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Gericht: Oberlandesgericht Karlsruhe
Urteil verkündet am 26.03.2008
Aktenzeichen: 7 U 152/07
Rechtsgebiete: AktG, ZPO
Vorschriften:
AktG § 246 | |
ZPO § 167 | |
ZPO § 170 | |
ZPO § 189 |
2. Eine Heilung gem. § 189 ZPO kommt nur für Zustellungsmängel in Betracht, die der Zustellung an den vorgesehenen Zustellungsadressaten anhaften, kann aber nicht die Zustellung an einen Dritten (hier den nicht in der Klage als Vertreter aufgeführten Vorstand) ersetzen. Eine Heilung setzt die körperliche Übergabe des Schriftstücks voraus, bloße Kenntnisnahme reicht nicht.
3. Eine rügelose Einlassung gem. § 295 ZPO führt nicht zur Heilung der Zustellungsmängel und Wahrung der materiellen Klagfrist des § 246 AktG, da die Frist nicht disponibel und daher vom Gericht deren Wahrung von Amts wegen zu beachten ist.
Oberlandesgericht Karlsruhe 7. Zivilsenat Im Namen des Volkes Urteil
Geschäftsnummer: 7 U 152/07
Verkündet am 26. März 2008
In dem Rechtsstreit
wegen Anfechtung von Gesellschafterbeschlüssen
hat der 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe auf die mündliche Verhandlung vom 26. März 2008 unter Mitwirkung von
Vors. Richter am Oberlandesgericht Richter am Oberlandesgericht Richterin am Oberlandesgericht
für Recht erkannt:
Tenor:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Mannheim - Kammer für Handelssachen - vom 14.05.2007 - 24 O 163/06 - wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsrechtszugs.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Zwangsvollstreckung kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, sofern nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Das Landgericht hat die Anfechtungsklage des Klägers abgewiesen, mit der er drei Beschlüsse, die auf der Hauptversammlung der beklagten Aktiengesellschaft am 03.07.2006 gefasst wurden, angefochten hat, weil die Klagefrist des § 246 Abs. 1 AktG nicht eingehalten worden sei. Wegen des Sach- und Streitstands im ersten Rechtszug sowie der getroffenen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.
Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines Vortrags im ersten Rechtszug sein Klagbegehren in vollem Umfang weiter und vertritt insbesondere die Auffassung, die verspätete Zustellung der Klageschrift an Vorstand und Aufsichtsrat der Beklagten sei jedenfalls durch eine rügelose Einlassung der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 14.05.2007 geheilt. Darüber hinaus liege aber bereits eine fehlerhafte Zustellung der Klage nicht vor, da ausnahmsweise eine Doppelvertretung, wie sie § 246 Abs. 2 AktG grundsätzlich für die Anfechtungsklage des Aktionärs vorsehe, nicht geboten sei. Darüber hinaus handele die Beklagte rechtsmissbräuchlich, wenn sie sich auf die verspätete Zustellung berufe. Schließlich sei die Heilung von Zustellungsmängeln jedenfalls nach § 189 ZPO eingetreten. Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands im zweiten Rechtszug wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
II.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die angegriffene Entscheidung beruht weder auf einem Rechtsfehler (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Feststellungen eine anderweitige Entscheidung, § 513 ZPO.
Das Landgericht hat zu Recht die Klage als unbegründet abgewiesen, weil die Klagefrist des § 246 Abs. 1 AktG nicht eingehalten ist, die eine materielle Ausschlussfrist darstellt (vgl. nur Hüffer, AktG 7. Auflage, § 246 Rn. 20 m.w.N.).
1. Der Kläger hat die Monatsfrist des § 246 Abs. 1 AktG mit seiner beim Landgericht Karlsruhe am 03.08.2006 eingegangenen Anfechtungsklage nach §§ 245 Nr. 1, 243 Abs. 1, 246 Abs. 1 AktG nicht gewahrt.
a) Das Landgericht hat richtig festgestellt, dass die Anfechtungsklage nicht auf § 245 Nr. 4 oder 5 AktG gestützt werden konnte, sondern der Kläger nur als Aktionär gem. § 245 Nr. 1 AktG anfechtungsbefugt war.
