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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 14.11.2007
Aktenzeichen: 6 U 57/06
Rechtsgebiete: GWB


Vorschriften:

GWB § 20 Abs. 2
Zu den Voraussetzungen eines kartellrechtlichen Belieferungsanspruchs eines Versandbuchhändlers gegen einen Verlag.
Oberlandesgericht Karlsruhe 6. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil

Geschäftsnummer: 6 U 57/06

Verkündet am 14. November 2007

In dem Rechtsstreit

wegen Belieferung u.a.

hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 2007 unter Mitwirkung von

für Recht erkannt:

Tenor:

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 03.03.2006 - 22 O 74/05 Kart. - im Kostenpunkt aufgehoben und im übrigen wie folgt geändert:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger mit den 2006 erscheinenden Bänden der 5. Auflage des Münchener Kommentars zum BGB und der 6. Auflage des Münchener Vertragshandbuchs nebst sonstiger juristischer Literatur/Zeitschriften aus dem Verlagsprogramm der Beklagten gegen Vorauszahlung zu beliefern.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte 4/5, der Kläger 1/5.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger, der einen Versandbuchhandel betreibt und überwiegend juristische Literatur vertreibt, nimmt die Beklagte auf Belieferung in Anspruch. Die Beklagte betreibt einen Verlag, in dem u.a. zahlreiche juristische Werke - Bücher, Zeitschriften, CD-ROM - erscheinen. Vom Umsatz des Klägers entfallen etwa 70 bis 80 % auf Bücher aus dem Verlag der Beklagten, davon wiederum entfallen etwa 80 % auf zwei Produkte, nämlich den Münchener Kommentar zum BGB und das Münchener Vertragshandbuch.

Der Kläger hatte in der Vergangenheit erhebliche Zahlungsrückstände bei der Beklagten. Im Februar 2003 kam es zu einer Vereinbarung (Anlage K 3), die zu einem Ausgleich der Rückstände führen sollte. Dort heißt es u.a.:

(Der Kläger) "verkauft und überträgt seine gesamten Rechte und Forderungen aus allen gegenüber seinen Kunden bestehenden Fortsetzungsbezügen des "Münchener Kommentar BGB 4. Auflage" und aller folgenden Auflagen sowie aller anderen derzeit bestehenden Fortsetzungen und Abos der Verlage C.H.Beck/Vahlen mit sofortiger Wirkung an" (die Beklagte).

Als Entgelt wurde ein Betrag vereinbart, der in etwa den damaligen Verbindlichkeiten des Klägers bei der Beklagten entsprach. Das zutreffende Verständnis dieser Vereinbarung ist zwischen den Parteien im Streit.

Mit Schreiben vom 10.10.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er werde nicht mehr beliefert, wenn und solange er nicht eine ihr zustehende Forderung in Höhe von € 5.926,88 begleiche.

Der Kläger hat, soweit für den Berufungsrechtszug von Belang, im ersten Rechtszug zuletzt beantragt:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger mit den Bänden 10/11 der 4. Auflage des Münchener Kommentars zum BGHG sowie den 2006 erscheinenden Bänden der 5. Auflage des Münchener Kommentars zum BGB und der 6. Auflage des Münchener Vertragshandbuchs nebst sonstiger juristischer Literatur/Zeitschriften mit einem Zahlungsziel von 30 Tagen, hilfsweise gegen Vorauszahlung zu beliefern.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung des Klägers, mit der er seinen erstinstanzlichen Antrag auf Feststellung der Pflicht der Beklagten zur Belieferung weiter verfolgt.

