegt, der Rechtsprechung überlassen (BT Drucks. 12/7302, S. 180). Für den Fall, dass eine Befriedigung der Massegläubiger nach Rangverhältnis oder nach Quoten gemäß § 209 InsO erforderlich werden könnte, wird aber mit Recht eine Einschränkung der Aufrechnungsbefugnis der Altmassegläubiger mit Rücksicht auf das Vollstreckungsverbot des § 210 InsO gefordert (Smid, in: InsO, § 96 Rdn. 9; App, in: Frankfurter Kommentar zur InsO, 2. Aufl., § 96 Rdn. 20; Frotscher, a.a.O., Rdn. 104; zu der Vorgängervorschrift § 55 KO ebenso im Ergebnis BGHZ 130, 38, 44 f., 47 [für Neumasseforderungen]; Kuhn/Uhlenbruck, KonkursO, 10. Aufl., § 55 Rdn. 7 g). Bei einer Berichtigung gemäß § 53 InsO wäre der Beklagte nämlich mit letztem Rang zu bedienen (§ 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO), weil es sich bei den Entgeltansprüchen des Beklagten lediglich um nachrangige Alt-Masseverbindlichkeiten handelt, denen die Neu-Masseverbindlichkeiten und insbesondere die Verfahrenskosten vorgehen. Das bedeutet, dass der Beklagte zunächst zur Masse leisten müsste, ehe er gegebenenfalls als Massegläubiger (Teil-)Befriedigung erhielte.

3. Nach alledem unterliegt die Berufung des Beklagten der Zurückweisung mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Anordnung der sofortigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, 711 ZPO. Revisionszulassungsgründe gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor; das Urteil beruht nicht auf den angesprochenen rechtsgrundsätzlichen Fragen (vgl. unter 1. und 2. b a.E.).

Ende der Entscheidung

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