Der Kläger war mit Beschluss des Aufsichtsrats vom 11.04.2006 als Vorstand abberufen worden, § 84 Abs. 3 S. 1 AktG. Diese Abberufung ist wirksam, so lange sie nicht rechtskräftig für unwirksam erklärt wird, § 84 Abs. 3 S. 4 AktG. Gegen diese zutreffende Beurteilung des Landgerichts wendet sich der Kläger nicht. Es kann dahinstehen, ob eine rechtskräftige Feststellung der Unwirksamkeit im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes möglich wäre, um zu verhindern, dass dem Vorstand kurz vor der Hauptversammlung sein Anfechtungsrecht als Vorstand genommen wird. Denn der Kläger hat keinen einstweiligen Rechtsschutz gegen die Abberufung beantragt. Auch eine anderweitige Entscheidung ist vor der Hauptversammlung am 03.07.2006, auf der die angefochtenen Beschlüsse gefasst wurden, nicht ergangen.
b) Dementsprechend stand dem Kläger, der Aktionär der Beklagten ist, nur das Anfechtungsrecht gem. § 245 Nr. 1 AktG zur Verfügung. Will ein Aktionär den Beschluss der Hauptversammlung anfechten, so hat er die Anfechtungsklage innerhalb eines Monats beim zuständigen Landgericht zu erheben. Die Klage ist gegen die Gesellschaft zu richten, die durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten wird, § 246 Abs. 2 S. 1 und 2 AktG. Durch die Doppelvertretung soll verhindert werden, dass der Vorstand gemeinsam mit dem Kläger den von der Mehrheit getragenen Beschluss durch Anerkenntnis oder Geständnis zu Fall bringt (vgl. bereits BGHZ 32, 114, 117 = NJW 1960, 1006; Hüffer, AktG a.a.O. § 246 Rn. 30). Hier ist in der am letzten Tag der Frist per Telefax an das unzuständige Landgericht Karlsruhe eingegangenen Klageschrift als Vertreter der Beklagten allein der Aufsichtsrat angegeben. Daher konnte eine wirksame Zustellung der Klage nicht innerhalb der Frist und auch nicht demnächst im Sinne des § 167 ZPO erfolgen.
Entgegen der Auffassung des Klägers ist hier nicht ausnahmsweise die Zustellung der Klage allein an den Aufsichtsrat ausreichend, weil in der Sache ein Konflikt zwischen dem Vorstand oder ehemaligen Vorstand in Person des Klägers und dem Aufsichtsrat ausgetragen wurde, so dass eine Interessenkollision zwischen dem amtierenden Vorstand und dem Aufsichtsrat nicht zu befürchten war. Selbst wenn der Kläger den Hauptkonflikt zwischen ihm und dem Aufsichtsrat sieht, ändert dies nichts daran, dass der Schutzmechanismus der Doppelvertretung in § 246 Abs 2 AktG dadurch nicht außer Kraft gesetzt werden kann. Zum einen spricht gegen den einseitigen Interessenkonflikt zwischen dem Kläger als ehemaligem Vorstand und dem Aufsichtsrat, dass dem zweiten Vorstandsmitglied in der Hauptversammlung die Entlastung für das Geschäftsjahr 2005 im Gegensatz zum Kläger erteilt worden ist, sodass möglicherweise auch der Vorstand als Vertreter der Gesellschaft eigenständig die Rechte wahrnehmen wollte. Zum anderen ist zu beachten, dass die Gesellschaft nach dem Gesetz grundsätzlich vom Vorstand vertreten wird, und der Aufsichtsrat bei der Doppelvertretung nur ergänzend hinzugezogen wird. Dementsprechend kann auch bei einem ausgeschlossenen Interessenkonflikt - selbst wenn die Doppelvertretung entfiele - nicht die gesetzliche Vertretung durch den Vorstand ausgehebelt werden. Die Auffassung des Klägers würde zu unerträglichen Abgrenzungsschwierigkeiten führen, in welchen Fällen, die das Gesetz nicht ausdrücklich nennt, entgegen dem eindeutigen, der Rechtssicherheit dienenden Wortlaut die Aktiengesellschaft im Anfechtungsprozess nur vom Vorstand oder nur vom Aufsichtsrat vertreten wird. Eine wirksame Zustellung hätte daher nur an beide Vertreter bewirkt werden können.