Der Kläger hat nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils einen Betrag von € 2.972,48 an den Prozessbevollmächtigten der Beklagten überwiesen. Er weist darauf hin, dass das Landgericht eine Verbindlichkeit gegenüber der Beklagten in dieser Höhe als Rechtfertigung für die Liefersperre angesehen habe, und macht geltend, er könne jedenfalls jetzt Wiederaufnahme der Lieferung verlangen. Das Verhalten der Beklagten, die gleichwohl an der Liefersperre festhalte, zeige, dass es der Beklagten in Wirklichkeit darum gehe, ihn vom Markt zu drängen. Die Beklagte sei nach den von ihr ansonsten angelegten Maßstäbe - wonach selbst gegenüber Geschäftspartnern, gegen die ein Mahnverfahren wegen Zahlungsrückständen laufe, keine Liefersperre erfolge, wenn die Langzeitprognose gut und die Verhängung einer Liefersperre als unbillige Härte anzusehen sei - zur Aufhebung der Liefersperre verpflichtet, weil die genannten Voraussetzungen bei ihm vorlägen. Die Methode der Beklagten, ihm die Lieferung zu verweigern, statt die relativ geringe und von ihm bestrittene Forderung von € 2.972,48 gerichtlich zu verfolgen, sei kartellrechtlich zu beanstanden. Weitere Forderungen der Beklagten gegen ihn bestünden nicht. Der Kläger stützt den geltend gemachten Anspruch ferner auf eine vertragliche Zusage. Die Beklagte habe sich am 26.02.2003 mündlich verpflichtet, nach Erfüllung der gegenseitigen Verpflichtungen aus dem Vertrag gemäß Anlage K 3 zur üblichen Lieferung gegen offene Rechnung zurückzukehren. Diese Vereinbarung habe Herr H. als Bevollmächtigter der Beklagten am 26.11.2003 erneut ausdrücklich bestätigt. Der Kläger habe seine Verpflichtungen aus dem genannten Betrag vollständig erfüllt, was die Beklagte durch die abschließende Abrechnung anerkannt habe.

Nachdem zwischen den Parteien unstreitig wurde, dass die 4. Auflage des Münchener Kommentars vollständig erschienen ist, hat der Kläger im Berufungsrechtszug zuletzt folgenden Antrag gestellt:

Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den Kläger mit den 2006 erscheinenden Bänden der 5. Auflage des Münchener Kommentars zum BGB und der 6. Auflage des Münchener Vertragshandbuchs nebst sonstiger juristischer Literatur/Zeitschriften aus dem Verlagsprogramm der Beklagten mit einem Zahlungsziel von 30 Tagen, hilfsweise gegen Vorauszahlung zu beliefern.

Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen. Sie sei wegen des Aufwands, den der Kläger durch sein Verhalten verursache, zu einer Zusammenarbeit nur noch soweit bereit, als es gänzlich unvermeidbar sei. Sie werde den Kläger nur noch insoweit beliefern, als er die von ihr verlegten Bücher nicht über das Barsortiment beziehen könne, verweise ihn aber ansonsten auf einen Bezug beim Barsortiment. Die ansonsten vom Kläger behaupteten Nachteile eines Bezugs beim Barsortiment bestünden in Wirklichkeit nicht. Zudem bestünden weiterhin Forderungen der Beklagten gegen den Kläger. Schließlich verstoße der Kläger gegen die Regelungen über die Buchpreisbindung. Die Berufung hatte mit dem auf Lieferung gegen Vorkasse gerichteten Hilfsantrag Erfolg, im Übrigen wurde sie zurückgewiesen.

Gründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie hat auch in der Sache mit dem Hilfsantrag Erfolg. Die Beklagte ist nach §§ 33 Abs. 1, 20 Abs. 2 Satz 1 GWB verpflichtet, den Beklagten mit den Produkten ihres Verlagsprogramms zu beliefern. Die Pflicht zur Belieferung besteht jedoch nur gegen Vorkasse.

1. Die auf Feststellung der Verpflichtung zur Belieferung gerichtete Klage ist zulässig, weil es dem Kläger derzeit nicht möglich ist, die von ihm geforderten Lieferungen zu konkretisieren (BGH WuW/E 1885, 1886 - Adidas).

2. Nach § 20 Abs. 1 GWB dürfen marktbeherrschende Unternehmen ein anderes Unternehmen in einem Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist, weder unmittelbar noch mittelbar unbillig behindern oder gegenüber gleichartigen Unternehmen ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar unterschiedlich behandeln. Nach § 20 Abs. 2 GWB gilt Abs. 1 auch für Unternehmen, soweit von ihnen kleine oder mittlere Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen in der Weise abhängig sind, dass ausreichende und zumutbare Möglichkeiten, auf andere Unternehmen auszuweichen, nicht bestehen, es sich somit um relativ marktstarke Unternehmen handelt. Der Verstoß gegen § 20 Abs. 2 GWB begründet nach § 33 Abs. 1 GWB einen Anspruch auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung. Ist die Weigerung des marktstarken Unternehmens, das von ihm abhängige Unternehmen zu beliefern, kartellrechtswidrig, kann dem Unterlassungsgebot nicht anders genügt werden als durch Belieferung. Das rechtfertigt in einem solchen Fall die Feststellung der Belieferungspflicht.

