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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 09.01.2002
Aktenzeichen: 6 U 71/01
Rechtsgebiete: MarkenG


Vorschriften:

MarkenG § 14 Abs. 2 Nr. 2
Einem einzelnen Zeichenbestandteil kann unter bestimmten Umständen ausnahmsweise eine besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft beizumessen sein, wenn dieser übereinstimmende Teil in dem Gesamtzeichen eine selbstständig kennzeichnende Stellung hat und durch Einfügen in das Gesamtzeichen nicht in den Hintergrund tritt.
Tatbestand:

Die Klägerin ist Inhaberin der am 12.06.1975 angemeldeten, noch in Kraft befindlichen deutschen Wortmarke 952207 "Druckstrahlblaster" für "pneumatische Apparate zum Sandstrahlen". Sie vertreibt unter dieser Marke sowie unter der Bezeichnung "Druckstrahl-Blaster" Sandstrahlgeräte. Die Beklagte vertreibt ebenfalls Sandstrahlgeräte, die sie als "Magnum-Blaster" bzw. "Magnum-Blaster 2000" und als "Pneumo-Blaster" bezeichnet.

Die Klägerin erblickt hierin eine Verletzung der ihr aus der Klagemarke zustehenden Markenrechte. Sie hat vorgetragen, zwischen dieser und den angegriffenen Zeichen bestehe Verwechslungsgefahr. Der Gesamteindruck der Klagemarke werde allein durch den Bestandteil "Blaster" bestimmt, da der Wortbestandteil "Druckstrahl" rein beschreibend sei. Der Wortbestandteil "Blaster" präge auch die beiden Kollisionszeichen. Der Bestandteil "Magnum" weise lediglich beschreibend auf die Größe des Geräts hin, der Bestandteil "Pneumo" beschreibe die Arbeitsweise des Geräts. Der Gesamteindruck der Klagemarke und der für identische Waren benutzten angegriffenen Zeichen stimme in verwechslungsfähiger Weise überein. Im übrigen genieße die Klagemarke durch die intensive Benutzung für Sandstrahlgeräte bei den angesprochenen Verkehrskreisen eine überragende Bekanntheit.

Die Klägerin hat beantragt, der Beklagten die Benutzung der streitigen Zeichen "Magnum-Blaster" und/oder Pneumo-Blaster" zu untersagen. Die Klägerin hat ferner Verurteilung der Beklagten für Auskunftserteilung beantragt und die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten begehrt.

Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt. Sie hat vorgetragen, der Zeichenbestandteil "Blaster" präge weder die Klagemarke noch die angegriffenen Bezeichnungen. Er sei lediglich die englische Übersetzung für "Druckstrahlgebläse". Die weiteren Zeichenbestandteile seien dem Wortbestandteil "Blaster" gleichwertig und für den Gesamteindruck zumindest in gleicher Weise prägend. Im Hinblick auf die allenfalls geringe Kennzeichnungskraft der Klagemarke sei für die Begründung einer Verwechslungsgefahr eine weitergehende Übereinstimmung erforderlich. Eine solche sei nicht gegeben.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klagebegehren weiter. Zur Begründung trägt sie insbesondere vor, die Klagemarke verfüge aufgrund der für diese betriebenen umfangreichen Werbung über eine erhöhte Kennzeichnungskraft. Das unter dieser Marke von der Klägerin vertriebene Gerät genieße auf dem Markt auch deshalb eine Sonderstellung, weil es als einziges Gerät staubfrei arbeite und deshalb zur Einstrahlung von Schriften in Granitstein eingesetzt werden könne. Zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen "Druckstrahlblaster" und "Magnum-Blaster" bzw. "Pneumo-Blaster" bestehe Zeichenähnlichkeit. Bei deren Beurteilung sei der Wortbestandteil "Blaster" isoliert zu betrachten, da er die allein präge und dem weiteren Bestandteil "Druckstrahl" rein beschreibend sei. Gleiches gälte für die angegriffenen Zeichen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache erfolglos. Mit eingehender und überzeugender Begründung, der der Senat folgt und auf die Bezug genommen wird, ist das Landgericht zu dem zutreffenden Ergebnis gelangt, dass zwischen der Klagemarke und den Bezeichnungen "Magnum-Blaster" und "Pneumo-Blaster" eine Verwechslungsgefahr nicht besteht. Die Ausführungen der Klägerin im Berufungsrechtszug veranlassen keine hiervon abweichende Beurteilung.

Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass der Klagemarke nicht aufgrund intensiver Werbung eine erhöhte Kennzeichnungskraft beigemessen werden kann. Eine solche wird auch nicht durch den von der Klägerin im Berufungsrechtszug erstmals im einzelnen dargelegten Werbeaufwand und den hiervon auf die Klagemarke entfallenden Anteil belegt. Zu Recht verweist die Beklagte darauf, dass jegliche Darlegung fehlt, wie die Klägerin die Werbeaufwendungen für die Klagemarke von den Werbeaufwendungen insgesamt abgrenzt. Aus den von der Klägerin selbst vorgelegten Werbeunterlagen ist ersichtlich, dass mit diesen eine Reihe verschiedener Geräte beworben werden. Das Sandstrahlgerät "Druckstrahlblaster" wird hierbei in keiner Weise herausgestellt oder in sonstiger Weise werblich hervorgehoben. Für den Beleg eines erhöhten Bekanntheitsgrades der Klagemarke reichen mithin auch die Ausführungen, mit denen die Klägerin im Berufungsrechtszug ihr erstinstanzliches Vorbringen zu ihren Werbeaufwendungen ergänzt hat, nicht aus.

Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt der Klagemarke jedoch eine originäre Kennzeichnungskraft zu. Die Kennzeichnungskraft eines Zeichens wird bestimmt durch den Grad seiner Eigenart, seine klangliche und schriftbildliche Wirkung sowie seinen Sinngehalt. Der Verkehr versteht zwar den Wortbestandteil "Druckstrahl" als beschreibende Angabe, nicht jedoch den Begriff "Blaster". Die angesprochenen Verkehrskreise kennen zum weit überwiegenden Teil die Bedeutung dieses aus der englischen Sprache stammenden Wortes nicht. Sie verstehen dieses Wort deshalb nicht als beschreibende Angabe, sondern als Phantasiewort, das dem beschreibenden Begriff "Druckstrahl" ergänzend beigefügt ist. Das Landgericht ist mithin zu Recht von einer originären Kennzeichnungskraft der Klagemarke ausgegangen.

Zwischen der Klagemarke und den angegriffenen Bezeichnungen "Magnum-Blaster" und "Pneumo-Blaster" besteht keine Verwechslungsgefahr. Gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ist es Dritten untersagt, ohne Zustimmung des Inhabers der Marke im geschäftlichen Verkehr ein Zeichen zu benutzen, wenn wegen der Identität oder Ähnlichkeit des Zeichens mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die Marke und das Zeichen erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass das Zeichen mit der Marke gedanklich in Verbindung gebracht wird. Die Prüfung der Verwechslungsgefahr hat nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu erfolgen. Beurteilungskriterien sind insbesondere der Bekanntheitsgrad der Marke im Markt, die gedankliche Verbindung, die das benutzte (angegriffene) Zeichen zu ihr hervorrufen kann sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. Bei der umfassenden Bewertung ist hinsichtlich der Ähnlichkeiten der einander gegenüberstehenden Zeichen auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese hervorrufen (BGH GRUR 1996, 198/199 - Springende Raubkatze). Die Prüfung impliziert eine Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der älteren Marke, so dass ein geringer Grad an Ähnlichkeit der Ware durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt (BGH WRP 2000, 528, 531 - ARD - 1 m.w.N.).

Zwischen den Waren, für welche die Klagemarke eingetragen ist, und den unter den angegriffenen Bezeichnungen "Magnum-Blaster" und "Pneumo-Blaster" vertriebene Waren besteht Warenidentität. Es handelt sich in beiden Fällen um pneumatische Apparate zum Sandstrahlen.

Bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit ist zunächst der Gesamteindruck des Klagezeichens zu bestimmen. Zu Recht geht das Landgericht davon aus, dass dieser Eindruck nicht durch den Wortbestandteil "Blaster" maßgeblich geprägt, sondern durch das Wort "Druckstrahlblaster" insgesamt bestimmt wird. Der Verkehr nimmt Marken regelmäßig in der Form auf, in der sie ihm entgegen treten. Zu Veränderungen, namentlich zu Verkürzungen von Markenwörtern, besteht für ihn im allgemeinen kein Anlass. Dabei können auch rein beschreibende Bestandteile den Gesamteindruck einer Marke beeinflussen (BGH GRUR 1998, 932/933 - Meisterbrand). Zwar kann ausnahmsweise unter bestimmten Umständen einem einzelnen Zeichenbestandteil eine besondere, das Gesamtzeichen prägende Kennzeichnungskraft beizumessen sein und deshalb bei Übereinstimmung einer Bezeichnung mit dem so geprägten Zeichen die Verwechslungsgefahr zu bejahen sein. Dies ist dann der Fall, wenn der übereinstimmende Teil in dem Gesamtzeichen eine selbständig kennzeichnende Stellung hat und nicht derart in den Hintergrund tritt, dass er durch Einfügen in das Gesamtzeichen seine Eignung verliert, die Erinnerung an dieses wachzurufen. Auch in einem solchen Fall geht es immer nur um die Beurteilung der beiden Zeichen in ihrer Gesamtheit und nicht etwa nur der einzelnen Elemente (BGH a.a.O. - Springende Raubkatze).

Der Wortbestandteil "Blaster" tritt nicht als eigenständiger, selbständig kennzeichnender Bestandteil der Klagemarke hervor. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, entsteht bei der Klagemarke durch die Integration ihrer Bestandteile ein Gesamtbegriff mit einem eigenständigen Bedeutungsgehalt, der es verbietet, diese in ihre Bestandteile zu zerlegen. Der Verkehr hat keinen Anlass, den einheitlichen Begriff "Druckstrahlblaster" durch Herauslösen des englischsprachigen Wortes "Blaster" auf dieses zu verkürzen. Die angesprochenen Verkehrskreise verbinden mit dem Wortbestandteil "Blaster" keine inhaltliche Vorstellung. Demgegenüber entnehmen sie der Klagemarke in ihrer Gesamtheit einen Sinngehalt, der durch die beschreibende Angabe "Druckstrahl" zumindest in gleicher Weise mitgeprägt wird wie durch den anschließenden, als Phantasiebezeichnung aufgefassten Wortbestandteil "Blaster". Für eine Neigung des Verkehrs, die Klagemarke auf diesen Bestandteil zu verkürzen, besteht keinerlei Anhalt. Der interessierte Kunde, der das unter der Klagemarke beworbene und vertriebene Produkt bei der Klägerin erwerben möchte, wird nicht nach einem "Blaster", sondern nach einem "Druckstrahlblaster" nachfragen. Zu Recht gelangt das Landgericht deshalb zu dem Ergebnis, dass der Verkehr keinen Anlass hat, den Wortbestandteil "Druckstrahl" der Klagemarke so zurückzusetzen, dass dieser den Gesamteindruck nicht mitbestimmt.

In gleicher Weise wird der Gesamteindruck der angegriffenen Bezeichnungen "Magnum-Blaster" und "Pneumo-Blaster" durch das Zusammenwirken der jeweiligen Wortbestandteile bestimmt. Das Wort "Blaster" prägt diese Bezeichnungen ebenso wenig wie die Klagemarke. Vielmehr verbindet der Verkehr mit den Worten "Magnum" bzw. "Pneumo" jeweils einen eigenständigen Sinngehalt, durch den der ansonsten für die angesprochenen Verkehrskreise inhaltslose Begriff "Blaster" eine besondere Charakterisierung erfährt.

Zu Recht ist das Landgericht bei der Beurteilung der Zeichenähnlichkeit von dem Erfahrungssatz ausgegangen, dass das Publikum geschäftliche Kennzeichen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und sie auch nicht bewusst vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines undeutlichen Erinnerungseindrucks gewinnt, wobei den Übereinstimmungen eine größere Bedeutung beizumessen ist als den Unterschieden. Wie das Landgericht weiter zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei den unter den sich gegenüberstehenden Bezeichnungen vertriebenen Sandstrahlgeräten nicht um Waren des täglichen Bedarfs, die flüchtig erworben werden, sondern um langlebige Güter, für die sich Fachkreise interessieren, die sorgfältig prüfen und auch zu unterscheiden gewohnt sind. In Übereinstimmung mit dem Landgericht gelangt auch der Senat zu dem Ergebnis, dass der Abstand zwischen der Klagemarke und den angegriffenen Bezeichnungen hinreichend groß ist und von den angesprochenen Verkehrskreisen auch hinreichend deutlich wahrgenommen wird, dass die Gefahr von Verwechslungen ausgeschlossen erscheint. Das Landgericht hat nach alldem die Klage zu Recht abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hiergegen war zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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