Dementsprechend konnte die Zustellung der Klageschrift am 25.08.2006 (I 14), die als Partei richtig die Beklagte bezeichnete, jedoch unzutreffend als Vertreter den Aufsichtsrat, bestehend aus dem Aufsichtsratsvorsitzenden sowie zwei weiteren Aufsichtsräten, nicht mehr gem. § 167 ZPO als wirksame Zustellung "demnächst" die Klagefrist des § 246 Abs. 1 AktG wahren (vgl. dazu auch OLG Stuttgart, Urteil vom 28.07.2004 - 20 U 5/04 - NZG 2004, 1002 = OLGR 2004, 548 Textziff. 21). Es kommt deshalb nicht darauf an, dass ein zusätzlicher Zustellungsmangel bereits darin liegt, dass die Zustellung an den Zustellungsadressaten (§ 170 Abs. 1 ZPO), den Aufsichtsratvorsitzenden (§ 170 Abs. 3 ZPO), im Wege der Ersatzzustellung in den Geschäftsräumen der Beklagten erfolgte, obwohl der Aufsichtsrat dort nicht über Geschäftsräume verfügt und deshalb in den anderweitigen Geschäftsräumen oder an der Privatadresse des Aufsichtsrats zuzustellen ist (vgl. nur BGH, Urteil vom 22.05.1989 - II ZR 206/88 - BGHZ 107, 296 Textziff. 6 = NJW 1989, 2689; Hüffer, a.a.O. § 246 Rn. 34). Auch braucht nicht entschieden werden, ob die beim unzuständigen Landgericht Karlsruhe eingereichte Klage (§§ 246 Abs. 3 S. 3, 142 Abs. 5 S. 5 und 6 AktG i.V. mit § 13 Abs. 2 Nr. 7a ZUVOJU in der seit 29.07.2006 geltenden Fassung) am letzten Tag der Frist per Telefax gegen 16:28 Uhr geeignet war, die Klagefrist zu wahren, obwohl eine Verweisung erst im Oktober 2006 an das zuständige Landgericht Mannheim erfolgte und bis dahin eine wirksame Zustellung noch nicht vorlag (mit Recht grundsätzlich bejahend die herrschende Meinung: Hüffer in Münchener Kommentar zum AktG, § 246 Rn. 38 m. w. N. und ders, AktG, 7. Aufl., § 246 Rn. 24).
c) Die fehlerhafte Zustellung der Klage nur an den Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Beklagten gem. § 170 Abs. 3 ZPO ist nicht gem. § 189 ZPO geheilt.