Die Beklagte ist im Verhältnis zum Kläger ein solches marktstarkes Unternehmen und damit Normadressatin des § 20 Abs. 2 GWB.

a) Der Kläger betreibt einen Versandbuchhandel und konzentriert sich im Wesentlichen auf juristische Fachliteratur. Der von der Beklagten betriebene Verlag ist einer der führenden Verlage für solche Literatur. Nach den Feststellungen des Landgerichts beläuft sich der Anteil der Bücher aus dem Verlagsprogramm der Beklagten am Umsatz des Klägers auf 70 bis 80 %. § 20 Abs. 2 GWB schützt Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren, also auf einem bestimmten, abgegrenzten Markt. Andere Produkte, etwa Bücher einer anderen Fachrichtung, auf die der Kläger sein Angebot umstellen könnte sind daher, wie die Beklagte auch nicht verkennt, bei der Bestimmung des sachlich relevanten Markts nicht zu berücksichtigen (vgl. BGH WuW/E 2683 - Zuckerrübenanlieferungsrecht).

b) Der Kläger ist auf die Belieferung durch die Beklagte angewiesen. Eine ausreichende und zumutbare Möglichkeit, die Bücher und Zeitschriften aus dem Verlagsprogramm der Beklagten woanders zu beziehen, besteht nicht. Insbesondere kann der Kläger nicht darauf verwiesen werden, sich beim sog. Barsortiment einzudecken.

Allerdings sind dem sachlich relevanten Markt grundsätzlich sämtliche Absatz- oder Bezugsmöglichkeiten zuzurechnen, ohne Rücksicht auf die jeweilige Marktstufe oder deren Besonderheiten. Ob sich aus Bezugsmöglichkeiten auf unterschiedlichen Marktstufen - hier der Möglichkeit des Bezugs beim Barsortiment, also beim Großhandel statt unmittelbar beim Verlag - im Einzelfall ausreichende und zumutbare Alternativen ergeben, richtet sich nach den Besonderheiten des als abhängig in Betracht kommenden Unternehmens und den konkreten Wettbewerbsbedingungen auf dem zu untersuchenden Markt (BGH WuW/E 2990 - Importarzneimittel). Im Allgemeinen wird allerdings der Verweis auf den Bezug beim Großhandel nur dann als zumutbare Ausweichmöglichkeit angesehen werden können, wenn er im Wesentlichen zu den gleichen Voraussetzungen und Bedingungen erfolgen kann, wie sie den Wettbewerbern zur Verfügung stehen (BGH WuW/E 1620 - Revell-Plastics). Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass die Beklagte eine Reihe von Versandbuchhändlern direkt beliefert.

Im Streitfall kann die Möglichkeit des Bezugs beim Barsortiment nicht als ausreichende und zumutbare Ausweichmöglichkeit angesehen werden. Dabei ist zugrunde zu legen, dass der Kläger die Verlagsprodukte der Beklagten, insbesondere den Münchener Kommentar zum BGB, in großen Stückzahlen bezieht. Der Kläger hat vorgetragen und durch ein Schreiben des Barsortimenters X. belegt, dass das Barsortiment zum Teil nicht bereit ist, solche Bestellungen entgegen zu nehmen. Die Fa. X. hat dem Kläger mitgeteilt, der Bezug solcher sukzessive erscheinender Kommentare mit Gesamtabnahmepflicht ("Fortsetzungsgeschäft") sei ein klassisches Geschäft zwischen Verlag und Buchhandel, in das man sich als Barsortimenter nicht begeben wolle. Dem Kläger ist zudem ein Bezug beim Barsortiment nicht zumutbar, weil die Beklagte aufgrund ihrer Meinungsverschiedenheit mit dem Kläger über Wirksamkeit und Inhalt des Vertrags gemäß Anlage K 3 auf solche Barsortimenter, die grundsätzlich bereit sind, den Kläger zu beliefern, in einer Weise einwirkt, die einen Bezug der Produkte aus ihrem Verlagsprogramm für den Kläger in unzumutbarer Weise erschwert. Der Kläger hat durch Vorlage des Schreibens der Y. vom 01.09.2006 belegt, dass dieser Barsortimenter zunächst grundsätzlich bereit war, den Kläger in dem gewünschten Umfang zu beliefern, wenn dies auch zu Bedingungen geschehen sollte, die weniger günstig gewesen wären als bei einem Direktbezug bei der Beklagten, insbesondere der Rabatt sich nur auf 33 % belaufen hätte. Y. hat jedoch bald darauf auf Intervention der Beklagten mit Schreiben vom 30.10.2006 (Anlage K 21) den Kläger aufgefordert, eine Liste mit der Namen seiner Kunden vorzulegen um überprüfen zu können, ob diese mit denjenigen, die der Kläger nach Auffassung der Beklagten aufgrund des Vertrags gemäß Anlage K 3 nicht mehr beliefern darf, übereinstimmen. Der Kläger nahm Y. daraufhin gerichtlich auf Belieferung in Anspruch. Das Verfahren endete mit einem Vergleich, nach welchem sich Y. zwar zur Lieferung verpflichtete, jedoch zu gegenüber der ursprünglichen Vereinbarung verschlechterten Bedingungen, insbesondere stark eingeschränkter Möglichkeit zur Remission. Nach dem Vortrag des Klägers, dem die Beklagte nicht konkret entgegengetreten ist, haben weitere Barsortimenter, nämlich W. und Z., die Belieferung des Klägers abgelehnt, nachdem sie bei der Beklagten nachgefragt hatten.

