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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 07.02.2002
Aktenzeichen: 6 U 47/01
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 24 Abs. 1
MarkenG § 24 Abs. 2
Die Verwendung der als Marke u.a. für Sportwagen geschützten stilisierten schwarzen Pferde-Abbildungen auf gelbem Untergrund durch einen Nichtberechtigten zur Gestaltung einer seitlichen Dachverkleidung eines überdachten Abstellplatzes im Innenhof eines Autohauses, in welchem neben exklusiven Neu- und Gebrauchtfahrzeugen bekannter Hersteller auch solche der Marke Ferrari gehandelt werden , widerspricht noch nicht § 24 Abs. 2 MarkenG.
Tatbestand:

Die Klägerin ist Inhaberin der international registrierten und auch für die Bundesrepublik Deutschland Schutz genießenden Bildmarke Nr. IR 338 988 (Klagemarke), die die stilisierte Darstellung eines springenden Pferdes zeigt. Sie nutzt die Klagemarke in umfangreicher Weise und bringt sie auch auf den von ihr hergestellten exklusiven Sportwagen an.

Die Beklagte 1, deren Geschäftsführer der Beklagte 2 ist, betrieb bis zum 31.12.1999 in S. ein Autohaus, in welchem sie mit exklusiven Neu- und Gebrauchtfahrzeugen der Hersteller Daimler-Benz, Porsche, Bugatti, Aston-Martin, Rolls Royce, Lamborgini, Jaguar und Ferrari handelte. Sie bezeichnet sich als Europas größter Verkäufer von Ferrari-Fahrzeugen, war jedoch niemals in das Vertriebssystem der Klägerin eingebunden. Im August 1999 brachte sie auf der in gelber Farbe gehaltenen seitlichen Dachverkleidung eines überdachten Abstellplatzes im Innenhof rund ein Dutzend schwarzer Pferde-Abbildungen an. Ferner verzierte sie die rot lackierten Pfosten zu beiden Seiten der Zufahrt zu diesem Abstellplatz mit zwei schmiedeeisernen, vergoldeten Pferden in der Haltung des aus der Klagemarke ersichtlichen springenden Pferdes.

Die Klägerin hat hierin eine Verletzung der Klagemarke erblickt. Die Klagemarke sei besonders kennzeichnungskräftig. Die schwarzen Pferdchen auf der Dachverkleidung seien ihr ähnlich. Der Verkehr fasse diese Pferdchen nicht als Hinweis auf die Landeshauptstadt Stuttgart auf, sondern sehe in ihnen Abbildungen des Ferrari-Pferdes. Damit hätten die Beklagten das ihnen zustehende Recht missbraucht, werbend darauf hinzuweisen, dass sie mit Ferrari-Fahrzeugen handelten. Vielmehr werde der unzutreffende Eindruck erweckt, die Beklagte 1 sei Vertragshändlerin der Klägerin.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr ein auf den Verkauf von Kraftfahrzeugen gerichtetes Unternehmen mit "Pferdchen-Abbildungen" zu kennzeichnen, wie aus der beigefügten Abbildung ersichtlich.

Die Klägerin hat ferner Verurteilung der Beklagten zur Auskunft beantragt und die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten begehrt.

Die Beklagten haben Klageabweisung beantragt.

Sie haben vorgetragen, der Verkehr fasse die schwarzen Pferdchen auf der Dachverkleidung als Hinweis auf das Wappentier der Landeshauptstadt Stuttgart auf und verwechsle sie daher nicht mit der Klagemarke. Die Pferdchen wirkten insgesamt massiger und unterschieden sich deutlich von dem für die Klägerin geschützten springenden Pferd. Weder durch die Abbildungen auf der Dachverkleidung noch durch die Anbringung der vergoldeten Pferdeplastiken an der Zufahrt zum Ausstellplatz werde das äußere Erscheinungsbild der Betriebsstätte der Beklagten derart geprägt, dass der Verkehr auf einen Vertragshändler der Klägerin schließe. Vielmehr werde insgesamt der Eindruck erweckt, dass mit exklusiven Fahrzeugen aller Marken kompetent Handel betrieben werde.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben.

Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgen die Beklagten ihr Klagabweisungsbegehren weiter. Zur Begründung tragen sie insbesondere vor, zwischen der Klagemarke und den Pferdchen auf der Dachverkleidung bestehe keine Verwechslungsgefahr. Die Klagemarke sei allenfalls potentiellen Käufern exklusiver Automobile bekannt. Dieser Personenkreis wisse, dass es sich bei den Abbildungen auf der Dachverkleidung um das Emblem der Firma Porsche handele. Mit Kraftfahrzeugen dieses Herstellers habe die Beklagte 1 ebenfalls in großem Umfang Handel betrieben. Die schmiedeeisernen Pferde-Figuren am Portal der Ausstellungshalle verbinde der Betrachter in gleicher Weise wie die übrigen Pferdchen mit dem Porsche-Emblem. Im übrigen sei das Markenrecht der Klägerin erschöpft. Den Beklagten sei es nicht verwehrt, mit Ferrari-Automobilen zu handeln und darauf werbend hinzuweisen. Die beanstandeten Pferdchen-Darstellungen hielten sich im Rahmen einer hiernach zulässigen Werbung. Die Gestaltung der Betriebsstätte in ihrer Gesamtheit schließe die Annahme aus, es handele sich bei ihr um einen Ferrari-Vertragshändler.