Eine Heilung des Zustellungsmangels gem. § 189 ZPO kommt in Betracht, wenn der Zustellungsadressat das Schriftstück tatsächlich erhält, auch wenn die förmliche Zustellung nicht nachweisbar oder aber fehlerhaft erfolgt ist. Davon kann allenfalls mit der förmlichen Zustellung an den Vorstand der Beklagten erst am 22.01.2007 ausgegangen werden. Diese Zustellung erfolgte jedoch nicht mehr "demnächst" im Sinne des § 167 ZPO. Einen früheren tatsächlichen Zugang bei einem der Vorstandsmitglieder (§ 170 Abs. 3 ZPO) hat der Kläger nicht für einen Zeitpunkt dargetan, der noch als "demnächst" im Sinne des § 167 ZPO anzusehen wäre. Davon abgesehen kommt hier eine Heilung nach § 189 ZPO von vornherein nur insoweit in Betracht, als es die unzulässige Ersatzzustellung an die Aufsichtsratsmitglieder in den Geschäftsräumen der Beklagten angeht. Da an diese nicht in den Geschäftsräumen der Beklagten zugestellt werden durfte (s. o.), liegt darin ein Zustellungsmangel. Ist das zuzustellende Schriftstück (die Klage) dem Aufsichtsrat zugegangen, tritt insofern die Heilung dieses Mangels gem. § 189 ZPO ein. Das gilt aber nicht für die gebotene Zustellung der Klage an den Vorstand, weil dieser nach dem Willen des Klägers nicht Zustellungsadressat sein sollte und das Gericht dementsprechend die Zustellung nicht an den Vorstand als Vertreter verfügt hat. Es handelt sich um einen sachlichen Mangel der Zustellungssendung, weil der Vertreter der Beklagten unrichtig (unvollständig) bezeichnet worden ist (Zöller / Stöber, ZPO, 26. Aufl., § 189 Rn. 6).
Erstmals im zweiten Rechtszug hat der Kläger behauptet, dass nach der Zustellung in den Geschäftsräumen der Beklagten die Klage sowohl dem Vorstand als auch dem Aufsichtsrat bekannt wurde, weil sie das Schriftstück gelesen hätten. Er bezieht sich insoweit auf den Sachvortrag der Beklagten, demzufolge am 25.08.2006 von einer Mitarbeiterin die Zustellung entgegengenommen worden sei. Diese Angestellte habe die Klageschrift sowohl dem Vorstand E. als auch dem Aufsichtsratsvorsitzenden Herrn P. zur Kenntnis gegeben, die dann Rechtsanwalt P. beauftragt hätten. Darauf kommt es nach Vorstehendem nicht an. Außerdem ist in der Berufungsbegründung weder dargelegt noch sonst ersichtlich, warum dieser Sachvortrag erst im zweiten Rechtszug erfolgt. Gleiches gilt für den Beweisantritt. Es ist daher davon auszugehen, dass dieser Sachvortrag aus Nachlässigkeit im ersten Rechtszug nicht gehalten wurde, § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO. Er ist deshalb nicht zuzulassen.
Selbst wenn er berücksichtigt würde, so wäre er (neben den vorstehenden Erwägungen) nicht geeignet, eine Heilung des Zustellungsmangels gem. § 189 ZPO herbeizuführen. Eine Heilung setzt nämlich voraus, dass der Adressat der Zustellung das Schriftstück erhalten hat und behalten kann, allein die Kenntnisnahme reicht nicht, nicht einmal die Übergabe eines gleichlautenden, aber anderen Schriftstücks (vgl. BGH NJW 1978, 1325; NJW 2001, 1946, 1948; Bay. ObLG, Urteil vom 13.02.1995 - 1Z RR 148/94 - BayObLGZ 95, 61, Textziff. 39; OLG Hamm MDR 1992, 78; Roth in Stein/Jonas, ZPO, 22. Auflage, § 189 Rn. 7). Davon kann aber bereits nach dem Vortrag des Klägers nicht ausgegangen werden, der lediglich Kenntnisnahme behauptet. Der Kläger muss den tatsächlichen Zugang und darüber hinaus beim Erfordernis einer Fristwahrung auch den Zeitpunkt des Zugangs darlegen und beweisen (vgl. nur Roth a.a.O. § 189 Rn. 17). Zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme durch den Vorstand trägt der Kläger jedoch nichts vor. Da bereits bei der Ersatzzustellung am 25.08.2006 mehr als 3 Wochen nach Ablauf der Frist vergangen waren und nichts näheres zum Zeitpunkt der Kenntnisnahme bekannt ist, kann von einem demnächst erfolgten tatsächlichen Zugang vom zeitlichen Ablauf her nicht ausgegangen werden. Es kommt daher nicht darauf an, ob die weiteren Zustellungsmängel geheilt werden könnten.