Berücksichtigt man diese Umstände, so kann die Möglichkeit des Bezugs beim Barsortiment nicht als zumutbar angesehen werden, weil der Kläger dort nicht im Wesentlichen zu den gleichen Voraussetzungen und Bedingungen beziehen kann, wie sie den Wettbewerbern zur Verfügung stehen, sondern erheblichen Beschränkungen ausgesetzt ist. Sofern die Barsortimenter überhaupt bereit sind, ihn in dem gewünschten Umfang zu beliefern, muss er aufgrund des von der Beklagten im Hinblick auf den Vertrag gemäß Anlage K 3 eingenommenen Rechtsstandpunkt jederzeit damit rechnen, dass eine Lieferung nicht oder nur verzögert und unter deutlich ungünstigeren Bedingungen erfolgt, als sie anderen Versandbuchhändlern, die bei der Beklagten direkt beziehen können, zur Verfügung stehen. Der Kläger kann aufgrund der wirtschaftlich starken Stellung der Beklagten nicht ernsthaft damit rechnen, dass sich die Barsortimenter weiteren Versuchen der Beklagten, eine Belieferung des Klägers zu verhindern oder zu erschweren, widersetzen werden.

3. Bei der vom Kläger begehrten Belieferung mit juristischer Literatur aus dem Verlagsprogramm der Beklagten handelt es sich um einen Geschäftsverkehr, der gleichartigen Unternehmen üblicherweise zugänglich ist. Es steht außer Streit, dass die Beklagte, ebenso wie andere Verlage, zahlreiche Buchhändler auf Wunsch direkt - also nicht über das Barsortiment - beliefert.

4. Auch eine unterschiedliche Behandlung des Klägers gegenüber anderen Buchhändlern stellt die Beklagte nicht in Abrede. Nach den Feststellungen des Landgerichts, die von der Beklagten nicht in Zweifel gezogen werden, beliefert diese den Buchhandel grundsätzlich gegen Rechnung, wobei ein Zahlungsziel von 30 Tagen geduldet wird. Kunden, die Zahlungsrückstände haben, werden ebenfalls beliefert, allerdings nur gegen Vorauskasse. Den Kläger will die Beklagte dagegen grundsätzlich nicht beliefern.

5. Das Bestehen eines Belieferungsanspruchs des Klägers gegen die Beklagte hängt mithin davon ab, ob die von ihr ihm gegenüber praktizierte Ungleichbehandlung ohne sachlich gerechtfertigten Grund erfolgt. Ob eine Ungleichbehandlung im Sinne des § 20 Abs. 1 und 2 GWB sachlich gerechtfertigt ist, beurteilt sich nach einer Abwägung der Interessen der Beteiligten unter Berücksichtigung der auf die Sicherung der Freiheit des Wettbewerbs gerichteten Zielsetzung des GWB.

6. Sachlich gerechtfertigt ist allerdings die Weigerung der Beklagten, den Kläger in offener Rechnung zu beliefern und ihm ein Zahlungsziel von 30 Tagen einzuräumen.