Die Klägerin tritt der Berufung unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens entgegen. Ergänzend führt sie aus, die Klagemarke sei bekannt. Ihre Kennzeichnungskraft sei durch intensive Benutzung, insbesondere durch die Berichterstattung über den Motorsport in der Formel 1 gestärkt worden. Die Klagemarke werde ferner auf zahlreichen Merchandising-Produkten angebracht. Zwischen ihr und den angegriffenen Pferdchen bestehe Verwechslungsgefahr. Diese seien auch kein Hinweis auf das Porsche-Emblem. Die beanstandete Werbung sei der Beklagten auch nicht im Rahmen des § 24 Abs. 1 MarkenG gestattet. Die Klägerin könne sich vielmehr der Benutzung ihrer Marke aus berechtigten Gründen widersetzen, da hierdurch dem Verkehr vorgespiegelt werde, die Beklagte 1 sei ein Ferrari-Vertragshändler.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung hat Erfolg. Die Beklagten können den von der Klägerin geltend gemachten markenrechtlichen Ansprüchen mit Erfolg den Einwand der Erschöpfung entgegenhalten.

Nach § 24 Abs. 1 MarkenG hat der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung nicht das Recht, einem Dritten zu untersagen, die Marke oder die geschäftliche Bezeichnung für Waren zu benutzen, die unter dieser Marke oder dieser geschäftlichen Bezeichnung von ihm oder mit seiner Zustimmung im Inland, in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum in den Verkehr gebracht worden sind. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, hat nach ständiger Rechtsprechung der Wiederverkäufer einer solchen mit Zustimmung des Markeninhabers in Verkehr gebrachten Originalware nicht nur das Recht, die mit der Marke versehene Ware weiter zu verkaufen, sondern auch das Recht, die Marke zu benutzen, um in der Öffentlichkeit für diese Waren zu werben. Eine Erschöpfung nach § 24 Abs. 1 MarkenG tritt mithin nicht nur für die mit der geschützten Marke versehene Ware, sondern auch für das Werbe- und Ankündungsrecht ein.

Im Streitfall sind die Voraussetzungen des Erschöpfungstatbestandes des § 24 Abs. 1 MarkenG gegeben. Die Beklagte 1 hat während ihrer Geschäftstätigkeit Sportwagen der Marke Ferrari veräußert, die mit Zustimmung der Klägerin in Deutschland bzw. in einem der übrigen Mitgliedstaaten der Europäischen Union in Verkehr gebracht worden sind. Dies hat die Klägerin nicht in Abrede gestellt. Für diese Verkaufstätigkeit hat die Beklagte 1 mit den angegriffenen Zeichendarstellungen auf der Dachverkleidung und am Portal geworben. Der interessierte Kunde sollte mit auf die Möglichkeit hingewiesen werden, bei der Beklagten 1 Ferrari-Sportwagen erwerben zu können.