Dem steht auch nicht das vom Kläger zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 10.03.1960 - II ZR 56/59 - entgegen. Dort spricht der Bundesgerichtshof aus, dass die Klage nicht wegen Verstoßes gegen § 253 ZPO unzulässig ist, weil die Doppelvertretung nicht in der Klageschrift aufgeführt ist (BGHZ 32, 114, 118 = NJW 1960, 1006, 1007), eine Reduktion der Zustellungserfordernisse lässt sich daraus jedoch nicht entnehmen. Vielmehr erlaubt sie die Angabe der Parteivertreter noch im Laufe des Rechtsstreits, da zur gültigen Klagerhebung die Bezeichnung der Vertreter nicht notwendig ist. Es wird jedoch gleichzeitig festgestellt, dass der Kläger sein Anfechtungsrecht unwiederbringlich verliert, wenn die Klage mangels richtiger Angabe der gesetzlichen Vertreter der beklagten Genossenschaft/Aktiengesellschaft nicht wirksam (nämlich durch Zustellung an die richtigen Vertreter) erhoben wird (BGH a.a.O. Seite 119). Gleiches gilt für die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13.04.1992 (II ZR 105/91, NJW 1992, 2099). Dort war die Prozessvoraussetzung, nämlich die ordnungsgemäße Zustellung sowohl an den Vorsitzenden des Aufsichtsrats als auch der Vorstandes der beklagten Aktiengesellschaft, nicht erfüllt (BGH a.a.O. Seite 2099 f.). Eine Heilung nach § 187 ZPO (heute § 189 ZPO) oder durch Rügeverzicht nach § 295 ZPO kommt nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs zwar grundsätzlich in Betracht, darüber hat er jedoch nicht entschieden, da er nur die Zulässigkeit der Klage bejaht, die Sache im Übrigen aber zurückverwiesen hat.
d) Eine Heilung der Mängel und damit die Wahrung der Frist ist auch nicht durch eine rügelose Einlassung der Beklagten gem. § 295 ZPO eingetreten. Da die Parteien weder über die Anfechtungsfrist disponieren noch auf ihre Einhaltung verzichten können, ist die Versäumung der Frist auch dann von Amts wegen zu beachten, wenn sich die beklagte Gesellschaft nicht darauf beruft (BGH, Urteil vom 15.06.1998 - II ZR 40/97 - NJW 1998, 3344, 3345 m. w. N.; Hüffer, a.a.O., § 246 Rn. 21).
Davon abgesehen fehlt es bereits an einer rügelosen Einlassung im Sinne des § 295 ZPO. Eine solche liegt vor, wenn in Kenntnis des Verfahrensmangels oder aber unter Möglichkeit der Kenntnis bis Schluss der mündlichen Verhandlung der Verfahrensmangel nicht gerügt wird. Das ist hier nicht der Fall. Die Parteien haben unter Bezugname auf ihre schriftsätzlich angekündigten Anträge, der Beklagte unter Bezugnahme auf die Klagerwiderung zur Sache verhandelt, wobei ausdrücklich auch die Fristwahrung nach § 246 Abs. 1 AktG Gegenstand der Erörterung war. In der Klagerwiderung sind die Mängel der Zustellung und die fehlende Wahrung der Frist ausdrücklich und mit ausführlicher Begründung gerügt. So wie die Parteivertreter durch Bezugnahme auf ihre Schriftsätze in der mündlichen Verhandlung auch ohne ausdrückliche Wiederholung des Inhalts den Inhalt der Schriftsätze vortragen, so ist die Verhandlung zur Sache unter Bezugnahme auf die Klagerwiderung und damit auch auf die Rügen zur Zustellung und Fristwahrung als Vortrag in der mündlichen Verhandlung anzusehen. Da es sich auch nicht um eine Zulässigkeitsvoraussetzung handelt, sondern um eine Frage der Begründetheit wegen mangelnder Wahrung der materiellen Ausschlussfrist kann auch der Verhandlung "zur Sache" kein Rügeverzicht entnommen werden.