Der Kläger hat in der Vergangenheit erhebliche Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten auflaufen lassen. Nach § 2 Ziff. 3 des Vertrags vom 26.02.2003 (Anlage K 3) beliefen diese sich damals auf über € 165.000,-. Der Kläger hat zudem auch jetzt noch nicht alle Forderungen der Beklagten beglichen (wird ausgeführt). Nach alledem beliefen sich die Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber dem Beklagten im November 2005 auf € 6.468,11. Die inzwischen erfolgte Zahlung des Klägers an die Beklagte in Höhe von € 2.972,48 reichte nicht aus, um diese Forderung vollständig zu begleichen.

Der Kläger kann einen Anspruch auf weitere Belieferung gegen offene Rechnung auch nicht auf eine vertragliche Vereinbarung stützen. Das gilt selbst dann, wenn sein Vortrag als zutreffend unterstellt wird, die Beklagte habe zugesagt, sie werde nach Erfüllung der gegenseitigen Verpflichtungen zur üblichen Lieferung gegen offene Rechnung zurückkehren. Denn wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, hat der Kläger seine Verbindlichkeiten gegenüber der Beklagten nicht vollständig erfüllt.

7. Dagegen ist es nicht sachlich gerechtfertigt, dass die Beklagte sich weigert, den Kläger gegen Vorkasse zu beliefern.

a) Beliefert die Beklagte den Kläger mit den Produkten aus ihrem Verlagsprogramm nur noch gegen Vorkasse, übersendet sie ihm also die bestellten Waren erst nach Gutschrift des Entgelts auf ihrem Konto, ist sie im Grundsatz hinreichend dagegen gesichert, dass weitere Zahlungsrückstände des Klägers bei ihr auflaufen. Der Hinweis der Beklagten, es sei durch Fehler ihrerseits in der Vergangenheit dazu gekommen, dass der Kläger versehentlich beliefert wurde, obwohl ein Zahlungseingang noch nicht erfolgt war, ist rechtlich nicht erheblich. Es ist Sache der Beklagten, ihren Geschäftsbetrieb so zu organisieren, dass Kunden, die Zahlungsrückstände aufweisen, erst nach Zahlungseingang beliefert werden.