Gem. § 24 Abs. 2 MarkenG findet Absatz 1 keine Anwendung, wenn sich der Inhaber der Marke oder der geschäftlichen Bezeichnung der Benutzung der Marke oder geschäftlichen Bezeichnung im Zusammenhang mit dem weiteren Vertrieb der Waren aus berechtigten Gründen widersetzt, insbesondere, wenn der Zustand der Waren nach ihrem Inverkehrbringen verändert oder verschlechtert ist. Zu Recht geht das Landgericht davon aus, dass ein berechtigter Grund i.S.d. § 24 Abs. 2 MarkenG dann vorliegen kann, wenn die Marke bzw. das mit der Marke verwechslungsfähige Zeichen in der Werbung der Beklagten in einer Weise benutzt wird, die den Eindruck erwecken kann, dass eine Handelsbeziehung zwischen der Beklagten 1 als Wiederverkäuferin und der Klägerin als Markeninhaberin besteht, insbesondere der unzutreffende Eindruck erweckt wird, dass das Unternehmen der Beklagten 1 dem Vertriebsnetz der Klägerin als Markeninhaberin angehört oder dass zwischen den beiden Unternehmen eine besondere Beziehung besteht. Mit einer solchen Werbung würde der Rahmen dessen überschritten, was der Beklagten 1 an Befugnissen zusteht, um die Weiterveräußerung von Ferrari-Sportwagen, die von der Klägerin oder mit deren Zustimmung in Verkehr gebracht worden sind zu fördern und zu bewerben. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EUGH SIG, 1990, 1 - 3711, Rd.-Nr. 14 - Hag II) widerspräche eine derartige Werbemaßnahme auch der markenrechtlichen Zielsetzung, den Markeninhaber vor Konkurrenten zu schützen, die die Stellung und den Ruf der Marke zu missbrauchen suchen. Besteht hingegen keine Gefahr, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt wird, es bestehe eine Handelsbeziehung zwischen dem Wiederverkäufer und dem Markeninhaber, so reicht dies für eine Anwendung des § 24 Abs. 2 MarkenG nicht aus. Der Umstand, dass der Wiederverkäufer aus der Benutzung der Marke einen Vorteilt zieht, dass die Werbung für den Verkauf der Markenware, die im übrigen korrekt und redlich ist, seiner eigenen Tätigkeit den Anschein hoher Qualität verleiht, ist kein berechtigender Grund i.S.d. genannten Vorschrift. Zu Recht weist das Landgericht auch darauf hin, dass ein Wiederverkäufer, der Neu- und Gebrauchtfahrzeuge der Marke Ferrari verkauft und Fachmann für den Verkauf solcher Fahrzeuge ist, seine Kunden hierauf ohne Benutzung der die Automobile der Klägerin kennzeichnenden Bildmarke nicht hinreichend hinweisen kann. Der Senat vermag allerdings nicht der Auffassung des Landgerichts zu folgen, die Beklagte 1 erwecke durch die Anbringung von Pferdchen-Abbildungen auf der Dachverkleidung und am Portal des im Hofinneren gelegenen Autostellplatzes den unzutreffenden Eindruck, dass sie in das Vertriebsnetz der Klägerin eingebunden sei. Ein derartiger Eindruck wird nach der Überzeugung des Senats durch die gesamte äußere Gestaltung der Betriebsstätte der Beklagten 1 ausgeschlossen. Wie aus dem von den Beklagten vorgelegten Prospekts "Auto-Salon-Singen" und den bei den Akten befindlichen Fotografien der Ausstellungsräume des Hofes und der Pkw-Abstellflächen auf dem Betriebsgelände ersichtlich ist, wird bei dem Betrachter die Vorstellung hervorgerufen, es handele sich bei der Beklagten 1 um ein großes Autohandelsgeschäft, das sich auf den Verkauf von Sportwagen und Oldtimern der Luxusklasse jeglicher Provenienz spezialisiert hat. Die Beschriftung auf der Dachverkleidung der großen Ausstellungshalle enthält die Namen einer Reihe von Unternehmen, die dem Verkehr als Hersteller von Luxusautomobilen geläufig sind (Bugatti, Aston-Martin, Rolls Royce, Ferrari). Die Klägerin wird in dieser Beschriftung in keiner Weise herausgestellt, vielmehr lediglich als einer neben einer Reihe anderer Hersteller erwähnt. Der überdachte Autostellplatz, an dem die beanstandeten Pferdchen angebracht sind, findet sich in einer Ecke des Hofes in einiger Entfernung vom Eingang zur Hauptausstellungshalle. Das so gekennzeichnete Gebäude erscheint im Verhältnis zu dieser Halle klein und unscheinbar. Der Kunde, der das Betriebsgelände der Beklagten 1 betritt, entnimmt den beanstandeten Pferdchen-Darstellungen allenfalls, dass die Beklagte 1 den Handel mit Ferrari-Sportwagen in besonderem Maße pflegt und hierfür entsprechend ausgerüstet ist. Dass die Beklagte 1 gerade zur Klägerin - im Unterschied zu allen anderen Automobilherstellern, deren Produkte sie anbietet - eine vertragliche Sonderbeziehung i.S.v. eines Händlervertrages unterhält, wird dem Kunden hierdurch nicht suggeriert. Auch durch das Warenangebot, das er bei der Beklagten 1 vorfindet, wird der Kunde davon abgeholten, diese für eine Vertragshändlerin der Klägerin zu halten. Der Verkehr rechnet nicht damit, bei einem Ferrari-Vertragshändler in einem erheblichen Umfang auch qualifizierte Konkurrenzprodukte erwerben zu können, wie dies bei der Beklagten 1 möglich ist. Auch die Präsentation des Warenangebots der Beklagten 1 in ihrer Ausstellungshalle und auf den Freiflächen lässt keinerlei Assoziation an einen Vertragshändler der Klägerin aufkommen. Die gezeigten Luxus-Sportwagen und Oldtimer verschiedenster Provenienz lassen eine vertragliche Sonderbeziehung der Beklagten 1 zu einem einzigen Hersteller als in hohem Maße unwahrscheinlich erscheinen.

Nach alldem hält sich die beanstandete Werbemaßnahme der Beklagten im Rahmen dessen, was ihr zur Ankündigung und Bewerbung ihres Warenangebots möglich und erlaubt ist. Der Klägerin steht kein berechtigender Grund i.S.d. § 24 Abs. 2 MarkenG zur Seite, mit dem sie sich der Benutzung der Klagemarke durch die Beklagten widersetzen könnte. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche nicht zu. Auf die Berufung der Beklagten war die Klage deshalb unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Ende der Entscheidung

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