Es kommt danach nicht darauf an, dass die rügelose Verhandlung bei einer fehlenden Zustellung, und um eine solche handelt es sich hier bei der Doppelvertretung, nicht ex tunc wirkt, sondern lediglich ex nunc und damit erst ab dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung, die ca. 9 Monate nach Einreichung der Klage stattfand und damit eine demnächst erfolgende Zustellung im Sinne des § 167 ZPO nicht hätte bewirken können (BGH NJW 1996, 1351 f.; Musielak/Huber, ZPO, 5. Auflage, § 295 Rn. 7).
2. War die Klagefrist nicht gewahrt, so ist die Klage unbegründet. Der Beklagten ist es nicht verwehrt, sich auf die verspätete Zustellung zu berufen. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten der Beklagten ist nicht zu erkennen (vgl. BGH NJW 1998, 3344, 3345).
Es kann dahin stehen, ob es rechtsmissbräuchlich wäre, sich allein auf verzichtbare verfahrensrechtliche Fehler zu berufen, wenn die Partei in einem späteren Zeitraum des Verfahrens jedenfalls ordnungsgemäß vertreten von den selben Prozessbevollmächtigen wie bereits vor dem Verfahrensfehler sich gegen die Klage verteidigt. Wie ausgeführt ist die materiellrechtliche Ausschlussfrist des § 246 Abs. 1 AktG zwingend und kann weder durch Satzung (§ 23 Abs. 5 S. 1 AktG) noch durch die Prozessparteien in einem Zivilverfahren abgeändert werden (vgl. Hüffer, a.a.O. § 246 Rn. 20 m.w.N.). Eine Disposition ist den Parteien zu Recht versagt, da die Ausschlussfrist der Rechtssicherheit nicht nur für die Aktiengesellschaft, sondern auch für die übrigen Aktionäre dient, die mehrheitlich bestimmte Beschlüsse auf der Hauptversammlung gefasst haben und dementsprechend ein eigenes Interesse daran haben, nach Ablauf der Frist auf die Unanfechtbarkeit der gefassten Beschlüsse vertrauen zu dürfen. Ist aber die Frist nicht disponibel, so kann sich die Beklagte jedenfalls hier auf die Fristversäumung durch Zustellungsfehler berufen, die allein im Verantwortungsbereich des Klägers liegen und weder durch sie verursacht noch in irgendeiner Weise rechtsmissbräuchlich ausgenutzt wurden. Ob das grundsätzliche Erfordernis der Doppelvertretung mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Zustellung und Vertretung im Prozess in jedem Fall notwendig und sachgerecht ist, ist hier nicht zu beurteilen, da das Gesetz sie zwingend vorschreibt und Bedenken gegen die Wirksamkeit der Regelung nicht bestehen.
3. Zu Recht hat das Landgericht die Klage entgegen der Auffassung des Beklagten für zulässig erachtet. Der Vortrag der Beklagten zu einer angeblichen Interessenkollision des Prozessbevollmächtigen des Klägers wegen Vorvertretung der Beklagten reicht nicht aus, um ein Vertretungsverbot des Prozessbevollmächtigten anzunehmen, das möglicherweise die an sich abstrakte Prozessvollmacht unwirksam werden ließe. Der Kläger ist dementsprechend wirksam vertreten und die Klage nach ordnungsgemäßer Zustellung an die gesetzlichen Vertreter der Beklagten im Januar 2007 zulässig.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Gründe für die Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
Ende der Entscheidung
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