b) Die Beklagte will dem Kläger entgegengehalten, zu einer weiteren Belieferung sei sie deshalb nicht verpflichtet, weil der Kläger sich nicht an den als Anlage K 3 vorgelegten Vertrag halte. Die Parteien streiten insoweit darüber, wie der Vertrag gemäß Anlage K 3 auszulegen ist. Der Kläger meint, durch diesen Vertrag habe er der Beklagten die Ansprüche gegenüber den von ihm für den Bezug des Münchener Kommentars zum BGB geworbenen Kunden auf Abnahme und Bezahlung der zum damaligen Zeitpunkt noch ausstehenden Einzelbände nur für die 4. Auflage veräußert. Die Beklagte steht demgegenüber auf dem Standpunkt, der Vertrag erfasse auch alle folgenden Auflagen des Münchener Kommentars und aller Fortsetzungswerke, der Kläger dürfe nur noch die Kunden beliefern, die ausdrücklich wünschten, nicht von der Beklagten, sondern von ihm beliefert zu werden. Was zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses übereinstimmender Wille der Parteien war, lässt sich nicht endgültig klären. Zwischen den Parteien wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unstreitig, dass die Kunden des Kläger, die sich zur Abnahme der 4. Auflage des Münchener Kommentars zum BGB verpflichtet hatten, damit noch keine rechtliche Verpflichtung eingegangen waren, auch die folgende Auflage zu beziehen. Da der Verkäufer (Kläger) seine "gesamten Rechte und Forderungen" übertrug, solche Rechte und Forderungen hinsichtlich der Folgeauflagen aber noch nicht begründet waren, mag dies dafür sprechen, dass der Vertrag sich nur auf die restlichen Einzelbände der 4. Auflage bezog. Dagegen spricht jedoch der ausdrückliche Hinweis auf die Übertragung "aller folgenden Auflagen", die schlichtweg keinen Sinn ergäbe, wenn man als Gegenstand des Vertrags nur rechtlich verbindliche Forderungen ansehen wollte. Das legt die Annahme nahe, dass sich der Kläger vertraglich verpflichten wollte, den von ihm bislang bedienten Kundenstamm auch für zukünftig zu erwartende Auflagen des Münchener Kommentars der Beklagten zu überlassen. Welche Überlegungen der Kaufpreisbemessung zugrunde lagen, ist zwischen den Parteien im Streit. Letztlich kommt es auf die damit zusammenhängenden Fragen jedoch nicht an. Bezieht sich der Vertrag nur auf die 4. Auflage des Münchener Kommentars, die - unstreitig - inzwischen vollständig ausgeliefert ist, kann die Beklagte bereits deshalb eine Weigerung zur weiteren Belieferung des Klägers nicht unter Hinweis auf diesen Vertrag rechtfertigen, weil er inzwischen abgewickelt ist. Aber auch dann, wenn der Vertrag dahin auszulegen sein sollte, dass er sich auch auf die Folgeauflagen des Münchener Kommentars zum BGB bezieht, rechtfertigt er eine Weigerung der Beklagten zur Belieferung des Klägers jedenfalls jetzt nicht mehr. Allerdings wäre die Beklagte im Grundsatz nicht gehalten, dem Kläger gerade mit solchen Waren zu beliefern, die er einsetzen könnte, um gegen einen mit ihr geschlossenen Vertrag zu verstoßen. Bezieht sich der Vertrag jedoch, wie die Beklagte meint, auch auf alle folgenden Auflagen des Münchener Kommentars zum BGB, kann er nicht dahin ausgelegt werden, dem Kläger sei es für alle Zukunft untersagt, die Kunden werbend anzusprechen, die damals Gegenstand des Vertrags waren, und sie, wenn seine Werbung Erfolg hat, zu beliefern. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts liegt der Anteil der von der Beklagten verlegten Bücher am Gesamtumsatz des Klägers bei 70 bis 80 %. Hiervon wiederum entfallen ca. 80 % auf den Münchener Kommentar zum BGB und das Münchener Vertragshandbuch. Erfasste der Vertrag alle Folgeauflagen, wäre der Kläger in der Ausübung seines Geschäftsbetriebs auf Dauer ganz erheblich eingeschränkt. Er müsste - nach Auffassung der Beklagten - für alle Zukunft darauf verzichten, die Kunden, die bislang bei ihm den Münchener Kommentar und das Vertragshandbuch bezogen haben, auf den Erwerb der Folgeauflagen anzusprechen. Damit entfielen mehr als 50 % seines bisherigen Geschäfts, zumal er damit rechnen müsste, dass diejenigen, die den Kommentar und das Vertragshandbuch woanders beziehen, ihm auch im Übrigen als Kunden verloren gingen. Mit einem solchen Inhalt verstieße der Vertrag gemäß Anlage K 3 gegen § 138 Abs. 1 BGB. Die Parteien haben in dem als Anlage K 3 vorgelegten Vertrag keine ausdrückliche Abrede über ein Wettbewerbsverbot getroffen. Ein solches kann sich allerdings als Nebenpflicht aus einer vertraglichen Abrede ergeben, die darauf gerichtet ist, einem Wettbewerber einen bestimmten Kundenstamm zu übertragen. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH darf aber ein Wettbewerbsverbot den Verpflichteten in seiner Berufsausübung nicht übermäßig beschränken und nach Ort, Zeit und Gegenstand nicht über die schützenswerten Interessen des Begünstigten hinausgehen. Mit Rücksicht auf die vor allem bei der Auslegung der zivilrechtlichen Generalklauseln zu beachtenden Vorgaben der Verfassung - hier des Art. 12 Abs. 1 GG - sind Wettbewerbsbeschränkungen nur zulässig, wenn sie örtlich, zeitlich und gegenständlich das notwendige Maß nicht überschrieben. Ihre Rechtfertigung findet eine solche Abrede allein in dem anerkennenswerten Bestreben des begünstigten Teils, sich davor zu schützen, dass der andere Teil sich illoyal verhält. Der BGH legt dabei zugrunde, dass im Regelfall ein Wettbewerbsverbot eine Dauer von zwei Jahren nicht übersteigen dürfe. Zur Begründung beruft sich der BGH darauf, dass dieser Zeitraum ausreichend sei, um dem Begünstigten zu ermöglichen, die Beziehungen zu den Kunden zu konsolidieren (vgl. etwa BGH NJW-RR 1996, 741, NJW 1997, 3089, NJW 2004, 66, NJW 2005, 3061). Entscheidungen des BGH aus jüngerer Zeit, in denen eine längere Dauer eines Wettbewerbsverbots als wirksam angesehen worden ist, sind nicht ersichtlich. Im Hinblick darauf, dass der Vertrag gemäß Anlage K 3 bereits im Februar 2003 abgeschlossen wurde, ist es der Beklagten daher verwehrt, sich zur Rechtfertigung ihrer Weigerung, den Kläger zu beliefern, auf den Vorwurf zu stützen, der Kläger unternehme es unter Missachtung des Vertrags, sich um die Kunden zu bemühen, die der Beklagten überlassen wurden.

c) Die Beklagte begründet ihre Weigerung, den Kläger zu beliefern, ferner damit, dieser verstoße gegen die Bestimmungen über die Buchpreisbindung. Sie trägt hierzu vor, der Kläger verstoße gegen die gesetzlichen Bestimmungen über die Buchpreisbindung, indem er seinen Kunden für die Rückgabe der Altauflage pauschal, d.h. ohne marktkonforme Bewertung einen bestimmten Prozentsatz des Kaufpreises für die Neuauflage versprochen habe. Das ist jedoch nicht hinreichend konkret. Es wäre Sache der Beklagten gewesen, im Einzelnen vorzutragen, welchen Betrag der Kläger für eine Altauflage gutschreibt und warum dieser Betrag überhöht - und damit nicht marktkonform - sein soll. Nur ein solcher konkreter Vortrag hätte dem Kläger die Möglichkeit eröffnet, sich seinerseits konkret zu solchen Vorwürfen zu äußern. Soweit der Schriftsatz der Beklagten vom 05.10.2007 näheres Vorbringen hierzu enthält, war es vom Nachschubsrecht nicht gedeckt und ist daher gem. § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen. Das durch Anlage K 34 belegte Vorbringen des Klägers, die Beklagte übernehme die von ihm praktizierte Vergütungsregelung, hat die Beklagte im Übrigen nicht bestritten.

d) Schließlich kann die Weigerung der Beklagten, den Kläger mit den Produkten aus ihrem Verlagsprogramm zu beliefern, nicht im Hinblick auf die zwischen ihnen geführten Auseinandersetzungen und Prozesse gerechtfertigt werden. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Prozessbevollmächtigte der Beklagten erklärt, die Beklagte wolle den Kläger insbesondere deshalb nicht beliefern, weil man mit ihm "aus dem Prozessieren nicht herauskomme." Nach der Rechtsprechung des BGH gibt jedoch selbst ein rechtswidriges und feindseliges Verhalten dem marktstarken Unternehmen nicht das Recht, die Belieferung eines von ihm abhängigen Unternehmens vollständig zu verweigern (BGH WuW/E DE-R 357 - Feuerwehrgeräte). Die Beklagte hat keinen Anspruch darauf, dass der Kläger sich stets in einer ihr genehmen Weise verhält. Im Übrigen lässt sich dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen, dass die Ursache der umfangreichen und aufwendigen Auseinandersetzungen zwischen ihr und dem Kläger allein diesem anzulasten ist. Soweit die Beklagte darauf verweist, die Abwicklung des Vertrags gemäß Anlage K 3 und die Auseinandersetzung mit dem Kläger hierüber sei sehr zeit- und personalaufwendig, ist dies von ihr zumindest dadurch mit veranlasst, dass die Vereinbarung, die von den Parteien ausgehandelt und von ihnen beiden unterschrieben wurde, denkbar unklar gefasst ist. Soweit die Beklagte ins Feld führt, es sei zwischen dem Kläger und ihr zu mehreren gerichtlichen Auseinandersetzungen gekommen, kann dem Kläger daraus kein Vorwurf gemacht werden, solange nicht feststeht, zu wessen Gunsten diese Auseinandersetzungen entschieden werden oder worden sind. Näheres lässt sich dem Vortrag der Beklagten hierzu nicht entnehmen. Sollten die gerichtlichen Auseinandersetzungen zu Lasten des Klägers ausgehen, hat er die sich daraus ergebenden Folgen einschließlich eventueller Kosten zu tragen; die Beklagte hat jedoch keinen Anspruch darauf, dass der Kläger von vornherein davon absieht, seine - vermeintlichen - Rechte gegenüber der Beklagten im Wege gerichtlicher Verfahren geltend zu machen.

8. Nach alledem hat die Berufung des Klägers mit dem Hilfsantrag Erfolg, im Übrigen erweist sie sich als unbegründet.

Ende der Entscheidung

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